Popliteratur. Intermedialität und die Funktion der Musik in "Rave" von Rainald Goetz und "Soloalbum" von Benjamin von Stuckrad-Barre

Schreibweisen der Gegenwart


Hausarbeit, 2019

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Begriffliche Grundlagen
2.1 Pop
2.2 Popliteratur
2.3 Intermedialität

3 Intermediale Referenz von Musik in Literatur
3.1 Telling
3.2 Showing

4 Untersuchung der Werke auf intermediale Referenz

5 Fazit

6 Literatur

1 Einleitung

Die Popliteratur ist eine moderne Literaturgattung, deren Ursprung in den 1950er Jahren liegt. Sie weist ein hohes Maß an Aktualität auf, da immer noch neue Werke ihrer bekanntesten Popautoren veröffentlicht werden. 2018 veröffentlichten beispielsweise Benjamin von Stuckrad-Barre „Remix 3“ und Christian Kracht den Roman „Die Toten“. Die Popliteratur ist jedoch nur eine Teilströmung des Pop. Das wohl noch bekanntere und kommerziellere Medium des Pop ist die Popmusik. Die beiden Medien stehen jedoch nicht nur für sich allein, sondern werden oft intermedial zueinander referenziert. Aufgrund dessen habe ich mich im Hinblick einer differenzierten Argumentation mit der Funktion von Musik innerhalb ausgewählter Werke der Popliteratur auseinandergesetzt. Neben der Funktion der Musikreferenz soll beantwortet werden, auf welche Art und Weise Musik in der Popliteratur eingesetzt wird und ob die Verwendung innerhalb der Popliteratur einheitlich verläuft oder variiert. Zu Beginn der Arbeit sind jedoch begriffliche Grundlagen zu klären. In Kapitel eins werden Pop, Popliteratur und Intermedialität definiert. Im nächsten Schritt wird anhand des „Handbuch[s] für Literatur & Musik“ von Nicola Gess und Alexander Honold der aktuelle Forschungsstand von intermedialer Referenz von Musik in Literatur herausgestellt. Besonders im Fokus stehen hier die Methoden des „showing“ und „telling“. Im Anschluss daran werden zwei der bedeutendsten Werke der Popliteratur auf diese Methoden der Intermedialität hin untersucht. „Soloalbum“ von Benjamin von Stuckrad-Barre und „Rave“ von Rainald Goetz werden als zwei Vertreter ihrer Gattung gegenübergestellt und in ihrer Verwendung hinsichtlich Musik verglichen.

2 Begriffliche Grundlagen

2.1 Pop

Der Begriff „Pop“ ist aus dem Englischen abgeleitet. Seine Herkunft birgt entweder das englische Wort „popular“, welches populär bzw. beliebt bedeutet oder auch das englische Wort „pop“ selbst, das als Stoß oder Knall übersetzt wird (Vgl. Hecken/Kleiner/Menke 2015: 32). Die beiden kontroversen Bedeutungsherkünfte spiegeln sich auch in den grundlegend ambivalenten Zuschreibungen des Pop wider: „Pop als Rebellion“ und „Pop als Markt“ (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 32). Pop als Rebellion bezeichnet den Pop als Gegenbewegung zur etablierten Kultur. Er lässt sich als „Revolution“, „Widerstand“ und „Prostest“ verstehen (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 31). Diese Auffassung von Pop herrschte in den 60er bis 80er Jahren vor und wird als „spezifischer Pop“ betitelt (Diederichsen 1999: 275). Als Eigenschaften werden dem Pop zu dieser Zeit „authentisch, grenzüberschreitend, umstürzlerisch, subkulturell, provokant, sozial- und sprachkritisch“ zugeschrieben (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 32). Das zweite semantische Feld der ambivalenten Popbeschreibung beschreibt den „allgemeinen Pop“ (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 32). Dieser fand größtenteils in den 90er Jahren statt. Wie die Bezeichnung Pop als Markt bereits andeutet, „wird Pop mit Konsum, Party, Profit, Unterhaltung, Lifestyle, Mainstream assoziiert und als Markenbzw. Warenartikel deklariert“. Diese Kontroverse innerhalb des Popbegriffs wird als „Spannungsfeld von Affirmation und Subversion“ bezeichnet. (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 32)

Jede Art von Pop oder Popkultur lässt sich in vier mögliche Bereiche unterteilen: Musik, Kunst, Film und Literatur (Vgl. Hecken/Kleiner/Menke 2015: 33). Pop lässt sich als „offenes Feld“ innerhalb dieser Künste bezeichnen, das jeder „Art von Vergemeinschaftung, die von diesem Pop-Verständnis ausgehen,“ einen Raum bietet (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 33).

2.2 Popliteratur

Die Wurzeln der Popliteratur gehen bis in die 1950er Jahre zurück. Zu der Zeit entsteht eine literarische Strömung die als „Beat-Literatur“ betitelt wird. „Beat“ bezeichnet zu dieser Zeit eine Musikrichtung, die später größtenteils als „Rock“ oder auch „Rock ‘n Roll“ bekannt ist. Die bekanntesten Vertreter dieser Literatur sind „Jack Karouac“ und „Allen Ginsberg“, welche besonders „in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre große Aufmerksamkeitserfolge“ erzielten. Der Schreibstil der Beat- literatur lässt sich als formlos, ungezwungen und als Alltagssprache beschreiben. Inhaltlich stellt sich die BeatLiteratur „gegen Bürokratie, Konformismus und Konsumismus“. (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 9)

In der zweiten Hälfte der 60er Jahre löst „Underground“ die BeatLiteratur ab. Durch junge Künstler und Studenten wird die Literatur deutlich politischer und radikaler. Die gegenkulturelle und subversive Einstellung der Beat-Literatur festigt und verstärkt sich weiterhin in der Undergroundbewegung. Die Literaten Ende der 60er Jahre verachteten den „Kunstgehalt & Anspruch“ ihres Metiers. (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 9) Diese Verachtung schlug sich auch sprachlich in den Werken des Undergrounds nieder. Nicht nur wurde alltägliche Sprache verwendet, sondern diese noch radikalisiert und über „Umgangssprache“, „Vulgärsprache“ bis zur „Dirty Speech“ zugespitzt (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 11).

In Anlehnung an die Beat- und Underground-Literatur der USA entstand in Deutschland eine Literaturströmung, die viele Gemeinsamkeiten mit ihren amerikanischen Vorreitern hatte. Ihr bekanntester Vertreter war Rolf-Dier Brinkmann mit seinem wichtigsten Werk „Acid“ von 1969. Auch wenn zu dieser Zeit nicht von Popliteratur gesprochen wird, weisen Brinkmanns Werke durchaus Merkmale von dem auf, was heute als solche betitelt wird. Jedoch blieben in Deutschland kommerzielle Erfolge und ein Etablieren der Popliteratur als angesehene Kunstform aus. Werke, die sprachlich die Anforderungen von Popliteratur erfüllten, wurden als ästhetische und politische niedere Kunst angesehen und es folgte eine „Herabwürdigung der Popliteratur“. (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 12-13) Diese Phase der 1960er1970 Jahre lässt dich als „Aufkommen des Popdiskurses“ bezeichnen.

Darauf folgte die zweite Phase des Pop in den 1980er Jahren Deutschlands. Die „Diskursivierung des Pop“ kennzeichnet sich durch „Normalisierung, Gegenkultur (…) und Intellektualisierung“ aus. Die bekanntesten Vertreter der zweiten Phase sind Rainald Goetz, Joachim Lottmann und Jörg Fauser. Zu großer kommerzieller und medialer Aufmerksamkeit gelangt die Popliteratur jedoch erst in den 1990er-2000 Jahre, in der dritten Phase des Pop in Deutschland. Besonders durch erfolgreiche Werke wie „Faserland“ (1995) von Christian Kracht und „Soloalbum“ (1998) von Benjamin von Stuckrad-Barre. Deshalb lässt sich die dritte Phase auch als „Kommerzialisierung des Pop“ betiteln. (Kreknin 2018)

Die Popliteratur ist nun deutlich weniger rebellierend und weniger gegenkulturell, dafür umso konsumorientierter als ihre Vorgänger der Beat-Literatur und des Undergrounds. Die Alltagssprache und das Behandeln von alltäglichen Themen sind übernommen worden. Moritz Baßler nennt das die Technik der „Re-Kontextualisierung“: „Pop ist eine Maschine der ReKontextualisierung: Er nimmt Elemente und Codes der gegenwärtigen Alltagskultur und überführt sie in neue Form- und Sinnzusammenhänge“ (Baßler 2002). Hubert Winkels Anspruch dagegen an die Popliteratur ist der benötigte Grad an „Reflexivität“: „Es ist der Grad an Reflexivität, über den ein PopText gebietet, ohne aus dem Zusammenhang der zeitgenössischen populären Ikonographie auszuscheren und ohne den eigenen, an Pop angelehnten Sound zu vernachlässigen“ (Winkels 1999: 585). Kombiniert man die beiden Versuche der Popdefinitionen von Reflexivität und ReKontextualisierung ergibt sich eine schlüssige Beschreibung der Popliteratur: „Pop-Literatur bedient sich auf eine reflektierte Weise Verfahren der Re-Kontextualisierung populärer Alltagselemente / Alltagscodes. Das bedeutet, dass auch die Verfahren selbst reflektiert werden müssen - und sich den Alltagskulturen anzupassen haben“ (Kreknin 2018).

Folglich wird Popliteratur auch als „Literatur der Verweise und Zitate“ bezeichnet. Dies bedeutet, dass Literatur „nicht mit sich selbst identisch“ ist, sondern immer auf über sich und seine Medialität verweist. Diese Verweise zielen auf ein „populär- und popkulturelles“ Äußeres, welches Musik, Film, Fernsehen, Werbung u.v.m. beinhaltet. Durch diese Referenzen auf äußere Einflüsse erhält Popliteratur eine „erweiterte mediale Form und offenen literarische Identität“. (Hecken/Kleiner/Menke 2015: 43)

2.3 Intermedialität

Intermedialität bezeichnet laut Irina Rajewsky eine Medienkombination, die aus dem Zusammenschluss „mindestens zweier, konventionell als distinkt wahrgenommener Medien, die in ihrer Materialität präsent sind und jeweils auf ihre eigene, medienspezifische Weise zur (Bedeutungs-) Konstitution des Gesamtprodukts beitragen“, besteht. Intermedialität ist jedoch nur eine von drei möglichen Arten medialer Bezüge. Neben der Intermedialität (Mediengrenzen überschreitende Phänomene) existieren noch „Transmedialität“ (medienunspezifische Phänomene) und „Intramedialität“ (Bezüge innerhalb eines Mediums). (Rajewsky 2002: 15)

Im Fokus dieser wissenschaftlichen Arbeit wird jedoch die Intermedialität stehen. Irina Rajewsky unterteilt diese erneut in drei Unterpunkte: „Medienwechsel“, „Medienkombination“ und „intermediale Bezüge“ (Rajewsky 2002: 157). Nicola Gess verbesserte den Begriff „Medienwechsel“ bezüglich Musik zu „Medientransformation“ (Gess 2010, 114-116). Dies erscheint sinnvoll, da in der folgenden Hausarbeit der Schwerpunkt auf mediale Bezüge zwischen Literatur und Musik gelegt ist. „Medienwechsel“ ist bei Musik nichtzutreffend, da Musik inhaltlich nie unabhängig von anderen Medien allein existieren kann. Folglich werden bei Musik immer Eigenschaften und Verfahren aus anderen Medien „von einer Kunst in die andere übertragen und zugleich transformiert“ (Lubkoll 2016, 78). Da dies einen „fremdmedialen Bezug“ darstellt, ordnet Gess die „Medientransformation“ den „intermedialen Bezügen“ unter (Gess 2010, 143). Zusammenfassend bleiben somit als Unterpunkte der Intermedialität die Medienkombinaton und die intermedialen Bezüge.

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Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Popliteratur. Intermedialität und die Funktion der Musik in "Rave" von Rainald Goetz und "Soloalbum" von Benjamin von Stuckrad-Barre
Untertitel
Schreibweisen der Gegenwart
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
20
Katalognummer
V540682
ISBN (eBook)
9783346151957
ISBN (Buch)
9783346151964
Sprache
Deutsch
Schlagworte
benjamin, soloalbum, schreibweisen, rave, rainald, popliteratur, musik, intermedialität, goetz, gegenwart, funktion, stuckrad-barre
Arbeit zitieren
Tim Lindemann (Autor:in), 2019, Popliteratur. Intermedialität und die Funktion der Musik in "Rave" von Rainald Goetz und "Soloalbum" von Benjamin von Stuckrad-Barre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/540682

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