Die 'Repubblica Sociale Italiana' - Souveräner Staat oder Vasall?


Seminararbeit, 2004

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Die „Repubblica Sociale Italiana“
Die Gründung
Der Wirkungsbereich
Die Struktur
Die Wirtschaft
Die Bevölkerung
Der Zusammenbruch

3. Fazit

Literatur

1. Einleitung

Im Winter des Jahres 1942/1943 erlitten die Achsentruppen an der sowjetischen Front im Osten schwere Niederlagen, verbunden mit massiven personellen und materiellen Verlusten. In dieser Phase des 2. Weltkrieges kam es zu der wohl entscheidenden Wende, da es der Roten Armee der Sowjetunion erstmals gelang den feindlichen Aggressor nachhaltig zurückzudrängen. Auch in Nordafrika drohten zu diesem Zeitpunkt aus Sicht der Deutschen und ihrer Verbündeten entscheidende Niederlagen.

In dieser Phase verschlechterte sich auch das Bündnis zwischen Deutschland und Italien, da auch Italien und seine Bevölkerung von der militärischen Katastrophe in großem Umfang betroffen war. Die sich zunehmend verschärfende militärische Krise bedrohte auch die faschistische Koalition. Die Unzufriedenheit über den Verlauf des Krieges wuchs im Volk unaufhörlich; für viele Italiener schien der Krieg bereits verloren. Das faschistische Regime unter der Führung Mussolinis blieb von der aufkommenden öffentlichen Kritik nicht ausgeschlossen. Es kam zu vermehrten Unruhen unter den Arbeitern, die für Lohnerhöhungen und zusätzliche Lebensmittelrationen zu Streiken begannen. Vor allem aber begann die Bevölkerung erstmals für den Frieden und für ein Ende des Krieges zu demonstrieren. Unter den Unzufriedenen waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nur Oppositionelle zu finden, sondern auch viele Faschisten, die über viele Jahre treu ihrem Führer, dem „Duce“ gefolgt waren.

So wurde König Vittorio Emanuele III nach der Landung der alliierten Truppen auf Sizilien im Sommer 1943 von verschiedenen Seiten gedrängt die konstitutionelle Gewalt wieder zu übernehmen. Da dieser aber weder ein Anhänger der ehemaligen liberalen Führer des Landes war, noch einen Faschismus ohne Mussolini unter der Führung Dino Grandi bevorzugte, entschloss er sich eine Militärregierung zu bilden und die Präsidentschaft Marschall Pietro Badoglio zu übertragen. Am 25. Juli erklärte der König Benito Mussolini, dass er ihn von seinen Ämtern enthoben habe und veranlasste die Verhaftung des faschistischen Führers. Die Absetzung Mussolinis war somit gesetzlich legitimiert. Die neue Regierung Italiens wollte schnellstmöglich einen Separatfrieden mit den Alliierten aushandeln, um somit die Monarchie als Staatsform im Lande zu sichern.

Schließlich wurde am 3. September 1943 die italienische Kapitulation gegenüber den Alliierten unterzeichnet. Angloamerikanische Truppen landeten in den folgenden Tagen im Süden Italiens. Während der Süden somit „befreit“ wurde, gerieten tausende italienische Soldaten im Norden des Landes in die Gefangenschaft der Deutschen. Mussolini wurde wenige Tage später von der deutschen Wehrmacht aus seinem Gefängnis befreit, und nach Deutschland gebracht. Hitler war der Meinung, dass nur Mussolini eine faschistische Regierung nach den deutschen Interessen führen könnte. So wurde Ende September 1943 in Salò am Gardasee die „Repubblica Sociale Italiana“ (RSI) ausgerufen. Die italienischen Beamten des Nordens erklärten diesem neuen faschistischen Staat ihre Folgschaft.

Aus Angst vor den einmarschierenden deutschen Truppen, flohen Badoglio, der König und die wichtigsten Staatsdiener nach Brindisi, wo sie unter dem Schutz der alliierten Truppen das „Regno del Sud“ gründeten und schließlich am 13. Oktober Deutschland den Krieg erklärten. Es kam somit zu einer Teilung des Landes.

2. Die „Repubblica Sociale Italiana“

2.1 Die Gründung

Nach der gesetzlich legitimierten Absetzung und Verhaftung Benito Mussolinis durch König Vittorio Emanuele III auf Anraten des Faschistischen Großrates, der am 24. Juli 1943 erstmals seit Dezember 1939 getagt hatte, mittels verfassungsgemäßen Mitteln, flohen zahlreiche Funktionäre der faschistischen Partei Italiens nach Deutschland, da sie sich dort in Sicherheit wähnten.

Das Zusammentreffen des Faschistischen Großrates zeigt, dass auch in einflussreichen Kreisen vermehrt nach Wegen gesucht wurde, um dem sich abzeichnenden Untergang zu entgehen. Man wollte somit das am Boden liegende faschistische Regime unter der Führung Mussolinis „von oben“ beseitigen, um dem Sturz des Faschismus durch die alliierten Truppen oder den wachsenden Antifaschismus in der Bevölkerung zuvorzukommen.

Deutschland strebte eine schnelle Übernahme der Machtverhältnisse an, und so wurden verschiedene Truppenbewegungen der deutschen Wehrmacht und die Entwaffnung der italienischen Einheiten verfügt, um somit die Kontrolle über Italien schnellstmöglich in deutsche Hände zu bringen. Auf diese Weise wurden große Teile Italiens von deutschen Truppen besetzt und die militärische Vormachtstellung in weiten Teilen des Landes gesichert.

Die mögliche Alternative zu dieser Besetzung des italienischen Verbündeten, wäre eine Räumung des Landes gewesen, aber Hitler und dem Oberkommando der Wehrmacht war es wichtig gewesen den Krieg, der zu diesem Zeitpunkt auch für Deutschland bereits bedrohliche Ausmaße angenommen hatte, möglichst weit von den eigenen Grenzen fernzuhalten.[1]

Viele hochrangige Vertreter Deutschlands forderten, dass an dem ehemaligen Verbündeten Italien ein Exempel statuiert werden sollte, damit mögliche Nachahmungen in Rumänien oder Ungarn verhindert werden sollten. Für sie waren die Verbündeten nie ernsthaft gleichberechtigte Partner, sondern vielmehr Hilfskräfte bei der Erzielung der eigenen militärischen und politischen Ziele gewesen. Die Tatsache, dass der italienische Faschismus seine weitgespannten Expansionspläne, vor allem auf dem Balkan und in Nordafrika nicht erfüllen konnte, und somit das drastische Missverhältnis zwischen den wirtschaftlichen und militärischen Möglichkeiten des Landes und den eigenen Ansprüchen offenbart wurde, verschärfte die rassistischen Vorurteile der Herrschenden in Deutschland gegenüber dem italienischen Volk. Die Verbündeten wurden „rassebedingt“ maßgeblich für die schweren Niederlagen verantwortlich gemacht.[2]

Deutschland drängte daher auf die totale Ausschöpfung aller materiellen und personellen Quellen. Die italienischen Arbeitskräfte und wirtschaftlichen Ressourcen sollten für Deutschland und seine Kriegsführung gesichert werden.[3]Um die optimale Ausbeutung der italienischen Wirtschaft zu erreichen, strebte die Wehrmacht eine direkte Kontrolle Italiens ohne eine neue eigenständige Regierung an. Für Hitler stand allerdings fest, dass die Faschisten wieder zurück an die Macht gebracht werden mussten. Dabei spielte Mussolini eine maßgebliche Rolle, da Hitler nur in einer Regierung unter der Führung Mussolinis einen achsentreuen „Partner“ sah. Joseph Goebbels dagegen bevorzugte ein Italien ohne die Führung Mussolinis, wohl aber unter der Führung einer faschistischen Regierung.[4]

Schließlich ordnete Hitler die Befreiung Mussolinis durch deutsche Fallschirmspringer an. Noch vor Beginn dieser Befreiungsoperation, verkündeten die italienischen Parteifunktionäre in Deutschland, in Erwartung der baldigen Befreiung Mussolinis in der Nacht vom 8. auf den 9. September 1943 im Radio die Errichtung einer neuen „faschistischen nationalen Regierung“.[5]Am selben Tag war auch die Kapitulation Italiens, veranlasst durch die Badoglio-Regierung gegenüber den Alliierten bekannt geworden und daraufhin der „Fall Achse“ von der deutschen Wehrmacht ausgerufen worden. Dieser Plan veranlasste die Verlegung weiterer deutscher Truppen im Umfang von 20 Divisionen nach Italien. Im Zuge dieser Besetzungsaktionen wurden rund 800 000 italienische Soldaten entwaffnet und in die deutsche Gefangenschaft überführt. Deutschland konnte auf diesem Wege etwa zwei Drittel des Landes besetzen und kontrollierte nun die italienischen Gebiete von den Alpen bis hin zu einer Linie Salerno-Benevento-Eboli, der neuen Front zu den Alliierten.

Nachdem Mussolini am 12. September befreit und nach Deutschland gebracht wurde, folgten Gespräche, an deren Ende Mussolini als Führer der neuen „Repubblica Sociale Italiana“ stand. Hätte sich Mussolini nicht bereit erklärt, trotz Krankheit die Regierung der neugegründeten faschistischen Republik zu übernehmen, wäre es in den von den Deutschen besetzen Gebieten Italiens nach Plänen der nationalsozialistischen Führer zu einer „Politik der verbrannten Erde“ gekommen.[6]Mit solch offen ausgesprochenen Drohungen wurde die Bündnisloyalität der Verbündeten erzwungen. Am 15. September wurde per Radio die Wiedererrichtung des faschistischen Regimes als Republik verkündet und am 23. September kehrte Mussolini nach Italien zurück. Da sich Rom zu nah an der Front zu den im Süden befindlichen alliierten Truppen befand, richtete sich die neue Regierung in Salò, einem kleinen Ort am Gardasee, ein.

2.2 Der Wirkungsbereich

Nach dem Einmarsch der Wehrmacht teilten die deutschen Besatzer das Land zunächst in drei Zonen. Das Gebiet im Süden, welches sich an die Frontlinie anschloss, war verwaltungsgemäß Frontgebiet. In diesem Territorium übten die kommandierenden Generäle der deutschen Wehrmacht die Macht aus. Da sich die Frontlinie aufgrund der Kämpfe immer wieder veränderte, richtete sich die Ausdehnung des Frontgebietes nach den militärischen Notwendigkeiten, wurde also kontinuierlich korrigiert.

Im Nordosten des Landes wurden die zwei Operationszonen „Alpenvorland“ und „Adriatisches Küstenland“ eingerichtet, an deren Spitze die Gauleiter der angrenzenden Reichsgaue Tirol und Kärnten, Franz Hofer und Friedrich Rainer standen. Beide Zonen wurden vom Deutschen Reich wie deutsche Provinzen verwaltet. Die männliche deutsche Minderheit in diesen Gebieten spielte dabei eine besondere Rolle, da auf Weisung von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel die Männer in diesen Gebieten mit italienischen Beutewaffen bewaffnet wurden, um dadurch die Kontrolle der Gebiete durch die Zivilbevölkerung zu erreichen. Darüber hinaus wurde ein großer Teil der Verwaltung und Organisation an die Führung der deutschen Minderheit übertragen.[7]Auf diese Weise sollte eine „Germanisierung“, vor allem Süd-Tirols erreicht werden.

[...]


[1]Vgl. de Felice, Renzo, Mussolinis Motive für seine Rückkehr in die Politik und die Übernahme der Führung der Repubblica Sociale Italiana, in: Lill, Rudolf [Hrsg.], Deutschland und Italien 1943-1945, Aspekte einer Entzweiung, Tübingen 1992, S. 39.

[2]Vgl. Seckendorf, Martin [Hrsg.], Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941-1945), [hrsg. Vom Bundesarchiv], Berlin, Hüthig 1992, S. 81.

[3]Vgl. Ebda., S. 86.

[4]Vgl. de Felice, Renzo, Mussolinis Motive für seine Rückkehr in die Politik und die Übernahme der Führung der Repubblica Sociale Italiana, in: Lill, Rudolf [Hrsg.], Deutschland und Italien 1943-1945, Aspekte einer Entzweiung, Tübingen 1992, S. 41.

[5]Vgl. Mantelli, Brunello, Kurze Geschichte des italienischen Faschismus, Berlin 1998, S. 170.

[6]Vgl. de Felice, Renzo, Mussolinis Motive für seine Rückkehr in die Politik und die Übernahme der Führung der Repubblica Sociale Italiana, in: Lill, Rudolf [Hrsg.], Deutschland und Italien 1943-1945, Aspekte einer Entzweiung, Tübingen 1992, S. 44.

[7]Vgl. Richtlinien von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, in: . Seckendorf, Martin [Hrsg.], Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941-1945), [hrsg. Vom Bundesarchiv], Berlin, Hüthig 1992, S. 247.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die 'Repubblica Sociale Italiana' - Souveräner Staat oder Vasall?
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Friedrich Meinecke Institut )
Veranstaltung
Faschismus – Italien 1922-1945
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V52690
ISBN (eBook)
9783638483353
ISBN (Buch)
9783656774969
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Repubblica, Sociale, Italiana, Souveräner, Staat, Vasall, Drittes Reich, Nationalsozialismus, Italien, Faschismus, Mussolini, RSI, 2. Weltkrieg, Achsenmächte, Salo, Saló
Arbeit zitieren
Marcus Sonntag (Autor:in), 2004, Die 'Repubblica Sociale Italiana' - Souveräner Staat oder Vasall?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52690

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