Als einziger der großen Realisten der russischen Literatur des 19. Jahrhundert hat Ivan Alek-sandrovič Gončarov (1812 - 1892) eine Reise unternommen, die ihn über die Grenzen Europas hinweg führte. Er übernahm mehr aus Zufall den Sekretärsposten des Vizeadmirals Evfimij Putjatin, der von Zar Nikolaj I. 1852 beauftragt worden war, in geheimer Mission mit der Fregatte „Pallas“ nach Japan aufzubrechen, um Handelsbeziehungen mit dem ostasiatischen Land aufzunehmen. Gončarov begleitete zu jener Zeit den Rang eines Kollegienasses-sors in der Außenhandelsabteilung des russischen Finanzministeriums und war bereits als Autor des RomansОбыкновенная История(1847) und des FragmentsСон Обломова(1849) bekannt. Als das Expeditionskorps am 7.10.1852 von Kronštadt aus in See stach, wusste noch niemand, dass die Fahrt nach Japan schließlich über England, die Westküste Afrikas bis zum Kap der Guten Hoffnung und weiter durch den Indischen Ozean mit Stationen auf Java, in Singapur und Hongkong führen würde. Der 1853 einsetzende Krimkrieg erschwerte die Reise, da die Expedition nun gezwungen war, einer Konfrontation mit englischen und französischen Schiffen auszuweichen und zwischen Japan, China und den Philippinen zu manövrieren, bis sie schließlich im August 1854 den Hafen Ajan im Ochotskischen Meer erreichte, wo Gončarov an Land ging, um über Sibirien nach Westrussland zurückzukehren.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Eine Reise und ihre Texte
- 2. Forschungen
- 3. Zielstellung und Programm der Arbeit
- II. (Sinn-) Strukturen des Textes
- 1. Erzählinstanzen
- 2. Titel
- 3. Äußere Struktur: Briefe
- 4. Kreisform des Textes und der Bewegung
- 5. Innere Struktur: drei mögliche Deutungen
- III. Wahrnehmung und Darstellung des reiseliterarischen Raumes
- 1. Der erlebte Raum als Wahrnehmungsobjekt: Begriffe
- a) Wahrnehmung
- b) Der erlebte Raum
- 2. Das Schiff als erlebter und symbolischer Raum
- 3. Das Meer eine Naturlandschaft
- a) Das Meer in negativer Korrespondenz
- b) Das Meer in positiver Korrespondenz
- 4. Landschaften als „kapтèíü“ oder: Raum und Kunst
- a) Ankünfte in England und China
- b) Insellandschaften: Madeira und Japan
- c) Der locus amoenus oder: wie Wirklichkeit geboren wird
- d) Sibirien: Rückkehr zur Wirklichkeit
- IV. Wahrnehmung und Darstellung fremder Völker
- 1. Typische Wahrnehmungsobjekte
- a) Sprache
- b) Hautfarben
- c) Augen
- 2. Der nationale Charakter: vom Massen- zum Einzelporträt
- a) Der Engländer
- b) Der Japaner
- c) Asien und Europa
- 3. Frauen
- V. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht Ivan A. Gončarovs Reisebericht „Fregat „Pallas““ mit dem Fokus auf die Wahrnehmung und Darstellung von Raum und fremden Kulturen. Ziel ist es, die literarische Konstruktion des Reiseberichts zu analysieren und aufzuzeigen, wie Gončarov die erlebte Wirklichkeit in einem hybriden Textformat verarbeitet. Dabei werden die erzähltechnischen Mittel und die Gestaltung der Wahrnehmung des Fremden in den Vordergrund gestellt.
- Die literarische Konstruktion des Reiseberichts „Fregat „Pallas““
- Die Rolle von Wahrnehmung und Darstellung im Reisebericht
- Die Auseinandersetzung mit dem Fremden und die Konstruktion von kulturellen Stereotypen
- Der Einfluss von Gončarovs literarischer Ästhetik auf die Gestaltung des Reiseberichts
- Der Vergleich von „erlebter“ und „beschriebener“ Wirklichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Hausarbeit ein und stellt den Reisebericht „Fregat „Pallas““ von Ivan A. Gončarov in den Kontext der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Sie beleuchtet die Entstehungsgeschichte des Textes, die unterschiedlichen Ausgaben und die Bedeutung des Reiseberichts für die literaturwissenschaftliche Forschung.
Kapitel II analysiert die Struktur des Reiseberichts, die Erzählinstanzen und die Kreisform des Textes. Es werden verschiedene Deutungsmöglichkeiten der inneren Struktur aufgezeigt.
Kapitel III widmet sich der Wahrnehmung und Darstellung des reiseliterarischen Raumes, wobei Gončarovs Reise durch den erlebten Raum als Wahrnehmungsobjekt betrachtet wird. Das Schiff, das Meer und verschiedene Landschaften werden als erlebte und symbolische Räume analysiert.
Kapitel IV untersucht die Wahrnehmung und Darstellung fremder Völker. Gončarovs Blick auf die Sprache, Hautfarben und Augen sowie die Konstruktion von nationalen Charakteren stehen im Mittelpunkt. Der Reisebericht wird als Spiegel der russischen Kultur und ihrer Sicht auf das Fremde gelesen.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Wahrnehmung, Darstellung, Reisebericht, Fremdkultur, Raum, Russland, Gončarov, „Fregat „Pallas““, literarische Konstruktion, Hybridität, Verfremdungseffekt, nationale Charaktere.
- Arbeit zitieren
- Tino Töpel (Autor:in), 2006, Ivan A. Goncarovs "Fregat Pallada": Wahrnehmung und Erzählen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60828