Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Zur Präsentation der Innensicht der Figur des Lieutenants Gustl
2.1 Lieutenant Gustl und sein Verhalten Frauen gegenüber
2.2 Lieutenant Gustls Einstellung Juden gegenüber
2.3 Lieutenant Gustl und der Ehrenkodex des Militärs
2.4 Lieutenant Gustls Verhältnis zum Tod
3 Zur Darstellung der Nebenfiguren
4 Literaturverzeichnis
4.1 Primärliteratur
4.2 Sekundärliteratur
1 Zur Präsentation der Innensicht der Figur des Lieutenants Gustl
Die Novelle Lieutenant Gustl von Arthur Schnitzler erregte zur damaligen Zeit großes Aufsehen und empörte Reaktionen, da die Hauptperson, der k.u.k. Lieutenant Gustl geprägt ist von mangelndem Selbstwertgefühl, Antisemitismus und oberflächlichem Verhalten gegenüber Frauen, das seine Unfähigkeit zu lieben widerspiegelt. In Schnitzlers Novelle, die in der Form des inneren Monologs (monologue intérieur), eine Art Selbstgespräch, geschrieben ist, geht es um einen Tag im Leben des Lieutenants, an dem er von einem Bekannten in seiner Ehre angegriffen wurde und dadurch anfängt Selbstmordgedanken zu hegen.
2.1 Lieutenant Gustl und sein Verhalten Frauen gegenüber
Lieutenant Gustl wechselt seine „Bekanntschaften“ sehr oft und hat keine wirklichen Beziehungen zu den Frauen, die er kennen lernt, sondern erlebt mit ihnen nur flüchtige Abenteuer. Er legt nicht viel Wert auf Gespräche, es geht ihm rein um das Sexuelle. Das zeigt sich deutlich, als er überlegt, ob er zu seinem Onkel aufs Land fahren soll und ihm sein letzter Besuch dort einfällt. Er erinnert sich an eine gewisse Etelka, die kein Wort deutsch sprechen konnte. Gustl meint an dieser Stelle, dass es ihm ja auch nicht wichtig war zu reden und dass es ihm eigentlich auch egal wäre, ob er die Nächte nun mit Etelka verbringen würde oder mit sonst einer Frau.[1] Auch bei der Aussage, „Ob so ein Mensch Steffi oder Kunigunde heißt, bleibt sich gleich“[2], kann man das sehr gut erkennen. Wie schon in der Einleitung erwähnt, verhält er sich sehr oberflächlich gegenüber Frauen und betrachtet sie meist nur als Spielzeug. Er hat auch ein Verhältnis mit Steffi, die jedoch bereits vergeben ist. Es macht ihm aber nichts aus, dass Steffi jeden Tag mit ihrem Freund nach Hause geht. Auch hier sieht man deutlich, dass es ihm nur um das Sexuelle geht. Allerdings sagt er einmal: „Ist schon traurig, so gar niemanden zu haben.“[3] Man könnte diese Stelle so interpretieren, dass er sich vielleicht tief in seinem Inneren doch nach einer richtigen Beziehung sehnt. Jedoch ist es für ihn hoffnunsglos, da ihm als armen Lieutenant nur die Chance bliebe, eine reiche Frau zu heiraten, welche wiederum aber sicher keinen armen Lieutenant heiraten wird.
Gustls kulturlose Haltung lässt sich sowohl daran erkennen, dass er keine Ahnung von dem Programm oder der Art des Konzerts hat als auch daran, dass er dem Oratorium nicht folgt sondern sich über diverse andere Dinge seine Gedanken macht.[4]
Seine Mutter ist Lieutenant Gustl sehr wichtig. Als er mit seinen Selbstmordgedanken durch die Straßen irrt, meint er immer wieder, dass er gar nicht daran denken mag, wie es der Mutter nach seinem Tod schlecht gehen werde.[5] Auch seine Schwester Klara, die noch immer unverheiratet ist, bedeutet ihm etwas[6].
2.2 Lieutenant Gustls Einstellung Juden gegenüber
Juden gegenüber ist der Lieutenant sehr negativ eingestellt. Als er in dem Konzert über den Bräutigam seiner Steffi grübelt, meint er sofort, dass dieser Herr sicher ein Jude sein muss, da er einen schwarzen Schnurrbart trägt und in einer Bank arbeitet.[7] Gustl ist belastet von Vorurteilen. Deutlich wird seine antisemitische Einstellung bei den folgenden zwei Aussagen: „Na, in mein Regiment sollt’ er nicht zur Waffenübung kommen! Überhaupt, dass sie immer noch so viel Juden zu Offizieren machen .“[8] und „Es ist doch fabelhaft, da sind auch die Hälfte Juden . Nicht einmal ein Oratorium kann man mehr in Ruhe genießen .“.[9]
2.3 Lieutenant Gustl und der Ehrenkodex des Militärs
Gustl ist fest entschlossen, sich wegen der Beleidigung des Bäckermeisters umzubringen. Er kann es nicht ertragen, dass seine Ehre so angegriffen wurde. Die einzigen seelischen Höhepunkte in Gustls Leben sind die Anerkennungen durch den Oberst.[10] Es geht ihm hauptsächlich um den äußeren Schein, ihm ist seine Ehre wichtiger als sein Leben. Wenn er sich sicher sein könnte, dass die Sache mit dem Bäckermeister nie jemand erfahren würde, wäre die ganze Situation für ihn ganz anders. Aber es ist ihm sehr wichtig, was die Leute von ihm denken. Das erkennt man deutlich, als Gustl erfährt, dass der Bäckermeister an einem Herzinfarkt gestorben ist, und er seine Selbstmordabsichten sofort in den Wind bläst und meint: „Und das Mordsglück, dass ich in das Kaffeehaus gegangen bin . sonst hätt’ ich mich ja ganz umsonst erschossen “.[11] So wie auch Hugo von Hofmannsthal war Schnitzler bekannt für seine metaphorisch typisierende Namensgebung. Es ist zu vermuten, dass sich hinter Gustls Namen der „törichte August“ verbirgt.[12]
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[1] Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl, Stuttgart: Phillip Reclam jun. 2002, (Universal-Bibliothek, Nr. 18156) S. 10
[2] Schnitzler: Lieutenant Gustl, S. 31
[3] Schnitzler: Lieutenant Gustl, S. 34
[4] Vgl.: Hans Ulrich Lindken: Interpretationen zu Arthur Schnitzler. Drei Erzählungen. München: R. Oldenburg Verlag 1980, (Interpretationen zum Deutschunterricht) S. 84
[5] Vgl.: Schnitzler: Lieutenant Gustl, S. 25
[6] Vgl.: Rolf Allerdissen: Arthur Schnitzler: Impressionistisches Rollenspiel und skeptischer Moralismus in seinen Erzählungen. Bonn: Bouvier Verlag Herbert Grundmann 1985, (Studien zur Literatur der Moderne, Bd. 11) S. 15
[7] Vgl.: Schnitzler: Lieutenant Gustl, S. 9
[8] Schnitzler: Lieutenant Gustl, S. 9
[9] Schnitzler: Lieutenant Gustl, S. 14
[10] Vgl.: Allerdissen: Arthur Schnitzler: Impressionistisches Rollenspiel, S. 17
[11] Schnitzler: Lieutenant Gustl, S. 44
[12] Vgl.: Lindken: Interpretationen zu Arthur Schnitzler, S. 87