MEMENTO - Makroanalyse eines Neo-Noirs


Seminararbeit, 2002

30 Seiten, Note: 1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS DER STUDIENARBEIT

1. EINLEITUNG
1.2 Kurzinhalt
1.3 Filmablauf in chronologischer Reihenfolge
1.3.1 Vorgeschichte
1.3.2 S/W-Sequenzen komplett
1.3.3 Farb-Sequenzen komplett

2. ANALYSE
2.1 Erzählweise in Memento
2.2 Technische Einteilung in Schwarzweiss- & Farbsequenzen
2.2.1 Schwarzweiss
2.2.2 Farbe
2.3 Filmablauf und zeitliche Einteilung der Sequenzen in S/W & F
2.3.1 Set-up (Exposition)
2.3.2 Handlungsentwicklung
2.3.3 Handlungsverlauf
2.3.4 Höhepunkt

3. RESUMEE
3.1 Inhaltliche Begründung für „Rückwärts“
3.2 Interpretation
3.3 Fazit

4. ANHANG
4.1 Personenregister
4.2 Fakt 1 bis 6
4.3 Lennys Tatoos
4.4 Technische Informationen / Besucherzahlen
4.5 Literaturverzeichnis / Quellenangaben

1. EINLEITUNG

MEMENTO ist ein Film der seine Geschichte in Etappen rückwärts erzählt, mit einer zusätzlichen, zeitlich versetzten, vorwärts laufenden Parallelebene, geschnitten im Montagemuster der Parallelmontage[1]. Ein Puzzle-Thriller im Film Noir Genre, der das Publikum herausfordert mitzudenken und auch über den Kinobesuch hinaus essentielle Fragen an den Zuschauer stellt.

Das klingt jetzt alles ziemlich wirr und es ist in der Tat Skepsis angebracht, ob das ganze funktionieren kann und sowas wie eine Spannungskurve bei dieser Erzählweise überhaupt denkbar ist. Und es stellt sich natürlich die viel wichtigere Frage, ob das überhaupt nötig gewesen ist und inwiefern es der Story hilft bzw. dem Zuschauer schadet[2]. Den eines dürfte dem Leser hier schon auffallen (ohne den Film überhaupt gesehen zu haben): nach dem ersten Ansehen des Filmes versteht man maximal die Hälfte. Zweimal ansehen ist also Pflicht.

Im Folgenden wird nun der Film beschrieben, und auf seine Struktur sowie die Vermittlung des Inhaltes hin untersucht. In diesem Zusammenhang erschien es mir wichtig den Filminhalt, Filmprotokoll und Filmzitate direkt in die Analyse mit einzubeziehen und nicht im Anhang beizufügen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2 KURZINHALT

Ein furchtbarer Mord wird auf der Leinwand zurückgedreht. Das Tatortmotiv auf einem Polaroidfoto verschwindet, das Fotopapier wird wieder von der Kamera geschluckt, Blitzlicht leuchtet auf. Blut, Knochensplitter und Hautfetzen vereinigen sich wieder zu einem menschlichen Antlitz. Der Lauf der Pistole zieht sich zurück aus einem zuckenden Mund.[3]

Das sind die Eröffnungssequenzen von MEMENTO, dem Thriller von Christopher Nolan (USA 2001). Die rückwärtslaufenden Bilder des Anfangs sind eine Metapher für den Pulsschlag der Zeit im Film.

Leonard Shelby[4] (Guy Pearce) ist ein Mann ohne Gedächtnis. Er trägt teure Anzüge europäischer Designer und fährt einen Jaguar Sedan, steigt in billigen, anonymen Motels ab und zahlt seine Rechnungen stets mit Bündeln von Bargeld. Seine einzige Beschäftigung ist ein Rachefeldzug: Er will den Mann aufspüren und töten, der seine Frau vergewaltigt und ermordet hat. Die Polizei hat seine Verdächtigungen in den Wind geschlagen und sein Leben ist somit zum Kreuzzug für Gerechtigkeit geworden, der seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Doch der Verlust seines Kurzzeitgedächtnisses erschwert die Suche nach dem Killer erheblich. Seit der Nacht, in der seine Frau ermordet wurde, leidet er an einer seltenen Form von Gedächtnisverlust. Er weiss nicht, was vor 15 Minuten geschehen ist, wo er ist, wohin er geht und – warum.

Als ehemaliger Versicherungsdetektiv ist sich Lenny seines Handicaps durchaus bewusst. Aber er bringt die nötige Disziplin auf, damit umzugehen. Seine Motivation sind die Erinnerung an die grausamen letzten Momente im Leben seiner Frau. Getrieben von seinem traumatischen Verlust hat er sich sein Leben neu geordnet, mit Karteikarten, Fotografien, Aktenordnern, Notizzetteln, Tatoos und obsessiven Gewohnheiten. All dies Hilfsmittel haben nur den Zweck, ihm eine neues Gefühl für Raum und Zeit zu vermitteln und ihn fest an seine Mission zu binden. Wenn er vor dem Spiegel steht, sieht er die Botschaft, die er sich eintätowiert hat und die sein Leben bestimmen soll: „Find him and kill him“. Ein Mann ohne Erinnerung, auf der Suche nach einem Mörder und der Bereitschaft zu töten – eine Zeitbombe.

1.3 FILMABLAUF IN CHRONOLOGISCHER REIHENFOLGE

1.3.1 VORGESCHICHTE

Leonard Shelby lebte als Versicherungsdetektiv in San Francisco, wo er mit dem Fall von Sammy Jankis betraut wurde, der die Versicherung mit der Krankheit „Arterieller stufenweiser Gedächtnisverlust“ betrügen wollte.

Eines Nachts wird L.´s Frau im eigenen Haus im Bad vergewaltigt, L. kommt dazu und bringt einen Mann um wird selbst dabei niedergeschlagen. Seine Verletzung hat zur Folge dass er sein Kurzzeitgedächnis verliert und sich nur noch an vor dem Unfall Geschehenes erinnern kann. L.´s Frau hat Diabetes und da sie seine Krankheit nicht verstehen kann, versucht ihn zu testen indem sie sich wieder und wieder Insulin spritzen lässt von L. – und sie stirbt.

L. kommt in eine Nervenheilanstalt, wo er sich trotz der Krankheit schliesslich selbst konditioniert den „zweiten Mann“ der Vergewaltigung zu finden. L. vermischt seine Geschichte mit der von Sammy, haut ab und das Morden beginnt.

Der korrupte Polizist Teddy & L. finden den Junkie und bringen ihn um, Teddy schiesst das Polaroid von einem glücklichen, blutverschmierten Lenny mit noch nur einem Tatoo („Find him and kill him“), der mit dem Finger auf sein Herz weist, der Platz für ein mögliche „I´ve done it“-Tatoo das er sich niemals stechen lässt. Leider vergisst er seine Rache wieder.

( Wieviel Morde zwischen dem ersten Mord und dem von L. an Teddy liegen lässt sich nur vermuten: Für jeden „Fakt“ den sich L. tätowieren lässt steht eine Jagt nach einem „Täter“. Jeder Fakt auf L.´s Haut steht somit für einen Mordzyklus. Dies lässt sich bestätigen durch die offizielle Website ( www.otenemem.com) auf welcher der Regisseur Christopher Nolan L.´s Vor- und Nachgeschichte per Zeitungsartikeln, Psychatrieberichten, Briefen und Polaroids darstellt, und man insgesamt, inkl. Teddy, 6 Polaroids von versch. Männern findet. )

1.3.2 S/W SEQUENZEN KOMPLETT

L. wacht in anonymen Zimmer (Discount Inn, Zimmer 21) auf erinnert sich an nichts

L. erzählt T. am Telefon die Geschichte von Sammy Jankis

L. tätowiert sich Fakt 5 „Drogendealer“, wurde hierbei schon von T. am Telefon manipuliert

Tatoo erinnert ihn das Telefon nicht zu benutzen

T. manipuliert ihn mit verschmiertem Pola auf dem L. blutverschmiert zu sehen ist, und

L. geht doch wieder ans Telefon und wird von T. dazu gebracht sich (im blauen Pick-up) auf dem Weg zu machen um den Mann zu finden und zu töten: Jimmy Grantz, einen Drogendealer

T. hat ein Treffen (Drogendeal) fingiert bei dem auch viel Geld für ihn rausspringen soll

L. bringt Jimmy in einem verlassenen Haus um

L. zieht dessen Klamotten an und Teddy kommt dazu

1.3.3 FARB-SEQUENZEN KOMPLETT

L. erfährt von T. die Wahrheit über sich, Jimmy und Teddy, will sie aber nicht wissen

Er belügt sich selbst um glücklich zu sein und trifft die bewusste Entscheidung alles zu vergessen, L. verbrennt das Pola mit dem totem Jimmy, schreibt auf T.´s Pola „Glaub seinen Lügen nicht!“ und notiert Fakt 6: T.´s Autonummer und haut ab in J.´s Jaguar - um sich auf die Suche nach T. zu machen und ihn zu töten, der blaue Pick-up bleibt stehen

T. findet ihn im Tatooshop und will dass er abhaut, doch L. glaubt „seinen Lügen“ nicht

L. findet in J.´s Anzug einen Bierdeckel mit N.´s Notiz vorbeizukommen bei Ferdys Bar

In der Bar hat N. schon von L. gehört, sie weiss dass J. einen T. treffen wollte, sie erkennt dass L. J.´s Anzug trägt, sie testet ihn und nimmt ihn dann mit zu sich nach hause um mehr zu erfahren und um L. zu benutzen, Sie manipuliert L. hetzt L. auf D., den Boss von J.

T. findet L. und warnt ihn vor N., L. glaubt ihm nicht, L. nimmt aber Moteltipp an (DiscountInn), L. zieht erneut ins Motel ein ( bekommt diesmal von B. Zimmer 304 vermietet)

L. bestellt Nutte aufs Zimmer und macht Erinnerungspielchen / Intuition / Konditionierung

L. verbrennt Erinnerungen, kann aber nicht vergessen, Zeit heilt seine Wunden nicht

D. findet L., erkennt ihn am Wagen will ihn umbringen, L. haut ab und geht vor in D.´s eigene Wohnung, schlägt den ankommenden D. dort nieder, jagt ihn dann aus der Stadt

L. taucht bei N. auf um zu fragen wer D. ist – dessen Tod ja gerade noch verhindert wurde

N. schläft mit ihm und will ihm nun im Gegenzug helfen – gibt ihm Infos zu JohnG.(Autok.)

L. erkennt dass T. eigentlich John G heisst und dass er der zu ermordende ist

L. spricht mit B. zum offensichtlich wiederholten Mal über seinen Zustand

T. kommt rein, L. fährt nach Hinweis von N. zu ihrem verlassenem ehemaligen DrogendealerPlatz - Lenny ermordet Teddy und macht ein Polaroid

2. ANALYSE

2.1 ERZÄHLWEISE IN MEMENTO

Entgegen dem hier dargestellten chronologischen Ablauf der Geschichte von Lenny wird der Film in einer ganz besonderen Art und Weise montiert, er erzählt die Geschichte von hinten nach vorne in kleinen farbigen Etappen mit einer monochromen Parallelebene, die zeitlich versetzt spielt und von vorne nach hinten erzählt wird.

Leonard Shelby tötet einen Mann (Teddy) in der ersten Einstellung die auf der Zeitachse dem Geschichtsende entspricht[5]. Im Verlauf des Filmes wird nach und nach aufgeklärt wie es dazu kam, man sieht L. „Fakten“ sammeln. Der Zuschauer verfolgt die Spur der „Fakten“ zurück die dazu führten, dass Lenny T. überführen konnte. Doch während sich L.´s Geschichte entwickelt, verändern sich auch die Bedeutung der Ereignisse. Verbündete werden zu Feinden, Feinde zu Freunden, Opfer zu Tätern. In der letzten Einstellung des Filmes, die ja den Beginn dieses Mordzykluses darstellt, also Geschichtsanfang ist, erfahren wir wieso gerade Teddy dran glauben musste. L. hatte sich nach dem Mord an Jimmy und all den „Wahrheiten“ die T. ihm ins Gesicht geschleudert hat, bewusst entschieden, sich selbst einen Hinweis zu geben, dessen Spur folgend man am Ende (= Filmanfang) bei Teddy landen muss. In einer 10minütigen Zeitphase, die sein Gehirn vorgibt als Zeit, bevor er den „Anfang der 10 Minuten“ vergisst, notiert sich L. den Fakt 6[6]: T.´s Autokennzeichen.

Die Erzählweise folgt also keiner üblichen Chronologie, sondern spiegelt Lennys Anstrengungen wider, sich an gerade Geschehenes zu erinnern und die Beweisstücke zu interpretieren die er findet und aufbewahrt. Montagetechnisch geschieht dies durch eine Umkehrung der Zeitachse: Der rückwärts gedrehte Mord (an Teddy) in der Anfangssequenz ist der logische Endpunkt der Geschichte. Was der Zuschauer nach und nach erfährt ist schon früher geschehen, immer ein paar Momente und Sätze vor dem, was er bereits gesehen hat. Die Suche des Helden wird vom Ende zu Anfang hin erzählt und hat dennoch einen klassischen Verlauf dem Hollywood-Erzählstil[7] entsprechend.

2.2 TECHNISCHE EINTEILUNG DER S/W- & FARBSEQUENZEN

Nach einer in SlowMotion und rückwärts abgespielten Einleitung in Farbe beginnt die Geschichte mit einem stetigen Wechsel von Schwarzweiss zu Farbe jeweils getrennt durch eine Schwarzblende. Erst am Ende des Filmes verbinden sich die beiden Stränge zu einer chronologisch geordneten Geschichte.

2.2.1 SCHWARZWEISS

Wenn Lenny alleine in seinem Motelzimmer ist und seine Vorvergangenheit wie ein Mosaik zusammenpuzzelt sind die Bilder monochrom. Das Erzählte wird uns hauptsächlich über L.´s Gedanken in Form von VoiceOver zugetragen oder wir werden Zuhörer bei L.´s Gespräch am Telefon.

Die nahe Vergangenheit von Lenny wird in diesen Einstellungen chronologisch fortlaufend erzählt und bildet mit der Geschichte des kranken Sammy Jankis, illustriert durch visuelle Rückblenden, eine Parallelebene zu der Krankheit und Geschichte von Lenny. Die Schwarzweiss-Sequenzen entsprechen einer Rahmenhandlung, die den Zuschauer die FarbSequenzen zeitlich einordnen lässt, was sich allerdings erst gegen Ende des Filmes herausstellt.

Diese monochromen Sequenzen entsprechen somit einer kontinuierlich fortlaufend erzählten Rückblende, dem Geschehen das passierte noch vor der Geschichte die wir in den Farbsequenzen erfahren[8]. Die Schwarzweiss-Sequenz verläuft erzähltechnisch gesehen diametral zur Farbsequenz und verbindet sich am Filmende mit den Farbsequenzen[9].

[...]


[1] Vergl. H. Beller zu „Montagemuster und Klassifikationsversuche“ / S. 23

[2] Vergl. P. Wuss zur „begrenzten Kapazität menschl. Informationsaufnahme“ S. 421 - 423

[3] Helkon Pressecenter / Verleihfirma

[4] im Folgenden mit Lenny oder L. abgekürzt

[5] Vergl. Kapitel 1.3 „Filmablauf in chronologischer Reihenfolge“

[6] Vergl. Anhang 4.2 „Fakt 1 – 6“

[7] Vergl. K.Thompson über „Bordwell / Hollywood Erzählweise“ in „Zeit, Schnitt, Raum“ / S. 61, 62

[8] Vergl. Tabelle „Chronologische Abfolge des Filmes“

[9] Vergl. Zeichnung Seite

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
MEMENTO - Makroanalyse eines Neo-Noirs
Hochschule
Hochschule für Fernsehen und Film München  (Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
Filmanalyse
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
30
Katalognummer
V5333
ISBN (eBook)
9783638132473
Dateigröße
927 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Analyse des am. Kinofilmes Memento insbesondere auf Schnitt-Technik, was besonders interessant ist, da der Film in Etappen rückwärts läuft und parallel dazu zeitlich versetzt die Vorgeschichte erzählt wird. Ein Meisterwerk als Regie-, Drehbuch- und Schnittleistung und nicht umsonst für den Oskar nominiert! 462 KB
Schlagworte
Filmanalyse, Memento, Studienarbeit
Arbeit zitieren
Maya Reichert (Autor:in), 2002, MEMENTO - Makroanalyse eines Neo-Noirs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5333

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