Repräsentation ist in der hoch- und spätmittelalterlichen Gesellschaft stets von der Öffentlichkeit abhängig. Dabei kann diese Größe sich von Fall zu Fall unterschiedlich auswirken. In den Schilderungen einer gescheiterten Repräsentation wird häufig auf das Problem der Öffentlichkeit hingewiesen. Die Unzulänglichkeit des Repräsentanten kann vor einem repräsentativen Publikum offenbar werden, oder ein Sachverhalt zeigt sich in einem anderen Licht, nachdem Öffentlichkeit hergestellt wurde. Dass Öffentlichkeit als problematisch angesehen wurde, kann man Fürstenspiegeln entnehmen, die den Herrschern raten eine allzu große Nähe zu ihrem Publikum zu vermeiden.
Für die Anfälligkeit der Repräsentation in der Praxis und auch im Bewusstsein der Zeitgenossen spricht, dass gleichermaßen über Fälle illegitimer wie auch legitimer, aber dennoch scheiternder Repräsentationsversuche berichtet wird. Wenn ein illegitimer Wunsch nach Repräsentation zum Scheitern führt, macht das die Defizienz des Scheiternden deutlich. Der Rechtsanspruch ist in solchen Fällen unbegründet und Kennzeichen religiöser und weltlicher 'superbia'. Aber auch das Festhalten an einer dem Status des Protagonisten angemessenen Norm oder deren Übertreibung können desaströs enden.
Inhaltsverzeichnis
Fragestellung
Quellen
Vorgehensweise/Gliederung/Argumentation
Gescheiterte Repräsentation
Beispiele
Kategorisierung gescheiterter repräsentativer Akte nach:
Absicht, Perspektive, Darstellungsart
Öffentlichkeitsgehalt
Legitimität
Objekte der Repräsentation
Konkrete Ursachen des Scheiterns
Verhältnis des Repräsentativen Aktes und des geplanten Resultates
Resümee
Exkurs: Literatur und Repräsentation
Fragestellung
Der Autor fragt in dem oben genannten Text nach den Bedingungen, unter denen Repräsentation im Mittelalter scheitert. Dabei interessiert ihn auch, ob das in den Quellen beschriebene „groß gelächer“ als psychischer Effekt des Scheiterns selbst Bestandteil einer noch unbekannten Topik der Darstellung missglückter Repräsentation ist.
Wenn es gelingen sollte eine solche Topik zu rekonstruieren, müsste man weiter fragen, ob sie von mehr als nur den literarischen Traditionen abhängt. Könnte es sein, dass die Einzeldarstellungen tatsächlich als Folge der realen Bedingungen zu verstehen sind, denen Repräsentation in der Praxis unterlag?
Brandt hofft, durch eine Repräsentationsforschung, die nach dem Scheitern repräsentativer Akte, nach deren Gründen und Wirkungen fragt, neue Erkenntnisse über die Bedingungen, denen Repräsentation in dem Bewusstsein der Zeitgenossen unterworfen war, zu gewinnen.
Quellen
Der Autor konsultierte mittelalterliche Schrifttexte. Es handelte sich dabei um literarische Texte wie Epen, Fastnachtspiele, Lieder, Minnesang, Parodien und Ähnliches. Des Weiteren bildeten Chroniktexte, Herrscherviten, Fürstenspiegel, und Herrscherpanegyriken die Quellen des Aufsatzes.
Vorgehensweise/Gliederung/Argumentation
- Brand nennt zunächst eine grobe Definition gescheiterter Repräsentation.
- Der Autor stellt im Anschluss Kategorisierungsmöglichkeiten gescheiterter Repräsentation in sechs Punkten vor.
- Er fasst die mögliche Bedeutung seiner Befunde für die Repräsentationsforschung zusammen.
- Schließlich ergänzt Rüdiger Brand seinen Aufsatz mit einen Exkurs zu dem Thema: Literatur und Repräsentation.
Gescheiterte Repräsentation
Unter einer gescheiterten Repräsentation versteht Rüdiger Brand einen repräsentativen Akt, der nicht erfolgreich zu Ende geführt wurde. Dem Scheitern können hierbei vielfältige Ursachen zu Grunde liegen.
Die Quellen geben über Vorfälle Auskunft, bei denen die potenziellen Vollzieher die Ausführung abgelehnt haben oder an ihr gehindert worden sind. Wenn ein repräsentativer Akt vom Publikum als obsolet, disfunktional, übertrieben, einseitig oder unangemessen empfunden wurde, erreichte er nicht die gewünschte Wirkung.
Repräsentative Akte können von einem Konkurrenten oder Gegner umgedeutet oder umfunktionalisiert worden sein, sodass sie für den Vollzieher nicht mehr repräsentativ wirken oder sein Ansehen sogar schmälern.
Der Autor zählt Möglichkeiten zur Ausführung eines repräsentativen Aktes, die vom potenziellen Repräsentanten nicht als solche genutzt wurden, zu den Formen der gescheiterten Repräsentation.
Letzteres könne aus Scheu oder bewusstem Verzicht erfolgt sein. Brand betont aber auch, dass der Verzicht unter gewissen Umständen und abhängig von der sozialen Stellung des Verzichtenden auch positiv als Kennzeichen einer vorbildlichen humilitas gedeutet werden konnte. Repräsentationsmittel und Repräsentationsformen konnten nicht verfügbar sein. In solchen Fällen versuchten repräsentationswillige Personen diesen Mangel mehr oder weniger erfolgreich zu kompensieren. Brand weiß auch von Fällen, in denen das Publikum oder Mitagierende auf Art, Ausmaß und Beschaffenheit der Repräsentation Einfluss nahmen oder die Repräsentation dem Ausführenden aufgezwungen wurde.
Beispiele
Brand beschreibt das Lichtmessfest des Jahres 1415 als einen Fall von gescheiterter kirchlicher Repräsentation. Dargestellt ist dieser Vorfall in der Chronik des Konstanzer Konzils von Ulrich Richental. Statt Bestätigung und Anerkennung der Funktion klerikaler Heilsvermittlung ruft der repräsentative Akt Gelächter hervor. Der Papst weihte Kerzen und begab sich mit den Kardinälen, dem Römischen König und dem Hochmeister des Johanniterordens auf einen Balkon. Er segnete die Menge und warf die Kerzen unters Volk. Es kam zu einem Tumult, da jeder der anwesenden Gläubigen eine Kerze haben wollte. Der Chronist kommentiert die Begebenheit mit den Worten:
„Und war von dem volk ein groß krepfen und überfielen ain andern, das ain groß gelächter ward.“
Das beschriebene Ritual war als Akt der kirchlichen Repräsentation geplant. Der Anlass, die ritualisierten Handlungen und die Auswahl der beteiligten geistlichen Würdenträger konnten nicht verhindern, dass die Repräsentationsabsicht nicht nur nicht erfüllt, sondern sogar konterkariert wurde, indem das Publikum dem Reiz der Situationskomik nachgab und in Gelächter ausbrach.
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