Aufstand des Volkes, Affirmation der Monarchie - Die ideologische Perspektive von Fuente Ovejuna


Seminararbeit, 2005

19 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abgrenzung des Themas

1. Einbettung des Dramas
1.1. Politische Situation im historischen Kontext
1.2. Machtverhältnise

2. Darstellungen der Hierarchien
2.1. Monarchen
2.2. Adel bzw. Klerus
2.3. Bauern

3. Herausstellung des politischen Mißstandes und der Übergang zum Idealzustand
3.1. Die Folgen des Aufstandes
3.2. Die Positionierung des Komturs und sein politisches Fehlverhalten
3.3. Königstreue des Volkes

Ergebnisse

Literaturverzeichnis

Abgrenzung des Themas

Lope de Vega war einer der bedeutendsten Literaten des Siglo de Oro. Mit seinem Werk Fuente Ovejuna hat er noch lange nach seiner Lebenszeit für Furore in ganz Europa gesorgt.

Nach der Theatertheorie von Aristoteles Ort-Zeit-Handlung[1] grenzt Lope in seinem Stück verschiedene Darstellungsebenen klar ab: Monarchen, Adel und das Volk bewegen sich in den ihnen gegebenen Lokalitäten. Wir haben es hier mit einem Ehrendrama zu tun, in dem sich die Tragödie mit Elementen der Komödie vermischt.[2] Die komödialen Elemente sollen jedoch in dieser Arbeit nicht behandelt werden. Lope arbeitet mit dem Dreischritt - der erzählerische Aufbau gliedert sich in drei Bereiche: der bestehenden Ordnung, dem Bruch der Ordnung und der Wiederherstellung der Ordnung.[3] In ideologischer Hinsicht sollen in Fuente Ovejuna auf Basis dieser Erzählstruktur Beobachtungen über die Aussage des Stückes gemacht werden.

In dem Stück kann man deutlich zwei zentrale Themen erkennen: das der Liebe und das der Freiheit. In dieser Arbeit wird das weitläufige Thema der Freiheit im Mittelpunkt stehen. Der zentrale Punkt besteht in dem Volksaufstand, in dem sich das Dorf Fuente Ovejuna gegen ihre Obrigkeit stellt und dadurch seine Freiheit erhält. Es scheint widersinnig, daß die Bewohner des Dorfes sich einerseits gegen einen Unterdrücker auflehnen, sich zugleich aber ihrer oberen Institution verbunden fühlen und deren Legitimation durch ihren Freiheitsdrang zugleich bestärken. Die ideologische Perspektive des Stückes dürfte sich für Lope de Vega als ein zentrales Thema dargestellt haben – es soll in dieser Arbeit nicht versucht werden, Lopes persönliche Intentionen des monarchischen Systems zu analysieren. Vielmehr soll es sich hier um eine Analyse der Verhältnisse seiner im Dramen eingesetzten Figuren untereinander handeln und auch, inwiefern der Leser bzw. Zuschauer diese Verhältnisse als legitimiert ansieht und welche Mittel Lope einsetzt um den Rezipienten die Sicht auf die „richtige“ Seite zu ermöglichen. Im Zentrum stehen hier die drei Fronten und inwiefern sie ihre eigenen Weltanschauungen durchzusetzen versuchen und welchen Grund es hat, daß in seinem Drama der Volksaufstand von Fuente Ovejuna seine Bewohner letztlich zur Freiheit führt.

Genauer wird auch betrachtet, inwiefern die Monarchen ihre Position stärken können und welche Rolle dabei das Volk spielt.

1 Einbettung des Dramas

1.1 Politische Situation im historischen Kontext

Fuente Ovejuna spielt Ende des 15. Jahrhunderts, zu Beginn des Siglo de Oro. Lope hat sich in seinem Stück sehr eng an die historischen Gegebenheiten zu dieser Zeit gehalten, was schnell zu Anfang seines Stückes bei der Benennung der auftretenden Personen deutlich wird: die Reyes Católicos Fernando und Isabel werden dargestellt.

Geschichtlich muß man hier etwas zurückblicken: dem Thron Fernandos und Isabels liegt ein Erbfolgestreit zugrunde. Heinrich IV. favorisierte für seine Nachfolge zunächst einen anderen: Alfons V. von Portugal. Es war zunächst also fraglich, ob die Heirat von Heinrichs Schwester Isabel Kastilien mit Portugal oder mit Aragón vereinen würde. Letztlich entschied sich Isabel für Ferdinand, was Aragón also mit Kastilien vereinte. Frankreich sah sich in seiner Macht bedroht und auch Heinrich protestierte gegen die Heirat und rief kurzerhand seine Tochter Johanna als Thronerbin aus – allerdings kam dennoch Isabel nach dem Tode Heinrichs am 13. Dezember 1474 auf den Thron, wodurch sich die Fronten ihrer Anhänger und der Anhänger Johannas verhärteten. Da Ferdinand mit Isabel verwandt war, versuchte er zunächst die kastilische Krone zu erlangen; mit einer Aufhebung der möglichen Thronfolge für Frauen, wäre er dann sowieso an der Macht und Isabels Machtanspruch durch die Heirat unberührt. Diese komplizierte Lage war letztlich durch den Schiedsspruch von Segovia, der die Rechte der Ehepartner fixierte entworren: dieser legte u.a. fest, daß alle Dokumente, die der königlichen Unterschrift bedurften von beiden Monarchen unterzeichnet werden müssen, Isabel als eigentliche Königin die Huldigung des Königreiches empfangen solle und daß sämtliche Einkünfte unter Aufsicht beider Monarchen verteilt werden müsse. Weiterhin solle Isabel für die Ernennung der Beamten zuständig sein, sowie für alle königlichen Präsentationen an den Papst zur Besetzung von Bischofssitzen und Großmeisterwürden der Ritterorden.[4] Viele Adelsgruppen fürchteten einen stärkeren Einfluß Aragóns durch Kastilien.

Auf diese Gruppen geht der Schiedsspruch auch zurück, was zeigt, daß die Monarchen in gewisser Weise von den Entscheidungen des Adels abhängig waren. Isabel und Ferdinand jedoch pflegten eine einvernehmliche Politik, die Ihre Führung stärken sollte. Aus diesen komplizierten innenpolitischen Vorgängen kann man resultierend die Gründung des modernen Spaniens sehen.[5]

Die außenpolitischen Vorgänge seiner Zeit sollen hier zunächst außer Acht gelassen werden. Zwar geht es hintergründig in Fuente Ovejuna um den Krieg gegen Portugal, doch findet die Geschichte inhaltlich mehr auf spanischen Boden selbst statt – ideologisch geht es mehr um innenpolitische Verhältnisse. Es ist demnach sinnvoller, die inneren Zustände und weiteren Vorgänge und Machtverhältnisse unter der Krone Isabels näher zu betrachten.

Epochal gesehen beginnt in dieser Zeit, wie schon angemerkt, das Goldene Zeitalter. Durch die Eheschließung Isabels mit Ferdinand steigt Spanien zur führenden Macht in Europa auf. Die Reconquista findet um das Jahr 1492 ihr Ende durch die Eroberung Granadas und die Conquista nach außen, die Eroberung der neuen Welt, beginnt.[6]

Sicherlich hatte Lope diese historische Einbettung seines Stücks in die Zeit des politischen Umbruchs in Spanien auch zugunsten der dargestellten gesellschaftlichen Umwälzung gewählt.

Um die Strukturen der Macht und somit auch die gesellschaftlichen Gegebenheiten, und die ideologische Perspektive von Fuente Ovejuna, näher zu verstehen, muß jetzt auf die politische Ordnung eingegangen werden.

1.2 Machtverhältnisse

Die katholischen Könige führten die Bestrebungen zur Ausbildung eines stärkeren Staatskirchentums weiter voran. Es lag in ihrem Bestreben, die Kompetenzen, Rechte und Pflichten des Klerus einzugrenzen und die Autorität der staatlichen Organe zu steigern: sie erlangten die direkte Oberhoheit über die Ritterorden.[7] Insgesamt sind hier Linien der spätmittelalterlichen Kontinuität, als auch frühneuzeitliche Linien zu erkennen. Konkret sind das Selbstverständnis des Königtums und des Staates als Oberhaupt, in Bezug auf Vorstellungen von Souveränität, Staatsraison und der uneingeschränkten Autorität der Krone gefestigt worden. Funktionen und Aufgaben von Institutionen wie der des hohen Adels, bzw. die Beschneidung dieser, machen diese Maßnahmen deutlich. Mit neuen Bildungsmöglichkeiten für die niederen Schichten bewirkte die Politik der Könige gleichzeitig bessere Möglichkeiten und eine Stärkung der Landbevölkerung gegenüber des Adels: Bildung sollte nicht nur ein Privileg des Adels sein – somit war auch seine Position geschwächt. Bereits im 16. Jh. dienten Bedienstete aus der vorher sozial schwächeren Schicht den Königen im rechtlich-administrativ-politischen Bereich.[8]

Aus diesen innenpolitischen Entwicklungen heraus, läßt sich eher ein Verständnis des ideologischen Inhaltes des Stückes erkennen. Zur Spielzeit des Stückes befindet sich Spanien demnach in einer Phase der politischen Umwälzung, die sich zugunsten des gesamten Volkes entwickelt. Die neuen Rechte, bzw. neuen Möglichkeiten und das neue Selbstverständnis der Bauern läßt letztlich die Revolte der Dorfbewohner zu und legitimiert sie in einer eingeschränkten Weise.

Zu der bereits angeführten Machtposition der Könige muß noch eine andere Gruppe entgegengesetzt werden: der Adel bzw. in unserem Falle Mitglieder des Calavatra-Ordens.

Dieser große spanische Ritterorden um die Stadt Ciudad Real bildet in Fuente Ovejuna die Position des Adels. Die Großkomturwürde wurde im 15. Jh. mit der spanischen Krone vereinigt.[9] Der Großkomtur untersteht direkt dem Großmeister und hält die Rolle eines Lehnherren inne, ist jedoch dem Großmeister zu Gefolgschaft verpflichtet. In der Konstellation in Fuente Ovejuna bilden die Personen des Ordens ein hierarchisches Zwischenglied zwischen den Bauern und den katholischen Königen. Selbstverständlich untersteht der Orden den Königen und sind deren Weisungen verpflichtet. Der Calavatra-Orden übte eine religiös-militärische Funktion aus und war in der Zeit nach der Reconquista vor allem durch militärischen Einfluß gekennzeichnet.

[...]


[1] Strosetzki, Christoph (Hrsg.): Geschichte der spanischen Literatur, Tübingen 1991,178.

[2] Vgl. Ebd., 183.

[3] Vgl. Neuschäfer, Hans-Jörg: Spanische Literaturgeschichte, Stuttgart 1997, 171.

[4] Den Ritterorden hat im Stück Fuente Ovejuna zwar eine untergeordnete Rolle, es ist aber notwenig, ihre Strukturen nachzuvollziehen. Hierauf wird später noch näher eingegangen werden.

[5] Vgl. Bernecker/Pietschmann: Geschichte Spaniens. Von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, Stuttgart 32000, 29-32.

[6] Vgl. Neuschäfer, Hans-Jörg: Spanische Literaturgeschichte, Stuttgart 1997, 69.

[7] Vgl. Bernecker/Pietschmann, Geschichte, 55.

[8] Vgl. Ebd., 65-66.

[9] Vgl. Brockhaus PC-Bibliothek, 2004.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Aufstand des Volkes, Affirmation der Monarchie - Die ideologische Perspektive von Fuente Ovejuna
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Romanisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar: Spanisches Barocktheater
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V62548
ISBN (eBook)
9783638557658
ISBN (Buch)
9783656789895
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Im Zentrum stehen hier die drei Fronten und inwiefern sie ihre eigenen Weltanschauungen durchzusetzen versuchen und welchen Grund es hat, daß in Lopes Drama der Volksaufstand von Fuente Ovejuna seine Bewohner letztlich zur Freiheit führt.
Schlagworte
Aufstand, Volkes, Affirmation, Monarchie, Perspektive, Fuente, Ovejuna, Proseminar, Spanisches, Barocktheater
Arbeit zitieren
Anita Müller (Autor:in), 2005, Aufstand des Volkes, Affirmation der Monarchie - Die ideologische Perspektive von Fuente Ovejuna, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62548

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