Die folgende Aufsatzanalyse beruht auf Aufsätzen einer 4. Grundschulklasse. Die Aufgabe der Schüler war das Verfassen einer Reizwortgeschichte. Diese Aufgabe wurde von der Lehrerin als zweitägige Hausaufgabe gestellt. Den Schülern wurden drei verschiedene Wortgruppen vorgegeben, aus denen sie jeweils ein Wort nach eigener Präferenz heraussuchen und damit eine Geschichte bilden sollten. Zur Untersuchung liegen 21 Aufsätze (A bis U) vor, die im Anhang vorzufinden sind. Sie sind in Sinneinheiten unterteilt und nummeriert.
Wie beginnen die Schüler ihre Texte? Welche "Typen" gibt es?
Die Aufsatzanfänge der Schüler lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen. Zum einen beginnen die Schüler ihre Aufsätze mit Zeitangaben (adverbiale Bestimmung der Zeit) und zum anderen beginnen sie unmittelbar mit dem Subjekt des Satzes (Personenangaben: "Ich war...", J; "Sabrina und Juliane", R). Dabei sind die Zeitangaben von konkret ("Gestern Abend", F; "Letzte Woche Montag", P) bis abstrakt ("Eines Abends", N; "Einmal", A). Über die Hälfte der Schüler (ca. 72 %) hat sich für den Anfang mit der adverbialen Bestimmung der Zeit entschieden. Der Grund dafür mag darin liegen, daß sich bei diesen Schülern schon das Textmusterwissen manifestiert hat. Sie haben gelernt, daß man beim Erzählen einer Geschichte oft mit "Einmal" (A) oder "Es war ein schöner Morgen[,]als..." (D) anfängt. Dieses Muster kennen sie bestimmt auch von Märchen ("Es war einmal..."). Das Textmusterwissen sagt ihnen, daß sie gewissen "Regeln" folgen sollen, hier z.B. daß man mit einem gewissen Einleitungssatz anfängt, der auf die Fragen WER, WANN und WO antwortet. Als weiteres sollen sie (entsprechend dem Textmusterwissen einer Erzählung) die Geschichte auch in einen Hauptteil (Höhepunkt) und Schluß einteilen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Wie beginnen die Schüler ihre Texte? Welche „Typen“ gibt es?
- 3. Bildung von Textkohärenz durch Wissensbestände des Rezipienten und kohärente Konzepte
- 3.1. Welches Wissen wird im Adressaten vorausgesetzt? (Funktionsbestimmung sprachlicher Mittel im Sprechhandlungszusammenhang)
- 3.1.1. Weltkenntnis (Vorwissen, Horizont, enzyklopädisches Wissen, individueller Erfahrungshintergrund)
- 3.1.2. Kenntnis der Sprechsituation/Kommunikationssituation
- 3.1.3. Handlungswissen (Handlungsmuster, Handlungserwartungen)
- 3.2. Beispiele für linguistische Konzepte der Textkohärenz
- 3.2.1. Präsuppositionen
- 3.2.2. Vernetzungsmuster
- 4. Wie kommen die Schüler von einem Text zum anderen? (Untersuchung von Satzverknüpfungen: Funktionsbestimmung von sprachlichen Mitteln im Vertextungszusammenhang)
- 4.1. Der Verstehensprozess (anhand des Aufsatzes P) oder die Thema-Rhema-Progression
- 4.2. Sprachliche Mittel der Sinnsteuerung (Beispiele für die Verwendung von kohäsiven Mitteln und deren Verweischarakter)
- 4.2.1 Rekurrenz
- 4.2.2 Paraphrasierung/Substitution
- 4.2.3 Pro-Formen (Pronominale Verweisungen, anaphorische/kataphorische Bezugnahme durch den Vor-/Folgekontext)
- 4.2.4 Artikel
- 4.2.5 Ellipse
- 4.2.6 Tempus (Tempusrekurrenz und Zeitreferenz)
- 4.2.7 Konnektive (Konjunktionale Verweisung)
- 5. Klassenaufsätze (von A bis U)
- 6. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Aufsatzanalyse befasst sich mit der Analyse von Schüleraufsätzen aus einer 4. Grundschulklasse. Ziel ist es, die Entstehung von Textkohärenz in den Schülertexten zu untersuchen, indem die sprachlichen Mittel analysiert werden, die die Schüler einsetzen, um einen sinnvollen Zusammenhang in ihren Texten herzustellen. Dabei werden die Wissensbestände des Rezipienten, die der Verfasser durch seine sprachlichen Mittel voraussetzt, sowie die kohäsiven Mittel und deren Verweischarakter untersucht.
- Analyse von Schüleraufsätzen aus einer 4. Grundschulklasse
- Untersuchung der sprachlichen Mittel zur Bildung von Textkohärenz
- Rolle des Wissensbestands des Rezipienten
- Analyse von kohäsiven Mitteln und deren Verweischarakter
- Satzverknüpfung und die Thema-Rhema-Progression
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
- Kapitel 2: Wie beginnen die Schüler ihre Texte? Welche „Typen“ gibt es?
- Kapitel 3: Bildung von Textkohärenz durch Wissensbestände des Rezipienten und kohärente Konzepte
- Kapitel 4: Wie kommen die Schüler von einem Text zum anderen? (Untersuchung von Satzverknüpfungen: Funktionsbestimmung von sprachlichen Mitteln im Vertextungszusammenhang)
Die Einleitung stellt die Ausgangssituation der Aufsatzanalyse dar. Es wird erläutert, dass die Analyse auf Aufsätzen einer 4. Grundschulklasse basiert, die als Hausaufgabe eine Reizwortgeschichte verfassen sollten. Die Schüler hatten dabei die Möglichkeit, aus vorgegebenen Wortgruppen ein Wort auszuwählen, um ihre Geschichte zu bilden.
Dieses Kapitel analysiert die Aufsatzanfänge der Schüler und teilt sie in zwei Gruppen ein: Anfänge mit Zeitangaben und Anfänge mit unmittelbarer Angabe des Subjekts. Es wird deutlich, dass die Zeitangaben von konkret bis abstrakt reichen und dass über die Hälfte der Schüler sich für einen Anfang mit der adverbialen Bestimmung der Zeit entschieden hat. Die Analyse deutet auf ein bereits vorhandenes Textmusterwissen bei den Schülern hin. Sie scheinen gelernt zu haben, dass man beim Erzählen einer Geschichte oft mit einer Einleitung beginnt, die auf die Fragen WER, WANN und WO antwortet.
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Wissensbeständen, die der Rezipient beim Verstehen eines Textes einsetzt. Der Verfasser lenkt den Rezipienten durch seine sprachlichen Mittel auf diese Vorgänge. Es werden drei Kategorien von außersprachlichen Wissensbeständen betrachtet: Weltkenntnis, Kenntnis der Sprechsituation und Handlungswissen. Der Verfasser setzt beim Rezipienten ein bestimmtes Weltwissen voraus, um den Text zu verstehen.
Dieses Kapitel analysiert die Satzverknüpfungen in den Schüleraufsätzen und untersucht die sprachlichen Mittel, die zur Sinnsteuerung eingesetzt werden. Es werden verschiedene Mittel wie Rekurrenz, Paraphrasierung, Pro-Formen, Artikel, Ellipse, Tempus und Konnektive analysiert. Die Analyse zeigt, wie die Schüler durch den Einsatz dieser Mittel einen sinnvollen Zusammenhang in ihren Texten herstellen.
Schlüsselwörter
Die Aufsatzanalyse fokussiert auf die sprachliche Analyse von Schüleraufsätzen im Hinblick auf Textkohärenz. Es werden die Themen der Textanfänge, außersprachliche Wissensbestände, kohäsive Mittel, Satzverknüpfung und Thema-Rhema-Progression untersucht. Die Analyse bezieht sich auf Aufsätze einer 4. Grundschulklasse und behandelt die sprachlichen Mittel, die Schüler zur Gestaltung eines kohärenten Textes einsetzen. Die Analyse verdeutlicht, wie Schüler im Grundschulalter Textkohärenz erreichen und welche Wissensbestände beim Verstehen ihrer Texte relevant sind.
- Arbeit zitieren
- Tanja Kargl (Autor:in), 2001, Analyse von Schüleraufsätzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6433