Direkte Demokratie in der Weimarer Republik


Hausarbeit, 2000

16 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Begriffsbestimmungen
2.1 Direkte Demokratie
2.2 Verschieden Formen direktdemokratischer Abstimmungen
2.2.1 Volksbegehren
2.2.2 Volksentscheid
2.2.3 Volksbefragung
2.2.4 Referendum

3. Elemente direkter Demokratie in der Weimarer Verfassung
3.1 Entstehung der Weimarer Verfassung
3.2 Gebietsänderungen
3.3 Wahl des Reichspräsidenten
3.4 Volksgesetzgebung

4. Die „Weimarer Erfahrungen“
4.1 Die einzelnen Volksgesetzgebungsfälle
4.2 Erfahrungen und Lehren

5. Fazit

6. Literatur

1. Einleitung

Schon in den 70er Jahren prüfte die Enquete-Kommission „Verfassungsreform“ des Deutschen Bundestages verschiedene Möglichkeiten einer Verstärkung politischer Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte, lehnte jedoch die Implementation direktdemokratischer Elemente in das Grundgesetz ab. Die Herstellung der deutschen Einheit und die Verfassungsgebung in den neuen Bundesländern hat die Frage der Einführung direktdemokratischer Elemente auf Bundesebene wiederbelebt. Diese Elemente finden sich zwar in fast allen Landesverfassungen, aber auf Bundesebene ist ein Volksentscheid nur in Artikel 29 (3) vorgesehen, wenn es um die Neugliederung des Bundesgebietes geht. Im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung von 1919 ist die gegenwärtige Verfassung der Bundesrepublik sehr stark repräsentativ geprägt.

Wenn man der Frage nachgeht, warum das so ist, werden in der Literatur immer wieder die schlechten „Weimarer Erfahrungen“, vor deren Hintergrund der Parlamentarische Rat das Grundgesetz verfaßte, angeführt.[1] Dies war auch bei der Diskussion um eine neue Verfassung nach der Wiedervereinigung der Fall. CDU/CSU lehnten den Antrag von SPD und Grünen ab, die Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid als komplementäre Instrumente zum parlamentarisch-repräsentativen System einführen wollten. Der Parlamentarische Rat habe gerade mit seinem strikten Bekenntnis zur parlamentarisch-repräsentativen Demokratie die entscheidenden Konsequenzen aus dem Scheitern der Weimarer Demokratie gezogen. Selbst wenn in der Weimarer Republik nur relativ wenige Entscheidungen getroffen wurden, habe die parlamentarische Demokratie damals doch unter dem permanenten Druck plebiszitärer Entscheidungsmöglichkeiten gestanden, was wesentlich zu ihrer Schwächung beigetragen habe. Die Entscheidung des Parlamentarischen Rates vor dem Hintergrund der Weimarer Erfahrungen sei auch heute noch richtungsweisend, hieß es von Seiten der CDU/CSU.[2]

Dies ist Anlaß für mich, in dieser Arbeit der Frage, welche Instrumente direkter Demokratie es in der Weimarer Republik gab und wie die Erfahrungen damit waren, nachzugehen.

Zunächst werde ich einige der in dieser Hausarbeit verwendeten Begriffe klären, danach wird vorgestellt, über welche plebiszitären Elemente die Weimarer Reichsverfassung verfügte und im anschließenden Kapitel werden die Erfahrungen, die mit diesen Elementen gemacht wurden, aufgezeigt. Im letzten Kapitel wird dann erörtert, inwieweit das „Weimarer Argument“ heute überhaupt noch stichhaltig ist.

2. Begriffsbestimmungen

2.1. Direkte Demokratie

Direkte Demokratie ist eine Herrschaftsordnung, in der das Recht zu verbindlichen politischen Entscheidungen letztlich der Gesamtheit der abstimmungsberechtigten Bürger zusteht.[3]

In dieser Arbeit wird Direkte Demokratie als Bezeichnung für einen Bereich eines politischen Systems, der nach dem Prinzip der unmittelbaren Demokratie organisiert ist, wie z.B. die referendumsdemokratischen Arrangements der Schweizerischen Eidgenossenschaft, verwendet.[4]

Die Direktdemokratie nach Art der Polis in der griechischen Antike, in der die Abstimmungsberechtigten zugleich die gesetzgebende und die vollziehende Gewalt ausüben – ohne dazwischengeschaltene intermediäre Organisationen – ist nur für politische Systeme geeignet, die wenig teilhabeberechtigte Bürger und eine kleine Fläche haben, und in denen die Themen, über die entschieden wird, von geringer Komplexität sind. Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist einem direktdemokratisch organisierten System oft ein hohes Maß unstetiger Entscheidungsfindung eigen. Eine weitere Schwäche ist der nichtvorhandene Schutz von Minderheiten gegen den Mehrheitswillen.

Direktdemokratische Arrangements als Teil eines größeren Repertoires politischer Beteiligungsformen können jedoch durchaus praktikabel sein und zur Einbindung der Staatsbürger in den politischen Willensbildungsprozeß beitragen.

2.2. Verschiedene Formen direktdemokratischer Abstimmungen

Das Plebiszit (von lat. plebs = das gemeine Volk, scitum = Beschluß), auf deutsch Volksbeschluß ist die Sammelbezeichnung für verschiedene Formen unmittelbarer Abstimmung der Stimmberechtigten über öffentliche Angelegenheiten. Man unterscheidet zwischen plebiszitären Personalentscheidungen und plebiszitären Sach- und Wahlentscheidungen. Gegenstand der letzteren kann die Verfassung, Gesetze oder Vorlagen oder die Parlamentsauflösung sein.

Nach den wichtigsten Instrumenten differenziert man zwischen Volksentscheid, Volksbefragung und Volksbegehren/Volksinitiative. Von diesen Instrumenten unterscheidet sich das Referendum.

2.2.1 Volksbegehren/Volksinitiative

Das Volksbegehren ist das Recht der Stimmbürgerschaft, durch eine bestimmte Anzahl von Unterschriften der Abstimmungsberechtigten dem Parlament die Vorlage eines bestimmten Gesetzgebungswerkes abzuverlangen oder dem Parlament einen Gesetzesentwurf zur Abstimmung vorzulegen.[5] Die Initiative und damit auch der Input kommt in diesem Fall aus dem Volk. Der Begriff Volksbegehren wurde in den Verfassungsberatungen in Weimar geprägt und umfaßt mehr, als die Initiative des schweizerischen und amerikanischen Staatsrechts, er unterscheidet sich von der Initiative dadurch, daß das mit seiner Hilfe erstrebte Ziel, der Volksentscheid, von der Weimarer Verfassung mit einem höheren Geltungsanspruch versehen worden ist, als er dem Referendum (siehe 2.2.4) innewohnt.[6]

2.2.2 Volksentscheid

Der Volksentscheid ist die Entscheidung von Gesetzgebungsangelegenheiten durch das stimmberechtigte Volk. Der Volksentscheid kann obligatorisch oder fakultativ sein.[7] Der Terminus Volksentscheid besagt, daß jede Volksabstimmung einen Schiedsspruch darstellt, mit dem das Volk zwischen Parlament und Regierung im Falle einer Nichteinigung entscheidet.[8] Das Ergebnis des Volksentscheides ist in der Regel verbindlich.

[...]


[1] Neuere Forschungen zeigen, daß es auch andere Ursachen für die Ablehnung plebiszitärer Elemente durch den Parlamentarischen Rat gab. Vgl. hierzu Niclauß, Karlheinz, 1992: Der Parlamentarische Rat und die plebiszitären Elemente, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Band 45 (92) und Jung, Otmar 1994: Grundgesetz und Volksentscheid, Opladen

[2] Fischer, Wolfgang, 1993: Formen unmittelbarer Demokratie im Grundgesetz, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bd. 52-53 (93), S. 16-18

[3] Schmidt, Manfred G., 1995: Wörterbuch zur Politik, Stuttgart, S. 231

[4] ebenda.

[5] Schmidt, 1995, S. 1032

[6] Schiffers, Reinhard, 1971: Elemente direkter Demokratie im Weimarer Regierungssystem, Düsseldorf, S. 10

[7] Schmidt , S. 1033

[8] Schiffers, 1971, S. 10f.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Direkte Demokratie in der Weimarer Republik
Hochschule
Universität Hamburg  (Instiut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Ausgewählte Probleme politischer Theorien
Autor
Jahr
2000
Seiten
16
Katalognummer
V5164
ISBN (eBook)
9783638131438
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Direkte Demokratie; Weimar
Arbeit zitieren
Eva Dorothée Schmid (Autor:in), 2000, Direkte Demokratie in der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5164

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