Bernd Alois Zimmermann, am 20.3.1918 in der Nähe von Köln geboren, galt keineswegs als musikalisches Wunderkind. Erst nach und nach entdeckte er seine Berufung zur Musik und insbesondere zur Komposition. Trotz des Studiums der Schulmusik, das er nach Kriegsende fortsetzte und abschloß, betrachtete er sich bald ausschließlich als Komponist. Da aber die eigenen originalen Schöpfungen zu keinem Zeitpunkt eine finanzielle Unabhängigkeit einbrachten, war Zimmermann zeitlebens auf das Arrangement von Unterhaltungsmusik, die Produktion von Hörspielmusiken oder Lehrtätigkeiten an der Kölner Musikhochschule angewiesen. - Zweifelsohne haben wir es mit einem sehr grüblerischen Menschen zu tun, dessen emotionale und gedankliche Unruhe sich zu einer bedrückenden Last entwickelte. Die Neigung zu Melancholie und Depression gipfelte schließlich in einem schweren seelischen Zusammenbruch, welcher im Winter 1969/70 einen mehrmonatigen Aufenthalt in einer Nervenklinik erforderte. Anschließend konzentrierte Zimmermann seine letzte Kraft auf die Vollendung zweier Auftragswerke, der OrchesterskizzenStille und Umkehrund der ekklesiastischen AktionIch wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne.Kurz darauf, am 10.8.1970, nahm er sich im Alter von 52 Jahren das Leben. Seit dem hat sich das Werk Zimmermanns durchaus behaupten können, was sowohl die Reihe der in- und ausländischen Aufführungen seiner OperDie Soldaten,als auch die anhaltende Präsenz der Orchesterstücke in den Spielplänen zeigt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, einen Einblick in die widersprüchliche und spannungsreiche Welt des Komponisten zu gewähren. Ausgehend von grundlegenden geistigen, ästhetischen und kompositorischen Orientierungen, welche zuweilen durch biographische Informationen flankiert und kontrastiert werden, richtet sich der Fokus schließlich auf die Zeitproblematik als Schwerpunkt. Dabei geht es zunächst um ihre philosophischen Voraussetzungen, gefolgt von den Aspekten der musikalischen Umsetzung und einer exemplarischen Analyse des OrchesterstücksPhotoptosis,welche sich im wesentlichen auf die Untersuchungen von Irmgard Brockmann stützt. Auf allen Betrachtungsebenen begegnen wir überdies dem Gegensatz aus Einheit und Vielheit, der wie eine Art Leitfaden immer wieder mit unterschiedlicher Schärfe auftaucht und vielleicht ein Kernelement in Zimmermanns Universum darstellt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Vielfalt geistiger Einflüsse
- Verhältnis zur Darmstädter Schule
- Kompositorische Entwicklung
- Zimmermanns Zeitphilosophie und ihre Bezüge
- Pluralistisches Komponieren
- Zum Prinzip der Zeitdehnung
- Photoptosis: Analyse zur Konkretion des Prinzips der Zeitdehnung und der Zitattechnik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, die widersprüchliche und spannungsreiche Welt des Komponisten Bernd Alois Zimmermann zu beleuchten. Ausgangspunkt sind grundlegende geistige, ästhetische und kompositorische Orientierungen, die im Kontext seiner Biografie betrachtet werden. Der Schwerpunkt liegt auf der Zeitproblematik, beginnend mit ihren philosophischen Voraussetzungen, gefolgt von musikalischen Umsetzungsmöglichkeiten und einer Analyse des Orchesterstücks Photoptosis.
- Die Vielschichtigkeit von Zimmermanns geistigen Einflüssen, die von Religion und Philosophie über Literatur bis hin zur bildenden Kunst reichen
- Die Bedeutung der Zeitproblematik in Zimmermanns Werk
- Der Gegensatz von Einheit und Vielheit als Leitfaden in Zimmermanns Universum
- Die Auseinandersetzung mit der Darmstädter Schule und die Abgrenzung von deren Dogmen
- Die Rolle der Musikgeschichte in der kompositorischen Verwirklichung von Zimmermanns Zeittheorie
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung bietet einen kurzen biographischen Abriss von Bernd Alois Zimmermanns Leben und Werk. Sie stellt die Ziele der vorliegenden Arbeit dar und skizziert den thematischen Fokus auf die Zeitproblematik.
- Zur Vielfalt geistiger Einflüsse: Dieses Kapitel untersucht die vielschichtigen Einflüsse auf Zimmermanns Musik, die von der Religion und Philosophie bis hin zur Literatur und Kunst reichen. Es beleuchtet den Einfluss von Komponisten, Denkern und Autoren, die Zimmermanns Denken und Schaffen prägten.
- Verhältnis zur Darmstädter Schule: Dieses Kapitel beleuchtet die Beziehung Zimmermanns zur Darmstädter Schule und die Gründe für seine Abwendung von deren Dogmen.
- Kompositorische Entwicklung: Dieses Kapitel widmet sich der kompositorischen Entwicklung Zimmermanns und untersucht die verschiedenen Phasen seines Schaffens.
- Zimmermanns Zeitphilosophie und ihre Bezüge: Dieses Kapitel analysiert Zimmermanns Zeitphilosophie und ihre Beziehung zu seinen Werken.
- Pluralistisches Komponieren: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen musikalischen Stile, die Zimmermann in seinen Werken vereint.
- Zum Prinzip der Zeitdehnung: Dieses Kapitel erläutert das Prinzip der Zeitdehnung, das eine zentrale Rolle in Zimmermanns Musik spielt.
Schlüsselwörter
Bernd Alois Zimmermann, Zeitproblematik, Religiosität, Darmstädter Schule, Pluralismus, Zeitdehnung, Photoptosis, Musikgeschichte, Komposition, Orchestermusik, Analyse, Interpretation
- Arbeit zitieren
- Thomas Roghmann (Autor:in), 2005, Bernd Alois Zimmermann - Betrachtungen zu Werk und Person unter besonderer Berücksichtigung der Zeitproblematik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59463