Mit der vorliegenden Arbeit will ich mich einem Thema widmen, welches von der europäischen Soziologie bis dato praktisch nicht behandelt wurde. Während der Buddhismus im Westen kulturell enorm einflussreich ist und viele Anhänger gewinnt, dreht sich der religionssoziologische Diskurs vorwiegend um Säkularisierung, New Age und Fundamentalismus. Ungeachtet des weiter ansteigenden Interesses an der Weltreligion aus Indien und ihrer institutionellen Verankerung in allen europäischen und westlich geprägten Gesellschaften hat man in der Soziologie keine Anstrengungen unternommen, dieses Phänomen in seiner ganzen Bandbreite darzustellen und soziologisch zu erklären. Somit wage ich mich mit meinen zentralen Thesen in unbekanntes Terrain vor, da sie von keiner soziologischen Koryphäe in der Weise formuliert oder gar erschöpfend behandelt wurden. Allein Max WEBER hat einen bedeutenden Beitrag zur Soziologie des Buddhismus geleistet - allerdings nicht des hier behandelten westlichen Buddhismus - und wird meine Argumentation, u.a. mit seiner Charakterisierung des Buddhismus als einer Soteriologie (griech. Heilslehre) für intellektuell Geschulte, unterstützend begleiten. Mein Interesse an dem Thema wurde durch die eigene buddhistische Praxis, den Austausch mit Buddhisten aus mehreren westlichen Ländern und den Besuch diverser internationaler Meditationskurse geweckt. Als praktizierender Buddhist bin ich gewissermaßen selbst Teil des zu untersuchenden Phänomens, was sowohl Vorteile als auch potentielle Fallstricke mit sich bringt. So kann die eigene Überzeugung zu einer eingeengten und für die buddhistische Lehre voreingenommenen Sichtweise führen. Dem will ich durch zwei konzeptuelle Absicherungen entgegenwirken, die im Folgenden kurz dargestellt werden. Für die Arbeit soll die Perspektive desmethodologischen Agnostizismusgrundlegend sein. D.h. religiöse Inhalte werden als für den Menschen relevant und gegeben anerkannt, ohne dass eine Aussage über ihren Wahrheitsgehalt gemacht wird und gemacht werden kann. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- 1. Buddhas Lehre – Ein kurzer Überblick
- 1.1 Das Leben des Buddha
- 1.2 Die vier edlen Wahrheiten
- 1.2.1 Die Erste Edle Wahrheit: Es gibt Leid.
- 1.2.2 Die Zweite Edle Wahrheit: Es gibt eine Ursache für das Leid.
- 1.2.3 Die Dritte Edle Wahrheit: Es gibt ein Ende des Leides.
- 1.2.4 Die Vierte Edle Wahrheit: Es gibt einen Weg, der zum Ende des Leidens führt.
- 1.3 Sichtweise: Die vier philosophischen Schulen des Buddhismus
- 1.3.1 Die Philosophie des Theravāda: Vaibhāshika und Sautrāntika.
- 1.3.2 Die Philosophie des Mahāyāna: Yogacāra und Mādhyamaka.
- 1.3.3 Buddhistische Philosophie und westliche Wissenschaft.
- 1.4 Meditation
- Exkurs: Max Weber und seine Buddhismus-Studie
- 2. Die idealtypische Trägerschicht des Buddhismus
- 2.1 Zwei idealtypische historische Situationen
- 2.2 Die These
- 2.3 Bildung im alten Indien
- 2.4 Theoretische Ausarbeitung der These
- 2.4.1 Der positive Einfluss ökonomischer Faktoren
- 2.4.2 Der positive Einfluss geistiger Qualifikationen
- 2.5 Webers Konzept der Intellektuellensoteriologie
- 2.6 Die ursprüngliche Trägerschicht des Buddhismus
- 2.7 Die idealtypische Trägerschicht: Übersetzt in moderne Kategorien
- 2.8 Der soziokulturelle Hintergrund der westlichen Buddhisten
- 2.9 Warum Buddhismus?
- 3. Buddhismus und Christentum
- 3.1 Unterschiede zwischen buddhistischer und christlicher Lehre bzw. Praxis
- 3.2 Religion nach der Aufklärung
- 4. Der Beitrag der Religionssoziologie
- 4.1 Religionssoziologie und westlicher Buddhismus
- 4.2 Funktion der Religion im westlichen Verständnis
- 5. Funktion des Buddhismus im Westen
- 5.1 Erfüllt der Buddhismus eine gesellschaftliche Funktion?
- 5.2 Erfüllt der Buddhismus eine psychologische Funktion?
- 5.3 Buddhismus und Psychologie
- 5.4 Der Buddhismus und die spirituelle Funktion
- 5.4.1 Die Frage nach dem Sinn in der Moderne
- 5.4.2 Sinn, Glück und Spiritualität
- 5.4.3 Die Frage nach dem Glück in der Moderne
- 5.4.4 Warum Buddhismus? Der Mittlere Weg und die Rationalität des Glücks
- 6. Die Expansion des Buddhismus im Westen seit den 60er Jahren
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die Verbreitung des Buddhismus im Westen und zielt darauf ab, die soziologischen Gründe für seinen Erfolg zu erklären. Die Arbeit verbindet theoretische Konzepte mit empirischen Beobachtungen, um ein umfassendes Verständnis des Phänomens zu entwickeln.
- Die soziologischen Faktoren, die zur Verbreitung des Buddhismus im Westen beitragen.
- Der Vergleich des Buddhismus mit dem Christentum im Kontext der westlichen Gesellschaft.
- Die Rolle des Buddhismus als Antwort auf existenzielle Fragen der Moderne.
- Die Funktion des Buddhismus im Westen (gesellschaftlich, psychologisch, spirituell).
- Die historische Entwicklung der Verbreitung des Buddhismus im Westen.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Buddhas Lehre – Ein kurzer Überblick: Dieses Kapitel bietet eine knappe Einführung in die grundlegenden Lehren des Buddhismus. Es skizziert das Leben Buddhas, erläutert die vier edlen Wahrheiten als Kern seiner Philosophie und beschreibt die vier Hauptströmungen des Buddhismus (Theravāda, Mahāyāna, Vaibhāshika, Sautrāntika, Yogacāra, Mādhyamaka), wobei die Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser Schulen im Hinblick auf ihre philosophischen Ansätze herausgestellt werden. Besonderes Augenmerk liegt auf der Bedeutung der Meditation als zentrale Praxis des Buddhismus und ihrer Rolle im Verständnis der buddhistischen Lehre. Der Abschnitt dient als notwendige Grundlage für das Verständnis der späteren Kapitel, welche die Adaption des Buddhismus im Westen analysieren.
2. Die idealtypische Trägerschicht des Buddhismus: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage, welche sozialen Gruppen den Buddhismus traditionell angenommen haben und welche Faktoren zu seiner Verbreitung beigetragen haben. Es analysiert die historische Situation in Indien und untersucht den Einfluss von ökonomischen und geistigen Faktoren auf die Akzeptanz des Buddhismus. Webers Konzept der Intellektuellensoteriologie wird herangezogen, um die Ausbreitung des Buddhismus in bestimmten sozialen Schichten zu erklären. Das Kapitel untersucht die soziokulturellen Hintergründe der westlichen Buddhisten und erörtert die Gründe für ihre Hinwendung zum Buddhismus.
3. Buddhismus und Christentum: In diesem Kapitel werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Buddhismus und des Christentums verglichen. Es beleuchtet die unterschiedlichen Lehren und Praktiken beider Religionen und diskutiert die Rolle der Religion in der postaufklärerischen Gesellschaft. Der Vergleich dient dazu, den Buddhismus im Kontext der westlichen Religionslandschaft zu verorten und seine besondere Attraktivität im Vergleich zu etablierten Religionen zu beleuchten. Der Fokus liegt auf den unterschiedlichen Antworten auf zentrale Fragen des menschlichen Daseins.
4. Der Beitrag der Religionssoziologie: Dieses Kapitel untersucht die Relevanz der Religionssoziologie für das Verständnis des westlichen Buddhismus. Es analysiert die Funktion von Religion im westlichen Verständnis und erörtert, inwiefern der Buddhismus diese Funktionen erfüllt oder neu interpretiert. Die Religionssoziologie liefert hier das methodische Handwerkszeug und die theoretischen Ansätze zur Analyse des Phänomens "Westlicher Buddhismus".
5. Funktion des Buddhismus im Westen: Dieses Kapitel analysiert die verschiedenen Funktionen, die der Buddhismus im Westen erfüllt. Es untersucht seine gesellschaftliche, psychologische und spirituelle Bedeutung und erörtert, inwiefern der Buddhismus als Antwort auf die existentiellen Fragen der Moderne verstanden werden kann. Die Kapitel analysiert den Buddhismus als Antwort auf die Suche nach Sinn und Glück in der modernen Welt. Der "Mittlere Weg" und die Rationalität des Glücks werden als zentrale Aspekte der buddhistischen Lehre hervorgehoben.
6. Die Expansion des Buddhismus im Westen seit den 60er Jahren: Dieser Abschnitt befasst sich mit der historischen Entwicklung und der Expansion des Buddhismus im Westen seit den 1960er Jahren. Es analysiert die Faktoren, die zu diesem starken Wachstum beigetragen haben, wie gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen, sowie die Rolle von Schlüsselpersonen und -ereignissen. Der Fokus liegt auf der konkreten Ausbreitung und der Adaption des Buddhismus in westlichen Kontexten.
Schlüsselwörter
Buddhismus, Westlicher Buddhismus, Religionssoziologie, Max Weber, Soteriologie, Meditation, Theravāda, Mahāyāna, Spiritualität, Moderne, Glück, Sinnfindung, Christentum, Gesellschaftliche Funktion, Psychologische Funktion.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Magisterarbeit: Der Buddhismus im Westen
Was ist der Gegenstand dieser Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht die Verbreitung des Buddhismus im Westen und analysiert die soziologischen Gründe für seinen Erfolg. Sie verbindet theoretische Konzepte mit empirischen Beobachtungen, um ein umfassendes Verständnis dieses Phänomens zu entwickeln.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die soziologischen Faktoren, die zur Verbreitung des Buddhismus im Westen beitragen, vergleicht Buddhismus und Christentum im westlichen Kontext, untersucht die Rolle des Buddhismus als Antwort auf existenzielle Fragen der Moderne, analysiert die gesellschaftlichen, psychologischen und spirituellen Funktionen des Buddhismus im Westen und beleuchtet die historische Entwicklung seiner Verbreitung.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Kapitel 1 bietet einen Überblick über die buddhistische Lehre. Kapitel 2 untersucht die traditionell buddhistischen Trägerschichten und wendet Webers Konzept der Intellektuellensoteriologie an. Kapitel 3 vergleicht Buddhismus und Christentum. Kapitel 4 behandelt den Beitrag der Religionssoziologie. Kapitel 5 analysiert die Funktionen des Buddhismus im Westen. Kapitel 6 befasst sich mit der Expansion des Buddhismus im Westen seit den 1960er Jahren.
Welche Rolle spielt Max Weber in der Arbeit?
Webers Konzept der Intellektuellensoteriologie wird verwendet, um die Ausbreitung des Buddhismus in bestimmten sozialen Schichten zu erklären. Die Arbeit analysiert, wie Webers Theorien auf die Verbreitung des Buddhismus im Westen angewendet werden können.
Wie werden Buddhismus und Christentum verglichen?
Die Arbeit vergleicht die Lehren und Praktiken beider Religionen und diskutiert ihre Rolle in der postaufklärerischen Gesellschaft. Der Fokus liegt auf den unterschiedlichen Antworten auf zentrale Fragen des menschlichen Daseins.
Welche Funktionen erfüllt der Buddhismus im Westen?
Die Arbeit untersucht die gesellschaftliche, psychologische und spirituelle Bedeutung des Buddhismus im Westen und analysiert ihn als mögliche Antwort auf die existentiellen Fragen der Moderne, insbesondere die Suche nach Sinn und Glück.
Wie wird die historische Entwicklung des westlichen Buddhismus dargestellt?
Das sechste Kapitel widmet sich der historischen Entwicklung und Expansion des Buddhismus im Westen seit den 1960er Jahren, analysiert die dazu beitragenden Faktoren und die Adaption des Buddhismus in westlichen Kontexten.
Welche Schlüsselbegriffe sind für das Verständnis der Arbeit relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Buddhismus, Westlicher Buddhismus, Religionssoziologie, Max Weber, Soteriologie, Meditation, Theravāda, Mahāyāna, Spiritualität, Moderne, Glück, Sinnfindung, Christentum, Gesellschaftliche Funktion und Psychologische Funktion.
Welche philosophischen Schulen des Buddhismus werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Theravāda und Mahāyāna, sowie die philosophischen Schulen Vaibhāshika, Sautrāntika, Yogacāra und Mādhyamaka, wobei deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Hinblick auf ihre philosophischen Ansätze herausgestellt werden.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit richtet sich an Leser, die sich für die Soziologie der Religion, den Buddhismus und seine Verbreitung im Westen interessieren. Sie ist insbesondere für Studierende der Religionswissenschaft, Soziologie und verwandter Disziplinen relevant.
- Arbeit zitieren
- Ralf Bub (Autor:in), 2006, Der Buddhismus in der westlichen Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59230