Lehrer müssen Sprache so anbieten, dass sie für den Lerner Sinn macht: situativ, kontextuell, eingebunden, funktional nachvollziehbar und mit nonverbalen Signalen.
Inwieweit theaterpädagogische Methoden diesem Ziel gerecht werden können, soll diese Arbeit zeigen.
Dabei werde ich zunächst auf den theaterpädagogischen Ansatz und seine Notwendigkeit im FU eingehen, um danach zu erläutern, inwieweit Theaterpädagogik den Bereichen des Fremdsprachenunterrichts gerecht werden kann. Abschließend werde ich die Rolle des Fremdsprachenlehrers in einem theaterpädagogischen FU betrachten, um Vorteile, aber auch Schwierigkeiten für die Lehrperson näher zu erläutern.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Der theaterpädagogische Ansatz
2.1. Fremdsprache als Rollensprache
2.2. Der Körper als Hilfsmittel zum Erlernen der
Fremdsprache
3. Theaterpädagogischer Fremdsprachenunterricht
Was heißt das nun konkret für den Unterricht?..
3.1. Aussprache
3.2. Wortschatz
3.3. Grammatik
3.4. Hörverständnis
3.5. Leseverständnis
3.6. Konversation
4. Anforderungen an die Lehrkraft
4.1. Rolle der Lehrkraft
4.2. Heranführen der Schüler an einen theaterpädagogischen Unterricht
4.3. Raum
4.4. Schwierige Schüler
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Vorwort
„Ich höre, und ich vergesse; ich sehe, und ich erinnere; ich tue, und ich verstehe.“[1]
(chinesisches Sprichwort)
Zwar hat sich im Fremdsprachenunterricht inzwischen einiges geändert, jedoch fällt es den meisten Schülern immer noch schwer, sich mündlich auszudrücken. Und wenn sie sprechen, sprechen sie leise und bewegen sich kaum. Eine Sprache kann jedoch nur wirklich gelernt werden, wenn der Lerner Interesse an der Kommunikation hat und wenn er das, was er sagt, auch fühlt, d.h., das Erlernen einer Sprache muss handlungsorientiert geschehen. Dabei sollen drei Stufen berücksichtigt werden[2]: Die erste Stufe ist die enaktive Stufe, in der die Sprache im Handeln erworben wird (Vgl. Erstspracherwerb). In der zweiten Stufe, der ikonischen Stufe, wird Sprache im Verbund mit von der Wirklichkeit abstrahierten Gegenständen erfahren. Erst wenn diese Stufe erfolgreich „durchlaufen“ ist, ist die dritte Stufe, die symbolische Stufe, erreicht. Hier geht man davon aus, dass der Lerner die Sprachzeichen ohne die Unterstützung nonverbaler Signale versteht. Es ist wichtig, dass man im Fremdsprachenunterricht diese Stufen beibehält und den Unterricht nicht zu schnell auf die symbolische Stufe ausrichtet. Leider ist dies jedoch beim traditionellen Fremdsprachenunterricht oft nicht gegeben.
Deshalb ist es für die Zukunft notwendig, Fremdsprachenunterricht handlungsorientiert bzw. theaterpädagogisch zu gestalten. Für den Lehrer heißt das, dass er Sprache so anbieten muss, dass sie für den Lerner Sinn macht: situativ, kontextuell, eingebunden, funktional nachvollziehbar und mit nonverbalen Signalen.[3]
Inwieweit theaterpädagogische Methoden diesem Ziel gerecht werden können, soll diese Arbeit zeigen.
Dabei werde ich zunächst auf den theaterpädagogischen Ansatz und seine Notwendigkeit im FU eingehen, um danach zu erläutern, inwieweit Theaterpädagogik den Bereichen des Fremdsprachenunterrichts gerecht werden kann. Abschließend werde ich die Rolle des Fremdsprachenlehrers in einem theaterpädagogischen FU betrachten, um Vorteile, aber auch Schwierigkeiten für die Lehrperson näher zu erläutern.
2. Der theaterpädagogische Ansatz
2.1. Fremdsprache als Rollensprache
Gleich zu Beginn soll geklärt werden, warum szenisches Spiel zum Fremdsprachenunterricht gehört. Alle neueren Forschungen weisen darauf hin, dass die besten Resultate in der Sprachproduktion registriert werden, wenn die Lernenden mit „Sprachnotsituationen“[4] konfrontiert werden, in denen sie situationsgemäß und unmittelbar sprechen müssen, eben wie im Alltag. Die zentrale Frage ist daher, wie man im Unterricht Situationen schaffen kann, die so lebensnah wie möglich sind. Hier setzt Theaterpädagogik an. Sie basiert auf der Vorstellung, dass „natürliche Interaktionssituationen beim Handeln in fiktiven Kontexten entstehen“[5], auch wenn das zunächst paradox klingen mag. Die Fiktion erscheint auf der Bühne und im Unterricht real. Sie kann sogar realer sein und uns viel näher berühren als unsere Alltagsrealität.[6] In diesem Sinn wirkt der Einstieg in fiktive Welten sprachfördernd, denn es entstehen Situationen, auf die emotional und flexibel reagiert werden muss.
Gerade diese Bewegung –von der Muttersprache zur Fremdsprache- fällt den meisten Lernenden nicht leicht. Die Angst vor Fehlern beeinträchtigt die Sprachfertigkeit. Da es im Spiel passiert, wird jedoch das vorübergehende Verlassen des vertrauten Feldes der Muttersprache und der eigenen Identität nicht als bedrohlich erlebt. Die theatralische Als-ob-Situation erlaubt den Lernenden, Ängste zu überwinden und mit der Fremdsprache zu spielen, um danach wieder ins Vertraute zurückzukehren.
Das Potenzial der Rollensprache lässt sich im theaterpädagogischen FU wirksam nutzen, um die Lerner an die Fremdsprache heranzuführen. Durch die Strukturen, die sie bietet, lockt Theaterpädagogik die Lernenden in die Sprache hinein und erlaubt ihnen, das Risiko einzugehen, sprachlich aktiv zu werden, auch wenn sie nicht sicher sind, dass sie alle Wörter und Strukturen beherrschen.
Weiterhin ist es wichtig, den eigenen Körper beim Erlernen einer Fremdsprache einzusetzen und zu nutzen. Im folgenden Kapitel soll deutlich werden, wie Lerner (und Lehrer) ihren Körper nutzen können und was es bedeutet, eine Fremdsprache mit dem Körper zu lernen.
2.2. Der Körper als Hilfsmittel zum Erlernen einer Fremdsprache
"Eine Fremdsprache sollte nicht nur über den Kopf, sondern über alle Sinne und mit viel Action und genügend Abwechslung über den ganzen Körper aufgenommen werden."[7]
Nach Schewe wird der Körper und die Anforderung an ihn, ganzheitliches Lernen zu unterstützen, in vier Komponenten unterteilt: Kopf, Herz, Hand und Fuß.[8] Was damit gemeint ist und wie sie das Fremdsprachenlernen erleichtern können, werde ich im Folgenden erläutern.
Wichtig ist, zu berücksichtigen, dass theaterpädagogische Methoden den Lerner keineswegs nur auf seine Gefühle und Impulse reduziert. Mit dem Wort „Kopf“ soll verdeutlicht werden, dass auch kognitive Fähigkeiten berücksichtigt werden. Dass das wichtig ist, zeigen neuste Erkenntnisse aus Studien zum Sprach- bzw. Fremdsprachenerwerb. Aus neurophysiologischer Sicht wird beim Sprechen und Sprachenlernen die linke sowie die rechte Gehirnhälfte aktiviert. Die Linke ist die analytische, die Rechte ist die emotionale Gehirnhälfte. Demnach ist ein ganzheitliches bzw. theaterpädagogisches Unterrichtskonzept notwendig, da nur die Verschmelzung von Affekt und Kognition zu einer Verankerung des (Sprach-)Wissens führen kann. Der Vergleich zum Erstspracherwerb (Sprache wird im Handeln erworben = enaktive Stufe) unterstützt diese Annahme.
Das Wort „Herz“ steht für Emotionen, die der Lerner beim Sprachenlernen aktiviert, d.h., dass theaterpädagogischer FU den Lerner an die neue Sprache heranführt, indem ein persönlicher Bezug zum Lerner hergestellt wird. Dadurch wird beim Lerner das Bedürfnis zu sprechen hervorgerufen. Durch den Ausdruck der eigenen inneren Welt erscheint ihm die Fremdsprache weniger fremd.[9] Indem fiktive Kontexte inszeniert werden, wird der Lerner aktiviert bzw. provoziert zu sprechen. Das ist ungefähr das gleiche Prinzip wie bei der Rollensprache. Unterrichtsgegenstände zum Hervorrufen eines fiktiven Kontextes im Sinne der Theaterpädagogik sind: Erfahrungen, Ängste, Träume, Konflikt, Wünsche oder Interessen der Lernenden. Die Fremdsprache kann dann zur Sprache des Lerners werden. Wird dies im FU nicht berücksichtigt, erscheint die Fremdsprache dem Lerner noch fremder. Dufeu spricht von einer „doppelten Entfremdung“[10]. Zum Einen ist die Sprache und zum Anderen sind die Inhalte fremd. Das kann nicht das Ziel eines guten Fremdsprachenunterrichts sein.
[...]
[1] Schewe, 1993, S. I.
[2] Vgl. Timm, 1998, S. 65.
[3] Ebd., S. 66.
[4] Tselikas, 1999, S. 42.
[5] Schewe, 1993, S. 210.
[6] Vgl. Tselikas, 1999, S. 16.
[7] Sigrun Rux, http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Erziehungsbereiche/s_624.html
[8] Vgl. Schewe, 1993, S. 7.
[9] Vgl. Schewe, 1993, S. 98.
[10] Vorlesung „Einführung in die Fremdsprachendidaktik“ WiSe 2003/04.
- Arbeit zitieren
- Monique Schwertfeger (Autor:in), 2006, Ein Zusammenspiel von Körper, Emotion und (Fremd-)Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58444
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