Die Frage nach dem Stand der deutschen Forschungen im Bereich Kernenergie zum Ende des Krieges wird oft gestellt im Hinblick auf die nachträglichen Beteuerungen deutscher Physiker, sie hätten niemals die Bombe für Hitler gebaut. Auch der in Hiroshima begangene Massenmord leitet oft zur moralisierenden Frage: „Hätten die Deutschen auch, wenn sie gekonnt hätten?“. Nicht nur, dass letztere Frage im Nachhinein schwer zu beantworten ist, sie ist auch spekulativ und nicht unbedingt dafür geeignet, einer ernsthaften historischen Fragestellung Modell zu stehen. Aus diesem Grund werden derartige Fragen, die über den Bereich der reinen Ereignis- und Wissenschaftsgeschichte herausgehen, in dieser Arbeit keine Beachtung finden.
Die Ereignisse in Hiroshima haben zudem zu einer wahren Schwemme von Literatur und Äußerungen beigetragen, die wohl am treffendsten mit dem Begriff „Betroffenheitsliteratur“ zu versehen ist. Vor dem Hintergrund Hiroshima sind auch Äußerungen deutscher Physiker wie z.B. Heisenberg zu sehen, welche behaupten, sie seien nicht Willens gewesen, für Hitler eine Atombombe zu bauen. Dem Beispiel Walkers folgend soll gezeigt werden, dass auch völlig ohne die Beachtung von Aussagen und Absichtsbekundungen der Überlebenden eine qualifizierte Aussagen über Stand und Potential der deutschen Atomforschung zu treffen ist. Die folgende Arbeit geht von einer Bestandsaufnahme der Forschungen der Anfangsjahre aus, um ihren Verlauf bis 1945 darzustellen. Forschungs- und Rüstungsbemühungen der Kriegsgegner in diesem Zeitraum sollen am Rande ebenfalls Beachtung finden, um vergleichend Aussage über den Stand der deutschen Forschungen im internationalen Vergleich machen zu können. Zum Schluss stellt sich weiterhin die Frage, welche Aufmerksamkeit und Beachtung die Kernwaffenforschung im Rahmen anderer Geheimwaffenprojekte bei der nationalsozialistischen Führung genoss. Dies ist daher von Interesse, da über die Priorität, welche man einem Vorhaben im Bereich der Geheimwaffen einräumte, bestimmt wurde, welche Geld- und Materialmittel diesen Forschungen zur Verfügung standen. Auf diesem Wege lässt sich gut ermitteln, was man sich von den Atomforschungen erwartete, wie viel man bereit war zu investieren und welches Potential man hinter dieser neuen Technologie zu erkennen glaubte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Literatur
- Quellenlage und Forschungsstand
- Deutsche Kernforschung 1938-1940
- Kernforschung im Rahmen nationalsozialistischer Geheimwaffenprojekte 1940- 1945
- Schluss
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die deutsche Forschung im Bereich der Kernenergie während des Zweiten Weltkriegs. Sie strebt danach, die Entwicklung dieser Forschung von ihren Anfängen bis 1945 zu erforschen und die Rolle der deutschen Wissenschaftler in diesem Kontext zu beleuchten.
- Stand und Potential der deutschen Atomforschung im Vergleich zu anderen Ländern
- Die Rolle der Kernwaffenforschung im Kontext der nationalsozialistischen Geheimwaffenprojekte
- Die Finanzierung und Ressourcenallokation für die deutsche Atomforschung
- Die Bedeutung und der Einfluss von deutschen Wissenschaftlern auf die Entwicklung der Atomforschung
- Die Bedeutung von Quellenkritik und Uminterpretation von Quellen im Kontext der Atomforschung
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung beleuchtet den Hintergrund und die Relevanz der Fragestellung. Sie stellt fest, dass die Frage nach der möglichen Entwicklung einer deutschen Atombombe während des Krieges nicht nur spekulativ ist, sondern auch die Gefahr birgt, historische Fragestellungen zu vereinfachen.
- Das Kapitel "Literatur" gibt einen Überblick über die wichtigsten Werke, die sich mit der deutschen Atomforschung im Zweiten Weltkrieg beschäftigen. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei Mark Walkers „Die Uranmaschine“ gewidmet, das als eines der umfassendsten und reflektiertesten Werke in diesem Bereich gilt.
- Das Kapitel "Quellenlage und Forschungsstand" beschäftigt sich mit den besonderen Herausforderungen bei der Einordnung und Interpretation von Quellenmaterial zur deutschen Atomforschung. Die nachträgliche Uminterpretation von Aussagen und Handlungen der deutschen Atomforscher wird thematisiert, sowie die Notwendigkeit, Quellen kritisch zu betrachten.
Schlüsselwörter
Deutsche Atomforschung, Zweiter Weltkrieg, Kernenergie, Geheimwaffen, nationalsozialistische Forschung, Quellenkritik, Uminterpretation, wissenschaftliche Entscheidungen, Uranprojekt, Heisenberg, Walker, Jungk, Heller als tausend Sonnen, Die Uranmaschine.
- Quote paper
- M. A. Simon Reimann (Author), 2003, Deutsche Forschungen zur Nutzung der Kernenergie 1939- 1945, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60103