Im Begriff der Verantwortung liegt eine doppelte Verweisung: Ein Subjekt ist vor einer Instanz für etwas verantwortlich. Man ist verantwortlich vor einer Instanz, welche den Auftrag erteilt und das Ergebnis beurteilt - so der Schüler vor seinem Lehrer, die Schule vor den Behörden, die Regierung vor ihren Wählern usw. Man ist verantwortlich für eine Sache, andere Lebewesen und Menschen,für eine Aufgabe - etwa die Einhaltung eines Vertrages oder Versprechens -,für die Folgen einer Unterlassung oder Handlung. Handlungsfolgen, beurteilende Instanz und handelndes Subjekt sind die bleibenden Strukturmerkmale jeder Verantwortung.
Die Handlungsfolgen der Verantwortung verweisen auf die Zeit. Man ist verantwortlich für das, was man in der Vergangenheit vollbracht oder unterlassen hat, für die Entscheidung, die man in der Gegenwart trifft oder der man jetzt ausweicht, für die zukünftigen Folgen vergangener oder gegenwärtiger Gedanken, Taten oder Versäumnisse. In der Zeit eröffnet sich dem menschlichen Bewußtsein ein Spielraum verschiedener Möglichkeiten zu handeln. So hätten die anwesenden Schüler für einen kurzen Augenblick die Gelegenheit gehabt, ihren Mitschüler an der Mordtat zu hindern, oder hätten die Morddrohungen ernst nehmen können. Doch, wie sie später aussagten, hätten sie das Geschehen gar „nicht glauben“ können; es sei „wie ein Film“ gewesen. Sie fühlten sich also als Zuschauer nicht als Beteiligte. Der Handlungsspielraum ist in der Zeit zugleich auch begrenzt. Die Mordtat konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Sie ist irreversibel. Die Vergangenheit liegt fest und entzieht sich dem Zugriff. Nur die Zukunft ist offen und kann durch das Handeln beeinflußt werden. Was aber in der Zukunft möglich ist, wird durch das Vergangene bestimmt. Man kann aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen und sich in ähnlichen Situationen nun anders verhalten.
Inhaltsverzeichnis
- Verantwortung in der Erziehung — wovor und wozu?
- Verantwortung und Zeit
- Instanzen der Verantwortung
- Pädagogische Verantwortung
- Verantwortung und Freiheit
- Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln
- Zum Autor
- Bücher
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit dem komplexen Thema der Verantwortung in der Erziehung, insbesondere im Kontext von Gewalt an Schulen. Ziel ist es, den Begriff der Verantwortung zu analysieren und seine Bedeutung für das pädagogische Handeln zu beleuchten. Dabei werden die unterschiedlichen Aspekte der Verantwortung, wie Handlungsfolgen, Instanzen und Freiheit, sowie deren Relevanz für die Erziehung von Kindern und Jugendlichen untersucht.
- Verantwortung im Kontext von Gewalt an Schulen
- Definition und Analyse des Begriffs der Verantwortung
- Handlungsspielraum und Grenzen der Verantwortung
- Die Rolle der Instanzen in der Verantwortungsübernahme
- Pädagogische Verantwortung und die Förderung von verantwortlichem Handeln
Zusammenfassung der Kapitel
- Verantwortung in der Erziehung — wovor und wozu?: Der Text beginnt mit einer aktuellen Problematik, die die Frage nach der Verantwortung für Gewalt an Schulen aufwirft. Er stellt die unterschiedlichen Perspektiven auf die Verantwortungsfrage dar und führt den Leser in die Thematik ein.
- Verantwortung und Zeit: Dieses Kapitel beleuchtet die zeitliche Dimension der Verantwortung. Es wird deutlich, dass Verantwortung für vergangene, gegenwärtige und zukünftige Handlungen besteht. Der Text verdeutlicht, dass die Vergangenheit nicht rückgängig gemacht werden kann, aber die Zukunft durch das Handeln beeinflusst werden kann.
- Instanzen der Verantwortung: Hier werden die verschiedenen Instanzen, vor denen man verantwortlich ist, vorgestellt. Es werden rechtliche, moralische, ethische, religiöse und funktionale Instanzen betrachtet, die den Wertmaßstab für die Beurteilung von Handlungsfolgen liefern.
- Pädagogische Verantwortung: Der Text fokussiert auf die pädagogische Verantwortung im Kontext von Gewalt an Schulen. Er betont die Bedeutung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses und die Notwendigkeit, dass Lehrer selbst Vorbild für verantwortliches Handeln sind.
- Verantwortung und Freiheit: In diesem Kapitel wird die enge Verbindung zwischen Verantwortung und Freiheit beleuchtet. Es wird deutlich, dass Verantwortung einen Handlungsspielraum voraussetzt, aber gleichzeitig diesen Spielraum auch einschränkt. Freiheit und Bindung ergänzen sich in der Verantwortung.
- Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln: Der Text schließt mit der Frage, wie die Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln bei Kindern und Jugendlichen gefördert werden kann. Er schlägt Rollenspiele als Methode vor, um das Einfühlungsvermögen und die Toleranz gegenüber anderen zu stärken.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Verantwortung in der Erziehung, Gewalt an Schulen, Handlungsfolgen, Instanzen der Verantwortung, pädagogische Verantwortung, Freiheit, Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln, Toleranz, Akzeptanz, Respekt und Rollenspiele. Der Text analysiert den Begriff der Verantwortung und seine Bedeutung für das pädagogische Handeln. Er untersucht die verschiedenen Aspekte der Verantwortung, wie Handlungsfolgen, Instanzen und Freiheit, sowie deren Relevanz für die Erziehung von Kindern und Jugendlichen.
- Quote paper
- Dr. Mathias Schüz (Author), 2000, Verantwortung in der Erziehung - Wovor und Wozu?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56061