Mutmaßungen über den zukünftigen Umgang mit alten Menschen anhand der Entwicklung von Vormundschafts-/ Betreuungsrecht sowie Heimgesetz


Examensarbeit, 2006

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Ursprünge und Entwicklung des Vormundschaftsrechts
2.1. Das Betreuungsgesetz vom 1.1.1992
2.2. Das Betreuungsrechtsänderungsgesetz zum 1.1.1999

3. Vormundschaftsrecht im Dritten Reich

4. Folgen des Dritten Reichs für Vormundschaftsrecht und Betreuungsrecht

5. Das 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz zum 1.7.2005 und das Vormünder – und Betreuervergütungsgesetz VBVG
5.1. Widersprüche zwischen dem neuen Betreuungsrechtsänderungsgesetz und dem Grundgesetz sowie dem Betreuungsgesetz gem. BGB
5.2. Folgen des Betreuungsgesetzes zum 1.7.2005 für Sozialhilfeträger und Pflegekassen

6. Mutmassungen über den zukünftigen Umgang mit alten Menschen

7. Die Anforderungen an einen Heimleiter

8. Aussicht auf zukünftige Anforderungen an einen Heimleiter

9. Schlusskapitel

1. Einleitung:

Der Versuch dieser Facharbeit ist es, zu einer Annahme zu gelangen, wie die Zukunft von Pflegeheimen aussehen könnte und damit die Tätigkeit eines Heimleiters.

Da ich seit etlichen Jahren als selbständiger Berufsbetreuer tätig bin, versuche ich zu dieser Annahme zu gelangen, indem ich die Entwicklung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts schildere bis in die Gegenwart hinein. Diese Entwicklung, welche gerade in dem vergangenen Jahr 2005 einen traurigen Umschwung vollzog (weshalb ich auch die Gesetzesänderung zum 1.7.2005 in einem separaten Punkt beschreibe), soll als Gradmesser dienen für den weiteren Umgang mit Alten und Behinderten, welche ja hauptsächlich vom Betreuungsrecht betroffen sind.

Um aufzuzeigen, dass ein Wandel von Werten bezüglich des Umganges mit Mitmenschen und bezüglich des Wertes eines Menschen innerhalb kürzester Zeit möglich ist, gehe ich in Punkt Nr. 3 auf den Umgang mit Behinderten - den sogenannten „Ballastexistenzen“ - im Dritten Reich ein. Ich schildere den Umgang zu dieser Zeit mit dem Vormundschaftsrecht und berichte von dem einzigen Vormundschaftsrichter, welcher sich nachdrücklich gegen die Tötung von Behinderten wehrte.

Ich beschäftige mich dann in einem weiteren Punkt mit dem Buch „Das Methusalem Komplott“ von Frank Schirrmacher, welcher aus der unausweichlich auf uns zukommenden Überalterung der Gesellschaft ebenfalls Schlüsse zu ziehen versucht auf den Umgang mit alten Menschen in der Zukunft.

Alle bis hierher behandelten Punkte benutze ich dann, um einen Ausblick zu bekommen, wie die Tätigkeit eines Heimleiters zukünftig aussehen könnte.

Ich gehe auf die Tätigkeit eines Heimleiters ein, so wie sie sich derzeit aus dem Heimgesetz ergibt und durch die Interessengruppen, welche in der Einrichtung Heim leben und arbeiten.

Zukünftig werden die demographische Entwicklung, die Sicht und Bewertung des alten Menschen und die Beständigkeit oder eben Unbeständigkeit von menschlichen Wertvorstellungen - wie in den vorhergehenden Punkten besprochen – auf das Berufsbild des Heimleiters und die Anforderungen an einen Heimleiter entscheidenden Einfluss haben.

2. Ursprünge und Entwicklung des Vormundschaftsrechts

Das römische Recht wurde um 450 v.Chr. in einer Gesetzessammlung auf dem Forum Romanum ausgestellt. Das Forum Romanum war ein Platz im Zentrum vom Rom, auf welchem die Gesetzessammlung in Form eines Zwölftafelgesetzes - auf 12 bronzenen Tafeln - angeschlagen war.

In diesem Gesetz wird die „cura furiosi“ erwähnt, die Sorge für psychisch Kranke, als auch die „ cura prodigi“, nämlich die Sorge für Verschwender.

Der psychisch Kranke wurde automatisch, also ohne formellen Akt, dem nächsten männlichen Verwandten unterstellt.

Der Verschwender jedoch erfuhr erst durch einen Rechtsakt den Verlust der Geschäftsfähigkeit. Es sollte durch diesen Verlust das Vermögen der Familie geschützt werden, auch für die Nachkommen. Jedoch war der Betroffene nicht gehindert, Geschäfte abzuschliessen, welche einen Vorteil für ihn erbrachten. Diese Regelung, vorteilhafte Geschäfte abschliessen zu können, hat sich unverändert bis in die Gegenwart hinüber fortgesetzt und findet sich heute in § 1903(3)S.1 BGB wieder. Dort wird die Betreuung beschrieben, bei welcher bzgl. der Vermögenssorge ein Einwilligungsvorbehalt eingerichtet ist. Dadurch sind alle Rechtsgeschäfte, die der Betreute abschliesst, schwebend unwirksam, bis der Betreuer zustimmt oder widerruft. Vorteilhafte Rechtsgeschäfte allerdings kann der Betreute auch ohne seinen Betreuer abschliessen, also wie schon vor einigen tausend Jahren.

Ein weiteres Rechtsinstrument im Rechtssystem des Römischen Reiches war die Tutela. Tutela heisst aus dem Italienischen übersetzt Schutz oder eben auchVormundschaft.

Diese Tutela war unterteilt in die Vormundschaft über Frauen einerseits ( Tutela mulierum ), und andererseits in die Vormundschaft über Unmündige ( tutela impuberum ).

Die tutela impuberum als auch die tutela mulerium waren wiederum aufgeteilt.

Nämlich einerseits in die tutela legitima, also die gesetzliche Vormundschaft, bei der die nächste männliche, über den Vater verwandte Person zum Vormund bestellt wurde.

Und andererseits in die tutela testamentaria, bei welcher ein Vormund eingesetzt wurde, welcher in einem Testament genannt wurde.

Weniger ausgefeilt war ein Schutzverhältnis, welches in den germanischen Stammesrechten verankert war. Dieses Schutzverhältnis nannte sich Munt, hergeleitet vom lat. Manus

( Hand ). Der Vormund hatte dabei die Pflicht, das Vermögen seines Mündels zu verwalten, aber auch das Recht, sich des Vermögens zu bedienen. Weiterhin musste der Muntherr seinen Mündel rechtlich vertreten, notfalls sogar im Zweikampf; im schlimmsten Fall musste er sogar für die Verbrechen des Mündels haften.

Die Geschäftsfähigkeit zu jener Zeit wurde beurteilt danach, ob der Betreffende eine Waffe bedienen konnte oder nicht, woraus resultierte, dass Frauen meist nicht als geschäftsfähig galten ( wohl weil sie den Säbel noch nicht mal hochheben konnten ).

In der weiteren Entwicklung über die sächsische Vormundschaftsordnung von 1782 über das preussische Landesrecht von 1794 bis hin zu der französischen Gesetzessammlung Code Civil von 1803 war es stets festgeschrieben, dass die unter Vormundschaft stehende Person nicht mehr geschäftsfähig war, wobei lediglich im Code Civil dieser Verlust der Geschäftsfähigkeit extra beantragt werden musste, so wie heute der o.g. Einwilligungsvorbehalt separat beantragt werden muss.

1875 wurde erstmalig in der preussischen Vormundschaftsordnung eine Unterscheidung getroffen zwischen Vormundschaft für alle Angelegenheiten und Pflegschaft für bestimmte Aufgabenkreise. Diese Unterscheidung mag der Anstoss dafür gewesen sein, dass auch die heutigen Betreuungen für ganz bestimmte Aufgabenkreise bestehen, also z.B. Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge oder Wohnungsangelegenheiten.

Das bürgerliche Gesetzbuch trat 1900 in Kraft. Hierin waren Vormundschaft und Pflegschaft in der bis 1991 gültigen Form geregelt, wobei ab1961 die Unterbringung eines Mündels einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf und ab 1974 die Entmündigung wegen Rauschgiftmissbrauchs möglich war.

Bereits vorher war die Entmündigung möglich wegen Geisteskrankheit, Geisteesschwäche, Verschwendung und Trunksucht.

Daneben bestand die weniger in die Persönlichkeitsrechte eingreifende Form der Gebrechlichkeitspflegschaft, welche insbesondere nicht zu einem Verlust der Geschäftsfähigkeit führte.

„Die Rechtssprechung hatte insbesondere im Bereich der Gebrechlichkeitspflegschaft grosse praktische Wandlungen herbeigeführt. Die Entmündigung und die Vormundschaft für Volljährige war in den Hintergrund getreten, sie spielte zahlenmässig nur noch eine untergeordnete Rolle.“ (1)

2.1. Das Betreuungsgesetz vom 1.1.1992

Am 1.1.1992 trat dann das neue Betreuungsgesetz in Kraft.

„Das Ziel des neuen Betreuungsgesetzes ist in erster Linie aber die Verwirklichung der Selbstbestimmung des Betreuten und seiner Grundrechte.“ (2)

Schon allein die Wortwahl, also der Wechsel von dem Wort „Vormundschaft“ zu dem Wort „Betreuung“ sollte in dem vorgenannten Sinne wirken.

„Die Gesetzessprache mit Ausdrücken wie: der „zu Entmündigende“, der „Mündel“, der „Pflegling“, wurde ebenfalls als veraltet, stigmatisierend und für zeitgemässen juristischen Gebrauch als nicht mehr brauchbar angesehen.“ (3)

Am Rande sei erwähnt, dass trotz der ursächlich guten Absicht hinter dieser neuen Wortwahl das Wort „Betreuer“ seitdem immer wieder zu lästigen Missverständnissen führt, was denn die Aufgaben und Pflichten eines Betreuers sind.

„ Hieraus ergibt sich für den Betreuer das Recht und die Pflicht, die Angelegenheiten des betreuten Menschen im Rahmen des Aufgabenkreises zu erledigen.

Die Formulierung „Regelung der Angelegenheiten“ meint dabei nur die rechtliche Vertretung.“ (4)

Das Wort Betreuer aber vermittelt ein ganz anderes Bild, nämlich das einer Person, welche mit dem Betreuten bei einem netten Plausch eine Tasse Kaffee trinkt und ihn anschliessend bei einem Spaziergang durch den Park begleitet.

Im Rahmen dieser Arbeit sind folgende Grundzüge des neuen Betreuungsgesetzes von Bedeutung:

- Die Entmündigung wird abgeschafft; § 6 BGB (alte Fassung) entfällt ersatzlos.
- In die Rechte des Betreuten soll nur soweit als zu seinem Wohl unumgänglich eingegriffen und auch ein gewisses Recht auf abweichenden Lebensstil, auf „Verwirrtheit“ zugestanden werden.
- Wünsche des Betreuten sind künftig vom Betreuer zu beachten und gehen den Auffassungen des Betreuers grundsätzlich vor.
- Die Betreuerbestellung hat keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten mehr ( die Regelung de natürlichen Geschäftsfähigkeit nach § 104(2) BGB bleibt jedoch bestehen.
- Bei Wohnungsauflösungen, Heilbehandlung und Sterilisation werden konkrete Regelungen und gerichtliche Genehmigungsvorbehalte eingeführt.
- Die Rechte des Betroffenen im gerichtlichen Verfahren werden gestärkt, er gilt als voll verfahrensfähig (5)

2.2. Das Betreuungsrechtsänderungsgesetz zum 1.1.1999

Das Betreuungsrechtsänderungsgesetz war eine Reaktion auf die enorm steigende Zahl von Betreuungen (aufgrund neuer Bundesländer, demographischer Entwicklung; neue rechtliche Erfordernisse z.B. durch die oben beschriebenen konkreten Regelungen und Genehmigungsvorbehalte zum Schutz des Betreuten). Durch den rasanten Anstieg der Betreuungen kam es folglich auch zu einem Anstieg der hierfür erforderlichen Bezahlung von Berufsbetreuern.

So kam es vor allem auf Druck der Bundesländer, welche die vorgenannten Kosten aufzubringen hatten, zu dem Änderungsgesetz. Das hauptsächliche Ziel also dieses Gesetzes war eine Reduzierung der Ausgaben. Durch folgende Punkte sollte dies erreicht werden:

- Durch eine Aufwertung der Betreuungsvorsorgevollmachten sollten Bestellungen von kostenverursachenden Berufs – oder Vereinsbetreuern vermieden werden.
- Berufsbetreuer sollten nur ausnahmsweise bestellt werden. Sie werden überdies sogar verpflichtet dem Gericht mitzuteilen, falls Ihnen bekannt wird, dass die Betreuung durch eine oder mehrere ehrenamtliche Betreuer geführt werden kann. Hierbei wurde vom Gesetzgeber allerdings nicht beachtet, dass der Berufsbetreuer – wie auch alle anderen Selbständigen - von seinem Einkommen abhängig ist und sich mit einer solchen Meldung also die eigene Existenzgrundlage vernichtet.
- Es wurden neue, knapp bemessene Vergütungsstufen eingeführt, welche sich nach der Ausbildung der hauptberuflich tätigen Betreuers richteten.

- Zudem erhielt das Gericht die Möglichkeit, Zeitbegrenzungen vorzugeben für bestimmte Tätigkeiten, also z.B. eine Haushaltsauflösung und hierdurch eben nur noch Pauschalen zu bezahlen.
- Stärkere Heranziehung der Betreuten zu den Betreuungskosten war eine weitere Sparmassnahme. Nicht nur Vermögen bis zu einer bestimmten Freigrenze wurde nun für Bezahlung des Betreuers verwandt, auch auf das laufende Einkommen des Betreuten wurde nun zurückgegriffen. Selbst Ehegatten und Angehörige gerader Linie sollten zur Bezahlung herangezogen werden.

Zusammenfassung:

Auf den vorangegangenen Seiten wurden Ursprünge und Entwicklung der Vormundschaft und des Vormundschaftsrechts bis zum heutigen Betreuungsrecht dargestellt.

Es fällt hierbei auf, dass der Stellenwert des Betreuten hierbei immer stärker in den Mittelpunkt rückte.

Rechte des Betreuten wurden gestärkt, seine Wünsche in den Vordergrund gerückt und Einschränkungen des Betreuten gehen aufwändige Kontrollen durch das Gericht voraus.

Die in § 1901 BGB fixierte Besprechungspflicht des Betreuers mit dem Betreuten zielt darauf ab, die Führung der Betreuung nach den Wünschen des Betreuten auszurichten, soweit dies dem Betreuer zuzumuten ist. Es wird dem Betreuten das Recht auf Verwirrtheit und Verwahrlosung in gewissen Grenzen zugestanden.

Als besonderer Fortschritt in diese Richtung kann wohl das neue Betreuungsgesetz zum 1.1.1992 gelten.

Man sollte jedoch hierüber nicht aus den Augen verlieren, wie schnell unter den entsprechenden Umständen ( Armut; entsprechender Einfluss von Politikern ) positive Entwicklungen rückgängig gemacht werden können und ein Menschenleben dann keinen Pfifferling mehr wert ist. Hierauf möchte ich in dem nächsten Punkt zu sprechen kommen.

3. Vormundschaftsrecht im Dritten Reich

Die oben geschilderte Fortentwicklung des Wesens der Vormundschaft bis in die Gegenwart wurde drastisch unterbrochen durch das Dritte Reich.

Im Dritten Reich galten Behinderte vielfach als „Ballastexistenzen“. Was waren die Voraussetzungen für diese Einstellung gegenüber Behinderten ?

Besonders wichtig auch für die in den folgenden Punkten angestellten Überlegungen ist, dass zu Beginn des Dritten Reiches bekanntermassen bei weitem nicht der Lebensstandard herrschte, welcher heute gängig ist.

„ Die Inflation von 1923 und die Weltwirtschaftskrise von 1928 prägten das Denken und Handeln von Millionen Menschen bis in jede Familie hinein. Sogar wir damals Jungen konnten uns noch an die heute unvorstellbare Armut in Deutschland von 1932 erinnern. In meiner Breslauer Volksschulklasse kam fast die Hälfte der Erstklässler bis zum ersten Schneefall barfuss in den Unterricht. Die Eltern hatten weder Geld für feste Schuhe noch für warme Winterbekleidung, schon Sandalen galten als Luxus.“ (6)

Diese Armut trug sicherlich einen hier nicht zu bewertenden Teil dazu bei, dass die damaligen Entscheidungsträger auf die Idee verfielen, die o.g. „Ballastexistenzen“ zu vernichten und diese Entscheidung auch von den Personen, welche für die Ausführung verantwortlich waren, mitgetragen wurden, seien diese nun in der Ärzteschaft oder Justiz angesiedelt. Durch die Vernichtung der aufwändig zu pflegenden Behinderten sollten menschliche und finanzielle Ressourcen freigesetzt werden, hierzu jedoch später. Darüber hinaus spielte natürlich die Rassenhygiene eine Rolle.

Die Ermordung von Behinderten im Dritten Reich war allerdings keine abrupte Erscheinung ohne eine vorangehende Entwicklung.

Bereits seit den 1890er Jahren nahm die Rassenhygiene in Deutschland an Bedeutung zu. Eine Institutionalisierung der Rassenhygiene fand aber erst nach dem 1. Weltkrieg statt.

So wurde etwa 1927 das „Kaiser Wilhelm Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik“ unter Eugen Fischer in Berlin gegründet.

Karl Binding, ein Strafrechtslehrer aus Leipzig ( 1841 – 1920 ) und Alfred Hoche, ein Psychiater aus Freiburg ( 1865 – 1943 ) veröffentlichten 1920 ihr Werk „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Mass und ihre Form“, in welchem auch der Ausdruck der Ballastexistenz kreiert wurde.

Drei Zitate aus diesem Buch:

„Das Wesentliche aber ist das Fehlen der Möglichkeit, sich der eigenen Persönlichkeit bewusst zu werden, das Fehlen des Selbstbewusstseins. Die geistig Toten stehen auf einem intellektuellen Niveau, das wir erst tief unten in der Tierreihe wieder finden, und auch die Gefühlsregungen erheben sich nicht über die Linie elementarster, an das animalische Leben gebundene Vorgänge.“ (7)

„Mitleid ist den geistig Toten gegenüber im Leben und im Sterbensfall die an letzter Stelle angebrachte Gefühlsregung; wo kein Leiden ist, ist auch kein Mitleiden.“ (7)

„Wenn wir die Frage der in Deutschland zur Zeit gleichzeitig vorhandenen, in Anstaltspflege befindlichen Idioten zusammenrechnen, so kommen wir schätzungsweise auf etwa auf eine Gesamtzahl von zwanzigtausend bis dreissigtausend. Nehmen wir für den Einzelfall eine durchschnittliche Lebensdauer von fünfzig Jahren, so ist leicht zu ermessen, welches ungeheuere Kapital in Form von Nahrungsmitteln, Kleidung und Heizung dem Nationalvermögen für einen unproduktiven Zweck entzogen wird. Damit ist hiermit noch keineswegs die wirkliche Belastung ausgedrückt. Die Anstalten, die der Idiotenpflege dienen, werden anderen Zwecken entzogen. ein Pflegepersonal von vielen tausend Köpfen wird für diese gänzlich unfruchtbare Aufgabe festgelegt und fördernder Arbeit entzogen; es ist eine peinliche Vorstellung, dass ganze Generationen von Pflegern neben diesen leeren Menschenhülsen dahinaltern, von den nicht wenige siebzig Jahre und älter werden.

Die Frage, ob der für diese Kategorien von Ballastexistenzen notwendige Aufwand nach allen Richtungen hin gerechtfertigt sei, war in den verflossenen Zeiten des Wohlstandes nicht dringend, jetzt ist es aber anders geworden, uns wir müssen uns ernstlich mit ihr beschäftigen.“ (7)

Insbesondere mit letztem Zitat dürften Binding/Hoche dem „Führer“ aus dem Herzen gesprochen haben, denn dieser hatte bereits in „Mein Kampf“ die Forderung gestellt: „dass defekten Menschen die Zeugung anderer ebenso defekter Nachkommen unmöglich gemacht wird, ...“.

Es liegt auf der Hand, dass Hitler sich in seinen Plänen für das Deutsche Reich durch die Existenz von „Ballastexistenzen“ behindert sah und deren Vernichtung forcierte.

So wurde am 14.7.1933 das Gesetz „zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ verabschiedet, dass ab Januar 1934 in Kraft trat und auf dessen Grundlage schätzungsweise 400 000 Männer und Frauen unfruchtbar gemacht wurden.

Hitler befand sich in guter Gesellschaft, denn es wird vermutet, dass 1935 auch durch den Reichsärzteführer Wagner die Idee der Vernichtung lebensunwerten Lebens an Hitler herangetragen wurde; Hitler jedoch wollte hiermit bis Kriegsbeginn warten.

Dann aber beauftragte er Dr. med. Karl Brandt und den Leiter der Parteikanzlei Bouhler mit der Durchführung davon, „unheilbar Kranken den Gnadentod zu gewähren“.

Diese Durchführung wurde Aktion „T4“ genannt, da die Zentrale der Organisation in der Tiergartenstrasse 4 in Berlin ihren Sitz hatte.

[...]


1 Jürgens u.a., S.4

2 Jürgens u.a., S.9

3 Deinert, Online Lexikon, S.1

4 Raack/Thar, S.57

5 Deinert, Online Lexikon S. 1

6 Frodien, S.192-193

7 Binding / Hoche, S.66 ff

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Mutmaßungen über den zukünftigen Umgang mit alten Menschen anhand der Entwicklung von Vormundschafts-/ Betreuungsrecht sowie Heimgesetz
Veranstaltung
Ausbildung Heimleiter; Management sozialer Einrichtungen
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
28
Katalognummer
V52681
ISBN (eBook)
9783638483285
ISBN (Buch)
9783638662222
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mutmaßungen, Umgang, Menschen, Entwicklung, Vormundschafts-/, Betreuungsrecht, Heimgesetz, Ausbildung, Heimleiter, Management, Einrichtungen
Arbeit zitieren
Wolfgang Viebahn (Autor:in), 2006, Mutmaßungen über den zukünftigen Umgang mit alten Menschen anhand der Entwicklung von Vormundschafts-/ Betreuungsrecht sowie Heimgesetz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52681

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