Karl May zählt noch heute - rund 100 Jahre nach seinem Tod - zu den beliebtesten deutschen Trivialroman- und Jugendbuchautoren. Er beeinflusste bis in die Gegenwart mit seinen abenteuerlichen und fantastischen Werken zig Generationen von Jugendlichen. 1 Dabei prägte er - wie viele andere Reise- und Abenteuer-romanautoren auch 2 - die Bilder dieser fremden Kulturen stark mit; Bilder vom „edlen Roten Mann“ oder vom „faulen Türken“. Diese Bilder wurden oft von May aus literarischen Zwecken konstruiert, oft aber bedienen sie sich auch der zeitgenössischen Klischees. May schrieb seine Orientromane in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, eine turbulente Zeit für das Osmanische Reich und für das junge Deutsche Reich. In dieser Zeit wird der Begriff vom „Kranken Mann am Bosporus“ geprägt; es ist aber auch die Zeit der Gründung des deutschen Nationalstaats. All diese Ereignisse fließen direkt oder indirekt in Mays Werke ein - entweder dienen sie als Hin-tergrund für seine Erzählungen oder als Vorlage für seine Charaktere. Es wurden viele kritische Bücher über Karl May verfasst, doch die Masse dieser behandelt die Frage, ob er selbst die Reisen und Abenteuer seiner Ich-Erzähler -Kara Ben Nemsi bzw. Old Shatterhand - gemeistert hat. Ich befasse mich in meiner Hausarbeit mit einer anderen Fragestellung, die weniger in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, dafür aber umso kontroverser ist: Inwiefern formulierte Karl May eine Antwort auf die Orientfrage? Bei der Bearbeitung meiner Fragestellung werde ich zunächst auf die politischen und historischen Hintergründe der Mayschen Orientromane eingehen. Danach untersuche ich, wie Karl May das Osmanische Reich und das Bild der Türken dargestellt hat und wie nach seiner Meinung die Antwort auf die Orientfrage aussehen könnte. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historische Hintergründe
- Die Orientfrage
- Der Berliner Kongress und Bismarcks Rolle des „ehrlichen Maklers”
- Karl May und die Orientfrage – Kritiker oder Sympathisant des Imperialismus?
- Darstellung des Osmanischen Reichs und der Türken
- Stereotyp Türke
- Das Militär
- Der Staatsapparat und das Justizwesen
- Der Kranke Mann am Bosporus
- Die Maysche Antwort: Kara Ben Nemsi
- Darstellung des Osmanischen Reichs und der Türken
- Abschließende Betrachtungen und Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern Karl May in seinen Orientromanen eine Antwort auf die „Orientfrage“ formuliert. Im Zentrum steht dabei die Analyse von Mays Darstellung des Osmanischen Reichs und des „Türkenbildes“ in seinen Werken.
- Analyse von Karl Mays Orientzyklus im Kontext der „Orientfrage“
- Untersuchung der politischen und historischen Hintergründe von Mays Werken
- Kritik an Mays Darstellung des Osmanischen Reichs und des „Türkenbildes“
- Beurteilung von Mays Positionierung gegenüber dem Imperialismus
- Erarbeitung von Mays Antwort auf die „Orientfrage“
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema der Hausarbeit ein und stellt die Forschungsfrage sowie die Relevanz der Untersuchung dar. Das zweite Kapitel beleuchtet die historischen Hintergründe der „Orientfrage“ und der politischen Verhältnisse im Osmanischen Reich im 19. Jahrhundert, insbesondere die Rolle des „Kranken Mannes am Bosporus“. Das dritte Kapitel analysiert Karl Mays Darstellung des Osmanischen Reichs und des „Türkenbildes“ in seinen Orientromanen und untersucht die Frage, inwiefern er eine Antwort auf die „Orientfrage“ formuliert. Dabei werden die stereotypen Darstellungen von Türken in Mays Werken kritisch betrachtet.
Schlüsselwörter
Karl May, Orientfrage, Osmanisches Reich, Türkenbild, Imperialismus, Stereotype, „Kranker Mann am Bosporus“, Orientromane, Trivialroman, Reise- und Abenteuerroman.
- Quote paper
- Daniel Rother (Author), 2006, Karl Mays Antwort auf die Orientfrage und sein Verhältnis zum Imperialismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54889