Am 23. März 1819 ermordete der Student Karl Ludwig Sand in Mannheim den Schriftsteller und russischen Staatsrat August von Kotzebue. Es war ein politischer Mord – obgleich Kotzebue kein bedeutender Politiker war.
Kotzebue war Schriftsteller und Diplomat und rechtfertigte als solcher die europäische Restaurationspolitik und verhöhnte in seinem selbst gegründeten Literarischen Wochenblatt die nach nationaler Einheit strebenden deutschen Burschenschaften. Kotzebue verteidigte die lose Staatengemeinschaft im Deutschen Bund und ihre aristokratischen Herrscher. Sein Name stand Synonym für die Reaktion. Deswegen mussten die Herrschenden in seiner Ermordung einen Anschlag auf die restaurierte Ordnung sehen.
Den maßgeblichen Entwickler dieser Ordnung, Clemens Wenzel Fürst von Metternich, kam das Attentat nicht ungelegen. Der österreichische Staatsmann hatte seit dem Ende des Wiener Kongresses 1815 immer wieder vor den Burschenschaften und den freien Universitäten gewarnt: Aus ihrer Mitte drohe die Revolution, welche die nach seiner Ansicht legitimen Aristokraten verjagen wolle. Das Attentat des Studenten Sand gab Metternich nun offenbar Recht. Der Fürst benutzte den Mord, um die bürgerliche Opposition zu kriminalisieren und sie endgültig in ihre Schranken zu weisen. Er setzte die Karlsbader Beschlüsse durch – ein Regelwerk aus vier Gesetzen, welches die Rufe nach Pressefreiheit, nationaler Einheit und parlamentarischer Mitbestimmung endgültig unterdrücken sollte. Die vorliegende Arbeit wird die Entstehung der Karlsbader Beschlüsse nachzeichnen. Ein weiteres Kapitel wird sich mit ihrem Inhalt beschäftigen und der letzte Teil geht der Frage nach, inwieweit Metternich sein Ziel erreichte, die nationale Bewegung mundtot zu machen. Quellenbasis meiner Arbeit sind die „Dokumente zur Deutschen Verfassungsgeschichte“ in der Edition von Ernst Rudolf Huber und die „Wichtigen Urkunden für den Rechtszustand der deutschen Nation“ aus der Edition von Karl Theodor Welcker. Letztere Sammlung beinhaltet sämtliche Karlsbader Protokolle sowie deren Beilagen aus dem Nachlass des Staatsrechtlers Johann Ludwig Klüber und ist nach Einschätzung des Historikers Eberhard Büssem trotz geringer editorischer Ungenauigkeiten „die grundlegende Dokumentation geblieben“2. Basis meiner Ausarbeitung war weiterhin die von Eberhard Büssem verfasste Monographie über die Karlsbader Beschlüsse.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehung der Karlsbader Beschlüsse
- Verfassungsfragen und Wartburgfest
- Aachener Kongress und erste Pläne
- Die Konferenz von Karlsbad und ihre Beschlüsse
- Teilnehmer und Einstimmung
- Die Beschlüsse
- Bundes-Universitätsgesetz
- Bundes-Preßgesetz
- Bundes-Untersuchungsgesetz
- Exekutions-Ordnung
- Der Bundestagsbeschluss
- Folgen
- Nationalismus unterdrückt durch nationalstaatliche Methoden
- Die gezähmte Presse
- Die überwachten Universitäten
- Verfolgte Demagogen
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Entstehung der Karlsbader Beschlüsse von 1819 und ihre Folgen für die nationale Bewegung in Deutschland. Sie beleuchtet die politische und gesellschaftliche Situation im Deutschen Bund nach dem Wiener Kongress und analysiert die Rolle des österreichischen Staatskanzlers Clemens von Metternich bei der Durchsetzung der Beschlüsse.
- Die Enttäuschung der deutschen Nationalbewegung nach dem Wiener Kongress
- Die Rolle des Wartburgfestes und der Burschenschaften
- Die politische Reaktion auf den Mord an Kotzebue
- Der Inhalt der Karlsbader Beschlüsse und ihre Auswirkungen auf die Pressefreiheit, die Universitäten und die nationale Bewegung
- Die Frage, inwieweit Metternich sein Ziel erreichte, die nationale Bewegung zu unterdrücken
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert den historischen Kontext des Mordes an Kotzebue und die Reaktion der konservativen Kräfte auf dieses Ereignis. Kapitel 2 zeichnet die Entstehung der Karlsbader Beschlüsse nach, beginnend mit den Verfassungsfragen nach dem Wiener Kongress und dem Wartburgfest. Es wird der Aachener Kongress als erste Vorbereitungsphase der Beschlüsse dargestellt. Kapitel 3 befasst sich mit der Karlsbader Konferenz selbst. Hier werden die Teilnehmer, die Einstimmung auf die Beschlüsse und deren Inhalte im Detail analysiert. Kapitel 4 schildert die Folgen der Karlsbader Beschlüsse. Hier wird untersucht, inwieweit die nationale Bewegung unterdrückt, die Presse gezähmt, die Universitäten überwachen und Demagogen verfolgt wurden.
Schlüsselwörter
Die Karlsbader Beschlüsse von 1819, deutsche Nationalbewegung, Metternich, Wartburgfest, Burschenschaften, Pressefreiheit, Universitätsüberwachung, Zensur, Deutsche Bundesakte, Wiener Kongress, Reaktion.
- Arbeit zitieren
- Ralf Geissler (Autor:in), 2002, Die Karlsbader Beschlüsse von 1819, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6466