Wie sollte man ein Gedicht analysieren, um die Intention des Dichters richtig zu verstehen? Die Frage verfolgt mich schon seit meiner ersten Begegnung mit der Gedichtanalyse. Bei der Gedichtinterpretation in der Schule ging es immer vor allem darum, was der Text zu sagen vermag. Ich habe immer versucht, die Frage zu beantworten, was ein Gedicht bedeutet. Die Lektüre von Roman Jakobsons Aufsätzen zur Poetik hat mir aber neue Einblicke in die Gedichtanalyse verschafft. Bei seiner Gedichtanalysen versucht Jakobson die Antwort auf die Frage zu finden wie ein Gedicht gemacht ist. In seinen Analysen konzentriert er sich auf die Struktur des Gedichtes. Der Text ist für ihn ein System von Zeichen, das innerhalb seiner Grenzen organisiert ist. Die Zeichen werden miteinander kombiniert und bilden Strukturen auf verschiedenen Ebenen, z.B. auf der Ebene des Reimschemas, der Metrik, der Wortlaute oder der Wortarten. „Was ein Gedicht zum Gedicht macht, ist die Vorherrschaft der poetischen Funktion über andere Funktionen der Sprache“. Jakobson sagt: „die poetische Funktion bildet das Prinzip der Äquivalenz von der Achse der Selektion auf die Achse der Kombination ab“. Die Bedeutung des Textes wird also durch die Ähnlichkeitsbeziehungen und die Unähnlichkeitsbeziehungen der im Text vorhandenen Zeichen gebildet. Er versucht erstmal zu untersuchen, wie ein Text aufgebaut und produziert ist, ohne auf inhaltliche Kriterien einzugehen. Jakobson analysiert ein Gedicht wie ein Linguist: mit Berücksichtigung der Syntaktik, Metrik, Rhythmus und der grammatischen Strukturen. In der nachfolgenden strukturalen Gedichtanalyse des Gedichts „Verfluchung der Städte V“ von Georg Heym versuche ich ausgewählte Aspekte des Verfahrens von Jakobson anzuwenden. Ich konzentriere mich dabei besonders auf wie-Vergleiche und ihre Analyse auf der syntaktischen, metrischen, phonetischen, als auch semantischen Ebene und werde untersuchen, ob die Analyse von grammatischen und syntaktischen Figuren wirklich beim Verstehen dieses expressionistischen Gedichtes und seiner dichten und komplexen Bildlichkeit hilft.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Theorie der strukturalen Gedichtanalyse Roman Jakobsons
- Analyse des Gedichtes „Verfluchung der Städte V“ von Georg Heym
- Gedichtform, Metrum und Reimschema
- Der wie-Vergleich in „Verfluchung der Städte V“
- Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Analyse befasst sich mit der Anwendung strukturalistischer Prinzipien auf das Gedicht „Verfluchung der Städte V“ von Georg Heym. Ziel ist es, die Funktionsweise des Gedichts anhand der strukturalen Analysemethode von Roman Jakobson zu verstehen, insbesondere durch die Untersuchung der Rolle von Vergleichsformen ("wie-Vergleiche") auf verschiedenen Ebenen des Textes.
- Strukturelle Analyse eines expressionistischen Gedichts
- Die Bedeutung von Vergleichsformen ("wie-Vergleiche") in der Gedichtanalyse
- Die Anwendung der Theorie von Roman Jakobson auf ein konkretes Werk
- Untersuchung von Form, Metrik und Reimschema im Gedicht
- Analyse der semantischen und syntaktischen Aspekte von Vergleichsformen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Theorie der strukturalen Gedichtanalyse Roman Jakobsons
Dieses Kapitel stellt die theoretischen Grundlagen für die Analyse des Gedichts vor. Der Autor beschreibt das Konzept der strukturalen Gedichtanalyse nach Roman Jakobson und die Bedeutung der poetischen Funktion für die Interpretation von Gedichten. Darüber hinaus wird erläutert, wie Jakobson die Bedeutung eines Textes durch die Analyse von Äquivalenz- und Unähnlichkeitsbeziehungen innerhalb des Textes untersucht.
Analyse des Gedichtes „Verfluchung der Städte V“ von Georg Heym
Dieses Kapitel befasst sich mit der Analyse des Gedichts „Verfluchung der Städte V“. Es werden Aspekte wie Gedichtform, Metrum und Reimschema beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Analyse der "wie-Vergleiche" im Gedicht, wobei syntaktische, metrische, phonetische und semantische Ebenen berücksichtigt werden.
Schlüsselwörter
Strukturelle Gedichtanalyse, Roman Jakobson, Georg Heym, „Verfluchung der Städte V“, Expressionismus, "wie-Vergleiche", Poetik, Äquivalenz, Unähnlichkeitsbeziehungen, Syntaktik, Metrik, Reimschema, Phonetik, Semantik.
- Arbeit zitieren
- B.A. Sylwia Zduniak (Autor:in), 2005, Georg Heym "Die Verfluchung der Städte". Gedichtanalyse mit besonderer Berücksichtigung der wie-Vergleiche im Bezug auf Roman Jakobsons "Theorie der Poesie", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56856