Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Grundzüge des islamischen Glaubens
2.1. Grundlagen
2.2. Vorislamische Zeit
2.3. Der Prophet Mohammed
2.4. Sunniten und Schiiten
2.5. Koran, Sunna und Hadith
2.6. Die Scharia
2.7. Der Dschihad
3. Islamismus
3.1. Begriffsbestimmung und Abgrenzung
3.2. Salafismus
3.3. Wahhabismus
3.4. Islamischer Modernismus
3.5. Anfänge und ideologische Festigung
4. Islamistischer Terrorismus
4.1. Begriffsbestimmung und Abgrenzung
4.2. Dschihadismus
4.3. Internationalisierung
4.4. Al Qaida
4.5. Der Islamische Staat
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Islam stellt heute mit mehr als 1,8 Milliarden Anhängern, nach dem Christentum, die zweitgrößte Weltreligion dar. (vgl. Lipka, Hackett, 2017) Mit den vom Terrornetzwerk al Qaida verübten Anschlägen vom 11. September 2001 rückte der islamistische Terrorismus erstmals in den Fokus einer breiten Weltöffentlichkeit. (vgl. bpb, 2010) Seither wird der Islam in der medialen Berichterstattung mit Gewalt assoziiert und es herrscht eine kontinuierliche Debatte über die Verbindung zwischen Religion und Gewalt. (vgl. Neumann, 2016, S.144ff.) In diesem Zusammenhang soll im Verlauf dieser Ausarbeitung differenziert auf die Abgrenzung zwischen Islam, Islamismus und islamistischem Terrorismus eingegangen werden. Zur Veranschaulichung erfolgt dazu zunächst ein Überblick über die Grundzüge des islamischen Glaubens. Die Entstehungsgeschichte, die Entwicklung und wesentliche Begrifflichkeiten sollen erklärt und verdeutlicht werden. Danach erfolgen die Bestimmung des Islamismus- Begriffs und eine Abgrenzung zum islamischen Glauben. Vor diesem Hintergrund werden anschließend die Begriffe Salafismus und Wahhabismus sowie der islamische Modernismus erläutert. Der Abschnitt beschäftigt sich abschließend mit den Anfängen und der ideologischen Festigung des Islamismus. Im Anschluss daran wird der Islamismus dem islamistischen Terrorismus gegenübergestellt. Es folgt eine Begriffsbestimmung des islamistischen Terrorismus und eine Abgrenzung zum Islamismus-Begriff. In diesem Zusammenhang wird daran anknüpfend auf den Begriff des Dschihadismus eingegangen und die Internationalisierung dschihadistischer Gruppierungen betrachtet. Des Weiteren wird stellvertretend für derartige Gruppierungen beispielhaft die Entstehung und Entwicklung der al Qaida und die Sonderstellung des Islamischen Staates (IS) vor dem Hintergrund klassisch strukturierter Terrororganisationen veranschaulicht. Abschließend erfolgt dann ein Fazit.
2. Die Grundzüge des islamischen Glaubens
2.1. Grundlagen
Die Bedeutung des Wortes „Islam“ hat seinen Ursprung in der arabischen Sprache. Es handelt sich dabei um das Verbalnomen des Verbs „aslama“ und bedeutet in etwa „sich in die Hand Gottes begeben“ oder vereinfacht auch „Hingabe“ oder „Ergebung“. (vgl. Went- ker, 2008, S.18)
Als Muslim oder Muslimin werden Personen bezeichnet, die den Islam praktizieren. Der Begriff kommt aus dem Arabischen und bedeutet „einer, der sich Gott unterwirft“. Grundlegende Bedingungen für jeden Muslim sind der Glaube an Allah (Gott), den Propheten Mohammed und die Gültigkeit des Korans als Wort Gottes. (vgl. Elger, 2018, S.151)
Muslime in aller Welt verfügen, trotz aller Unterschiede in Sitten und Gebräuchen, über ein Regelwerk als gemeinsame Grundlage. Dieses wird als „die fünf Säulen des Islam“ bezeichnet. Dazu gehören das Glaubensbekenntnis (Schahâda), das Pflichtgebet (Salât), die Almosenabgabe (Zakât), das Fasten im Ramadan (Saum) und die Pilgerfahrt nach Mekka (Haddsch). (vgl. Wentker, 2008, S.23)
2.2. Vorislamische Zeit
Der Islam entwickelte sich im Rahmen der Gesellschaft der arabischen Halbinsel des 6. Jahrhunderts. In der vorislamischen Zeit lebten die Menschen in einer Stammesgesellschaft und bildeten keine politisch und gesellschaftlich einheitliche Gemeinschaft. Es bestanden üblicherweise lediglich lose Allianzen zwischen den einzelnen Stämmen. Zu dieser Zeit existierten auf der gesamten arabischen Halbinsel eine Vielzahl von heidnischen, polytheistischen Kulten und eine reichhaltige Welt von Stammesgöttern. Mekka war bereits eine pulsierende Handelsstadt und Pilgerzentrum. Der Zeitraum vor dem Islam wird von Muslimen als Dschahiliya bezeichnet und bedeutet so viel wie „Epoche der Unwissenheit“. (vgl. Serauky, 1991, S.14ff.)
2.3. Der Prophet Mohammed
Mohammed (570-632 n. Chr.) wird als „der Gesandte Gottes“ verehrt. Er gilt nicht als Gott oder Heiliger, sondern als Mensch, der die Offenbarung Gottes im Jahre 610 n. Chr. durch den Erzengel Gabriel empfangen durfte. Er erhielt den Auftrag Gottes, Botschaft zu verkünden und begann öffentlich zu predigen. Der islamische Glauben sieht ihn auf einer Stufe mit Propheten wie Abraham, Moses oder Jesus. (vgl. Wentker, 2008, S.19ff.) Mohammed predigte unter anderem einen strikten Monotheismus (Tauhid). Damit stieß er im polytheistisch geprägten Mekka auf Ablehnung und Widerstand. (vgl. Elger, 2018, S.145f.) Ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor Mekkas waren zur damaligen Zeit die Pilger, welche die Kaaba, das Heiligtum des Gottes Hubal, besuchten. Durch die Offenbarung der neuen Religion wurde der Verlust einer bedeutenden Einnahmequelle befürchtet. (vgl. Wentker, 2008, S.19) Da die feindselige Haltung gegenüber seiner Botschaft immer weiter zunahm, warb er in benachbarten Städten für seine Botschaft. Ihm gelang eine Einigung mit der Stadt Yathrib (später Medina). Yathrib versicherte, ihn und seine Anhänger aufzunehmen und schwor ihm Gefolgschaft. (vgl. Elger, 2018, S.146) Daraufhin folgte im Jahr 622 n. Chr. die Auswanderung Mohammeds von Mekka nach Yathrib. Diese Auswanderung wird als Hidschra bezeichnet und begründet den Beginn der Zeitrechnung des islamischen Kalenders. Mohammed vollzog eine Wandlung vom religiösen Prediger zum Staatsmann und begründete in Yathrib das Konzept der Umma. Die Umma bezeichnet noch heute die Gemeinschaft aller Muslime. (vgl. Elger, 2018, S.230) Mohammed erreichte in der Folge durch zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen eine weitgehende politische Einigung der arabischen Halbinsel. (vgl. Wentker, 2008, S.19ff.) Nach der nahezu kampflosen Einnahme Mekkas ließ Mohammed die Kaaba von sämtlichen polytheistischen Symbolen reinigen und richtete sie als Pilgerzentrum für den Islam ein. (vgl. Elger, 2018, S.147) Mohammed starb unerwartet im Jahre 632 n.Chr. ohne einen Nachfolger zu benennen. (vgl. Wentker, 2008, S.21)
2.4. Sunniten und Schiiten
Nach dem Tod Mohammeds entbrannte unter seinen Gefährten ein Nachfolgestreit. Die Schiiten traten dafür ein, dass nur ein Familienangehöriger des Propheten dessen Nachfolger werden könne. (vgl. Wentker, 2008, S.29f.) Sie betrachteten Ali Ibn Abi Talib, den Cousin Mohammeds und vierten rechtsgeleiteten Kalifen, als Nachfolger. Dem entgegenstehend forderten die Sunniten die Wahl eines Anführers aus dem Stamme des Propheten, der kein Familienmitglied sein musste. Sie setzten nach dem Tod Mohammeds zuerst die Wahl des Mohammed-Vertrauten Abu Bakr zum ersten Kalifen durch, auf den Umar Ibn Al-Chattab und Uthman Ibn Affan folgten. Aus Sicht der Schiiten waren diese Kalifen unrechtmäßig. Dies spaltet die muslimische Gemeinde bis heute. (vgl. Elger, 2018, S.202f.)
2.5. Koran, Sunna und Hadith
Koran (arabisch qur'an) bedeutet so viel wie Rezitation. Islam, Christentum und Judentum sind Offenbarungsreligionen. Der Koran stellt die heilige Schrift der Muslime dar, welche die wörtliche Offenbarung Gottes an den Propheten Mohammed enthält. Er ist in 114 Abschnitte (Suren) unterteilt. Diese sind wiederum in Verse unterschiedlicher Länge und Anzahl untergliedert (Äya). Je nach Offenbarungsort unterscheidet man zwischen mekkanischen und medinesischen Suren. (vgl. Wentker, 2008, S.21f.) Die Suren sind nicht thematisch geordnet und weisen keine inhaltliche Ordnung oder Systematik auf. (vgl. Elger, 2018, S.199f.)
Die Sunna (Gewohnheit, Gepflogenheit) stellt die zweite Quelle religiöser Normen nach dem Koran dar. Sie beschreibt die Gewohnheiten und Bräuche des Propheten und soll Muslimen als Vorbild für ihr Verhalten dienen. Der Koran regelt zwar einige Aspekte des gemeinschaftlichen Lebens detailliert, kann aber nicht auf alle rechtlichen Fragen des Alltags eine Antwort liefern. (vgl. Wentker, 2008, S.27) Deshalb wird auf Erzählungen aus dem Leben Mohammeds zurückgegriffen, welche man als Hadithe bezeichnet. Die Sunna setzt sich aus den Hadithen zusammen. Diese Überlieferungen über Aussprüche oder Handlungen des Propheten basieren auf Berichten seiner Gefährten. Darüber hinaus umfassen die Hadithe auch Berichte über die Prophetengefährten selbst und frühe Muslime der nächsten Generation (Nachfolger). (vgl. Elger, 2018, S.88f.) Es existieren Umfangreiche Hadith-Sammlungen, welche für alle Belange des täglichen Lebens eines Muslims als Entscheidungshilfe herangezogen werden können. Die Deutung dieser Texte ist im Laufe der Zeit zu einer der wichtigsten islamischen Wissenschaften geworden. Die Anwendung einer islamischen Rechtsordnung basiert im Wesentlichen auf dem Koran und der Sunna. Sie dienen der Scharia als Hauptquelle. (vgl. Wentker, 2008, S.27f.)
2.6. Die Scharia
Scharia kommt aus dem Arabischen und bedeutet „der gebahnte Weg“. (vgl. Rohe, 2013, S.9) Sie stellt die Gesamtheit der rechtlichen und religiösen Normen des Islam dar und besteht aus dem Koran, der Sunna und den Auslegungen maßgeblicher frühislamischer Juristen und Theologen. Die Scharia gibt Anweisungen für das Verhalten in Familie und Gesellschaft, bestimmt aber auch die Art und Weise der Gottesverehrung. Beispielsweise wird die Praktizierung „der fünf Säulen“ vorgeschrieben. Die Anweisungen, die Koran oder Sunna liefern, sind sehr ausführlich und werden erst durch die Auslegung der Rechtsschulen auf konkrete Fälle anwendbar. Bei der Anwendung herrschen allerdings wesentliche Unterschiede zwischen den einzelnen Theologen. Es gibt daher keine einheitliche Scharia, welche in Rechtstexten niedergeschrieben ist. Somit werden in verschiedenen Ländern sehr unterschiedliche Schlussfolgerungen bei der konkreten Gesetzgebung gezogen. (vgl. Schirrmacher, 2018)
2.7. Der Dschihad
Der arabische Begriff des Dschihad bedeutet etymologisch „die Bemühung, ein bestimmtes Objekt zu erreichen“. Dabei wird zwischen großem und kleinem Dschihad unterschieden. Der große Dschihad ist friedlich und bezeichnet ein geistig-spirituelles Bemühen des Gläubigen um das richtige religiöse und moralische Verhalten gegenüber Gott und den Mitmenschen. Der kleine Dschihad beschreibt eine zulässige Form des Krieges, welche zur Verteidigung oder Ausweitung des Herrschaftsbereichs unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. (vgl. Elger, 2018, S.106) Im medialen Kontext wird der Begriff heutzutage häufig mit „Heiliger Krieg“ übersetzt. Eine solch restriktive Auslegung des Terminus lässt sich aber weder aus Koran und Sunna, noch aus anderen Quellen belegen. (vgl. Rosiny, 2004, S.133) Vielmehr ermöglicht der Koran bezüglich des DschihadBegriffs ein breites Spektrum an Interpretationsmöglichkeiten, welche von militärischen Verhaltensweisen bis hin zum Gewaltverzicht reichen. (vgl. Flores, 2003, S.78)
3. Islamismus
3.1. Begriffsbestimmung und Abgrenzung
Eine allgemeingültige Definition für Islamismus existiert nicht. Grundsätzlich handelt es sich um Bestrebungen, mit Hilfe verschiedenster Aktivitäten weitreichende Veränderungen in Staat, Politik und Gesellschaft vornehmen zu wollen. Dabei erfolgt die Veränderung anhand von Normen und Werten, welche als islamisch angesehen werden. Folglich würde ohne den Islam als Religion die Bewegung des Islamismus nicht existieren, da ihre vermeintliche Legitimation direkt auf der Geschichte des Islam beruht. (vgl. Seidensticker, 2016, S.9ff.) Nichtsdestotrotz muss das Phänomen Islamismus zwingend von der Religion abgegrenzt werden. Es handelt sich dabei eher um eine Ideologie, ähnlich dem Sozialismus oder dem Liberalismus. (vgl. Schirrmacher, 2010, S.17f.) Islamismus kann somit als eine politisierte Form des Islam und eine vermeintlich religiös legitimierte Form des politischen Extremismus beschrieben werden. (vgl. Gemein, Redmer, 2005, S.16) Bei einer Ideologie handelt es sich definitionsgemäß um „ein relativ geschlossenes Dogmensystem von Wert- und Ordnungsvorstellungen, das als kollektives gesellschaftliches Bewusstsein die soziale und politische Herrschaft von Machtgruppen rechtfertigt oder verhüllt“. (vgl. Holtmann, 2000, S.253f.) Diese Definition deckt sich weitestgehend mit dem heutigen Erscheinungsbild des Islamismus. Dieser stellt allerdings, ähnlich wie der Islam als Religion, kein homogenes Phänomen dar. Vielmehr gibt es vielfältige Erscheinungsformen und Strömungen. (vgl. Lohlker, 2017, S.33)
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