Der Film im NS-Regime


Hausarbeit, 2005

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

1. Die Machtergreifung auf kultureller Ebene
1.1 Die finanzielle Übernahme
1.2 Die künstlerische Unterwerfung

2. Die Manipulation der Massen
2.1 Nur Unterhaltung?
2.2 Die Einspeisung der parteiinternen Ideologie
2.3 Die Rassen politik
2.4 Politische Schachzüge
2.5 Die Jugend von heute als die Soldaten von Morgen

Resümee

Einleitung

In heutiger Zeit ist Film zur Industrie geworden. Beinahe wöchentlich erscheinen neue Produktionen, in die Millionen investiert wurden. Das mittlerweile in den deutschen Sprachgebrauch übernommene Wort „Blockbuster“ ist schon den Kleinsten ein Begriff, und auch für Erwachsene ist Kino, Film und Fernsehen eine nicht mehr wegzudenkende Freizeitbeschäftigung geworden. Das Potenzial dieses häufig frequentierten Mediums Film ist selbstverständlich auch der Werbe- und Merchandisingindustrie nicht verborgen geblieben. So werden die Filme technisch ständig aufwendiger – ob es nun die ausgeklügelten Tonsysteme der Filmtheater, oder „Special-Effekts“, die für den Zuschauer nicht mehr als künstlich erschaffen zu erkennen sind - um die Klientel auch weiterhin bedienen zu können. In das Erlebnis Film wird investiert, und jeder, der dem Alltag entfliehen möchte, kann in immer realere andere Welten eintauchen. Doch nicht nur die erwirtschafteten Eintrittsgelder, Mieteinnahmen oder Verkäufe des Produktes selbst sind für die Produzenten Grund zu investieren, vor allem die Möglichkeit gezielt Werbung für verschiedenste Konsumprodukte in einem Streifen zu platzieren hat großen Marktwert. So flimmert im Hintergrund schon mal das Emblem einer Fastfoodkette auf der Leinwand. Oder der Held, mit dem man sich nur allzu gerne identifizieren möchte, trägt einen Schriftzug auf dem Pullover und fährt eine bekannte Automarke, mit der er jeden Gegner abzuhängen im Stande ist. Und tatsächlich hat der eine oder andere nach dem Besuch des Kinos Lust einen Hamburger zu essen, oder kauft sich am nächsten Tag besagten Pullover, weil dieser dem Hauptdarsteller einfach unglaublich gut zu Gesicht stand. Diese oft im Unterbewusstsein stattfindende Manipulation ist jedoch keine Innovation der letzten Jahre, denn auch schon das Regime der Nationalsozialisten wusste sich dieser Art von Beeinflussung zu bedienen. Obschon es sich zu dieser Zeit nicht um die mögliche Steigerung von Verkaufszahlen etwaiger Produkte handelte, sondern vielmehr um die Verbreitung und Verinnerlichung „braunen“ Gedankenguts.

In dieser Arbeit soll annähernd gezeigt werden, wie sich die Regierung unter Adolf Hitler das Medium Film zu Eigen machte, es kontrollierte und manipulierte und nicht zu letzt, auf welche Weise es benutzt wurde, um spezielle Ideale zu transportieren.

1. Die Machtergreifung auf kultureller Ebene

Bereits im ersten Weltkrieg propagierten zum Beispiel die USA den Zusammenhalt ihrer Truppen und unterwanderten die Kriegstreue der Feinde. Diese moderne Kriegsführung bzw. der Mangel dieser in Deutschland wurde in der Nachkriegszeit als ein Grund für die Niederlage empfunden, wie es Adolf Hitler auch in seinen Erinnerungen in „Mein Kampf“ anführt. Deutschland habe nicht militärisch, sondern propagandistisch versagt. Diese Auffassung vertrat auch Dr. Joseph Goebbels, der kurz nach der Machtergreifung 1933 als Minister an das neu gegründete Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) berufen wurde. Dieser Posten stattete ihn mit beinahe unbegrenzten Mitteln aus, um das kulturelle Leben der Bevölkerung – damit auch die meisten Freizeitgestaltungsmöglichkeiten - vollständig determinieren zu können. Dies wiederum war notwendig, um verschiedene Arten der Beeinflussung kontrolliert und gezielt nutzen zu können. Es sollte nicht-nationalsozialistisches Gedankengut ausgeschaltet, und das eigene propagiert werden. In der Kontrolle der Medien hatte Goebbels das passende Instrument gefunden. In seiner „Rede im Kaiserhof“ 1933 erklärt Goebbels:

Von hier aus müssen die großen Impulse kommen. […] Das ganze Volk dem neuen Staat gewinnen, wird unsere vornehmste Aufgabe in diesem Ministerium sein.[1]

Das strenge Reglement, das der Presse auferlegt wurde, der Ausbau des Radios und die damit einhergehende Verbreitung des preisgünstigen Volksempfängers – der im Volksmund auch den Namen „Goebbels-Schnauze“[2] trug – und auch die Bücherverbrennungen sind Beispiele hierfür. Besonderes Augenmerk jedoch fiel auf den seit 1929 eingeführten Tonfilm, der sich bei der Bevölkerung größter Beliebtheit erfreute. Immerhin waren bereits 1932 240 Millionen Besuche in den deutschen Kinos verzeichnet, wobei sich diese bis 1942 zu 1 Milliarde Kinobesuchen steigerte.[3] Zahlen, die das Medium Film als Massen-Propagandainstrument geradezu ideal machten.

1.1 Die finanzielle Übernahme

Doch zunächst war es für Goebbels unabdingbar, die Filmindustrie komplett der staatlichen Kontrolle zu unterwerfen, was er durch mehrere Schritte und mitunter sehr diffizil vollzog. Am 1. Juni 1933 wurde die Filmkreditbank gegründet, offiziell eine GmbH, sollte sie zur ökonomischen Unterstützung der Filmindustrie dienen. In der Realität war sie allerdings dem Staat unterstellt und gab die benötigten Kredite nur gezielt frei. Ein weiterer Schritt war die Einsetzung des „bewährten Parteikaders Dr. Max Winkler“[4] als Reichsbeauftragten der deutschen Filmwirtschaft, der als „Strohmann“ über die „Caution Treuhand GmbH“[5] die staatlichen Firmenanteile der Filmindustrie stetig vermehrte. Für die Öffentlichkeit blieben diese Maßnahmen im Dunklen, bis das RMVP 1937 von den großen Aktienmehrheiten gestützt die größten Filmfirmen verstaatlichte. Hierzu gehörten zunächst die UFA, Terra, Tobis und die Bavaria. Bereits vier Jahre später wurden alle „138 Filmfirmen [zur UFA-Film-GmbH (Ufi)] zusammengefasst und der verstaatlichten Filmproduktion angeschlossen“[6] Goebbels erklärt im Februar 1941 vor der Reichsfilmkammer:

Als ich vor einigen Jahren, zuerst getarnt, dann mehr und mehr öffentlich, heute auch von der weitesten Öffentlichkeit anerkannt, maßgebende Institutionen der deutschen Filmindustrie in den Besitz des Deutschen Reiches überführte, wurde dieser Weg von Kritikern als verhängnisvoll empfunden (…) Ich bin heute davon überzeugt, dass es der entscheidende Schritt in unserer Höherentwicklung der deutschen Filmkunst ist, dass der Film heute nicht mehr irgendwelchen anonymen Kapitalgesellschaften, sondern dem Reich gehört und dass das Reich als ehrlicher Makler und Treuhänder die großen entscheidenden Fragen der deutschen Filmproduktion auch zu entscheiden und lösen in der Lage ist.[7]

1.2 Die künstlerische Unterwerfung

Jedoch beschränkte sich das Engagement der RMVP nicht nur auf die finanzielle Kontrolle der Filmfirmen. Noch im Jahre 1933 begründete sich die Reichsfilmkammer (RFK), deren Mitgliedschaft für Filmschaffende Pflicht war. Durch diese wurde die „weltanschaulich-politische Konformität“[8] kontrolliert (auch „Berufsbereinigung“ genannt)[9], was nichts anderes bedeutete als die mögliche „Ausschaltung“ von Personen die dem Weltbild der Regierung nicht entsprachen oder sie gefährdete (Arierparagraph):

Die Aufnahme in die Filmkammer kann abgelehnt oder ein Mitglied ausgeschlossen werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Antragsteller die für die Ausübung des Filmgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.[10]

Nach der Übernahme der finanziellen und personellen Steuerung wurde im Februar 1934 das „Neue Lichtspielgesetz“ erlassen, das auch die Produktion selbst erfasste. Dieses Gesetz ermächtigte Goebbels und die ihm unterstellten Reichsfilmdramaturgen zum willkürlichen Eingreifen. Sämtliche Drehbücher, Wochenschauen und wichtige personelle Entscheidungen unterstanden ständiger Zensur, denn ohne Genehmigung war keine Produktion durchführbar. Jeder der in der NS-Zeit gedrehten Filme musste dieses Raster absolvieren. Ferner führte das „Neue Lichtspielgesetz“ eine Prädikatisierung ein, die aus zehn zu verdienenden Prädikaten bestand, wozu z.B. „staatspolitisch wertvoll“, „künstlerisch wertvoll“ oder auch „jugendwert“ zählten.

Erhielt ein Film eines oder mehrere dieser Prädikate, ergaben sich für die Produzenten erhebliche Steuer- und Marktvorteile, was den Erhalt allein schon ökonomisch reizvoll gestaltete.

1936 erfolgte dann ein Verbot der Filmkritik bzw. der Kunstkritik durch einen Erlass, und wurde durch den Begriff „Kunstbetrachtung“[11] ersetzt:

Sie soll enthalten, was zu sagen ist, aber sie soll nicht richten. Für die Beurteilung eines Kunstwerks kann im nationalsozialistischen Staat nur die nationalsozialistische Kulturauffassung maßgebend sein. Nur Partei und Staat sind in der Lage, aus dieser nationalsozialistischen Kunstauffassung heraus Werte zu bestimmen.[12]

Um diese vollständig durchorganisierte und an die Werte der Partei angepasste „Ware“ Film auch möglichst vielen Konsumenten zuteil werden lassen zu können, wurde 1944 die „Sprechbühnenaktion“ durchgeführt, in der „sämtliche Theater geschlossen und 270 KdF-(„Kraft durch Freude“) Bühnen, Varietés und Theater in Kinos umfunktioniert“[13] wurden. Mit dieser Maßnahme waren die meisten Freizeitalternativen des kriegsmüden Volkes, das sich nach Abwechslung sehnte, ausgemerzt. Im Endeffekt erfreute sich das Kino größter Beliebtheit, denn selbst trotz großer Gefährdung durch Bombenangriffe mochte kaum jemand auf den Kinobesuch verzichten.[14] Holger Theuerkauf schreibt in seinem Buch „Goebbels` Filmerbe“:

Joseph Goebbels hatte innerhalb der zwölf Jahre seiner ministerialen Tätigkeit den deutschen Film mit einem engmaschigen Netz ideologischer Kontrolle überzogen. Er ließ sich als Kunstkenner mit ausgeprägtem Sachverstand feiern. Doch sein eigentliches Fachgebiet war zweifellos die Manipulation der Massen.[15]

[...]


[1] Goebbels, Joseph: Rede im Kaiserhof, Berlin 28.03.1933, Zitiert nach: Dustar, Bianca: Film als

Propagandainstrument in der Jugendpolitik des dritten Reichs, Alfeld 1996, S.15

[2] http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/GoebbelsJoseph/

[3] http://www.shoa.de/lichtspieltheater_im_dritten_reich.html

[4] Theuerkauf, Holger: Goebbel`s Filmerbe, Berlin 1998, S.24

[5] ebd.

[6] Dustdar, Bianca: Film als Propagandainstrument der Jugendpolitik des dritten Reichs, Alfeld 1996, S.19

[7] Theuerkauf, Holger: Goebbel`s Filmerbe, Berlin 1998, S.24

[8] Dustdar, Bianca: Film als Propagandainstrument der Jugendpolitik des dritten Reichs, Alfeld 1996, S.16

[9] Theuerkauf, Holger: Goebbel`s Filmerbe, Berlin 1998, S.52

[10] Paragraph 3, Gesetz über die Errichtung einer öffentlichen Filmkammer vom 14.07.1933, Reichsgesetzblatt

(RGbl), 1933, Zitiert nach: Dustdar, Bianca: Film als Propagandainstrument der Jugendpolitik des dritten

Reichs, Alfeld 1996, S.17

[11] Dustdar, Bianca: Film als Propagandainstrument der Jugendpolitik des dritten

Reichs, Alfeld 1996, S.18

[12] Berndt, Alfred I.: Völkischer Beobachter vom 29.11.1936, zitiert nach: Dustdar, Bianca: Film als

Propagandainstrument der Jugendpolitik des dritten

Reichs, Alfeld 1996, S.18

[13] Theuerkauf, Holger: Goebbel`s Filmerbe, Berlin 1998, S.25

[14] ebd. S.58

[15] ebd. S.24

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Der Film im NS-Regime
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V64088
ISBN (eBook)
9783638569835
ISBN (Buch)
9783640100095
Dateigröße
518 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Film, NS-Regime
Arbeit zitieren
Laura Helm (Autor:in), 2005, Der Film im NS-Regime, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64088

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