Strafe muß sein. Das staatspolitische Gewaltmonopol dient der Eliminierung der Gewalt aus dem Gemeinschaftsleben; Gewaltfälle werden zu Rechtsfällen. Sozialpsychologisch spricht man von Opfergerechtigkeit, Solidarität mit dem Opfer und der kontrollierten Vermeidung von Lynchjustiz. Individualethisch steht die Verantwortungsübernahme oder Verantwortungsfeststellung im Vordergrund. Wenn Strafe sein muß, dann vor dem Hintergrund des Strafrechts bzw. Strafprozessrechts als Ausdruck des parlamentarisch legitimierten staatlichen Gewaltmonopols. Damit ist die Strafe in jeder Hinsicht gerechtfertigt. In der Strafausübung drückt sich die Vielfältigkeit der eigentlichen Aufgabe des Strafrechts aus: Pönalisierung sozialschädlichen Verhaltens, Rechtsgüterschutz (BVerfG NJW 1975, 576), Geltungsanspruch mit Rechtszwang (Grundrechte), Strafwürdigkeit und Strafbedürftigkeit werden hier abschließend aufgezeigt. In den Rechtssätzen sämtlicher Rechtssysteme der Welt finden sich elaborierte Systeme des Umgangs mit Strafe. Die Diversion hat hiermit nur am Rande zu tun. Sie ist in den Rechtsordnungen mehr oder weniger klar akzentuiert hervorgehoben. Nicht in allen Ländern versteht sich der Gedanke der Diversion. Die den Rechtsordnungen zugrundeliegenden Zwecke des Strafrechts sind allzu vielfältig:
Während teilweise absolute Straftheorien die Rechtfertigung der Strafe allein aus dem Gebot der Gerechtigkeit herleiten - die Strafe also keine sozialen Zwecke verfolgt und allein der Wiederherstellung des Geltungsanspruchs der gebrochenen Norm in der Reinform der Vergeltung dient - herrschen in der Vielzahl der Rechtsordnungen nur relative Straftheorien, die erheblich differenzierter die Strafe ableiten. Hier ergänzen sich die drei Gedanken der Rechtfertigung der Strafe aufgrund der grundsätzlichen Aufgabe des Staates, Straftaten zu verhindern (Prävention), der Gedanke, tatsächlich auf die Perspektive des Täters abgestellt einerseits - negativ - abzuschrecken und zu sichern, anderseits - positiv - zu erziehen oder zu bessern, also zu resozialisieren und schließlich der Gedanke der Perspektive der Öffentlichkeit, die Strafe durch - negativ - Abschreckung undpositiv - Stärkung des Normvertrauens auf die Allgemeinheit wirken zu lassen. Vor dem Hintergrund dieser allen demokratischen Rechtsordnungen zugrundeliegender relativen Straftheorien steht dem Strafrecht regelmäßig eine Fülle von Aufgaben und Funktionen zu, die zusammengefasst die Basis der Strafrechtsordnungen ausmacht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Strafrechtstheorie mit Hinleitung zum strafrechtlichen Sanktionensystem
- Begriff der Diversion
- Umsetzung der Diversion in den Rechtsordnungen USA, Deutschland und Österreich
- Essentialie der Diversion: Jugendschutz
- Diskussion
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit "Diversion - grundsätzliche Überlegungen" beleuchtet die Diversion als ein Instrument zur Vermeidung formeller Sanktionierung im Strafrecht. Sie untersucht die theoretischen Grundlagen und die praktische Umsetzung der Diversion in verschiedenen Rechtsordnungen, insbesondere in Deutschland und Österreich. Dabei werden die verschiedenen Diversionsformen, ihre Anwendungsmöglichkeiten und die Herausforderungen ihrer Umsetzung diskutiert.
- Strafrechtstheorie und das strafrechtliche Sanktionensystem
- Diversion als Alternative zur formalen Strafverfolgung
- Jugendschutz und Diversion im Jugendstrafrecht
- Effektivität und Kritik der Diversion
- Die Rolle der Diversion in der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Strafrechtstheorie und das strafrechtliche Sanktionensystem ein. Sie erläutert die verschiedenen Funktionen der Strafe und stellt die Diversion als ein alternatives Instrument zur formalen Strafverfolgung vor. Im weiteren Verlauf wird der Begriff der Diversion definiert und ihre Umsetzung in den Rechtsordnungen der USA, Deutschlands und Österreichs beleuchtet.
Das dritte Kapitel behandelt die Essentialie der Diversion im Hinblick auf den Jugendschutz. Es werden die besonderen Regelungen im deutschen Jugendgerichtsgesetz erläutert, die dem Gedanken des Jugendschutzes Rechnung tragen und als Diversionsverfahren verstanden werden können. Insbesondere der Täter-Opfer-Ausgleich wird als ein wichtiges Instrument der Diversion im Jugendstrafrecht vorgestellt.
Die Diskussion im vierten Kapitel befasst sich mit den Vor- und Nachteilen der Diversion. Es werden sowohl die positiven Aspekte wie die Entlastung der Justiz, die Verhinderung der Stigmatisierung des Täters und die Förderung der Verantwortungsübernahme hervorgehoben als auch die Kritikpunkte wie die Gefahr der Bagatellisierung von Straftaten und die potenzielle Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten des Täters beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Diversion, Strafrechtstheorie, Strafprozessrecht, Sanktionensystem, Jugendschutz, Jugendstrafrecht, Täter-Opfer-Ausgleich, Prävention, Effektivität, Kritik, Rechtsordnungen, USA, Deutschland, Österreich.
- Quote paper
- Phillip Gläsel (Author), 2003, Diversion - grundsätzliche Überlegungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55965
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