Mussolini hatte seit seiner Regierungsübernahme mit dem "Marsch auf Rom" im Jahre 1922 den italienischen Großmachtanspruch als außenpolitische Handlungsmaxime festgeschrieben. Aufgrund der Kraftlosigkeit des eigenen Landes und des Fehlens eigener Machtmittel versuchte er, durch klug betriebene Schaukelpolitik, d.h. durch das wechselseitige Anbieten guter Dienste in Paris, London und Berlin, eine weitgehend friedliche Außenpolitik im Konzert der Großmächte zu führen (Politik des entscheidenden Gewichts in der Waagschale). Das Ziel dieser außenpolitischen Strategie war auf der einen Seite eine Verbesserung der kolonialen Position Italiens in Nordafrika und auf der anderen Seite die Vermarktung der imperialen Zielsetzung als innerstaatliches Konservierungsmittel.
Die italienische Außenpolitik zur Zeit des Faschismus trat mit dem abessinischen Krieg, der am ä5. Mai 1ü36 mit der Eroberung der Hauptstadt Addis Abbeba endete, in eine Phase aktiver imperialer Expansionsbestrebungen. Der Abessinien-Krieg war äußerlich betrachtet ein Kulminationspunkt italienischer Außenpolitik zur Zeit des Faschismus. Es begann ein Stadium sehr reger Außen- und Kriegspolitik, welche letztendlich mit der Niederlage Italiens und dem Untergang des faschistischen Systems enden sollte. Dem Abessinien-Krieg lagen eine ganze Reihe verschiedener Motivationen zugrunde, die ganz generell als Kennzeichen für den faschistischen Kolonialgedanken Geltung haben:
a) Prestigedanke und Machtbewusstsein (insbesondere der systemstabilisierende Effekt einer aktiven Dokumentation des Faschismus als erfolgreiche politische Konzeption spielte dabei eine große Rolle)
b) ökonomische Motive (die bereits bestehenden Kolonialbesitzungen sollten um ein großes, wirtschaftliches Gebiet erweitert werden, welches nach Auffassung der italienischen Führung nicht auf wirtschaftlich-friedlichem Wege gelingen konnte)
c) Bevölkerungspolitische Momente (der italienische Kolonialgedanke war im Gegensatz zu dem Frankreichs oder Großbritanniens, bei denen eher die Ausbeutung der eroberten Kolonien im Vordergrund stand, auf eine Auswanderung von Teilen der italienischen Bevölkerung in die neugeschaffenen Kolonien ausgerichtet. Diese sollten dort bessere Lebensmöglichkeiten [Land, Arbeit] wie in ihrer angestammten Heimat finden).
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Inhaltsverzeichnis
- Die Determinanten der italienischen Außenpolitik zur Zeit des Faschismus
- Mussolinis expansionistische Vorstellungen
- Der "Impero-Gedanke"
- Die Parallelkriegs-Strategie
- Angenommene Ausgangssituation im Mittelmeer
- Operative Planungen im Jahre 1ü4ä: "Non belligeranza" und Kriegseintritt Italiens
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht Italiens politische und militärische Ziele in Nordafrika während der faschistischen Ära. Sie beleuchtet die Determinanten der italienischen Außenpolitik, insbesondere die expansionistischen Vorstellungen Mussolinis und seine "Impero-Gedanke". Die Arbeit analysiert die operativen Planungen und Strategien Italiens im Kontext der europäischen Machtpolitik und des Zweiten Weltkriegs.
- Die Determinanten der italienischen Außenpolitik im Faschismus
- Mussolinis "Impero-Gedanke" und seine Auswirkungen auf die italienische Außenpolitik
- Die Rolle Italiens im Zweiten Weltkrieg und die Auswirkungen des Krieges auf die italienische Machtposition im Mittelmeer
- Die Strategien und Planungen Italiens in Bezug auf Nordafrika
- Die Analyse der Ursachen für den Aufstieg und Fall des italienischen Faschismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Die Determinanten der italienischen Außenpolitik zur Zeit des Faschismus Dieses Kapitel analysiert die außenpolitischen Handlungsmaximen des faschistischen Regimes und die Entwicklung der italienischen Außenpolitik von der Machtübernahme Mussolinis bis zum Beginn des Abessinien-Krieges. Es werden die Ziele der italienischen Politik, insbesondere die Verbesserung der kolonialen Position in Nordafrika, dargestellt.
- Kapitel 2: Mussolinis expansionistische Vorstellungen Dieses Kapitel behandelt Mussolinis "Impero-Gedanke" und die strategischen Zielsetzungen der faschistischen Politik. Es analysiert die strategischen Ziele und die militärische Vorbereitung auf die geplante Expansion in Nordafrika.
- Kapitel 3: Angenommene Ausgangssituation im Mittelmeer Dieses Kapitel untersucht die strategische Situation Italiens im Mittelmeer und die politischen und militärischen Beziehungen zu den anderen Großmächten der Zeit.
- Kapitel 4: Operative Planungen im Jahre 1ü4ä: "Non belligeranza" und Kriegseintritt Italiens Dieses Kapitel beleuchtet die italienischen Kriegspläne im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs und die strategischen Entscheidungen, die zur Beteiligung Italiens am Krieg führten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen der italienischen Außenpolitik, des Faschismus, der Kolonialgeschichte, der europäischen Machtpolitik, der imperialen Expansion und des Zweiten Weltkriegs. Besondere Aufmerksamkeit wird den strategischen Zielen Italiens in Nordafrika, dem "Impero-Gedanke" Mussolinis und den Auswirkungen des Krieges auf die italienische Machtposition im Mittelmeer geschenkt.
- Quote paper
- Thorsten Lemmer (Author), 2002, Italiens politische und militärische Ziele in Nordafrika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6162