Handlungsorientierter Unterricht in der Berufsschule - Ein Überblick


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: bestanden


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung Seite

2. Begriff Handlungsorientierter Unterricht Seite

3. Ursprung und Entwicklung des Handlungsorientierten Unterrichts Seite
3.1 Die Chronologie Seite
3.1 Bedeutsame Pädagogen der Reformpädagogik Seite

4. Begründung des Handlungsorientierten Unterrichts Seite
4.1 Die Notwendigkeit Seite
4.2 Kritik am Handlungsorientierten Unterricht Seite
4.3 Das Problem der Materialien Seite

5. Handlungsorientierter Unterricht in der Berufsschule Seite
5.1 Warum Handlungsorientierter Unterricht in der Berufsschule? Seite
5.2 Handlungsorientierter Unterricht im Hinblick auf Seite Abschlussprüfungen
5.3 Handlungsorientierter Unterricht auf der Ebene der Lehr- Seite plangestaltung
5.4 Probleme beim Handlungsorientierten Unterricht in Seite Berufsschulen

6. Präsentations- Entwurf Seite
6.1 Durchführung Seite
6.2 Handout Seite

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang
8.1 Folie Frontalunterricht
8.3 Folie Wahrnehmungskanäle

1. Einleitung:

Handlungsorientierter Unterricht ist momentan nicht nur eine, von vielen Pädagogen, am wichtigsten erachtete methodische Großform im Unterricht, sondern auch die am meisten diskutierte Form.

Aber auch, wenn es eines der aktuellsten Themen in Bildung und Politik ist, sind sich gerade die Betroffenen, also Lehrer/innen und Bildungswissenschaftler/innen, nicht einig darüber, was Handlungsorientierter Unterricht eigentlich ist und wie er verwirklicht werden kann.

Deswegen wird hier in Kapitel 1 zunächst der Begriff des Handlungsorientierten Unterrichts als eine Art Orientierungshilfe geklärt. Durch die verschiedenen Ansätze und Theorien ist es jedoch unmöglich, eine allgemeingültige Definition zu geben.

Aber woher stammt der Handlungsorientierte Unterricht?

Die Entstehungsgeschichte, die über 30 Jahre bis zur Gegenwart dauert, wird in Kapitel 2 dargestellt. Zusätzlich findet sich dort auch eine kurze Beschreibung einiger wichtiger Pädagogen mit ihren Theorien aus der Zeit der Reformpädagogik, die für die Entwicklung des Handlungsorientierten Unterricht eine tragende Rolle spielen.

Warum überhaupt Handlungsorientierter Unterricht?

Diese Frage klärt das 3. Kapitel. Hier werden Gründe für die Verwirklichung des Handlungsorientierten Unterrichts im Schulalltag genannt.

Aber wie jede Theorie hat auch das Modell des Handlungsorientierten Unterrichts Kritiker.

Gerade, weil es keine allgemeingültige Definition gibt, werden immer wieder neue Probleme und Fragen zum Handlungsorientierten Unterricht aufgeworfen. Diese Probleme werden im 4. Kapitel behandelt.

Mittlerweile wird auch in der Erwachsenenbildung und vor allem in der Berufsausbildung der Ruf nach einer neuen Art des Unterrichts immer lauter. Die Notwendigkeit, aber auch die Probleme des Handlungsorientierten Unterrichts in Berufsschulen behandelt Kapitel 5.

Es wird deutlich, dass die momentane Bildungssituation neue Ansätze fordert.

Handlungsorientierter Unterricht ist eine notwendige Antwort auf diese Forderungen. Mit einer guten Aufklärung und Ausbildung der Lehrkräfte im Voraus ist Handlungsorientierter Unterricht eine der Alternativen zum bisherigen Unterrichtssystem.

2. Begriff Handlungsorientierter Unterricht:

In der Enzyklopädie Erziehungswissenschaft wird Handlungsorientierter Unterricht als ein Unterrichtskonzept bezeichnet, „das den Schülern einen handelnden Umgang mit den Lerngegenständen und –inhalten des Unterrichts ermöglichen soll. Die materiellen Tätigkeiten der Schüler bilden dabei den Ausgangspunkt des Lernprozesses, und es sollen Handlungsprodukte als konkrete Ergebnisse des Lern- und Arbeitsprozesses erstellt werden.“

Handlungsorientierter Unterricht spricht den „ganzen Schüler“ an, so dass er mit allen Sinnen arbeitet. Beim Handlungsorientierten Unterricht ist die Selbstaktivität der Schüler/innen eine zwingende Vorraussetzung. Lernen ist also dann handlungsorientiert, wenn die Schüler/innen etwas selbst tun und das gleichzeitig denkend verarbeiten.

Nach Gudjons ist Handlungsorientierter Unterricht zunächst nur ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Methoden, die jedoch auch nicht klar abgrenzbar zu anderen Ansätzen sind. (Offener Unterricht, Freie Arbeit, Projektarbeit…)

All diese verschiedenen Methoden haben jedoch einen gemeinsamen Kern: die „eigentätige, viele Sinne umfassende Auseinandersetzung und aktive Aneignung eines Lerngegenstandes“. „Insofern ist der Begriff des Handlungsorientierten Unterrichts eher ein grobes Verständigungskürzel für einen an den Rändern unscharfen Methodenkomplex, weniger aber Ausdruck eines theoretisch konzisen didaktischen Modells“ (Gudjons, 1994, S. 10).

Obwohl Handlungsorientierter Unterricht sich nun schon seit über 30 Jahren entwickelt, existiert noch keine allgemeingültige Definition.

Nach Meyer (Meyer, H, 1980, S.25) definiert sich Handlungsorientierter Unterricht durch drei wesentliche Merkmale:

1. „Lehrer und Schüler versuchen etwas mit Kopf, Herz, Händen, Füßen und allen Sinnen zu machen.“

Es geht also nicht nur um die eigentliche Handlung, wie zum Beispiel beim Haptischen Lernen, sondern darum, dass die Handlungen „zielgerichtete, in ihrem inneren Aufbau verstandene Vollzüge“ (Aebli, 1983, S.182) sind.

G. Dietrich (1984, S.58ff) fasst die Hauptmerkmale der Handlung wie folgt zusammen:

- Handlung ist zielgerichtet.
- Handlung ist proaktive beziehungsweise reaktive Auseinandersetzung mit einer Situation.
- Handlung ist eine Auseinandersetzung der personalen Ganzheit mit einer Situation.

2. „An die Festlegung der Handlungsergebnisse und an der Gestaltung der Handlungsprozesse, die zu ihnen führen, sollen die Schüler beteiligt werden.

Die Schüler sollen dabei schrittweise zu einer immer größer werdenden Selbstbestimmung bei der Festlegung der Handlungsziele geführt werden.“

Schon Kurt Singer (1981, S.136, Auslassung von mir M.M.) sagte:„ […]der Unterrichtsgrundsatz der Selbsttätigkeit geht von der Einsicht aus: Lernen durch eigenes Tun ist wirksamer als wenn der Schüler etwas passiv aufnehmen muss. Selbst-tätig-Sein regt ihn an, weiter zu überlegen, nachzudenken, selbstständig ein Problem zu lösen. Es macht ihn problemorientierter, selbstkritischer und selbstbewusster.“

Selbstständiges Problemlösen ist der lehrerzentrierten Vermittlung qualitativ überlegen.

3. „Im Handlungsorientierten Unterricht soll versucht werden, den Klassenraum zu verlassen und mit den Handlungsergebnissen in reale gesellschaftliche Entwicklungen einzugreifen.“

Das Schulleben ist abgeschnitten vom übrigen Leben und muss in die realen Geschehnisse mit einbezogen werden. Handlungsorienter Unterricht zielt auf diese Einbeziehung ab.

Laut Gudjons (1994, S. 62) tut sich eine bedenkliche Erfahrenslücke zwischen Lebenswelt und Bewusstsein auf, weswegen der Handlungsorientierte Unterricht ein notwendiger Versuch ist, tätige Aneignung von Kultur in Form von pädagogisch organisierten Handlungsprozessen zu unterstützen.

„Der Lebensort Schule soll sich als Form sozialer Erziehung im Rahmen pädagogischer Situationen und im Hinblick auf allgemeine humane Werte gestalten. Innerhalb des Unterrichts und im außerunterrichtlichen Situationen soll Schulleben Möglichkeiten für soziales Handeln bieten und entsprechende Wertvorstellungen, Handlungs- und Orientierungsmuster vermitteln, so dass die Schüler über die Schule hinaus zu Kommunikations- und Handlungskompetenz befähigt werden“ (Reinert, G./Heyder, S., 1983, S.28).

3. Ursprung und Entwicklung des Handlungsorientierten Unterrichts:

3.1 Die Chronologie

Handlungsorientierter Unterricht ist, wie bereits erwähnt, kein feststehendes Modell, sondern er entwickelte sich über die letzten 30 Jahre hinweg.

Vorläufer des Handlungsorientierten Unterrichts ist die Reformpädagogik. Diese Entwicklung lässt sich bis ins 18. Jahrhundert zu den Industrieschulen zurückverfolgen.

Um 1900 entwickelte sich die Reformpädagogik als Gegensatz zu der bis dahin bekannten Schule der Herbertianer. Die Herbertianer hatten damals mit ihrer Formalstufentheorie und dem lehrerzentrierten Frontalunterricht den entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung des Unterrichts.

Während der Zeit des Nationalsozialismus entschwand die Reformpädagogik aus den Schulen.

Ab 1970 jedoch, nach der Bildungsreform der damaligen sozial-liberalen Regierung, gab es eine verstärkte Rückkehr des Handlungsorientierten Unterrichts an die Schulen.

3.2 Bedeutsame Pädagogen der Reformpädagogik

Einige bedeutsame Pädagogen der Reformpädagogik und ihre Theorien sind:

1. Johann Heinrich Pestalozzi:

(1746 – 1827)

Sein Vorbild für die Schulerziehung war die Wohnstubenerziehung.

Wie man zu Hause mit den Kindern über die täglichen Bedürfnisse und Tätigkeiten spricht, so soll auch der Lehrer die Erfahrungen der Kinder zur Grundlage seines Unterrichts machen. (Schulwohnstube)

(vgl. Hecker, U., 2000, S. 92)

2. Celestin Freinet:

(1896 – 1966)

„Im Vergleich zu anderen reformpädagogischen Ansätzen betont die Freinet- Pädagogik die Selbstverantwortlichkeit und Autonomie des Kindes, indem sie Methoden und Techniken entwickelt, die Kinder selbst zu Wort kommen lassen, um eigene Bedürfnisse, Interessen und Erfahrungen auszudrücken und sie in der Klasse zur Sprache bringen zu können“ (Hecker, 2000, S. 117).

3. Maria Montessori:

(1870 – 1952)

Sie versteht das Kind als ein Wesen mit eigener Individualität. Das Kind soll sich Kraft seines Geistes zu einem selbstständigen Menschen entwickeln. Es kann nach seinen eigenen Bedürfnissen, gemäß seiner Entwicklung, selber entscheiden, was gut und richtig für es ist.

4. Peter Petersen:

(1884 – 1952)

Er verfolgte die Idee, dass das Schulleben die Grundlage des Unterrichts bildet, in seinem „Jena-Plan“ beziehungsweise in seiner „Lebensgemeinschaftsschule“.

Er „verwirklichte mit menschlichen Formen des Miteinanderumgehens, Feiern als rhythmisierende Momente des Wochen- und Jahresablaufs, Spielnachmittagen, Unterricht in Gruppen und eine Klassenraumgestaltung, die Pestalozzis Idee der „Schulwohnstube“ zu einer „Wohnlichen Werkstatt“ weiterführte.

(vgl. Hecker, 2000, S.93)

5. John Dewey:

(1859 – 1952)

Er begründete die amerikanische Schulreform unter dem Namen "Progressive Education". Für ihn ist jeder Mensch ein primär aktives Wesen, und jede Erkenntnis muss in Handlungsvollzüge eingebettet sein ("Learning By Doing"). Die bestmögliche Umsetzung ist nach Dewey bei der Durchführung eines Projektes möglich. Unter einem Projekt versteht Dewey ein umfangreiches Arbeitsvorhaben, bei dem eine reale Lebensaufgabe von praktischer Bedeutung bewältigt wird,so dass an ihrem Ende ein praktisch brauchbares Ergebnis steht.

(vgl. www.wikipedia.de)

6. Hugo Gaudig:

(1860 – 1923)

Hugo Gaudig versuchte zur Persönlichkeit zu erziehen und entwickelte einen Unterricht der freien geistigen Tätigkeit, bei dem die Schüler/innen selbsttätig Ziel, Mittel und Arbeitsstufen bestimmen. Große Bedeutung hatte dabei das Einüben der Arbeitsmethoden, damit die Lehrer/innen in die Rolle des beratenden Helfers und Organisators zurücktreten können. Geringe Denkanstöße sollen die Schüler/innen zu Diskussionen veranlassen.

4. Begründung des Handlungsorientierten Unterrichts

4.1 Die Notwendigkeit

TIMMS und Pisa, auch wenn die Ergebnisse umstritten sind, haben gezeigt, dass Schulleistungen beziehungsweise die Leistungen der Schüler/innen abhängig von der angewandten Unterrichtsmethode sind.

„Handlungsorientierter Unterricht ist ein notwendiger Versuch, eine (schul-) pädagogische Antwort zu finden auf den tiefgreifenden Wandel des kulturellen Aneignungsprozesses von Kindern und Jugendlichen in einer Welt, in der die „Erfahrungen aus zweiter Hand“ jene „aus erster Hand zu überlagern beginnen“ (G.U. Becker, 1986 nach Gudjons, 1994, S.13) – mit allen Folgen für die Entwicklung der Persönlichkeit aber auch für den Aufbau kognitiver Strukturen […]“ (Gudjons, 1994, S. 13-14, Auslassung von mir M.M.).

Kinder und Jugendliche müssen also eigene Erfahrungen machen, um lernen zu können. Diese eigenen Erfahrungen werden erst wieder durch Handlungsorientierten Unterricht möglich. Der Lehrinhalt soll demnach nicht nur durch einen reinen Vortrag der Lehrer/innen, sondern durch eigenes Tun, Sehen, Fühlen, Erfahren etc. erlebt werden.

Je mehr Wahrnehmungskanäle den Schüler/innen zur Verfügung gestellt werden, desto besser können sie die Lehrinhalte behalten.

Wir behalten nur 20% von dem, was wir hören, aber wir behalten 90% von dem, was wir selbst tun. (vgl. Gudjons, 1994, S.50)

Das beweist, dass die verschiedenen Wahrnehmungskanäle wichtig sind. Wenn die Schüler/innen also den Lehrinhalt nicht nur hören, sondern selber erleben, dann können sie sie besser behalten.

Schüler/innen lernen also:

- durch Erfahren, Bearbeiten und Begreifen

- Mit allen Sinnen, also nicht nur mit dem Kopf und nicht nur von und auf Papier

- Durch selbstständiges Fragen und Versuchen
– sie produzieren ihre (Er-)kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten

- Bei der Anwendung und Übung des Gelernten und im Hinblick auf noch zu Lernendes

- An sinnvollen Inhalten, Aufgaben und Vorhaben

- Durch Gebrauch des Gelernten für Aktivitäten und Äußerungen

Lehrer/innen, die gerade erst in ihrem Beruf angefangen haben oder auch schon lange tätig sind, haben oft Schwierigkeiten, sich an diese neuen Methoden zu gewöhnen. Nicht alle sind positiv vom Handlungsorientierten Unterricht beeinflusst.

Für Lehrende stellt das neue Konzept nämlich eine doppelte Herausforderung dar.

Zum einen müssen Unterrichtsformen genutzt werden, die Erwerb von Kenntnissen, Wissensvermittlung, Sicherung von Fertigkeiten, Entwicklung von Fähigkeiten durch Beteiligung möglichst vieler Sinne realisieren und stabilisieren.

Zum anderen muss die natürliche Lernhaltung angeregt und optimiert werden, mit allen Sinnen zu entdecken, zu erforschen und mit ihnen handelnd zu experimentieren. (vgl. Gisela Süselbeck, 2003, S.4)

Der heutige Unterricht soll sich vom lehrerzentrierten zum schülerzentrierten Medium entwickeln.

Mittlerweile finden sich die verschiedenen Einheiten der Reformpädagogik, die schülerzentrierten Unterricht bewirken, in den neueren Lehrplänen wieder.

Das bedeutet, dass sich gerade auch die Lehrer/innen auf ihre neue Rolle einstellen müssen. Sie dürfen keine Angst vor dem von ihnen oft empfundenen, „Kontrollverlust“ haben, sondern müssen versuchen, sich in die neue Situation einzudenken.

Sie sollten ihren Schüler/innen mehr Selbstverantwortung überlassen und ihnen etwas zutrauen. Ihre Aufgabe ist nunmehr eine eher beratende denn eine vortragende.

Zudem haben Lehrer/innen nun die Aufgabe, eine neue Form der Bewertung zu finden, da das starre System der Benotungen nicht auf Handlungsorientierten Unterricht abgestimmt ist.

Aber nicht nur die Lehrer/innen müssen ihr Verhalten ändern, auch die Schüler/innen müssen sich aus ihrer passiven Situation heraus verändern:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(aus: Grundschule, Juli-August 7-8/1999, 45)

4.2 Kritik am Handlungsorientierten Unterricht

Die Veränderungen auf Seiten der Schüler/innen und der Lehrer/innen können aber auch Probleme mit sich führen.

Bei der Realisierung des Handlungsorientierten Unterrichts muss darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer von Kritikern oft benannten „Kuschelecken-Pädagogik“ kommt. Es geht eben nicht darum die Schüler/innen nur irgendetwas tun zu lassen, sondern durch das Handeln etwas zu erreichen. Ein einfaches Spiel, wie Kinder es oft wünschen, reicht da nicht aus.

Zudem ist die Gefahr, dass Schüler/innen in Projekten oder anderen offenen Lernsituationen unter falscher Anleitung unruhig und unkonzentriert werden, sehr hoch. Wenn sie die Unterrichtsform nicht ernst nehmen, können sie schnell durch das Thema überfordert werden.

Auch die Lehrer/innen können ohne richtige Schulung durch den Ablauf des Handlungsorientierten Unterrichts überfordert werden. Handlungsorientierter Unterricht fordert nicht nur einen höheren Material- und Arbeitsaufwand, sondern auch einen höheren Zeitaufwand. Lehrer/innen, die bereits 28 Stunden in der Woche unterrichten, können sich den Problemen ihrer Schüler/innen meistens nicht in dem Maße widmen, wie sie dies gerne tun würden. Es müssen ihnen, zum Beispiel durch Arbeitsverkürzung, mehr Freiräume gegeben werden, um pädagogisch innovativ tätig werden zu können.

Momentan liegt der Alterdurchschnitt bei Lehrer/innen an deutschen Schulen bei über 50 Jahren. Es ist nur allzu verständlich, dass einige Lehrer/innen, die bereits lange in ihrem Beruf tätig sind, sich nicht auf die neuen Methoden einstellen wollen beziehungsweise können. Deswegen sollte den jungen und motivierten Lehrer/innen, die Handlungsorientierten Unterricht bereits kennen, die Chance auf eine Anstellung gegeben werden.

4.3 Das Problem der Materialien

Ein anderes Problem stellen die Materialien, die im Handlungsorientierten Unterricht eingesetzt werden, dar. Es scheint so, dass die Qualität des Handlungsorientierten Unterrichts an der Vielzahl der eingesetzten Medien und Arbeitsmittel gemessen wird. Der Unterricht orientiert sich häufig nur an den zur Verfügung stehenden oder leicht herzustellenden Materialien. Die Materialien werden zusammengestellt, ohne sich der zu Grunde liegenden Lernziele bewusst zu werden. Letztlich bestimmen also die vorhandenen Arbeitsmittel die Lernziele des Unterrichts.

Auch, wenn die Bemühungen zur Realisierung des Handlungsorientierten Unterrichts durch eine Vielzahl von Lehrer/innen hoch sind, müssen die Probleme, die durch die ungleichsinnige Praxis entstehen, durch verlässliche Strukturen gestärkt werden. Es muss an einem bestimmten didaktischen Konzept gearbeitet werden.

5. Handlungsorientierte Unterricht in der Berufsschule

5.1 Warum Handlungsorientierter Unterricht auch in der Berufsschule

Nicht nur Schüler/innen bis zur gymnasialen Oberstufe lernen handlungsorientiert besser, sondern das gilt auch für Erwachsene und Auszubildende.

Allein die Veränderungen in der Arbeitswelt durch neue Medien und neue Kommunikationstechniken fordern eine neue Form des Unterrichts.

Es reicht nicht mehr aus, den Auszubildenden reines Fachwissen in der Berufsschule zu vermitteln. Es ist nötig, ihnen Handlungskompetenzen und Schlüsselqualifikationen nahe zu bringen.

Berufliche Handlungskompetenz bedeutet neben kognitiven Ansprüchen eine personale und methodische Kompetenz. Faktoren beruflicher Handlungskompetenz sind demnach:

- Beruflicher Sachverstand (Fachkompetenz)
- Selbstständigkeit im Denken und Handeln (Methodenkompetenz)
- Zwischenmenschliche Kooperation (Sozialkompetenz)
- Sachinteresse als Motivationsfaktor

(vgl. Ott, B., 1999, S.55)

Als zentrale Schlüsselqualifikationen in der Berufsschule sind zu nennen:

- Selbstständigkeit
- Teamfähigkeit
- Projekt- und Produktbezogenheit
- Organisationskompetenz
- Selbstreflexion

(vgl. Kommission Anwalt des Kindes, 1991)

Das, was die Auszubildenden in der Berufsschule lernen, sollten sie also in ihrer Arbeit anwenden können.

In der Ausbildungsordnung für Bürokaufleute von 1991 heißt es beispielsweise:

„Die […] genannten Fähigkeiten und Kenntnisse sollen so vermittelt werden, dass der Auszubildende zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit […] befähigt wird, die insbesondere selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren einschließt.“

(Bundesinstitut für Berufbildung, 1992, S. 17 / Auslassungen von mir M.M.)

5.2 Handlungsorientierter Unterricht im Hinblick auf Abschlussprüfungen

Auch die Prüfungen der Kammern müssen dann an den Handlungsorientierten Unterricht angepasst werden. Nach handlungsorientiert ausgelegtem Unterricht kann eine Abschlussprüfung, wenn sie erfolgreich abgelegt werden soll, nicht in Form von Abfragen reinen Fachwissens erfolgen.

Erste Ansätze einer neu gestalteten Prüfung finden sich in den mündlichen Prüfungen wieder.

In den Prüfungen der Verlagskaufleute 2003/2004 wurden den Prüflingen projektbezogenen Aufgaben gestellt, die sie mit Hilfe von Flip-Charts, Tafelbildern und Folien darstellen konnten. Zudem wurden von ihnen Fachgespräche und Informationsgespräche über ihren Beruf und ihre Ausbildungsstätte gefordert.

5.3 Handlungsorientierter Unterricht auf der Ebene der Lehrplangestaltung

Die Idee des Handlungsorientierten Unterrichts auf der Ebene der Lehrplangestaltung realisiert sich zum Beispiel in der Form, dass traditionelle Fächer aufgelöst werden. Diese Fächer werden zu einem integrierten Lernbereich verbunden, deren Inhalt dabei stark von betrieblichen Anforderungen geprägt werden. Dies wird damit begründet, dass auch die (Arbeits-) Welt ungefächert sei.

Bei der Gestaltung der Lehr-Lernprozesse werden aktivierende Methoden, wie Projekt- und Gruppenarbeit, aber auch Unterrichtsformen wie das E-Learning favorisiert.

Die Lernenden sollen handeln beziehungsweise ihr Handeln selbstständig planen, durchführen und bewerten können.

5.4 Probleme beim Handlungsorientierten Unterricht in der Berufsschule

Aber auch in der Berufsschule weist der Handlungsorientierte Unterricht Einseitigkeiten und Dogmatisierungen auf. Man darf nicht davon ausgehen, dass Handlungskompetenzen mit beliebigen Inhalten aufgebaut werden können. Eine breite Wissensbasis ist die Grundlage für die Bewältigung der zukünftigen Arbeit, zum einen zur Orientierung in der Arbeitswelt, zum anderen als Gestaltung kreativer Lösungen. Wissen führt nur dann zum Können, wenn die Beziehung zwischen der Realität und dem Wissen von Lernenden erkannt wird.

(vgl. Dörig, Roman, 2003, S.18)

Der Unterricht muss also auf realitätsnahe Inhalte geöffnet werden.

6. Präsentations-Entwurf:

6.1 Durchführung

Für die Durchführung des Präsentation der vorangegangen Hausarbeit in Form eines Referates gehe ich davon aus, dass die Seminarteilnehmer/innen bereits Kontakt durch ihre eigene Schullaufbahn mit Handlungsorientiertem Unterricht hatten. Viele der Teilnehmer haben bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung, so dass zu den normalen 13 Jahren Schule noch zwei bis drei Jahre Berufsschulunterricht hinzukommen.

1. bis 2. Minute:

Zunächst werde ich mich und mein Referatsthema kurz vorstellen.

2. bis 10. Minute:

Nach der Vorstellung werde ich Beispiele aus dem Unterricht geben. Zum einen werde ich eine Situation des Frontalunterrichts darstellen, zum anderen eine Situation aus dem Handlungsorientierten Unterricht. Für diesen Zweck benutze ich Folien, die im Anhang beigefügt sind. Auf der ersten Folie ist das Beispiel des Frontalunterrichts zu sehen, bei dem der Lehrer vorne an der Tafel steht und den Kindern durch einen Vortrag etwas zum Thema Wasser erklärt. Ich habe die Beispiele bewusst aus der Grundschule gewählt, da hier der Unterschied am besten deutlich zu machen ist. In der Grundschule ist Handlungsorientierter Unterricht bereits seit längerem fester Bestandteil.

Nach der Präsentation der Folien werden auch die, die noch keine eigenen Erfahrungen mit Handlungsorientiertem Unterricht gemacht haben, in etwa ahnen können, was man unter diesem Begriff versteht.

10. bis 20. Minute:

Nun werde ich die Seminarteilnehmer/innen fragen, was sie sich unter Handlungsorientierten Unterricht vorstellen. Die Beantwortung soll in einer Form von „Brainstorming“ dargestellt werden. Die Antworten der Teilnehmer/innen werde ich dann an die Tafel schreiben, damit ich aus den Begriffen, die dort stehen, meine Definition von Handlungsorientiertem Unterricht geben kann.

Geplantes Tafelbild:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusätzlich zu dem, was ich aus den Begriffen vom Tafelbild erklären kann, werde ich noch die Definitionen nach Gudjons und Meyer darstellen.

Ich werde bewusst die Teilnehmer/innen aktiv mitarbeiten lassen, damit ich meinem Thema des Handlungsorientiertem Unterricht gerecht werde.

20. bis 23. Minute

Nach diesem praktischen Teil werden der Ursprung und die Entwicklung des Handlungsorientiertem Unterrichts behandelt. Hier werde ich in reiner Vortragsform kurz die Entwicklung erklären und dann zu den einzelnen Pädagogen der Reformpädagogik etwas erzählen. Da der geschichtliche Teil der Arbeit kaum anders darzustellen ist, finden die Seminarteilnehmer/Innen auf dem Handout (siehe Anhang) eine kurze Auflistung der Daten und der Reformpädagogen.

23. bis 26. Minute:

Nach dem geschichtlichen Teil des Handlungsorientiertem Unterricht leite ich zu der Begründung für diese Unterrichtsform über.

Mit der Erklärung, dass Schüler/innen nicht durch Erfahrungen aus zweiter Hand lernen sollten, sondern selber durch die verschiedenen Wahrnehmungskanäle aufnehmen, präsentiere ich eine Folie, auf der die Wahrnehmungskanäle deutlich gemacht werden. (Folie siehe Anhang)

Ich erkläre den Teilnehmer/innen, dass Schüler/innen also am besten durch eigenes Tun lernen können. Das begründe ich mit Gudjons.

26. bis 36. Minute:

Nachdem ich die Begründung dargestellt habe, werde ich die Probleme und die Kritik an Handlungsorientiertem Unterricht mithilfe der Seminarteilnehmer/innen darlegen. Zu diesem Zweck teile ich die Teilnehmer/innen in zwei Gruppen. Um Schwierigkeiten und Unruhe zu vermeiden, werde ich die Gruppen selber, anhand einer gedachten Linie durch den Raum, teilen. Die eine Gruppe soll sich Argumente für Handlungsorientierten Unterricht zurechtlegen, die andere Gruppe soll versuchen, eventuelle Kritikpunkte und Schwierigkeiten im Hinblick auf Handlungsorientierten Unterricht zu finden. Nach circa zehn Minuten werde ich die Student/innen bitten, mir ihre Ergebnisse mitzuteilen und diese untereinander zu diskutieren. Sollte die Diskussion mehr als zehn Minuten in Anspruch nehmen, werde ich die Diskussion unterbrechen und meine Punkte zur Kritik erläutern.

36. bis 44. Minute:

Anschließend werde ich noch das letzte Kapitel meiner Hausarbeit präsentieren und den Seminarteilnehmer/innen einen Einblick in den Handlungsorientierten Unterricht in der Berufsschule geben. Da alle Teilnehmer Lehramt für Berufskolleg studieren, wird dieser Punkt die Aufmerksamkeit nach der praktischen Phase wieder auf mich lenken.

Nachdem ich die Wörter Handlungskompetenz und Schlüsselqualifikation nicht mehr ausführlich erklären muss, da die Themen bereits im letzten Referat behandelt wurden, kann ich die Planungen für die handlungsorientierten Prüfungen der Kammern und auf Ebene der Lehrplan- und Lehr-Lernprozesse-Gestaltung erklären. Als Beispiel gebe ich, wie bereits in der Hausarbeit, meine eigene Abschlussprüfung an, die bereits handlungsorientierte Elemente beinhaltete.

44. bis 45. Minute:

Zum Schluss gehe ich hier auch noch einmal auf die möglichen Probleme ein.

6.2 Handout:

1. Begriff Handlungsorientierter Unterricht

Laut Gudjons ein „Sammelbegriff für eine Vielzahl von Methoden“
Kern der Methoden: „eigentätige, viele Sinne umfassende Auseinadersetzung und aktive Aneignung eines Lerngegenstandes.“

2. Ursprung und Entwicklung

- Entwicklung über die letzten 30 Jahre hinweg
- um 1900: Entwicklung der Reformpädagogik als Gegensatz zur lehrerzentrierten Schule der Herbertianer
- Pädagogen der Reformpädagogik: Pestalozzi, Freinet, Montessori, Petersen, Dewey, Gaudig

3. Begründung

- Kinder müssen eigene Erfahrung machen, um besser lernen zu können
- „Wir behalten nur 20% von dem, was wir hören, aber wir behalten 90% von dem, was wir selbst tun.“
- Benutzung von möglichst vielen Wahrnehmungskanälen
- Unterricht soll sich vom lehrerzentrierten zum schülerzentrierten Medium entwickeln

4. Kritik und Probleme

- Vorsicht vor „Kuschelecken-Pädagogik“
- Handlungsorientierter Unterricht fordert höheren Material-, Arbeits- und Zeitaufwand von Lehrer/innen
- Arbeitsmittel müssen sorgfältig ausgesucht und auf ihre Qualität geprüft werden

5. Handlungsorientierter Unterricht in der Berufsschule

- Den Schüler/innen sollen Handlungskompetenzen und Schlüsselqualifikationen anstelle von reinem Fachwissen vermittelt werden
- Abschlussprüfungen der Kammern sollen auch handlungsorientiert gestaltet werden
- Unterricht und Prüfungen müssen auf realitätsnahe Inhalte geöffnet werden.

Literaturverzeichnis:

Aebli, Hans: Zwölf Grundformen des Lehrens. Klett-Cotta, 2001

Dietrich, G.: Pädagogische Psychologie. Klinkhardt, 1984

Dörig, Roman: Handlungsorientierter Unterricht – Leitideen und Kritik. in: Spectrum Berufsschule/ Panorama 3/2003, S.18

Gudjons, Herbert: Handlungsorientiert Lehren und Lernen. Klinkhardt, 1994

Hecker, Ulrich: Mit Freiarbeit erfolgreich in der Sekundarstufe I. Verlag an der Ruhr, 2000

Kommission Anwalt des Kindes: Schlüsselqualifikationen – Chancen und Grenzen der Berufsorientierung durch Schule. 1991 [www.anwalt-des-kindes.de/bildung-rp/empfehlung15.html, gefunden am 11.06.2005]

Meyer, Hilbert: Leitfaden zur Unterrichtsvorbereitung. Cornelsen Scriptor, 1980

Ott, B.: Strukturmerkmale und Zielkategorien einer ganzheitlichen Berufsbildung. Steiner,

Reinert, G./ Heyder, S.: Lebensort: Schule. Beltz Verlag, 1983

www.wikipedia.de [http://de.wikipedia.org/wiki/John_Dewey, gefunden am 01.06.2005]

Lehrerzentrierter Unterricht/ Frontalunterricht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch die Wahrnehmungskanäle nehmen die Schüler/innen die Lerninhalte auf.

Je mehr Wahrnehmungskanäle benutzt werden, umso mehr können die Schüler/innen behalten.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Handlungsorientierter Unterricht in der Berufsschule - Ein Überblick
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Veranstaltung
Orientierungsveranstaltung: Grundlagen der Profession - Berufskolleg
Note
bestanden
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V51727
ISBN (eBook)
9783638476157
ISBN (Buch)
9783656170204
Dateigröße
546 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Handlungsorientierter, Unterricht, Orientierungsveranstaltung, Grundlagen, Profession, Berufskolleg
Arbeit zitieren
Melanie May (Autor:in), 2005, Handlungsorientierter Unterricht in der Berufsschule - Ein Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51727

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