Die Vormerkung gemäß § 883 BGB in der notariellen Praxis


Hausarbeit, 2006

30 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis>

I Eine kurze Einführung
1. Privatautonomie und Formzwang
2. Was ist ein Grundstück?
3. Die Übertragung von Grundstücken

II Die Vormerkung nach § 883
1. Begriffliche Unterscheidung
2. Abgrenzung zum Widerspruch nach § 899 BGB
3. Entstehung und Wirkung einer Vormerkung
4. Vormerkungsfähige Ansprüche

III Ein Fall aus der Praxis
1. Die Vormerkung in der Urkunde
2. Der Antrag auf Eintragung der Vormerkung
a) Zeitpunkt der Antragstellung
b) Behandlung des Antrages beim Grundbuchamt
3. Die Eigentumsumschreibung auf die Käufer
a) Die übrigen Umschreibungsvoraussetzungen
b) Die Löschung der Grundpfandrechte des Verkäufers
c) Die Löschung der Vormerkung
4. Der praktische Schutz der Vormerkung
5. Weitere Anwendungsbereiche der Vormerkung

IV Zusammenfassung/Schluss

V Anhang
1. Vertretungsbescheinigung
2. Genehmigungserklärung
3. Grundbuch

VI Literaturverzeichnis
Versicherung

I. Eine kurze Einführung

1. Privatautonomie und Formzwang

Das Bürgerliche Gesetzbuch ist geprägt vom Grundsatz der Privatautonomie. Der Gesetzgeber hat hierfür eine weitgehend dispositive Rechtsordnung geschaffen, die es den einzelnen Rechtssubjekten erlaubt, ihre Rechtsbeziehungen weitgehend eigenverantwortlich zu gestalten. Dieser Grundsatz der Privatautonomie findet bereits in der Verfassung in den Artikeln
1 und 2 Grundgesetz (GG) ihren Niederschlag. Die wichtigsten Erscheinungsformen der Privatautonomie sind die Vereinigungsfreiheit, die Vertragsfreiheit, die Verfügungsfreiheit und die Testierfreiheit. [1]

Zum Schutz von minderjährigen, behinderten oder unerfahrenen Rechtssubjekten ist es jedoch erforderlich, die Privatautonomie in bestimmten Bereichen einzuschränken. Eine wichtige Einschränkung findet sich auch gleich im Bereich der grundsätzlich geltenden Formfreiheit von Willenserklärungen und Rechtsgeschäften. Das zustimmende Nicken, das gesprochene Wort oder der Handschlag unter Geschäftsleuten hat damit immer Gültigkeit, es sei denn, einschlägige Rechtsnormen schreiben hier etwas anderes vor. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) unterscheidet hierbei die Schriftform (§§ 126, 127 BGB), die öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB) und die notarielle Beurkundung (§ 128 BGB). Welche Formvorschrift Anwendung finden soll, richtet sich in erster Linie nach dem Schutzbedürfnis und dem zu erwartenden finanziellen Schaden für die Beteiligten. Diese Formvorschriften haben die Aufgabe, die Beteiligten zu warnen und aufzuklären bzw. ihnen ein Beweis zur Beilegung von eventuell späteren Streitigkeiten in die Hand zu geben[2].

Im Grundstücksverkehr finden alle Formen bzw. Formvorschriften Anwendung. So ist beispielsweise eine mündliche oder privatschriftliche Vollmacht zum Abschluss eines Kaufvertrages über eine Immobilie für die Rechtswirksamkeit der Urkunde voll ausreichend (vgl.
§ 167 II BGB). Für die Bestellung einer Dienstbarkeit ist eine öffentliche Beglaubigung erforderlich (§ 29 I Grundbuchordnung, GBO); und auf den Vertrag über die Veräußerung einer Immobilie greift schließlich die „schärfste“ Formvorschrift, die notarielle Beurkundung
(§ 311 b I 1 BGB).

2. Was ist ein Grundstück

Für die weiteren Ausführungen soll zunächst geklärt werden, was unsere Rechtsordnung überhaupt unter einem Grundstück versteht. Ein Grundstück im Rechtssinne ist nur derjenige Teil der Erdoberfläche, der katastermäßig vermessen und im Grundbuch im Bestandsverzeichnis unter einer besonderen Nummer gebucht ist[3]. Zum Grundstück gehören außerdem seine Bestandteile, insbesondere seine wesentlichen Bestandteile[4] (vgl. §§ 93, 94 BGB). Nicht Grundstück im Rechtssinne sind z. B. das Wohnungseigentum oder das Erbbaurecht. Sie werden aber weitestgehend im Rechtsverkehr wie Grundstücke behandelt und daher auch als grundstücksgleiche Rechte bezeichnet.

Die Vermessung führt das Vermessungsamt (Katasteramt) auf Antrag durch.

Das Grundbuchamt ist ein öffentliches Register, das von den Amtsgerichten geführt wird
(§ 1 I GBO). Welches Grundbuchamt zuständig ist, richtet sich (ausschließlich) nach der Lage des Grundstückes. Für alle Grundstücke (und grundstücksgleichen Rechte, s. o.) gilt gemäß
§ 3 I 1 GBO Buchungszwang, d. h. sie müssen ins jeweilige Grundbuch aufgenommen werden[5].

3. Die Übertragung von Grundstücken

Die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück erfolgt durch Einigung der Beteiligten und Eintragung ins Grundbuch (vgl. § 873 I BGB). Die Einigung bezeichnet man als Auflassung; sie muss gemäß § 925 I BGB bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsteile vor einem Notar abgegeben werden (die geforderte gleichzeitige Anwesenheit ist aber nicht gleichbedeutend mit der persönlichen Anwesenheit – vielmehr kann die Auflassung auch durch einen Stellvertreter erfolgen). Im Gegensatz zur Übertragung von beweglichen Sachen[6], ist bei Grundstücken die Übergabe der Sache nicht erforderlich (was im übrigen bei Grundstücken auch sehr schwierig werden dürfte)[7]. Eine vollständige Übertragung liegt aber nur dann vor, wenn beide Tatbestandsmerkmale, also Einigung und Eintragung, erfüllt sind. Erfolgt nun zuerst die Einigung und dann die Eintragung (was die übliche Reihenfolge ist), dann tritt die Rechtsänderung mit der Grundbucheintragung ein; erfolgt aber zuerst die Eintragung ins Grundbuch und danach die Einigung, dann gilt die Übertragung auch erst mit der Einigung als vollzogen[8].

II. Die Vormerkung nach § 883 BGB

Nun liegt aber zwischen Abschluss des (schuldrechtlichen) Vertrages und der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch meist ein erheblicher Zeitraum. Der Erwerber läuft nun Gefahr, dass der Verkäufer über das kaufgegenständliche Grundstück anderweitig verfügt, in dem er es an einen Dritten noch einmal verkauft oder es belastet. Auch könnte der Verkäufer zwischenzeitlich insolvent werden[9]. Zum Schutz des Erwerbers kann hier eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Sollten nun Eintragungen im Rang nach dieser Vormerkung in das Grundbuch gelangen, dann braucht der Erwerber diese nicht gegen sich gelten lassen.

1. Begriffliche Unterscheidung

Bei einem Kaufvertrag über ein bereits vermessenes Grundstück oder über Wohnungseigentum dient die Vormerkung zur Sicherung des Eigentumsverschaffungsanspruchs – insofern spricht man von einer Eigentumsvormerkung. Ist das Grundstück hingegen bei Vertragsabschluss noch nicht vermessen, wird also eine noch zu vermessende Teilfläche veräußert, dann erfolgt die Auflassung (§ 925 I BGB) regelmäßig erst nach der Vermessung. Hier spricht man dann von einer Auflassungsvormerkung[10]. In der Praxis spielt diese Unterscheidung jedoch keine Rolle; beide Begriffe werden eher synonym verwendet. In meinen nachfolgenden Ausführungen werde ich bevorzugt den Begriff „Auflassungsvormerkung“ verwenden; unabhängig also davon, ob eine bereits vermessene Grundstücksfläche oder eine noch zu vermessende Teilfläche veräußert wird.

2. Abgrenzung zum Widerspruch nach § 899 BGB

Wichtig ist, die Vormerkung nach § 883 BGB und den Widerspruch nach § 899 BGB voneinander zu unterscheiden. Sowohl die Vormerkung, als auch der Widerspruch schützen den jeweils Begünstigten. Der Widerspruch drückt aber aus, dass das Grundbuch unrichtig ist. Hiermit soll ein Erwerb vom Nichtberechtigten verhindert werden. Die Vormerkung hingegen löst die vorgenannten Rechtsfolgen aus[11].

3. Entstehung und Wirkung einer Vormerkung

Als nächstes stellt sich nun die Frage, wie es überhaupt zu einer wirksamen Vormerkung kommt. Zunächst muss ein zu sichernder schuldrechtlicher Anspruch vorhanden sein, der auf eine dingliche Rechtsänderung gerichtet ist, (§ 883 I 1 BGB). Dieser kann sich z. B. aus einem Grundstückskaufvertrag ergeben; die dingliche Rechtsänderung ist hier auf die Übertragung des Eigentums gerichtet. Des Weiteren verlangt § 885 I BGB entweder eine Bewilligung des Berechtigten oder aber einen Eintragungsantrag aufgrund einstweiliger Verfügung. Als letzte Voraussetzung für das Entstehen einer wirksamen Vormerkung bedarf es gemäß den §§ 883 I und 885 I BGB der Eintragung der Vormerkung in das Grundbuch[12]. Da die Vormerkung streng akzessorisch ist, kann sie auch ohne den schuldrechtlichen Anspruch nie entstehen. Erfolgt also eine Bewilligung und daraufhin die Eintragung ins Grundbuch, ohne den schuldrechtlichen Anspruch, dann ist dennoch keine wirksame Vormerkung entstanden[13].

Welche Wirkung entfaltet nun die wirksam zustande gekommene Vormerkung? Grundlegend stellt die Vormerkung gerade keine Grundbuchsperre dar. D. h. der Eigentümer kann nach wie vor, also auch nach Eintragung, wirksam über sein Grundstück verfügen. Nur muss der Vormerkungsberechtigte diese nicht gegen sich gelten lassen. Man spricht hier von einer relativen Unwirksamkeit, da die Verfügung des Eigentümers gegenüber Dritten zunächst wirksam ist, der Vormerkungsberechtigte aber vom Dritten verlangen kann, dass er seine Rechtsposition zu seinen Gunsten wieder aufgibt (vgl. §§ 883 II, 888 BGB).

4. Vormerkungsfähige Ansprüche

Die Vormerkung sichert nun aber nicht nur die Ansprüche auf Eigentumsübertragung an einem Grundstück; vielmehr sind alle noch nicht erfüllte schuldrechtlichen Ansprüche vormerkungsfähig (§ 883 I 1 BGB). Daher kann z. B. auch ein Anspruch auf Eintragung einer Grundschuld, auf Abtretung einer Grundschuld oder auch ein Anspruch auf Rangrücktritt durch eine Vormerkung gesichert werden[14].

Auch künftige und bedingte Ansprüche können gemäß § 883 I 2 BGB mittels Vormerkung gesichert werden, also schon bevor die aufschiebende oder auflösende Bedingung eingetreten ist. Erforderlich hierfür ist, dass „bereits der Rechtsboden für seine Entstehung vorbereitet ist“[15]. Dies ist nach überwiegender Ansicht genau dann, wenn die bestehende Bindung vom künftigen Schuldner nicht mehr einseitig gelöst werden kann[16].

III. Ein Fall aus der Praxis

Nach so viel Theorie wird es nun Zeit für die praktischen Ausführungen. Anhand des nachfolgenden Beispiels soll die Bedeutung der Vormerkung in der gängigen notariellen Praxis verdeutlicht werden. Gegeben ist der folgende Lebenssachverhalt[17]:

Die Vollmer Immobilien GmbH mit Sitz in Dresden, eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht Dresden unter HRB 123, vertreten durch ihren alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer, Herrn Tom Vollmer, verkauft an die Eheleute (gesetzlicher Güterstand) Klara Kramer (geb. Körner, geboren am 12.12.1960) und Klaus Kramer (geboren am 11.11.1950), beide wohnhaft in 01159 Dresden, Salzgasse 5, je zur Hälfte, den nachfolgenden Grundbesitz:

Grundbuch des AG Dresden von Blasewitz, Blatt 200, Gemarkung Blasewitz, Flst.-Nr. 321 zu 1.180 qm, Gebäude- und Freifläche, Maxstraße 12 (Einsicht des Notars ins Grundbuch erfolgte am Tag der Beurkundung).

Das Grundstück ist in Abteilung II des Grundbuchs mit einem Kanalrecht zugunsten der Landeshauptstadt Dresden belastet. In Abteilung III ist unter der lfd. Nr. 1 eine Buchgrundschuld zu 120.000,00 € zugunsten der Raiffeisenbank A und unter der lfd. Nr. 2 eine Briefgrundschuld zu 100.000,00 € zugunsten der B Bausparkasse AG eingetragen.

Der Kaufpreis soll 350.000,00 € betragen (eine wertmäßige Aufteilung auf Grundstück und Baulichkeiten wird verzichtet). Die Käufer beabsichtigen, den Kaufpreis durch ein Darlehen bei der ABC Bank AG zu finanzieren. Die ABC Bank AG verlangt die Bestellung und Eintragung einer Buchgrundschuld zu 370.000,00 €.

Herr Tom Vollmer ist dem Notar persönlich bekannt, eine Handelsregistereinsicht erfolgte aus Zeitgründen bis zur Beurkundung nicht. Herr Kramer legte dem Notar seinen Personalausweis vor und erklärte, er handle in eigenem Namen und im Namen seiner Frau, da diese verhindert sei.

1. Die Vormerkung in der Urkunde

Der Notar, der mit der Beurkundung vorgenannter Kaufsache beauftragt wird, wird den Käufern, also den Eheleuten Kramer, die Bestellung einer Vormerkung empfehlen. Wie im theoretischen Teil festgestellt, schützt die Vormerkung die Käufer davor, falls die Vollmer Immobilien GmbH insolvent wird oder das diese über das Grundstück noch ein zweites (oder drittes, ...) mal verfügt.

Nun sind wir auch an der Stelle angelangt, wo die Frage berechtigt erscheint, warum der Verkäufer einer derartigen Belastung zustimmen sollte. Schließlich stellt die Bestellung einer Vormerkung ja zunächst eine Belastung des noch ihm gehörenden Grundstücks dar, also eine Vorleistung des Verkäufers. In der Praxis lässt sich das wie folgt begründen: Bevor die Eigentumsumschreibung auf die Eheleute Kramer erfolgen wird, sind eine Reihe von Voraussetzungen zu erfüllen. Diese Voraussetzungen werden in der notariellen Kaufurkunde regelmäßig als Fälligkeitsvoraussetzungen für die Zahlung des Kaufpreises zusammengefasst.

Fälligkeitsvoraussetzungen können z. B. Genehmigungen sein, die die Rechtswirksamkeit des Vertrages begründen. Zu unterscheiden sind dabei die öffentlich rechtlichen Genehmigungen (beispielsweise die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz) sowie die privatrechtlichen (im vorgenannten Beispiel fehlt die Genehmigungserklärung von Frau Kramer, da ihr Mann für sie als vollmachtsloser Vertreter gehandelt hat), aber auch die sonstigen Genehmigungen (wie z. B. die Verwalterzustimmung beim Wohnungsverkauf). Des Weiteren muss die zuständige Stadt oder Gemeinde durch Zeugnis bescheinigen, dass entweder ein Vorkaufsrecht nicht besteht oder ein bestehendes Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird. Die Freistellung des Grundstücks hinsichtlich Belastungen, die der Käufer nicht übernimmt, muss ebenfalls sichergestellt sein. Neben weiteren individuellen Voraussetzungen (wie z. B. Räumung des verkauften Hauses durch den Verkäufer oder Abnahme vereinbarter Renovierungsarbeiten durch den Käufer), ist immer die rangrichtige Eintragung einer Auflassungsvormerkung eine zentrale Fälligkeitsvoraussetzung. Auf die Fälligkeitsvoraussetzungen komme ich später noch einmal zurück.

Und genau hier liegt auch die Antwort auf die oben gestellte Frage. Der Verkäufer belastet zwar mit der Vormerkung sein Grundstück, allerdings wird nach Eintragung der Vormerkung und Eintreten der weiteren Fälligkeitsvoraussetzungen auch der Kaufpreis zur Zahlung fällig. Praktisch bedeutet dies, dass der Verkäufer den Kaufpreis auch schon vor Eigentumsumschreibung erhält. Denn bevor der Notar die Eigentumsumschreibung auf den Käufer beantragt, muss ihm der Verkäufer den Eingang des Kaufpreises schriftlich bestätigen. Dass daneben auch noch die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes hinsichtlich der zu zahlenden Grunderwerbssteuer vorliegen muss, sei hier schon mal am Rande erwähnt.

Der Notar hat Herrn Kramer vor bzw. während der Beurkundung über die Wichtigkeit der Vormerkung zu belehren (BGH DNotZ 1989, 449) und sodann in etwa die folgende Bewilligung aufzunehmen:

„Die Beteiligten bewilligen und beantragen zur Sicherung des Anspruchs der Käufer auf Eigentumsverschaffung die Eintragung einer Vormerkung beim verkauften Grundbesitz, für mehrere Käufer in dem Beteiligungsverhältnis, zu dem sie erwerben. Sie bewilligen und beantragen die Löschung dieser Vormerkung gleichzeitig mit der Eigentumsumschreibung, sofern zu diesem Zeitpunkt keine Zwischeneintragungen erfolgt sind und keine Zwischenanträge vorliegen[18].“

2. Der Antrag auf Eintragung der Vormerkung

a) Zeitpunkt der Antragsstellung

Als erstes muss geklärt werden, zu welchem Zeitpunkt die Vormerkung zur Eintragung in das Grundbuch beantragt werden soll. Sofort? Aufgrund der überragenden Bedeutung dieses Sicherungsmittels möchte man uneingeschränkt zustimmen. Schauen wir uns zunächst den Urkundseingang an:

Urkunde Nr.: /2006

Verhandelt zu Dresden, am . 2006, in der Geschäftsstelle des Notars,

erschienen vor mir, Dr. Max Muster, Notar mit dem Amtssitz in Dresden, die nachfolgenden Personen:

1. Herr Tom Vollmer, geboren am 02.02.1950, geschäftsansässig in 01159 Dresden, Muskatweg 12; hier handelnd nicht in eigenem Namen, sondern in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer für die im Handelsregister des Amtsgerichts Dresden unter HRB 123 eingetragene Vollmer Immobilien GmbH mit dem Sitz in Dresden; die Vertretungsbescheinigung erfolgt gesondert;
2. Herr Klaus Kramer, geboren am 11.11.1950, wohnhaft in 01159 Dresden, Salzgasse 5,

handelnd

a) in eigenem Namen und
b) als Vertreter ohne Vertretungsmacht für seine Ehefrau, Klara Kramer (geb. Körner, geboren am 12.12.1960, wohnhaft ebenda), vorbehaltlich Genehmigungserklärung in öffentlich beglaubigter Form, welche mit Eingang beim Notar für alle Beteiligten wirksam werden soll.

Herr Vollmer ist mir, Notar, persönlich bekannt; Herr Kramer wies sich aus durch Vorlage seines Personalausweises. Nach Angabe leben die Eheleute Kramer im gesetzlichen Güterstand.

Ein Blick auf den Urkundseingang lässt erkennen, dass die Frage nach dem Antragszeitpunkt gar nicht so ohne weiteres beantwortet werden kann. Sowohl beim Verkäufer als auch beim Käufer liegt eine Vertretungssituation vor. Die Vollmer Immobilien GmbH wurde zwar von ihrem Geschäftsführer vertreten, eine Vertretungsbescheinigung (vgl. § 21 Bundesnotarordnung, BNotO) konnte der Notar aber noch nicht anfertigen[19]. Und auf der Käuferseite wurde Frau Kramer von ihrem Ehemann vollmachtslos vertreten.

Für die Entstehung einer Vormerkung ist, neben weiteren Voraussetzungen (s. o.), die Bewilligung des Grundstückseigentümers erforderlich. Eigentümer ist aber noch die GmbH, sodass sie der Vormerkung auch zustimmen muss. Es leuchtet also ein, dass die Vertretung auf der Käuferseite, auch wenn es sich um eine vollmachtslose handelt, auf die Frage nach dem Antragszeitpunkt, keinerlei Einfluss nehmen wird. Entscheidend ist also vielmehr, wie die Vertretungsverhältnisse auf der Verkäuferseite aussehen. Da sich der Notar zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht über die tatsächlichen Vertretungsverhältnisse der GmbH informieren konnte, ist also unklar, ob Herr Vollmer die GmbH auch wirklich vertreten durfte. Vielmehr könnte Herr Vollmer ja bereits als Geschäftsführer abberufen oder ihm die Einzelvertretungsbefugnis entzogen worden sein.

Der Notar wird also regelmäßig erst eine Vertretungsbescheinigung anfertigen und anschließend die Urkunde nebst dieser Bescheinigung dem Grundbuchamt, zusammen mit seinem Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung, vorlegen[20].

[...]


[1] Vgl. Klunzinger, Eugen, Privatautonomie, 2004, S. 57; Köbler, Gerhard, Privatautonomie, 2003, S. 361

[2] Vgl. Klunzinger, Eugen, Formzwang, aaO., S. 101 f.

[3] Vgl. Alpmann, Josef A., Grundstück, 2003, S. 1 f.

[4] Wird das Grundstück veräußert, so sind auch, wenn nichts anderes vereinbart ist, die Bestandteile und auch das Zubehör (§ 97 BGB) mitveräußert; Grundstücksbelastungen (Hypothek, Grundschuld) erstrecken sich auch auf das Zubehör und auf die Bestandteile.

[5] Vgl. Dilcher, Hermann, Grundbuch, 1990, S. 262

[6] Vgl. § 929 S. 1 BGB

[7] Vgl. Schwabe, Winfried, Übertragung, 2005, S. 208 f.

[8] Vgl. Dilcher, Hermann, Übertragung, aaO, S. 239

[9] Vgl. Faßbender, Dr. Hermann J. u. a., Vormerkung, 1993, S. 391 f.

[10] Vgl. Faßbender, aaO.

[11] Vgl. Schöner, Hartmut Dr./Stöber, Kurt, Widerspruch, 1997, Rdnr. 1481

[12] Vgl. Schwabe, Winfried, Vormerkung, aaO., S. 259 f.

[13] Vgl. Brambring, Prof. Dr. Günter/Jerschke, Dr. Hans-Ulrich (Hrsg.), Eigentumsvormerkung, 1992, S. 63

[14] Vgl. Faßbender, Vormerkung, aaO., S. 393

[15] BGHZ 134, 182, 184

[16] Palandt/Heinrichs, § 883, Rdnr. 15; OLG Hamm NJW-RR 2000, 818

[17] Sämtliche Daten, einschließlich Namen der Beteiligten und des Grundbesitzes sind rein fiktiv.

[18] Faßbender, Vormerkung, aaO.

[19] Anmerkung für die Praxis: Eine Vertretungsbescheinigung erfolgt aufgrund Einsicht des Handelsregister oder auf Grundlage einer (bis etwa 6 Wochen alten) beglaubigten Abschrift des Registerblattes. Obwohl in den meisten Bundesländern (so auch in Sachsen) die Handelsregister elektronisch geführt werden und jeder Notar unbeschränkten Zugang auf dieses System per Internet hat, kann hier z. B. eine technische Störung ursächlich für das Fehlen der Vertretungsbescheinigung zur Beurkundung gewesen sein.

[20] In der Anlage I ist ein Beispiel, wie die Vertretungsbescheinigung im vorliegenden Fall aussehen könnte.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Die Vormerkung gemäß § 883 BGB in der notariellen Praxis
Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Zentrale
Note
1,2
Autor
Jahr
2006
Seiten
30
Katalognummer
V59296
ISBN (eBook)
9783638532839
ISBN (Buch)
9783638666572
Dateigröße
1070 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vormerkung, Praxis
Arbeit zitieren
Thomas Reichelt (Autor:in), 2006, Die Vormerkung gemäß § 883 BGB in der notariellen Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59296

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