Mit der internationalen PISA-Studie werden weltweit die drei Basiskompetenzen Leseverständnis, mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern, die sich am Ende der Pflichtschulzeit befinden, untersucht. Der Schwerpunkt dieser internationalen Vergleichstudie lag im Jahr 2000 bei der Lesekompetenz woran insgesamt 32 Staaten teilnahmen. Am 4. Dezember 2001 wurde von der OECD in Paris und zeitgleich in Berlin der nationale PISA-Bericht über die erste Erhebung vorgelegt. Doch die Ergebnisse waren für Deutschland wenig erfreulich und erregten großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Der sog. PISASchock hielt ganz Deutschland in seinem Bann. Im Durchschnitt erreichten die deutschen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zum OECD-Durchschnitt in allen drei Kompetenzbereichen Leistungen, die nur im unteren Mittelfeld der Teilnehmerstaaten lagen. Besonders alarmierend ist dabei gewesen, dass Rund ein Viertel der deutschen Jugendlichen in der Lesekompetenz nicht über die schwächste Stufe hinaus kommt und damit ein wenig erfolgreiches und unbefriedigendes Leben vor sich hat. Das schlechte Abschneiden in der Lesekompetenz hatte dabei auch die Ergebnisse der mathematischen sowie der naturwissenschaftlichen Grundbildung negativ beeinflusst. Doch in Anbetracht der im Jahre1997 veröffentlichten Ergebnisse der TIMS-Studie (Third international math and science study) war das schlechte Abschneiden der deutschen Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich nicht sehr überraschend.
Die PISA-Studie jedoch unterscheidet sich deutlich von den vorangegangenen international vergleichenden empirischen Schulleistungsuntersuchungen. „So wird neben den kognitiven Leistungen die Leistungsdifferenz zwischen guten und schlechten Schülern gemessen, es wird der Frage nach dem Zusammenhang von Migrationshintergrund und Schulleistungen nachgegangen, es werden gemessene Schulleistungen und Beteiligungsquoten an höheren Bildungsabschlüssen thematisiert und last but not least wird untersucht, wie ausgeprägt der Zusammenhang zwischen familiären Lebensverhältnissen der Schülerinnen und Schüler und ihrem Schulerfolg ist“ [...]
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel I Grundlagen zur PISA-Studie
1. Das Anliegen der PISA-Studie
2. Das inhaltliche Konzept der PISA-Studie
3. Das nationale Konsortium
4. Die Teilnehmerstaaten
5. Durchführung der Studie
6. Die Stichprobe
7. Die Erhebungsmethoden
8. Der Erhebungszyklus
9. Die Ergebnisse
10. Die Kompetenzstufen
11. Die Ausschlusskriterien
12. Offenheit für nationale Ergänzungen und Erweiterungen
Kapitel II PISA-2000: Einblick in Testkonzeption und
Ergebnisse
1. Die Lesekompetenz
1.1 Allgemeines über die Lesekompetenz
1.1.1 Lesen als Schlüsselkompetenz
1.1.2 Zur Entstehung der Lesekompetenz
1.1.3 Zur Förderung der Lesekompetenz..
1.2 Das Konzept der Lesekompetenz nach PISA
1.2.1 Definition der Lesekompetenz nach PISA
1.2.2 Erfassung der Lesekompetenz in der Studie
1.2.3 Die Einteilung der Kompetenzstufen im Lesen
1.2.4 Die Definition von Risiko- und Spitzengruppe im Lesen
1.3 Die Ergebnisse zum internationalen Vergleich
1.3.1 Der internationale Vergleich der Mittelwerte und der
Leistungsstreuung
1.3.2 Der internationale Vergleich der erreichten Kompetenzstufen
und die Leistungen der Hauptschule
1.3.3 Der internationale Vergleich der freiwilligen Leseaktivität
2. Die mathematische Kompetenz
2.1 Das Konzept der mathematischen Kompetenz nach PISA
2.1.1 Definition der mathematischen Kompetenz nach PISA
2.1.2 Zur Erfassung der mathematischen Kompetenz in der Studie
2.1.3 Die Kompetenzstufen der mathematischen Grundbildung
2.2 Ergebnisse zum internationalen Vergleich
2.2.1 Der internationale Vergleich der Mittelwerte
2.2.2 Der internationale Vergleich der erreichten Kompetenzstufen
2.3 Die Leistungsverteilung in den unterschiedlichen Schulformen
3. Die naturwissenschaftliche Kompetenz
3.1 Das Konzept des naturwissenschaftlichen Tests nach PISA
3.1.1 Definition der naturwissenschaftlichen Grundbildung nach PISA
3.1.2 Zur Messung der naturwissenschaftlichen Grundbildung im Test
3.1.3 Die Einteilung der Kompetenzstufen in der Naturwissenschaft
3.2 Der internationale Vergleich der mittleren Leistung und der
Kompetenzstufen..
3.3 Verteilung der Kompetenzleistungen in den Bildungsgängen
4. Zusammenfassung der deutschen Ergebnisse für PISA-2000
Kapitel III Die PISA - Ergebnisse hinsichtlich der
Sozialschichtzugehörigkeit
1. Konzeption der sozialen Herkunft nach PISA
1.1 Erfassung der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler.
1.2 Der soziökonomische Index
1.3 Das kulturelle Kapital der Familien
1.4 Das soziale Kapital der Familien.
2. Die familiären Lebensverhältnisse der Schülerinnen und
Schüler
2.1 Familienstruktur und Bildungsniveau in Deutschland
2.2 Die Familienstrukturen im internationalen Vergleich
3. Bildungsbeteiligung und Sozialschichtzugehörigkeit
3.1 Forschungsbefunde zu sozialen Disparitäten im deutschen
Bildungssystem
3.2 Bildungsbeteiligung und soziale Schicht
4. Zusammenhang zwischen Kompetenzerwerb und
Sozialschichtzugehörigkeit
4.1 Die Unterschiede zwischen den sozialen Schichten im Lesen
4.2 Sozialschichtzugehörigkeit und mindestens erreichte
Kompetenzstufe im Lesen
4.3 Sozialschichtzugehörigkeit und mathematische sowie
Naturwissenschaftliche Kompetenzen
4.4 Kompetenzerwerb und soziale Schicht im internationalen Vergleich
Kapitel IV Die PISA - Ergebnisse hinsichtlich Migration
1. Familien mit Migrationshintergrund
1.1 Die Migrationsverteilung in den PISA-Ländern
1.2 Zur Migrationstatistik in Deutschland
1.3 Zur Migrationsgeschichte Deutschlands
1.4 Strukturmerkmale der Migrationsfamilien
1.5 Der sozioökonomische Status der Zuwandererfamilien im
internationalen Vergleich
2. Die Bildungsbeteiligung der Jugendlichen aus Migrationsfamilien
3. Der Kompetenzerwerb der Jugendlichen aus Migrationsfamilien
3.1 Der Zusammenhang zwischen erreichter Basiskompetenz und
Migration
3.2 Migration und Kompetenzerwerb im internationalen Vergleich
4. Zusammenfassung der wichtigsten PISA - Ergebnisse
Kapitel V Zur Benachteiligung von Migrantenkindern
durch das deutsche Schulsystem
1. Soziale Ungleichheit.
2. Zur Reproduktion sozialer Ungleichheiten im deutschen
Schulsystem
3. Zur „institutionellen Diskriminierung“ von Migrantenkindern
4. Zusammenhang zwischen sozialer Schicht und gemessener
Kompetenz....
5. Zum Pygmalion-Effekt
6. Hauptschulen sind zu Ausländerschulen geworden
7. Resümée
Kapitel VI Wege aus der Bildungsmisere für Migrantenkinder
1. „Frühe und früheste Förderung“ von Migrantenkindern
1.1 Einführung von bundesweiten vorschulischen Curricula
1.2 Kostenfreiheit der Kindergärten
1.3 Sprachförderung von Migrantenkindern in Vorschuleinrichtungen
1.4 Sprachstandsdiagnostik zur frühen Förderung und nicht
zur Selektion
1.5 Einheitliche Herabsetzung des Einschulungsalters.
1.6 Qualifiziertere Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen
2. Zur Förderung von Migrantenkindern auf Schulebene
2.1 Verlängerung der Grundschulzeit auf mindestens sechs Jahre
2.2 Ausbau von Ganztagsschulen als zentraler Lern- und Lebensort
2.3 Angebote in den Ferien
2.4 Hauptschulen als „Sprungbrett“ für höhere Bildungsgänge
2.5 Erstellung bedarfsorientierter Schulprofile
2.6 Förderung der Bilingualität von Migrantenkindern
2.7 Obligatorischer Muttersprachenunterricht in der Schule
2.8 Leseinteresse wecken, Spaß am Lesen vermitteln
2.9 Zur Lehreraus- und Weiterbildung
Literatur-, Abbildungs- und Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Mit der internationalen PISA-Studie werden weltweit die drei Basis-kompetenzen Leseverständnis, mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern, die sich am Ende der Pflichtschulzeit befinden, untersucht. Der Schwerpunkt dieser internationalen Vergleichstudie lag im Jahr 2000 bei der Lesekompetenz woran insgesamt 32 Staaten teilnahmen. Am 4. Dezember 2001 wurde von der OECD in Paris und zeitgleich in Berlin der nationale PISA-Bericht über die erste Erhebung vorgelegt. Doch die Ergebnisse waren für Deutschland wenig erfreulich und erregten großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Der sog. PISA- Schock hielt ganz Deutschland in seinem Bann. Im Durchschnitt erreichten die deutschen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zum OECD-Durchschnitt in allen drei Kompetenzbereichen Leistungen, die nur im unteren Mittelfeld der Teilnehmerstaaten lagen. Besonders alarmierend ist dabei gewesen, dass Rund ein Viertel der deutschen Jugendlichen in der Lesekompetenz nicht über die schwächste Stufe hinaus kommt und damit ein wenig erfolgreiches und unbefriedigendes Leben vor sich hat. Das schlechte Abschneiden in der Lesekompetenz hatte dabei auch die Ergebnisse der mathematischen sowie der naturwissenschaftlichen Grundbildung negativ beeinflusst. Doch in Anbetracht der im Jahre1997 veröffentlichten Ergebnisse der TIMS-Studie (Third international math and science study) war das schlechte Abschneiden der deutschen Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich nicht sehr überraschend.
Die PISA-Studie jedoch unterscheidet sich deutlich von den vorangegangenen international vergleichenden empirischen Schulleistungsuntersuchungen. „So wird neben den kognitiven Leistungen die Leistungsdifferenz zwischen guten und schlechten Schülern gemessen, es wird der Frage nach dem Zusammenhang von Migrationshintergrund und Schulleistungen nach-gegangen, es werden gemessene Schulleistungen und Beteiligungsquoten an höheren Bildungsabschlüssen thematisiert und last but not least wird untersucht, wie ausgeprägt der Zusammenhang zwischen familiären Lebensverhältnissen der Schülerinnen und Schüler und ihrem Schulerfolg ist“
(Loeber u. Scholz, 2003, S.242). Und in Anbetracht dieser untersuchten Fragestellungen ergab sich im internationalen Vergleich gerade für Deutschland ein besonders brisantes Ergebnis. Eckhard Klieme, der dem nationalen Konsortium der PISA-Studie angehört, schreibt in einem Bericht über die PISA-Studie 2000, dass ein „dringender Handlungsbedarf für eine Verbesserung der Bildungssituation in Deutschland besteht“ (1). Denn „(...) der wohl bedenkenswerteste Befund im internationalen Vergleich lautet: In keinem Land sind die Leistungen so eng an die familiäre Herkunft gekoppelt wie in Deutschland“ (1). Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien haben in Deutschland ungleich geringere Chancen auf einen mittleren Bildungs-Abschluss oder auf ein Abitur. Kinder aus Familien der Oberschicht haben in Deutschland 6mal höhere Chancen das Gymnasium zu besuchen als Kinder aus einem Arbeiterhaushalt und das wohl bemerkt bei identischen kognitiven Leistungen. „Auffällig ist auch, das Kinder aus Familien mit Migrations-hintergrund - sofern beide Elternteile im Ausland geboren sind- eine deutlich schwächere Beteiligung an höheren Bildungsgängen und geringere Leistungen aufweisen“ (1). Die internationale PISA-Studie hat festgestellt, dass die Leistungen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Deutschland besonders schlecht sind. Jugendliche aus Familien mit Migrationshintergrund bleiben in allen drei Kompetenzbereichen im Durchschnitt deutlich unter den Kompetenzniveaus, die 15-Jährige erreichen, deren beide Eltern in Deutschland geboren wurden. 20% der Jugendlichen aus reinen Zuwanderer-familien gehören zu der Gruppe extrem schwacher Leser und 50% überschreiten nicht die erste Kompetenzstufe. Und das obwohl 70% der Schülerinnen und Schüler alle deutschen Bildungseinrichtungen durchlaufen haben. Zudem wurden gravierende Disparitäten in der Bildungsbeteiligung der Jugendlichen aus reinen Zuwandererfamilien festgestellt. Sie besuchen zu 50% die Hauptschule und nur zu 15% das Gymnasium. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kinder mit Migrationshintergrund in der überwiegenden Mehrheit aus sozialschwachen Familien stammen. Fast zwei Drittel der nicht in Deutschland geborenen Bezugspersonen sind als Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt. Soziale Schicht, niedriges Bildungsniveau und Migrationshintergrund der Herkunftsfamilie erhöhen die Wahrscheinlichkeit zu der Risikogruppe von schwachen Lesern zu gehören. Der internationale Vergleich belehrte Deutschland eines besseren. PISA 2000 hat deutlich gemacht, dass andere Länder mit ähnlicher Sozialstruktur und Migrantenkultur wie Deutschland, wie beispielsweise Schweden, herkunftsbedingte Lernnachteile besser abfangen und ausgleichen können. Es ist erschütternd, dass das deutsche Bildungssystem eine soziale Selektion aufzeigt wie sie in keinem anderen westlichen Industrieland vorhanden ist. In Deutschland herrscht eine problematische Bildungslage von sozial und ethnisch benachteiligten Kindern und es ist unzweifelhaft „ein Verdienst dieser internationalen Vergleichsstudie“ dieses „in das öffentliche Bewusstsein gerückt zu haben“ (Ergen, 2005, S.127). Das deutsche Schulsystem reproduziert soziale Ungleichheiten und diese Tatsache ist umso bedauerlicher wenn man sich vor Augen führt, dass die Bildungsexpansion in den 60er Jahren doch gerade das Ziel verfolgte, den Zugang zur Bildung gerechter zu gestalten. PISA 2003 bestätigte nicht nur die sozialen Disparitäten im deutschen Schulsystem sondern zeigte, „(…) dass sich die Lage in unserem Bildungssystem eher verschärft hat. Kinder aus unteren Einkommensschichten haben sehr viel schlechtere Bildungschancen, schwächere Schüler werden an unseren Schulen vernachlässigt“ (2). Die leichten Verbesserungen, die deutsche Schülerinnen und Schüler in PISA 2003 erreicht haben „sind ausschließlich zurückzuführen auf Verbesserungen in den Gymnasien. In den Hauptschulen“ - wo Kinder, aus sozialschwachen Familien und Migranten-kinder überrepräsentiert sind - „wurden dagegen keine Fortschritte erzielt“ (2). Auch wenn mittlerweile Dank der ersten Ergebnisse der PISA-Studie Maßnahmen hinsichtlich der Bildungsbenachteiligung von Kindern aus sozialschwachen Familien mit und ohne Migrationshintergrund ergriffen werden so ist das Ziel der Beseitigung sozialer Ungleichheiten in der Bildungsbeteiligung noch nicht erreicht. Es ist sogar soweit gekommen, dass die UNO einen Bildungsexperten nach Deutschland geschickt hat um die Chancengleichheit an deutschen Schulen zu überprüfen. Und das mit Recht. Der UNO-Sonderberichterstatter, Vernor Munoz, übte nach seiner Informationsreise durch deutsche Kindergärten, Schulen und Hochschulen am 21. Februar 2006 Kritik an dem deutschen Bildungssystem. „Ich habe das Gefühl, dass sich das deutsche Bildungssystem nicht darauf konzentriert, alle einzubeziehen, sondern dass es eher Trennungen schafft“ (3).
Diese Magisterarbeit befasst sich mit den Ergebnissen der PISA-Studie 2000 und der problematischen Bildungssituation der Migrantenkinder in Deutschland, sie analysiert die Ursachen der sozialen Ungleichheit in der Bildungsbeteiligung um Wege aus dieser Bildungsmisere aufzuzeigen. Die PISA- Ergebnisse haben gezeigt: „Migrantenkinder schneiden schlechter ab als Muttersprachler. Diese Differenz findet sich in allen Ländern, ist aber in Deutschland besonders hoch ausgeprägt. Es ist dabei zu bedenken, dass Migration und niedriger sozialer Status sich stark überlappen, so dass beide Faktoren für die Erklärung unterdurchschnittlicher Leistungen herangezogen werden können“ (4).Gerade Kinder und Jugendliche mit Migrations-hintergrund sind aufgrund ihrer doppelten Benachteiligung ihres in der Mehrheit bildungsfernen sozioökonomischen Hintergrundes sowie der Sprachproblematik besonders von der selektiven Wirkung des deutschen Schulsystems betroffen. In Deutschland werden - wie noch in kaum einem anderen Land - die Schülerinnen und Schüler bereits nach vier Grundschuljahren auf unterschiedlich anspruchsvolle Bildungsgänge verteilt wodurch eine starke Benachteiligung von Migrantenkindern entsteht. Der Zeitraum für eine Leistungsangleichung an nicht benachteiligte Kinder ist zu kurz und somit wird das Bildungspotential von Migrantenkindern und Kindern aus sozial schwachen Familien nicht ausreichend ausgeschöpft.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage welche besonderen Maßnahmen für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem und im vorschulischen Bereich ergriffen werden müssen um eine höhere Bildungsaspiration zu erreichen. Das größte Potential zur Verbesserung der Bildungsmisere scheint – wie die PISA-Ergebnisse gezeigt haben - bei der Sprachförderung der Jugendlichen zu liegen, doch auch strukturelle Reformen wie etwa die Verlängerung der Grundschulzeit und der Ausbau von Ganztagsschulen sind wichtige Maßnahmen, um die starke soziale Selektivität des sehr früh differenzierenden deutschen Schulsystems abzumildern.
Das erste Kapitel gibt die wichtigsten Merkmale wie Anliegen, Aufbau und Durchführung der PISA-Studie wieder.
In Kapitel II wird neben einer Konzeptdarstellung der drei Basiskompetenzen
der Versuch unternommen die wichtigsten deutschen Ergebnisse der PISA-Studie 2000 im internationalen Vergleich hervorzuheben. Schwerpunkt ist hierbei die Lesekompetenz. Da das Lesen eine wichtige Schlüsselkompetenz ist wird auch die Entstehung und Förderung der Lesekompetenz erörtert.
Die anschließenden Kapitel bearbeiten die zentralen Themen dieser Arbeit. In Kapitel III werden die PISA-Befunde hinsichtlich der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler differenziert dargestellt.
Kapitel IV fokussiert den Blick auf die Situation der Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Dabei ist es wichtig zu bemerken, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund überwiegend aus Familien mit einem niedrigen sozialen Status stammen. In Kapitel V wird der Versuch unternommen, die Benachteiligungsmechanismen der Migrantenkinder im deutschen Schulsystem aufzuzeigen um dann in Kapitel VI Wege aus der Bildungsmisere für Migrantenkindern aufzuführen.
Kapitel I Grundlagen zur PISA-Studie
1. Das Anliegen der PISA-Studie
PISA steht für „Programme for International Students Assessment“ und heißt übersetzt „Programm für internationale Schülerbewertung/-einschätzung“. Dahinter verbirgt sich eine langfristig angelegte Studie zur Erfassung grundlegender Basiskompetenzen der nachwachsenden Generation. Dieses Projekt wurde von der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ausgearbeitet und wird von allen Mitgliedstaaten getragen und verantwortet. Die PISA-Teilnehmerstaaten wollen sich mit dieser langjährigen Studie regelmäßig ein Bild davon machen, wie effizient es ihren Schulen gelingt, die Schülerinnen und Schüler auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Die Stärken und Schwächen der schulischen Systeme sollen identifiziert werden und Informationen für das bildungspolitische und bildungsplanerische Handeln bereitgestellt werden. Um eine Aussage über die Effizienz der Schulsysteme zu erstellen ist der Erhalt von Vergleichdaten notwendig. Mit diesem Projekt sollen den teilnehmenden Ländern Indikatoren für Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten von 15jährigen Schülern in den Bereichen Lesekompetenz, Mathematik und Natur-wissenschaften in regelmäßigen Abständen zur Verfügung gestellt werden. Im Mittelpunkt steht dabei weniger das Faktenwissen der Jugendlichen, sondern es werden Basiskompetenzen untersucht, die in modernen Gesellschaften für eine Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben notwendig sind. „Nach der Vorstellung der OECD sollen Basiskompetenzen erfasst, die in modernen Gesellschaften für eine befriedigende Lebensführung in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht sowie für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben notwendig sind (…). Kennzeichnend hierfür ist die funktionale Sicht auf Kompetenzen als basale Kulturwerkzeuge“ (DPK, 2002, S.58).
2. Das inhaltliche Konzept der PISA-Studie
Mit PISA werden drei wichtige Kompetenzbereiche erfasst. Diese sind die Lesekompetenz (reading literacy), die mathematische Grundbildung
(mathematical literacy) und die naturwissenschaftliche Grundbildung
(scientific literacy). Die Testaufgaben zum Leseverständnis bestanden darin, dass die Schülerinnen und Schüler zu Texten, Bildern und Graphiken Verständnisfragen beantworten mussten. Im Teilbereich Mathematik waren weniger konkrete Rechnungen vorzunehmen als anwendungsbezogene Aufgaben zu lösen, zum Beispiel Graphiken richtig zu lesen oder praktische geometrische Probleme zu bewältigen. Im Teilbereich Naturwissenschaften ging es etwa darum, biologisch-medizinische oder ökologische Fragestellungen anhand von Texten und Schaubildern zu entschlüsseln. Dabei geht es nicht darum die Wissensbestände der Schülerinnen und Schüler zu erfassen. Mit der Erhebung soll vielmehr untersucht werden, inwieweit die Jugendlichen in der Lage sind, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in realistischen Situationen anzuwenden und zur Bewältigung von Alltagsproblemen zu nutzen. Es wird geprüft, ob die Schülerinnen und Schüler ein vertieftes Verständnis für zentrale Konzepte entwickelt haben, ob sie Prozesse wie das Modellieren von Situationen, das Kommunizieren von Ergebnissen oder das kritische Beurteilen von Informationen ausführen können, und ob sie in der Lage sind, dieses Konzept- und Prozesswissen in unterschiedlichen Kontexten anzuwenden.
Die Untersuchung von fächerübergreifenden Kompetenzen ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil von PISA. Erstmals wird in einer groß angelegten Studie der Versuch unternommen dies zu untersuchen. Um den Aspekt „lebenslang Lernen“ zu berücksichtigen ist die Studie so ausgerichtet, dass neben lehrplan- und fachbezogenen Fähigkeiten auch bereichsübergreifende Basiskompetenzen so genannte „cross–curricular-competences“ erfasst werden. Im ersten Zyklus wurden wichtige Vorrausetzungen selbständigen Lernens analysiert, wie zum Beispiel Lernstrategien, Interessen und fachbezogene Selbstkonzepte.
Im zweiten Zyklus wurden allgemeine Problemlösefähigkeiten untersucht. Für den dritten Zyklus schließlich wird die Möglichkeit diskutiert, Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit modernen Informations- und Kommunikations-technologien zu untersuchen.
Ein weiterer wichtiger Teil ist die Analyse von Kontextbedingungen der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler. Wie sehen die Bedingungen aus unter denen die Jugendlichen aufwachsen, leben und lernen? Die Studie analysiert die Sozialstruktur der Schülerinnen und Schüler und des sozialen Kontexts, in dem eine Schule arbeitet und handelt und versucht diese Kontextbedingungen möglichst genau zu erfassen. Dazu bekommen nicht nur die Schülerinnen und Schüler Zusatzfragebögen sondern auch die Schulleiter der Schulen.
Die Koordination des Projektes oblag einem internationalen Konsortium unter dem Vorsitz des Australien Council for Educational Research (ACER).
Für die Untersuchung in Deutschland ist das nationale Konsortium des Max-Planck- Instituts für Bildungsforschung (MPIB) in Berlin zuständig.
3. Das nationale Konsortium
Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich an diesem Programm gemäß einer Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder.
Verantwortlich für die Untersuchungen in Deutschland ist im Auftrag der Kultusministerkonferenz ein nationales Konsortium unter Federführung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB) in Berlin.
Dem nationalen Konsortium gehören die folgenden Wissenschaftler an:
- Jürgen Baumert, Max Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin
- Helmut Heid, Universität Regensburg (assoziiertes Mitglied)
- Eckhard Klieme, Deutsches Institut für Internationale pädagogische
Forschung, Frankfurt a.M.
- Michael Neubrand, Universität Flensburg
- Manfred Prenzel, Leibniz-Institut für die Pädagogik der
Naturwissenschaften an der Universität Kiel
- Ulrich Schiefele, Universität Bielefeld
- Wolfgang Schneider, Universität Würzburg
- Klaus-Jürgen Tillmann, Universität Bielefeld
- Manfred Weiß, Deutsches Institut für Internationale pädagogische
Forschung, Frankfurt a. M. (vgl. DPK, 2001, S.62).
4. Die Teilnehmerstaaten
Es gibt 32 Teilnehmerstaaten, davon sind 28 Mitgliedstaaten der OECD.
Die an PISA-2000 teilgenommenen OECD-Staaten waren: Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Japan, Kanada, Korea, Luxemburg, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten.
Die an PISA-2000 teilgenommenen nicht OECD-Staaten waren: Brasilien, Lettland, Liechtenstein, Russische Förderation (vgl. DPK, 2001, S.18).
5. Durchführung der Studie
Die notwendige Anzahl der Schulen wurde per Zufallsprinzip ausgelost und die Schulleitungen wurden vom Kultusministerium informiert. Auch die einzelnen Schüler wurden per Losverfahren ermittelt. Dabei musste die Teilnahmerate 80% sein, ansonsten erfolgte ein Ausschluss vom internationalen Vergleich.
Die Elterngenehmigungen mussten aus Gründen des Datenschutzes am Testtag vorliegen. Zur Durchführung der Studie bekam jede Schule zwei externe Testleiter zugewiesen. Die Untersuchung erfolgte über zwei Tage. Zur Auswertung wurden alle Berichte zusammengefasst, dabei erfolgten keine Angaben über spezielle Lehrer und Schüler (vgl. DPK, 2002, S.29).
6. Die Stichprobe
Im Frühjahr 2000 nahmen insgesamt 180.000 Schülerinnen und Schüler aus 32 Staaten an der PISA-Untersuchung teil. Zielpopulation stellten die15-jährigen Schülerinnen und Schüler dar, denn diese Altersgruppe unterliegt in fast allen OECD-Mitgliedsstaaten noch der Vollzeitschulpflicht oder aber sie besuchen faktisch eine Vollzeitschule. Um die 15-jährige Schülerbevölkerung abzubilden, wurde in jedem Teilnehmerstaat eine repräsentative Stichprobe gezogen. Die Stichprobe der Bundesrepublik Deutschland bestand aus 5000 Schülerinnen und Schülern, die aus insgesamt 219 Schulen gebildet wurden. Pro Schule wurden 23 15-Jährige ausgelost (vgl. DPK, 2002, S.13).
7. Die Erhebungsmethoden
Die Aufgabentypen waren derart gestaltet, dass sie Kompetenzen erfassten, die für eine Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben notwendig sind. Die Mehrzahl der Aufgaben erfasste die Anwendung von Wissen und Fertigkeiten in außerschulischen Situationen. Deshalb bestand der zentrale Test nur zur Hälfte aus Multiple-Choice-Aufgaben, denn die Jugendlichen sollten selbst Antworten ausarbeiten. Die Prüfungsthemen wurden in Gruppen zusammengefasst, die sich jeweils auf eine realitätsnahe Lebenssituation bezogen. Insgesamt wurden Themen für eine Testdauer von sieben Stunden eingesetzt, von denen die Schülerinnen und Schüler jeweils unterschiedliche Kombinationen bearbeiten mussten.
Zusätzlich zu dem zentralen Test mussten die Jugendlichen einen Fragenbogen über sich selbst beantworten. Mit diesem Fragebogen wurden Hintergrund-merkmale der Schülerinnen und Schülern erhoben. Hierzu gehörten zum Beispiel Merkmale der sozialen Herkunft, Aspekte der Beziehung der Jugendlichen zu ihren Eltern, Einstellungen der Schülerinnen und Schüler zum Lesen sowie ihre privaten Lesegewohnheiten. Die Schulleiter mussten ebenfalls einen Fragebogen über ihre Schule beantworten. Auf Schulebene wurden in die Analyse unter anderem die finanzielle und personelle Ausstattung, die Größe der Lerngruppen, Organisationsstrukturen und Entscheidungsprozesse mit einbezogen (vgl. DPK, 2002, S.13).
8. Der Erhebungszyklus
Die Erhebungen erfolgen in einem Dreijahreszyklus. Die erste Erhebung fand im Jahr 2000 und die zweite im Jahr 2003 statt, die dritte wird im Jahr 2006 stattfinden. Pro Erhebung wird nur ein Hauptbereich gründlicher getestet, welchem zwei Drittel der Gesamttestzeit zugeteilt wird. Die Hauptbereiche
sind Lesekompetenz, mathematische und naturwissenschaftliche Grund-bildung. In der restlichen Testzeit werden die zwei anderen Bereiche nur als zusammenfassendes Leistungsprofil erfasst.
Der erste Projektzyklus - PISA 2000 - hatte als Schwerpunkt das Lesen und als Nebenkomponenten die Mathematik und Naturwissenschaft. Der zweite Zyklus - PISA 2003 - hatte als Schwerpunkt die Mathematik, und der dritte Zyklus - PISA 2006 - wird die Naturwissenschaft haben (vgl. DPK, 2002, S.13).
9. Die Ergebnisse
Mit den Testergebnissen soll ein Kompetenzprofil der Schülerinnen und Schüler erstellt werden, die sich am Ende der Pflichtschulzeit befinden. Dabei werden nicht nur fachbezogene sondern auch fächerübergreifende Bereiche untersucht. Mit diesen Profilen können spezifische Stärken und Schwächen schulischer Systeme identifiziert und Verbesserungsbedarf aufgezeigt werden.
Und um dies umzusetzen möchte die OECD „mit PISA vier Arten von Indikatoren bereitstellen:
- Basisindikatoren, die ein Grundprofil jener Kenntnisse und Fähigkeiten der nachwachsenden Generation bilden, die für eine aktive gesellschaftliche Teilhabe und für kontinuierliches Weiterlernen grundlegend sind. Damit ist nicht gesagt, dass diese Kompetenzen auch hinreichend seien.
- Kontextindikatoren, welche die demographische, soziale und wirtschaftliche Einbettung von Bildungssystemen beschreiben und über deren institutionelle Verfassung Auskunft geben.
- Relationale Maße, die international variierende Zusammenhänge zwischen individuellen Hintergrundmerkmalen und schulischen Kontextvariablen einerseits und Leistungsergebnissen andererseits sichtbar machen. Dazu gehören auch Prozessindikatoren.
- Trendindikatoren, die sich aus dem zyklischen Charakter der Datenerhebung ergeben und Veränderungen des Leistungsniveaus, der Leistungsverteilungen und der Zusammenhänge zwischen schüler- bzw. schulbezogenen Merkmalen und Leistungsresultaten im Zeitverlauf zeigen“ (DPK, 2002, S.12).
Der Vergleich dieser Ergebnisse mit den Leistungsstandards der rund 30 wichtigsten Industriestaaten erlaubt eine Beurteilung der Stärken und Schwächen der nationalen Bildungssysteme.
10. Die Kompetenzstufen
In jedem Leistungsbereich werden fünf Kompetenzstufen unterschieden. Diese Kompetenzstufen beschreiben die Fähigkeit, Aufgaben mit unterschiedlich anspruchsvollen Anforderungsmerkmalen zu lösen. So ist zum Beispiel ein Schüler, der die Expertenstufe im Lesen erreicht hat in der Kompetenzstufe V. Er ist in der Lage, tief in einem Text eingebettete Informationen zu lokalisieren, auch wenn Inhalt und Form des Textes unvertraut sind und indirekt erschlossen werden muss, welche Informationen zur Lösung der Aufgabe relevant sind. Ein Jugendlicher dagegen, der nur die Elementarstufe, also die Kompetenzstufe I erreicht hat, wird lediglich explizit angegebene Informationen in einer vertrauten Art von Text auffinden, wenn dieser nur wenige konkurrierende Elemente enthält, die von der relevanten Information ablenken könnten. Anhand der Kompetenzstufen lassen sich die von Schülerinnen und Schülern erreichten Leistungsergebnisse qualitativ beschreiben.
11. Die Ausschlusskriterien
Die Schülerinnen und Schüler, die geistig und /oder emotional nicht in der Lage sind an PISA teilzunehmen werden ausgeschlossen. Auch Jugendliche, deren Muttersprache nicht die Testsprache ist und die weniger als ein Jahr in der Testsprache unterrichtet wurden, können an der Studie nicht teilnehmen
(vgl. DPK, 2002, S.19).
12. Offenheit für nationale Ergänzungen und Erweiterungen
Es wird jedem Land die Möglichkeit offen gehalten, das Programm durch nationale Komponenten zu erweitern. Damit die Ergebnisse der PISA-Studie innerhalb Deutschlands auch auf der Ebene der Länder verwertbar sind, wurden in der PISA-Erweiterungsstudie im Jahr 2000 insgesamt 48000 Schülerinnen und Schüler aus 1479 Schulen erfasst (nationale Stich-probenergänzung PISA-E). Diese zusätzliche Schülerstichprobe wurde für jedes Land und für jeden Stadtstaat so gezogen, dass sie für die betreffenden Länder und Schulformen repräsentativ sind. In Deutschland wurde zusätzlich zu den 15-Jährigen die 9.Jahrgangstufe untersucht. Diese große Zahl von Schulen und Schülern ist notwendig, um statistisch abgesicherte Aussagen über die Ergebnisse in den einzelnen Ländern und pro Schulform machen zu können (vgl. DPK, 2002, S.13-14).
Kapitel II PISA-2000: Einblick in Testkonzeption und Ergebnisse
1. Die Lesekompetenz
1.1 Allgemeines über die Lesekompetenz
1.1.1 Lesen als Schlüsselkompetenz
In allen modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaften gehört die Beherrschung der eigenen Muttersprache in Wort und Schrift zum Kernbestand kultureller und sprachlicher Literalität (vgl. DPK, 2002, S.56).
„Lesen ist eine elementare Kulturtechnik und repräsentiert als sprachliche Kompetenz eine grundlegende Form des kommunikativen Umgangs mit der Welt. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Lesens machen es zu einem effektiven „ Werkzeug“ für die Aneignung, Organisation und Anwendung von Wissen“ (Baker & Escapit, 1973 in DPK, 2002, S.56). Zudem ist eine „intensive Teilhabe an der Lesekultur eine Vorraussetzung für eine breite Partizipation am sozialen Leben und den kulturellen Gütern“ (Saxer, 1991 in DPK, 2002, S.56).
Bereits in früheren Untersuchungen wurde die Bedeutung der Lesekompetenz für eine erfolgreiche Lebensführung erwiesen:
- Erwachsene mit einem hohen Kompetenzniveau im Lesen verfügen meistens über ein höheres Einkommen (International Adult Literacy Survey der OECD, 2000).
- Kompetente Leser sind seltener von Arbeitslosigkeit betroffen als weniger gute Leser (International Adult Literacy Survey der OECD, 2000).
- Der Zusammenhang hohes Kompetenzniveau im Lesen und höheres Einkommen besteht auch wenn Merkmale des sozialen und kulturellen Hintergrundes kontrolliert werden. (Raudenbush u. Kasim, 1998 in DPK, 2002, S.56).
- Das Berufsleben erfordert lebenslanges Lernen. Daher ist in den Lesegewohnheiten der Deutschen ein Anstieg des „Informationslesens“ (Sach- und Gebrauchstexte) und des Lesens zu beruflicher Qualifikation zu verzeichnen. (Stiftung Lesen, 2001in DPK, 2002, S.56).
- Zwischen Lesern und Nichtlesern besteht eine größer werdende Wissenskluft. (vgl. Franzmann, 2001; Saxer, 1999 in DPK, 2002, S.56).
Lesen ist eine „kulturelle Schlüsselqualifikation“ für schulischen und beruflichen Erfolg und eröffnet die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Eine geringe Lesefähigkeit dagegen bedeutet einen enormen Chancennachteil. (vgl. DPK, 2001, S. 70).
1.1.2 Zur Entstehung der Lesekompetenz
Bei der Lesesozialisation erfolgt ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Teilfähigkeiten und dieser Entwicklungsprozess beginnt bereits im Vorschulalter in der Familie. Die Kommunikation der Eltern mit den Kindern ist hier von ganz besonderer Bedeutung. Neben der Übermittlung von Handlungsanweisungen und Information ist der Austausch von Gedanken wichtig für die Kinder, die Sprache als Instrument des Denkens zu verstehen,
(Wygotski, 1969 in DPK, 2001, S.74). Ganz besonders wichtig sind die Eltern-Kind-Interaktionen in der Vorlesesituation und das gemeinsame Betrachten eines Bilderbuches, denn die Eltern benutzen in dieser Situation eine weitaus elaboriertere Sprache als in anderen Spiel- und Gesprächsituationen. (Ninio und Bruner, 1978 in DPK.,2001, S.74).
Der ideale Umgang mit der Kinderliteratur stellt quasi einen „Schaukelstuhl“ zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit dar, bei der im Rahmen eines Dialogs die Textbedeutung erarbeitet wird. Dabei erfolgt ein Herauslösen der primär an Handlungen gebundenen Sprache. „Im Prozess der Dekontextualisierung werden in der Eltern-Kind-Aktion von den Eltern zunächst immer wieder inhaltliche Bezüge zur Erfahrungswelt des Kindes hergestellt und über die Thematisierung anderer denkbarer und realer Kontexte eine allmähliche Loslösung erzielt. Durch das Herauslösen von Wörtern aus spezifischen (Handlungs-)Kontexten bilden sich dabei allmählich Konzepte und Schemata heraus (siehe auch Christmann u. Groben, 1999; Oerter, 1999; Wells, 1985)“(DPK, 2001, S.74).
Die frühe Lesesozialisation erfolgt durch die Unterscheidung zwischen gesprochener und geschriebener Sprache und die Schulung des begrifflichen und sprachlichen Wissens. Zudem wirkt auch in späteren Jahren die Lesepraxis der Eltern sich maßgeblich auf die Lesepraxis der Kinder aus. Dies stellte eine Studie der Stiftung Lesen (2001) fest. Dabei ist Lesepraxis nicht gleichbedeutend mit Lesekompetenz jedoch nur durch eine intensive Lesepraxis ist der Erwerb einer Lesekompetenz möglich.
„Die immer wieder betonte Rolle des Elternhauses bei der Ausbildung von Lesegewohnheiten und Lesekompetenz soll nicht in Abrede stellen, dass die schulische Förderung, Anregung und Etablierung von Kompetenzen und Gewohnheiten wichtig und unverzichtbar ist. In den letzten Jahren wird immer wieder die kompensatorische Rolle der Schule betont“ (Hurrelmann, 1994; Saxer, 1991in DPK, 2001, S.76). (vgl. DPK, 2001,S.73-76).
1.1.3 Zur Förderung der Lesekompetenz
Die Lesekompetenz eines Lesers entsteht durch ein ausgewogenes Zusammenspiel von kognitiven Fähigkeiten, Werthaltungen, Lesestrategien, Leseroutinen und Vorwissen. Somit ergibt sich, dass verschiedene Ebenen der Lesekompetenzförderung vorhanden sind und genutzt werden können und sollten. Für schwache Leser ist ganz besonders die Vermittlung von Lesestrategien zur Erschließung von Textinhalten von zentraler Bedeutung.
Daneben ist es auch wichtig, Lesefreude und Leseinteresse bei ihnen zu entwickeln und für eine Etablierung von leseförderlichen Haltungen und Gewohnheiten zu sorgen. „So sieht Saxer (1991) gerade in der Schaffung bzw. Erhaltung von Lesemotivation, im Zugänglichmachen von Lesestoff und in der Hilfe bei der Lektürewahl wichtige Handlungsfelder der Leseförderung in der Schule. Gerade Kinder aus lesefernen Elternhäusern brauchen schulische Kompensationsmaßnahmen“ (DPA, 2001, S.77).
Zum Erwerb einer strategischen Lesekompetenz ist es wichtig, den Kindern beizubringen wann es sinnvoll ist Techniken und Strategien zu verwenden, denn oft bemerken die schwachen Leser gar nicht, dass sie eine Verstehenslücke haben oder über Widersprüche hinweg lesen. Die Lesekompetenz kann durch eine „explizite Thematisierung der beim Lesen ablaufenden Denkprozesse eines „kompetenten Anderen“ (Palincsar u. Brown, 1984) und der aktive Austausch hierüber“ (DPK, 2001, S.77). gefördert werden. Hierbei kann der kompetente Andere auch ein Mitschüler sein.
(vgl. DPK,2001, S.76-78).
1.2 Das Konzept der Lesekompetenz nach PISA
1.2.1 Definition der Lesekompetenz nach PISA
Nach PISA wird die Lesekompetenz wie folgt definiert: „Lesekompetenz (reading literacy) heißt, geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“ (OECD, 1999,S.24 in DPK, 2002, S.58).
Lesekompetenz ist nicht gleichzusetzen mit „einfach nur lesen können“. Es ist vielmehr als das. Es geht darum inwieweit die Schülerinnen und Schüler aus den geschriebenen Texten gezielt Informationen entnehmen können, die dargestellten Inhalte verstehen und interpretieren können, und das in Hinblick auf Inhalt und Form bewerten können. PISA versteht unter Lesekompetenz ein wichtiges Hilfsmittel für das Erreichen persönlicher Ziele, als Bedingung für die Weiterentwicklung des eigenen Wissens und der eigenen Fähigkeiten und als Vorraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Um diese Fähigkeiten im Test zu untersuchen wurde eine breite Palette an unterschiedlichen Arten von Texten eingesetzt (vgl. DPK, 2001, S.78-80).
1.2.2 Erfassung der Lesekompetenz in der Studie
Im Laufe des Lebens begegnen Jugendliche und Erwachsene in ihrem privaten oder beruflichen Alltag und im öffentlichen Leben verschiedensten Arten von Texten. Und um diese alltäglichen Anforderungen zu bewältigen, ist kompetentes Lesen unumgänglich.
„Um eine möglichst große Vielfalt von Anwendungssituationen abzubilden, enthält der PISA-Test weiterhin Texte, die für verschiedene Lesesituationen geschrieben wurden. Die Situationen werden im Hinblick darauf differenziert, ob das Lesen eines bestimmten Textes in der Regel eher privaten oder öffentlichen Zwecken, der beruflichen Weiterqualifikation oder dem allgemeinen Bildungsinteresse dient“ (DPK, 2002,S.59).
Um diese Fähigkeit im Test zu untersuchen wurde eine breite Palette an unterschiedlichen Arten von Texten eingesetzt. Diese sind neben kontinuierlichen Texten wie Erzählungen, Beschreibungen oder Anweisungen auch nichtkontinuierliches Material wie Tabellen, Diagramme, Karten, Tabellen oder Formulare.
Untersucht wurde inwieweit die Schülerinnen und Schüler aus den geschriebenen Texten gezielt Informationen entnehmen können, die dargestellten Inhalte verstehen und interpretieren können, und das Material im Hinblick auf Inhalt und Form reflektieren und bewerten können.
Im Test wurden 141 Aufgaben zu insgesamt 37 verschiedenen Texten gestellt.
62% der Texte waren kontinuierliche Texte und enthielten Erzählungen, Darlegungen, Beschreibungen, Argumentationen sowie Anweisungen.
38% der Texte wurden als nicht kontinuierliche Texte wie etwa Diagramme, Schemata, Karten, Formulare und Anzeigen dargestellt.
Zudem wurden im PISA-Lesetest fünf Aspekte des Lesens unterschieden und in drei Subskalas unterteilt. Die fünf Aspekte des Lesens sind:
- Informationen ermitteln
- Ein allgemeines Verständnis des Textes entwickeln
- Eine textbezogene Interpretation entwickeln
- Über den Inhalt des Textes reflektieren
- Über die Form des Textes reflektieren
Die drei Subskalen sind:
- Informationen ermitteln
- Textbezogenes Interpretieren
- Reflektieren und Bewerten
(vgl. DPK, 2001, S.80-84)
1.2.3 Die Einteilung der Kompetenzstufen im Lesen
Die Kompetenzstufen der Lesefähigkeit werden wie die Kompetenzstufen der mathematischen Grundbildung und naturwissenschaftlichen Grundbildung in fünf Stufen eingeteilt. Diese Kompetenzstufen beschreiben die Fähigkeit, Aufgaben unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade lösen zu können.
Der Schwierigkeitsgrad einer Leseaufgabe ist dabei unter anderem abhängig von der Komplexität des Textes, der Vertrautheit der Schülerinnen und Schüler mit dem Thema des Textes, der Deutlichkeit der Hinweise auf die relevanten Informationen sowie der Anzahl und Auffälligkeit von Elementen, die von den relevanten Informationen ablenken können. Die Stufen der Lesekompetenz I-V bestehen jeweils aus drei Subskalas. Diese Subskalas sind „Informationen ermitteln“, „Textbezogenes Interpretieren“ und „ Reflektieren und Bewerten“.
Die Kompetenzstufe I (Skalenwerte 335-407) entspricht einer elementaren Lesefähigkeit, in der die Schülerinnen und Schüler lediglich einfache Texte oberflächlich verstehen können. Sie können nur mit Texten umgehen, die ihnen in Inhalt und Form vertraut sind. Informationen aus diesen Texten können sie nur entnehmen wenn nicht konkurrierende Zusatzinformationen enthalten sind. Verbindungen aus dem Text und dem bekannten Alltagswissen erfolgen nur wenn diese offensichtlich sind.
In der Kompetenzstufe II (Skalenwerte 408-480) können die Schülerinnen und Schüler einfache Verknüpfungen zwischen verschiedenen Teilen eines Textes herstellen. In der Subskala „Informationen ermitteln“ können sie mit einer begrenzten Anzahl von konkurrierenden Informationen umgehen. Ihnen ist es möglich durch einfache Schlussfolgerungen die Bedeutung einzelner Elemente zu erschließen, den Hauptgedanken eines vertrauten Textes zu identifizieren und diesen grob zu verstehen. In der Subskala „Reflektieren und Bewerten“ können sie einen Bezug zum Alltagswissen erstellen und in gewissem Maße auch beurteilen.
In der Kompetenzstufe III (Skalenwerte 481-552) besitzen die Schülerinnen und Schüler, die Fähigkeit verschiedene Teile des Textes zu integrieren, auch wenn diese nicht vertraut sind. Sie können mit relativ auffälligen konkurrierenden Informationen umgehen, Texte mit mittlerem Komplexitäts-grad verstehen und spezifisches Wissen gezielt nutzen, um das Gelesene auf dieser Grundlage zu beurteilen.
Die Kompetenzstufe IV (Skalenwerte 553-625) entspricht einem detaillierten Verständnis komplizierter Texte. Die Schülerinnen und Schüler können Informationen aus unvertrauten Texten erschließen und diese organisieren. Sie können Mehrdeutigkeiten, Sprachnuancen oder Elemente der eigenen Erwartungen bewältigen und relativ lange, komplexe Texte verstehen und beurteilen.
Bei der Kompetenzstufe V (Skalenwerte über 625) handelt es sich um die Expertenstufe, in der die Schülerinnen und Schüler komplexe, unvertraute, lange Texte vollständig und detailliert verstehen und flexibel nutzen können. Sie sind in der Lage, das Gelesene in ihr Vorwissen zu integrieren und den Text kritisch zu bewerten. (vgl.DPK,2002, S.59-61)
1.2.4 Die Definition von Risiko- und Spitzengruppe im Lesen
Besondere Bedeutung kommt der niedrigsten und der höchsten Kompetenzstufe im Lesen zu. Die Schülerfähigkeiten dieser Kompetenzstufen erlauben Rückschlüsse über die Bewährung von Situationen, die über den PISA-Test hinausgehen. Schülerinnen und Schüler, die die Kompetenzstufe I erreichen haben eine sehr mangelhafte Lese- und Verstehensfähigkeit. Sie erreichen auch bei sehr einfachen Texten nur ein oberflächliches Textverständnis. Doch es gibt auch Schülerinnen und Schüler, die nicht einmal diese unterste Kompetenzstufe erreichen. Sie stellen eine Problemgruppe dar. Diese Jugendlichen werden als Risikoschüler bezeichnet. Sie können zwar Wörter und Sätze entziffern, haben aber schon bei sehr einfachen Texten Verständnisschwierigkeiten. Diese beiden Schülergruppen werden als potenzielle Risikogruppe zusammengefasst, denn sie werden vermutlich auch im alltäglichen Leben ähnliche Schwierigkeiten im Umgang mit Texten haben. Für ihre Berufsausbildung bedeutet das, dass sie vor erheblichen Problemen stehen werden, denn es ist in allen Berufsfeldern ein eigenständiger Umgang mit Texten von zentraler Bedeutung.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Schülerinnen und Schüler dieses Leistungsniveaus beim Übergang in das Berufsleben nicht unbedingt scheitern müssen aber sehr wahrscheinlich Übergangsprobleme haben werden.
Die Spitzengruppe im Lesen entspricht der Kompetenzstufe V. Die Schülerinnen und Schüler mit diesem Fähigkeitsniveau erreichen im PISA-Test das höchste Niveau der Lese- und Verstehenskompetenz und können mit komplexen und unvertrauten Texten flexibel und zielorientiert umgehen. Diese Lesegruppe besitzt ein Leistungsniveau im Lesen das überdurchschnittlich ist und somit als Leseexperten bezeichnet werden. (vgl.DPK,2002, S.61-62)
1.3 Die Ergebnisse zum internationalen Vergleich
Die Lesekompetenz bildete den Schwerpunkt der ersten Erhebung im Jahr 2000. Deutschland erreichte bezogen auf die Mittelwerte unter 32 Staaten den unterdurchschnittlichen Rang 21.
1.3.1 Der internationale Vergleich der Mittelwerte und der
Leistungsstreuung
Deutschland gehört mit seinem Mittelwert von 484 zu den 14 Ländern die signifikant unter dem Durchschnittswert der OECD-Mitgliedstaaten (500) liegen. Deutschland, Lichtenstein und Luxemburg sind zusammen die drei einzigen mitteleuropäischen Länder die unterdurchschnittliche Leistungs-ergebnisse erzielten.
Finnland nimmt mit seinem Mittelwert von 546 die Spitzenposition ein, gefolgt von Kanada mit 534 und Neuseeland mit 529.
Die Spannbreite zeigt die Leistungsstreuung der 15-Jährigen an, also den Abstand zwischen den Ergebnissen der 5% leistungsschwächsten und 5% leistungsstärksten Schülerinnen und Schüler.
Für Deutschland betrug die Spannbreite 366 und war damit breiter als in allen anderen Teilnehmerstaaten. Nach der BRD hatten die Staaten Neuseeland, Belgien, die Vereinigten Staaten und Norwegen eine große Leistungsstreuung. „Doch eine vergleichbar große Streuung wird von keinem anderen Land auch nur annähernd erreicht (...) .In Deutschland ist also insgesamt eine sehr große Bandbreite von Leistungen 15-jähriger Schülerinnen und Schüler im Lesen zu verzeichnen, und bei Aufgaben, die eine kritische Auseinandersetzung mit Texten erfordern, ist diese besonders ausgeprägt“ (DPK,2001,S.108). (vgl. DPK, 2001, S.105-110).
1.3.2 Der internationale Vergleich der erreichten Kompetenzstufen und die Leistungen der Hauptschulen
Differenziertere Informationen über die Ergebnisse der Leseleistungen erhält man bei Betrachtung der Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die einzelnen Kompetenzstufen.
In der Expertenstufe hatte Deutschland im oberen Leistungsbereich mit 9% durchschnittliche Ergebnisse erzielt. Hier lag der OECD-Durchschnitt bei 9,5%. Ähnliche Ergebnisse auf Kompetenzstufe V erreichten auch die Länder Dänemark, Frankreich, Österreich, Island und die Schweiz. In den Spitzenländern Finnland und Neuseeland waren mit über 18% der Anteil an Schülerinnen und Schüler auf der Expertenstufe doppelt so hoch wie in Deutschland.
Weitere 13% der 15-Jährigen in Deutschland erreichten zwar die erste Kompetenzstufe, kamen aber nicht über sie hinaus. Das bedeutet, dass sie eine elementare Lesefähigkeit besitzen und somit einfache Texte nur oberflächlich verstehen können.
10% der Schülerinnen und Schüler in Deutschland erreichten nicht die erste Kompetenzstufe im Lesen und gehören somit zur Risikogruppe. Das bedeutet, dass sie nicht einmal eine elementare Lesefähigkeit besitzen und somit keine Verbindung zwischen Informationen aus einem Text und weit verbreiteten Alltagswissen herstellen können. Zum Vergleich: Im Durchschnitt aller OECD-Staaten waren nur 6% der Schülerinnen und Schüler diesen Anforderungen nicht gewachsen. Schlechtere Ergebnisse als Deutschland erzielten lediglich vier weitere OECD-Mitgliedstaaten, nämlich Lettland, Luxemburg, Mexiko und Brasilien. In vielen anderen Ländern wie z.B. auch in Schweden, das mit seiner Sozialstruktur und Migrantenquote mit Deutschland sehr vergleichbar ist, lag der Anteil deutlich niedriger, nämlich bei unter 5%.
Die Schülerinnen und Schüler, die diese erste Kompetenzstufe nicht erreichen konnten gehören somit zur sog. Risikogruppe d.h. dass sie mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erhebliche Schwierigkeiten beim Übergang in das Berufsleben haben werden. Zu bemerken ist hierbei, dass diese Risikogruppe der 15-Jährigen sich überwiegend aus Schülerinnen und Schülern aus Haupt- und Sonderschulen zusammensetzte.
50% dieser Risikoschüler besuchen die Hauptschule, in welcher Migrantenkinder und Kinder aus sozial schwachen Familien überrepräsentiert sind. 34 % von ihnen stammen aus der Sonderschule und die restlichen Anteile verteilen sich auf Integrierte Gesamtschule (7%), Berufsschule (5%) und Realschule (4%) (vgl. DPK, 2001, S.101-120).
Somit befinden sich 23% der Schülerinnen und Schüler in Deutschland im Bereich der Kompetenzstufe I und können nicht die mit der zweiten Kompetenzstufe verbundenen Anforderungen, nämlich einfache Verknüpfungen zwischen verschiedenen Teilen eines Textes herstellen, bewältigen. Zum Vergleich: Der prozentuale OECD-Durchschnitt der PISA-Schüler, die sich im Bereich der untersten Kompetenzstufe befanden, lag bei 18%, wobei lediglich 6,8 % die unterste Stufe nicht erreichten und die restlichen 11,4% diese noch erreichten. Andere europäische Länder wie z.B. Schweden, Österreich oder Frankreich haben nur einen Anteil von insgesamt 18% Schülerinnen und Schüler, die die erste Kompetenzstufe nicht überschreiten konnten. Das sagt aus, dass fast ein Viertel der Jugendlichen (23%) in Deutschland nur auf elementarem Niveau lesen können. Deutschland liegt mit seinen Ergebnissen sehr weit unter dem OECD- Durchschnitt.
Insgesamt konnte festgestellt werden, dass im oberen Leistungsbereich die Ergebnisse Deutschlands im durchschnittlichen Bereich lagen und mit denen anderer OECD-Staaten vergleichbar sind.
Doch die Gruppe der Jugendlichen, deren Leistungen die Anforderungen der ersten Kompetenzstufe gerade mal erfüllen oder gar diese nicht einmal erreichen ist in Deutschland vergleichsweise hoch. Mit etwa 23% des Altersjahrganges ist der Anteil schwacher und schwächster Leser in Deutschland ungewöhnlich groß. In Deutschland werden insbesondere bei Aufgaben, die das Reflektieren und Bewerten von Texten erfordern, relative Schwächen ausgewiesen.
Von ihnen bilden fast 10% die Risikogruppe. „Jugendliche die den Anforderungen der niedrigsten Kompetenzstufe nicht gewachsen sind, werden als „Risikogruppe“ definiert. Nach dieser Definition gehören 10% der 15-Jährigen Deutschen zur Risikogruppe. Der überwiegende Anteil der Schülerinnen und Schüler dieser Gruppe ist männlich und besucht die Haupt- bzw. die Sonderschule. Jugendliche, die selbst und deren Eltern in Deutschland geboren wurden, machen knapp 50% dieser Gruppe aus. Gemessen an der Bevölkerungszusammensetzung ist der Anteil an Kindern aus Migranten-familien, die zur Risikogruppe gehören, mit 25 % ebenfalls sehr groß“ (DPK, 2001, S.120). (vgl. DPK,2001, S.101-120)
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- Arbeit zitieren
- Ali Güngör (Autor:in), 2006, Die Ergebnisse der PISA-Studie und Wege aus der Bildungsmisere für Migrantenkinder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55388
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