Dass Erich Kästner in seinem Roman „Fabian - Die Geschichte eines Moralisten“ Gotthold Ephraim Lessing zum Thema der Habilitationsschrift von Labude macht, mag zunächst als ein willkürlicher Entschluss erscheinen. Dafür, dass Kästner aber nicht ohne Absicht den bedeutendsten Vertreter der Aufklärung in sein Werk einbringt, spricht Einiges.
Die Frage, welchen Grund Erich Kästner für diese Entscheidung hatte, ist kaum ohne Berücksichtigung seines Verhältnisses zur Aufklärung und ihrem Moralismus-Begriff zu klären. Helmuth Kiesel stellt fest, die wichtigsten Romane Kästners seien geschrieben als Beiträge zur Sisyphusarbeit der Aufklärung. Kästner habe sich selbst als Aufklärer und Moralist verstanden und in Lessing ein Vorbild für seine Art des Denkens und Schreibens gesehen. Die unpoetische aber kämpferische Gestalt dieses Autors schätzt Kästner, wie er in einem Gedicht über Lessing verdeutlicht:
„Das was er schrieb, war manchmal Dichtung,
doch um zu dichten schrieb er nie.
Es gab kein Ziel. Er fand die Richtung.
Er war ein Mann und kein Genie.“
Die Sätze, die Kästner über seinen Dichter-Kollegen formuliert, sind auf ihn selbst übertragbar. Das Prinzip findet sich auch im „Fabian“. Kästner beschreibt in seinem Roman gesellschaftliche Missstände. Zwar zeigt er keinen „goldenen Weg“ zur Überwindung der Krise - der Wahlspruch des Moralisten, den Kästner im Vorwort anführt, heißt aber „Dennoch!“. In Verbindung mit der Hoffnung Kästners, sich zumindest in die richtige Richtung zu bewegen, sind der Ausruf „Lernt schwimmen!“ am Ende des Romans sowie die gesamte Schluss-Szene zu verstehen. Das Kind, das Fabian vor dem Ertrinken retten wollte, kann „schwimmen“. Der Autor will verdeutlichen, „dass sich langfristig, in einer neuen Generation die menschlichen Werte, die er in seiner Zeit vermisst, durchsetzen können“. Dafür spricht, dass Kästner sich in Anlehnung an Lessing zur „Erziehbarkeit des Menschengeschlechts“ bekennt. Auch eine Stelle in Labudes Abschiedsbrief macht in diesem Kontext Sinn. Sie lautet: „nur die Kinder sind für Ideale reif".
Inhaltsverzeichnis
- Die Rolle von Gotthold Ephraim Lessing in Erich Kästners „Fabian“
- Kästner und die Aufklärung
- Lessings Einfluss auf Kästners „Fabian“
- Autobiografische Elemente im Roman
- Die Moral der Vernunft
- Grenzen der Aufklärung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text untersucht die Rolle von Gotthold Ephraim Lessing in Erich Kästners Roman „Fabian, die Geschichte eines Moralisten“. Dabei wird analysiert, inwieweit Lessings Ideen und Thesen die Gestaltung des Romans beeinflusst haben und welche Bedeutung sie im Kontext der Weimarer Republik erlangten.
- Einfluss von Lessings Schriften auf Kästners Roman
- Verhältnis von Kästner zur Aufklärung und ihrem Moralismus-Begriff
- Autobiografische Elemente in „Fabian“
- Die Moral der Vernunft in Kästners Werk
- Grenzen und Kritik an der Aufklärung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Rolle von Gotthold Ephraim Lessing in Erich Kästners „Fabian“
Der Text untersucht die Rolle von Gotthold Ephraim Lessing in Erich Kästners Roman „Fabian, die Geschichte eines Moralisten“. Dabei wird Lessings Einfluss auf die Gestaltung des Romans und die Bedeutung seiner Ideen im Kontext der Weimarer Republik beleuchtet.
Kästner und die Aufklärung
Der Text beleuchtet Kästners Verhältnis zur Aufklärung und ihrem Moralismus-Begriff. Er analysiert Kästners Selbstverständnis als Aufklärer und Moralist und die Rolle von Lessing als Vorbild für sein Denken und Schreiben.
Lessings Einfluss auf Kästners „Fabian“
Der Text zeigt, inwiefern Lessings Schriften, insbesondere „Die Erziehung des Menschengeschlechts“, Kästners Konzeption des Romans beeinflussen. Dabei werden Parallelen zwischen Lessings Idealen und der Handlung des Romans hergestellt.
Autobiografische Elemente im Roman
Der Text analysiert autobiografische Elemente im Roman und stellt die Frage, inwieweit sich Kästner mit seinen Figuren identifiziert. Dabei werden die Figuren Fabian und Labude im Kontext von Kästners Leben und Werk betrachtet.
Die Moral der Vernunft
Der Text beleuchtet die Moral der Vernunft in Kästners Werk. Er zeigt, wie Fabian und Labude als Vertreter dieser Moral in der Gesellschaft agieren und welche Herausforderungen sie dabei bewältigen müssen.
Schlüsselwörter
Erich Kästner, „Fabian“, Gotthold Ephraim Lessing, Aufklärung, Moralismus, Vernunft, Gesellschaft, Weimarer Republik, Erziehung, Fortschritt, autobiografische Elemente, Figuren
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- Janine Wergin (Author), 2003, Die Rolle von Gotthold Ephraim Lessing in Erich Kästners 'Fabian', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64352