"Störenfriede" am Verhandlungstisch - Die Demobilisierung des Paramilitärs - ein kolumbianisches Rätsel


Diplomarbeit, 2006

116 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I „Störenfriede“ am Verhandlungstisch. Die Demobilisierung des Paramilitärs – ein kolumbianisches Rätsel?
1 Untersuchungsgegenstand und Fragestellung
1.1 Hintergrund: das kolumbianische Paramilitär - ein „Störenfried“ am Verhandlungstisch
1.2 Fragestellung: Warum verhandelt das Paramilitär?
1.3 Konzept und Methodik
1.4 Begriffsbestimmungen
1.4.1 Begriffserklärung Paramilitär
1.4.2 Wer oder was ist ein „Störenfried“?
1.4.3 Friedensverhandlungen?
2 Die Demobilisierung des Paramilitärs - ein kolumbianisches Rätsel?
2.1 Hintergrund: Vier Jahrzehnte bewaffneter Konflikt in Kolumbien
2.1.1 Geschichte des bewaffneten Konflikts
2.1.2 und seine bisherige Bilanz
2.2 Das kolumbianische Paramilitär: die Entstehung eines „Störenfriedes”
2.2.1 Ein „uneheliches Kind des Staates“? Die staatlich geplante Entstehung des Paramilitärs im Rahmen der Aufstandsbekämpfung der 60er Jahre
2.2.2 Die Entstehung privat finanzierter „Autodefensas“ als Reaktion auf die Friedensverhandlungen der Regierung Betancur (1982-1986)
2.2.3 Ausbreitung und Konsolidierung des Paramilitärs: der Einfluss des Drogenhandels und die Gründung der AUC
2.2.4 Spielverderber AUC: Die Friedensverhandlungen der Regierung Pastrana (1998-2002) mit der Guerilla
2.2.5 Das Paramilitär vor der Demobilisierung. Mit wem wird eigentlich verhandelt?
2.3 Die Verhandlungen mit dem Paramilitär: Ein Rätsel?
2.3.1 Der Verhandlungsprozess: Schlüsselelemente und Verlauf
2.3.2 Motive der Paramilitärs
2.3.2.1 Ein zunehmend unvorteilhafter internationaler Kontext
2.3.2.2 Ein veränderter nationaler Kontext
2.3.2.3 Die AUC in internen Schwierigkeiten
2.4 Ein Wolf im Schafspelz? Die Konsolidierung wirtschaftlicher, politischer und sozialer Macht
2.4.1 Wirtschaftliche Macht der Paramilitärs
2.4.2 Soziale und politische Kontrolle
2.5 Fazit: ein Blick in die Zukunft Kolumbiens
3 Ausblick: Kolumbien als Modell?
3.1 Die Demobilisierung des Paramilitärs - übertragbar auf zukünftige Verhandlungen mit der Guerilla?
3.2 Störenfriede am Verhandlungstisch - Kolumbien als Beispiel?

II Résumé: Des perturbateurs à la table des négociations. La démobilisation des groupes paramilitaires - une énigme colombienne?
1 Introduction
1.1 Problématique
1.2 Concept et méthode
1.3 Explications théoriques
2 La démobilisation des paramilitaires - une énigme colombienne?
2.1 Contexte: le conflit armé en Colombie
2.2 L’émergence et l’évolution du phénomène paramilitaire
2.3 Pour quelles raisons négocient-ils?
2.3.1 Le contexte international
2.3.2 Le contexte national: un nouveau président et sa stratégie militaire
2.3.3 L’existence de problèmes internes
2.4 Les paramilitaires: des loups déguisés en moutons?
2.5 Conclusion
3. La Colombie - un modèle à suivre?
3.1 Les négociations actuelles - un exemple pour le traitement de la guérilla? ..
3.2 Des perturbateurs de paix à la table des négociations - la stratégie colombienne comme modèle pour d’autres pays?

III Quellenangaben
1 Sekundärliteratur, (Online)Dokumente verschiedener (Regierungs)Organisationen, Vertragstexte, Zeitungsartikel mit Autorenangabe
2 Presse, Pressemitteilungen
3 Experteninterviews: Person, Funktion, Arbeitgeber, Datum, Ort
4 Weiterführende Links

IV Anhang
1 Fotomaterial
2 Leitfaden für die Experteninterviews
3 Abkürzungsverzeichnis
4 Abbildungsverzeichnis

I „Störenfriede“ am Verhandlungstisch. Die Demobilisierung des Paramilitärs - ein kolumbianisches Rätsel?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Kolumbienkarte1

1 Untersuchungsgegenstand und Fragestellung

Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem im Ausland leider nicht umfas- send verfolgten aktuellen Verhandlungsprozess des kolumbianischen Paramilitärs mit der Regierung Álvaro Uribes. Unter welchen Umständen und Bedingungen kam der Dialog mit einer der weltweit größten illegal bewaffneten Gruppen, den „Autode- fensas Unidas de Colombia“ (AUC), zu Stande? Welche Risiken bergen die Ver- handlungen mit Kolumbiens „rechter Guerilla“, welche Herausforderungen erwarten das Land bei der Reintegration von über 30.000 Ex-Kombattanten? Sollte die De- mobilisierung des Paramilitärs zwar Mut für eine friedlichere Zukunft Kolumbiens machen, fällt die Analyse ihrer Hintergründe ernüchternd aus.

1.1 Hintergrund: das kolumbianische Paramilitär - ein „Störenfried“ am Verhandlungstisch

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der heraufziehenden Bedrohung der westlichen Welt durch den Kommunismus hat sich eine Unzahl (wissenschaftlicher) Veröffentlichungen mit dem Thema linker Aufstandsbewegungen befasst. Die Ge- genseite jedoch, die vom Staat finanzierten und ideologisch unterstützten paramilitä- rischen Verbände, sind in der Literatur viel weniger dokumentiert.2 Dabei war und ist die Aufstellung paramilitärischer Einheiten ein weltweit verbreitetes System der staatlichen Aufstandsbekämpfung.3 Als aktuelle Beispiele nennen Kalyvas und Arjo- na die Kooperation des russischen Staates mit tschetschenischen Milizen oder die Unterstützung der serbischen Armee durch Paramilitärs während des Bosnien- kriegs.4 In Lateinamerika gab es paramilitärische Einheiten sowohl in den Ländern des Cono Sur, als auch in Mittelamerika (insbesondere in Guatemala und El Salva- dor) und in Kolumbien.

Von den verschiedenen kolumbianischen Regierungen entweder offen unterstützt oder stillschweigend geduldet, vom Militär gefördert, von Großgrundbesitzern, Ag- rarunternehmern und letztendlich der Drogenmafia finanziert, breitete sich das ko- lumbianischen Paramilitär Ende der 80er Jahre aus: Von der „Wiege des Paramili- tärs“, der Großregion Magdalena Medio, ausgehend bildeten sich zunächst im Nor- den des Landes, in den Regionen Urabá, Córdoba, Chocó, Bolívar und Boyacá wei- tere Gruppierungen. Später tauchten paramilitärische Einheiten auch im bis dahin von der Guerilla beherrschten und vom Kokaanbau geprägten Südwesten auf. Dabei erwarben die Paramilitärs (auf legale und illegale Weise) im Laufe der Zeit nichtnur große Mengen von Ländereien und verwickelten sich ins Drogengeschäft, sie knüpften auch Kontakte in die legale Wirtschaft und begannen staatliche Institutio- nen zu infiltrieren. Vom Drogengeschäft, von Erpressung, Vertreibung und Entfüh- rung - kurz von Gewalt und zum großen Teil von dem bewaffneten Konflikt - le- bend, sabotierten die Paramilitärs, die sich durch ihre zunehmend autonome Finan- zierung immer mehr vom Staat emanzipierten, dessen Verhandlungen mit den Gue- rillagruppen. So Eppert:

„Schon vor einiger Zeit wurde klar, dass die Paramilitärs, die sich daran ge- wöhnt hatten, von der Gewalt zu leben, ein Hindernis für jeden Friedensschluss zwi- schen Regierung und Rebellen werden könnten. Sie waren an Frieden schlicht nicht interessiert.”5

Hatte das Paramilitär bereits in den 80er Jahren als Reaktion auf die Friedensge- spräche mit der Guerilla starken Zulauf erhalten, torpedierte es unter der Regierung Pastrana (1998 - 2002) mutwillig die Verhandlungen mit den Rebellen. Dabei stan- den zwei Handlungsmotive im Vordergrund. Zum einen fürchteten das Paramilitär und seine Hintermänner die Möglichkeit politischer Reformen und den Verlust ihrer bisherigen Macht, zum anderen zogen sie aus der Konfliktsituation und der Schwä- che des Staates wirtschaftlichen Profit. Von einem geschwächten Staat ungestört gingen sie ihren illegalen Geschäften nach und plünderten die Bevölkerung aus. Jahrelang als „Störenfried“ der Regierungsverhandlungen mit der Guerilla kategori- siert, kündigte die größte paramilitärische Organisation, die AUC, im November 2002 jedoch plötzlich einen einseitigen Waffenstillstand6 an und nahm selbst Ver- handlungen mit der Regierung Uribe auf. Ziel des Verhandlungsprozess: die voll- ständige Entwaffnung des Paramilitärs und seine Rückkehr in das zivile Leben. Die Öffentlichkeit reagierte überrascht. Das Rätsel über das „Warum?“ der Verhand- lungsaufnahme, die Frage nach den Motiven der Paramilitärs, rückte in den Mittel- punkt des Interesses. Und zu Recht! Denn nur, wer weiß, warum eine der größten illegalen Organisationen der Welt ihre Waffen niederlegt, kann die Konsequenzen ihrer Demobilisierung beurteilen und sich den Herausforderungen ihrer Reintegrati- on stellen. Die Lösung des Rätsels „Warum verhandelt das Paramilitär?“ steht im Mittelpunkt vorliegender Arbeit, wenn auch mit ernüchternden Ergebnissen.

1.2 Fragestellung: Warum verhandelt das Paramilitär?

„Die Vereinigten Autodefensas Kolumbiens gibt es nicht mehr.“7 Mit diesen Worten kündigte Luis Carlos Restrepo, Hochkommissar für den Frieden der kolumbiani- schen Regierung, am 17. April 2006 das vorläufige Ende des Demobilisierungspro- zesses der größten paramilitärischen Gruppierung, der „Autodefensas Unidas de Colombia“ (AUC) an.8 Nach einem zögerlichen Beginn hatte die Demobilisierung des Paramilitärs zu Beginn des Jahres 2006 eine Eigendynamik erreicht, die alle Erwartungen übertraf. Das Büro des Hochkommissars zog im Juni 2006 folgende Bilanz: statt der erwarteten 20.000, hatten sich 30.151 Personen9 demobilisiert und dabei 17.00010 Waffen abgegeben.11 Die Euphorie über diesen „Erfolg“ hielt sich jedoch insbesondere bei Nichtregierungsorganisationen und internationalen Beob- achtern in Grenzen. Dass sich der ehemalige „Störenfried“ der Friedensgespräche mit den Rebellen in den ersten Verhandlungspartner der Regierung verwandelt und die Waffen niedergelegt hat, war für viele (inter)nationale Beobachter ein Rätsel. Denn zum einen schien sich das Paramilitär nach einer starken Wachstumsphase unter Präsident Pastrana (1998 - 2002) in bester finanzieller und militärischer Ver- fassung zu befinden: „During their major growth phase of 1998 - 2002 the paramili- taries became one of the best-stocked and largest non - state armed group in the world […].”12 Zum anderen war es von seinem ursprünglichen Ziel, der Vernichtung der Guerilla, noch weit entfernt. Während das Paramilitär seine Waffen abgab, ver- fügten die beiden größten kolumbianischen Guerillabewegungen, die „Fuerzas Ar- madas Revolucionarias de Colombia“ (FARC) und das „Ejército de Liberación Naci- onal“ (ELN), noch insgesamt über 20.000 bewaffnete Mitglieder.13 Und so bemerkte Carlos Castaño,14 ehemaliger politischer Kopf der AUC, in einer Pressemitteilung selbst:

„Wir Autodefensas haben immer gesagt, dass unsere Demobilisierung eine Konsequenz aus dem Ende der Guerilla sein würde, so wie unsere Geburt eine Antwort auf ihre Entstehung war. […] Nichtsdestotrotz verhandeln wir heute mit der Regierung und die Kolumbianer fragen sich: was und warum verhandeln die Auto defensas?“15

Um diese Fragen zu beantworten argumentiert vorliegende Arbeit wie folgt:

Das Paramilitär hat sich im Laufe seiner Geschichte von einem staatlich geplanten in einen vom Staat autonom handelnden, von einem militärischen in einen wirt- schaftlichen, politischen und sozialen Akteur, von einem Aufstandsbekämpfungs- in ein kriminell-mafioses Projekt verwandelt. Demgemäß haben sich die Ziele des Pa- ramilitärs radikal geändert. Anstelle der Unterstützung der staatlichen Aufstandsbe- kämpfung und der Verfolgung der Guerilla stehen längst privatwirtschaftliche und machtpolitische Interessen im Vordergrund der paramilitärischen Aktivitäten. Und diese schienen durch die Aufnahme von Verhandlungen keineswegs gefährdet zu sein. Im Gegenteil: Präsident Uribe bot den Paramilitärs eine günstige Gelegenheit, unter großzügigen rechtlichen Bedingungen in das zivile Leben zurückzukehren und dabei ihren illegal - größtenteils durch den Drogenhandel - erworbenen Reichtum zu legalisieren. Mit den Worten Schumanns suchten die Paramilitärs mit den Demo- bilisierungsverhandlungen also: „ […] einen bequemen Weg zurück ins Zivilleben, denn sie wollen endlich ihren immensen Reichtum legalisieren. Präsident Uribe bie- tet ihnen mit seinem Demobilisierungsplan eine einzigartige Chance.“16 Für diese These spricht auch das mangelnde „Was?“ der Verhandlungen: Hauptthema des Verhandlungsprozesses bildeten keinesfalls politische Reformen, noch Forderungen des Paramilitärs nach einem Regierungsplan gegen die Guerilla oder Ähnliches. Die Forderungen des Paramilitärs beschränkten sich auf die (geringe) Höhe ihrer Haft- strafen, die Garantie nicht ausgeliefert zu werden und die Frage nach dem Erhalt ihrer Besitztümer. Um diese Argumentation zu beweisen und damit auch die „Rät- selhaftigkeit“ der Verhandlungen zu widerlegen, wird wie folgt vorgegangen.

1.3 Konzept und Methodik

Die Erörterung der grundlegenden Begriffe - „Paramilitär“, „Störenfried“, „(Frie- dens)Verhandlungen“, - dient als theoretische Basis für das anschließende Fallbei- spiel Kolumbien (1.4). Dieses gliedert sich in vier Abschnitte. Einer kurzen Übersicht über die Geschichte des bewaffneten Konflikts und seine Akteure (2.1) folgt die chronologische Darstellung der Entwicklung des Paramilitärs: unter welchen Bedin- gungen entstand dieses, wie kam es zu seiner Ausbreitung, wer waren seine Förde- rer, wie und warum änderten sich seine Ziele und Motive? Am Beispiel der Friedensverhandlungen der Regierungen Betancur und Pastrana soll auf die Rolle des Paramilitärs als „Störenfried“ eingegangen werden. Das Kapitel abschließend fragt ein Überblick nach seiner heutigen Natur. Denn erst mit der Antwort auf die Frage „Mit wem wird eigentlich verhandelt?“ wird das „Warum“ der Verhandlungen ver- ständlich (2.2). Um die anscheinende Rätselhaftigkeit der Demobilisierung der Pa- ramilitärs zu widerlegen, sollen die (vorgeblichen) Gründe für deren Verhandlungs- bereitschaft systematisch analysiert und gegeneinander abgewogen werden. Dabei werden insbesondere drei Faktoren berücksichtigt: der internationale Kontext, das nationale Umfeld sowie die innere Schwächung des Paramilitärs (2.3). Die These, das Paramilitär habe in den Verhandlungen mit der Regierung Uribe eine einmalige Chance gesehen, auf bequemen Weg ins Zivilleben zurückzugelangen und dabei seinen immensen Reichtum zu legalisieren,17 soll durch die abschließende Darle- gung seiner heutigen Situation, seines wirtschaftlichen, politischen und sozialen Einflusses, belegt werden (2.4). Längst durch andere als reine Gewaltmechanismen in der Gesellschaft verankert, hat sich das Paramilitär auch nach seinem offiziellen Ende eine breite Einflusssphäre in Politik und Wirtschaft bewahrt. Das Fazit be- schäftigt sich daher mit der Frage nach der Bedeutung seiner Demobilisierung für die Herstellung eines dauerhaften Friedens in Kolumbien (2.5). Welche Lehren las- sen sich nun abschließend aus dem Verhandlungsprozess ziehen? Ein Ausblick überprüft, inwieweit der kolumbianische Fall auf andere Länder übertragbar ist (3).

Aus einem methodischen Gesichtspunkt heraus behandelt die vorliegende Arbeit ein einzelnes Fallbeispiel. Eine vergleichende Analyse zum Umgang mit „Störenfrie- den“ wäre zwar durchaus interessant gewesen, hätte den Rahmen dieser Arbeit jedoch gesprengt. Aus diesem Grund sollen vergleichende Elemente nur im Aus- blick angerissen werden. Sich auf das Fallbeispiel Kolumbien konzentrierend, stützt sich die Arbeit sowohl auf die Analyse von wissenschaftlicher Literatur, als auch auf empirische Forschungsergebnisse. Diese Mischung erklärt sich wie folgt. Seit der ersten Fallstudie über paramilitärische Strukturen aus dem Jahr 199018 ist das wis- senschaftliche Interesse am Phänomen Paramilitär zumindest in Kolumbien selbst stark gewachsen; die kolumbianische Fachliteratur bietet hier eine breite Auswahl an Veröffentlichungen. Für die deutschlandweite Recherche war die Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts in Berlin, die größte europäische Fachbibliothek für Lateinamerika, hilfreich. In Kolumbien selbst nutzte die Autorin die größte Bibliothek des Landes, die „Biblioteca Luis Ángel Arango“ in Bogotá. Zum aktuellen Verhand- lungs- und Demobilisierungsprozess liegen jedoch bisher kaum wissenschaftliche Publikationen vor. Diese Herausforderung hat die Autorin bewusst angenommen, da sie in ihr die Chance sah, aufgrund von selbstständigen Recherchen vor Ort eine - zumindest in Ansätzen - eigene Argumentation zu erarbeiten und diese zu belegen. Ein großer Teil der Arbeit beruht daher auf der Analyse der Informationen aus aktu- ellen Kolumbienberichten internationaler Organisationen sowie auf den von der Au- torin gesammelten Angaben kolumbianischer Behörden und Informationsmedien. Um die Ereignisse und Debatten um den Verhandlungs- und Demobilisierungspro- zess zu rekonstruieren, wurde systematisch die Berichterstattung der größten ko- lumbianischen Tageszeitung, „El Tiempo“, sowie der drei größten politischen Wo- chenzeitschriften „Cambio“, „Semana“ und „El Espectador“ im Zeitraum 2002 bis 2006 verglichen. Letztlich stützt sich die Autorin im Verlauf der gesamten Arbeit auch auf die insgesamt vierzehn Experteninterviews, die sie vor Ort führen konnte. Die Interviews wurden im Juni/Juli 2006 in Bogotá durchgeführt und umfassen Ge- spräche mit Hochschulprofessoren, Analysten verschiedener NGOs, Mitarbeiten internationaler Beobachterorganisationen sowie offiziellen Regierungsbehörden. Bei der Wahl der Interviewpartner hat die Autorin versucht, ein möglichst breites Spekt- rum an Experten unterschiedlichster Couleur abzudecken. Als Interviewmethode wurde das offene Interview gewählt. Die Autorin stützte sich zwar auf einen selbst erstellten und verschiedene Themenbereiche abdeckenden Interviewleitfaden, je nach Spezialgebiet der befragten Person wurde dieser jedoch um Erweiterungsfra- gen ergänzt (Vgl. Interviewpartner im Quellenverzeichnis, Leitfaden im Anhang). Graphische Darstellungen, Karten zur Geographie Kolumbiens und Fotomaterial sollen dem Leser eine Orientierungshilfe bieten (Vgl. auch Abbildungsverzeichnis im Anhang).

1.4 Begriffsbestimmungen

Auf die wichtigsten Begriffe der Arbeit, „Paramilitär“, „Störenfriede“, „(Frie- dens)Verhandlungen“ wird bereits im Titel verwiesen. Im Folgenden sollen sie eingehend erörtert werden. Ziel ist es, die Besonderheiten des kolumbianischen Falles, aus denen sich erst das Verständnis für die komplexe Verhandlungssituation erschließt, herauszuarbeiten.

1.4.1 Begriffserklärung Paramilitär

Kalyvas und Arjona definieren wie folgt:

„Die Paramilitärs sind bewaffnete Gruppen, die direkt oder indirekt mit dem Staat und seinen lokalen Agenten verbunden sind, vom Staat gebildet oder von die- sem toleriert werden, die sich jedoch außerhalb seiner formalen Struktur befin- den.”19

Die Gefahr des Entstehens paramilitärischer Gruppen ist laut diesen Autoren dann besonders hoch, wenn der betroffene Staat einer großen Bedrohung (z. B. durch Rebellengruppen) ausgesetzt ist und über geringe Mittel verfügt, diese selbst zu bekämpfen. Die Vorteile paramilitärischer Verbände gegenüber traditionellen Ar- meetruppen liegen laut Ahram in ihren genauen Kenntnissen über lokale Gegeben- heiten, ihrer dezentralisierten Kommandostruktur und ihrer im Vergleich zu den bü- rokratischen Regulärtruppen größere Fähigkeit zu Innovation und Flexibilität.20 Zu- dem werden durch das Outsourcing, das heißt durch die freiwillige Abgabe eines Teils des staatlichen Gewaltmonopols an parastaatliche Akteure, Kosten gespart. Die Bildung paramilitärischer Einheiten erlaubte es beispielsweise dem guatemalte- kischen Staat die „ […] militärische Maschinerie zu sehr viel geringeren Kosten aus- zubauen, als es der Ausbau des eigenen Heers gestattet hätte.”21 Ein weiterer As- pekt des Outsourcings, der wegen der zunehmenden Beobachtung durch die inter- nationale Gemeinschaft immer wichtiger wird, ist die Abgabe von Verantwortung. So werden paramilitärische Verbände nicht selten von der Regierung aufgestellt um „ […] die Verantwortung für extremere Manifestationen von Gewalt leugnen zu können.“22 „Their semi-independent status enables governments to distance themselves from militia activities, a useful device for avoiding responsibility for belligerent and illegal acts.”23 Die zwiespältige Haltung des Staatsapparates gegenüber seinen paramilitärischen Kräften stellt Eppert heraus:

„ […] meist gut besoldet, erledigen sie die Drecksarbeit, für die Justiz und Armee sich zu schade sind. […] Man kann sie brauchen aber man will sie auf Distanz halten. Man lässt sie gewähren, unterstützt sie heimlich, doch behält man sich vor, die angerichteten Massaker zu bedauern und zu verurteilen.”24

Auch wenn das kolumbianische Paramilitär heutzutage wohl als das prominenteste Beispiel dieser Art von Akteur gelten mag, muss auf seine Besonderheiten hingewiesen werden, die mit seiner stetigen Transformation zusammen hängen:

„Sie begannen als Familie von Rächern, waren dann ein klassisches Paramilitär, bis sie heute eine parastaatliche, autonome Gruppierung sind. […] Die AUC entfernen sich heute von der traditionellen Definition ´Paramilitär´; man könnte sie als ´rechte Guerilla´ bezeichnen.“25

In der Tat hat sich das kolumbianische Paramilitär ab den 80er Jahren immer mehr zu einem vom Staat unabhängigen Akteur entwickelt. Das heutige Paramilitär nur als verlängerten Arm der Armee anzusehen, käme laut Spencer einer gefährlichen Vereinfachung gleich, denn „ […] over the last 10 years the paramilitaries have inc- reasingly demonstrated their independence.”26 Als unabhängige Kraft sieht sich auch das Paramilitär selbst. Die Gründung der „Autodefensas Unidas de Colombia“ am 18. April 1997 habe bewiesen, „ […] dass diese Organisation nicht aus ein paar vom Staat aufgestellten Paramilitärs besteht, sondern dass es sich um eine unab- hängige Kraft handelt.“27

Was vor diesem Hintergrund bisher fehlt, ist eine Neudefinition der Natur des heuti- gen Paramilitärs; Begriffe wie „Narco-Paramilitärs”, „Paramilitärs der dritten Genera- tion” oder „Kriegsunternehmer” wechseln sich in der Literatur ab. Zur fehlenden Abgrenzung des Phänomens - sowohl im umgangssprachlichen, als auch im wis- senschaftlichen Sprachgebrauch - von anderen Gewaltakteuren, wie zum Beispiel der „Mafia”, den „Privatarmeen von Unternehmern” oder den „Todesschwadro- nen”,28 ließ sich in der Vergangenheit stets folgendes sagen: Während die Paramili- tärs bisweilen Merkmale all dieser Gewaltakteure annehmen, fehlt diesen im Ge- genzug das wichtigste Merkmal des Paramilitärs: die Verbindung zum Staat. Dieses Merkmal verliert das kolumbianische Paramilitär, wie oben geschildert, jedoch zuse- hends. Und auch seine alte Definition als Selbstverteidigungsbündnis scheint nicht mehr angebracht. Während der Kampf gegen die Guerilla oftmals nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, entwickelt sich das Paramilitär immer mehr zu einem Akteur der organisierten Kriminalität. Geleugnet wird diese Entwicklung nach Außen durch die Vorgabe eines politischen Projekts. Dessen Existenz ist in der Fachwelt jedoch umstritten (Vgl. dazu Kapitel 2.2.5). Während die akademische Debatte um eine Neudefinition des Phänomens noch nicht abgeschlossen ist, zögern die kolum- bianischen Medien nicht, es bei der alten Bezeichnung „Paramilitares” oder abge- kürzt „Paras” zu belassen. Eine Bezeichnung, die den Paramilitärs selbst übrigens nicht gefällt. Diese belassen es aus Legitimationsgründen lieber bei dem auf das Recht zur Selbstverteidigung verweisenden Begriff „Autodefensas“ (zu Deutsch: „Selbstverteidiger“).29 Während ein Selbstverteidigungsbündnis aber eine klare De- fensivfunktion gegenüber feindlichen Angriffen erfüllt, griffen die paramilitärischen „Autodefensas“ oft genug offensiv zu den Waffen, um die von der Guerilla besetzen Gebiete zu „befreien“.30 Die Selbstbezeichnung „Autodefensas” stellt in diesem Sin- ne nichts weiter als einen Euphemismus dar.31 In vorliegender Arbeit wird die Auto- rin sie deshalb in Anführungszeichen setzen.

1.4.2 Wer oder was ist ein „Störenfried“?

Auch wenn die wissenschaftliche Literatur zum Thema „Störenfriede“ eher rar ist, lassen sich doch verschieden Veröffentlichungen finden, die sich intensiv mit dem Konzept des „Störenfrieds“, „Spielverderbers“ oder zu englisch „spoiler“ befassen.32 Laut Schneckener sind als „Störenfriede“ die Akteure zu bezeichnen, „ […] die einen Friedensprozess unterlaufen, blockieren oder sabotieren, da sie fürchten, bei einem Friedensabkommen entweder etwas zu ´verlieren´ oder aber nicht angemessen berücksichtigt zu werden”.33 Dabei können die „Störenfriede” verschiedene Positio- nen einnehmen: sie können am, hinter oder unter dem Verhandlungstisch sitzen. Letztere beiden Kategorien kann man laut Stedman auch als „outside spoiler” be- zeichnen, da sie im Gegensatz zum „inside spoiler” nicht selbst Vertragspartei sind:

„Outside spoilers are parties who are exluded from a peace process or who exclude themselves, and use violence to attack the peace process.”34 Ausdrücklich den Ge- brauch von Gewalt als Merkmal betonend, definiert Stedman „spoiler“ allgemein als „ […] leaders and parties who believe that peace emerging from negotiations threat- ens their power, worldview, and interests, and use violence to undermine attempts to achieve it.”35

Die Anwendung von Gewalt als Definitionsbestandteil für „Störenfriede” ist in der Literatur jedoch umstritten.36 Diese wissenschaftliche Debatte ist im kolumbiani- schen Fallbeispiel allerdings weniger relevant. Die Sabotage der Friedensverhand- lungen durch das Paramilitär ging nämlich klar mit der Anwendung von Gewalt ein- her. Schneckener nennt vier Motive für die sabotierende Haltung der „Spielverder- ber“:37

- Need oder Grievance: Die Akteure sind mit einer bestimmten Lösung nicht einverstanden, da bestimmte Bedürfnisse (Needs) nicht befriedigt werden bzw. Missstände (Grievance) nicht beseitigt werden. Sie fürchten durch das Frie- densabkommen politische Macht und Einfluss zu verlieren;
- Greed: Die Störenfriede sind nicht an einem Friedensabkommen interessiert, weil sie aus der Konfliktsituation ökonomische und/oder politische Vorteile zie- hen. Als Beispiel können die Ausbeutung von Rohstoffen und Bodenschätzen, Raub und Plünderung, Erpressung und Schutzgelderhebung, Schmuggel und Schattenwirtschaft angeführt werden;38
- Creed: Die Störenfriede fürchten ihre (kulturelle, ethnische oder religiöse) I- dentität zu verlieren;
- Autismus der Gewalt: Was zunächst als Mittel zur Erreichung von politischen Zielen gedacht war, gerät bald außer Kontrolle und entwickelt sich in Eigendy- namik zum Selbstzweck. Anfällig hierfür sind insbesondere kleine, konspirative Gruppen.

Im Fall des kolumbianischen Paramilitärs sind die beiden ersten Erklärungsmodelle heranzuziehen. Wie zu sehen sein wird, fürchteten die Paramilitärs und ihre Hinter- männer zum einen, die Friedensverhandlungen der Regierung mit der Guerilla und die damit einhergehenden Reformprozesse könnten die traditionellen Machtstruktu- ren verändern. Zum anderen zogen sie aus der Konfliktsituation auch wirtschaftli- chen Profit.

1.4.3 Friedensverhandlungen?

Friedensverhandlungen werden als Verhandlungen zwischen zwei oder mehreren Staaten aufgefasst, die einen Krieg durch die Suche nach einer verhandelten Lösung beenden sollen. Sie können sich jedoch auch auf die Verhandlungen zwischen einer Regierung und einem innerstaatlichen Kriegsakteur, beispielsweise einer Aufstandsbewegung, beziehen. Einen verhandelten Ausweg aus einem internen Krieg zu finden, wird von Stedman und Zartmann als besonders schwierig eingeschätzt.39 Als Gründe dafür nennt Stedman man vier Faktoren:40

- das Sicherheitsdilemma, das auf dem dem Verhandlungspartner entgegenge- brachten Misstrauen beruht;
- die gerade in internen Konflikten oftmals „totalitären Ziele“ der einzelnen Kriegsparteien;
- das eventuelle Auftreten starker Führungspersönlichkeiten, die Verhandlungen ablehnen und ihre Haltung durchsetzen können;
- die „Rhetorik des totalen Krieges“, die bei einem späteren Umschwenken auf Verhandlungen oftmals Glaubwürdigkeitsprobleme hervorruft.

Nichtsdestotrotz hat es in Kolumbien Verhandlungen (und Resultate!) gegeben. Handelt es sich hier also um einen seltenen Sonderfall, dem es gelungen ist die richtigen Methoden Erfolg versprechend anzuwenden? Um die Verhandlungen in Kolumbien bewerten zu können, ist es notwenig einen Blick auf ihre Besonderheiten zu werfen. Dabei sticht die fehlende Opposition des Paramilitärs zur Regierung ins Auge. Denn das Paramilitär ist eben keine dem Staat feindlich gegenüber stehende Aufstandsbewegung, wie sie Zartmann definiert: „ […] an opposition that contests the government´s legitimate monopoly of violence and uses violent means to press its demands and to contest government authority”.41 Das Paramilitär hat sich im Ge- genteil stets als Stütze für den Staat verstanden, dessen Status es verteidigen, wenn nicht stärken, wollte. „Im Unterschied zu revolutionären Guerillagruppen arbei- ten paramilitärische Organisationen nicht auf einen Systemumsturz hin; vielmehr sollen gesellschaftliche Reformen und Systemänderungen verhindert werden.“42 Und auch Ahram beschreibt die Paramilitärs als „ […] loyalist militias who mimic the methods and organizational structure of rebel groups, but with opposing objectives: not to seize the state, but to supplement it.”43 Da sich das Paramilitär folglich nie-

mals im Krieg mit der Regierung befand,44 trifft die Bezeichnung „Friedensverhand lungen“ auf den kolumbianischen Fall nicht zu. So auch Patiño: „ […] eine Friedens- verhandlung besteht logischerweise zwischen Gegnern. Zwischen dem Staat und Castaño gab es aber keinen Krieg, also kann man schlecht von Friedensverhand- lungen sprechen.“45 Es handelt sich vielmehr um Verhandlungen zwischen zwei Partnern,46 die im Grunde dieselben Ziele verfolgen, jedoch mit anderen Mitteln.47 Dies wird auch durch die fehlende Aushandlung substantieller Themen bewiesen. Was heißt das? Laut Bejarano Ávila umfassen Verhandlungen stets drei Kompo- nenten:48

- substantielle Themen wie zum Beispiel Reformforderungen;
- operationelle Themen wie zum Beispiel die Festlegung einer Waffenruhe;
- die Festlegung der Vorgehensweise, d.h. das Aufstellen von Verhandlungsre- geln oder die Überprüfung der Einhaltung von Verträgen.

Während die Verhandlungen mit den Paramilitärs ganz klar die beiden letztgenann- ten Merkmale aufweisen, fehlt erstgenanntes Kriterium, nämlich die Diskussion von substantiellen Themen, vollständig. Im Folgenden wird deswegen nicht der Begriff „Friedensverhandlungen“ benutzt werden, sondern „Demobilisierungsverhandlun- gen“.49

2 Die Demobilisierung des Paramilitärs - ein kolumbianisches Rätsel?

2.1 Hintergrund: Vier Jahrzehnte bewaffneter Konflikt in Kolumbien

Hintergrund der aktuellen Situation ist der über 40jährige50 bewaffnete Konflikt in Kolumbien, der erst durch den „Anti-Drogen Kampf“ der Bush-Regierung und die Öffentlichkeitsarbeit verschiedener Menschenrechtsorganisationen in den Blickpunkt breiten internationalen Interesses gelangte.51

2.1.1 Geschichte des bewaffneten Konflikts

Die fast 200jährige Geschichte Kolumbiens seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahre 1819 ist durch gewaltsame Auseinandersetzungen geprägt. Allein im 19. Jahrhundert erlebte das südamerikanische Land neun Bürgerkriege und über 40 regionale Rebellionen.52 Der Phase der „Violencia” (1948 - 1958)53 konnte mit der Entmilitarisierung des Zweiparteienkonflikts durch die Gründung der Frente Nacional (FN)54 im Jahr 1957 ein Ende gesetzt werden. Der sich anschließende bipolare Kon- flikt zwischen dem Staat und den ab den 60er Jahren entstehenden Guerillagruppen gilt als Ausgangspunkt des heutigen multipolaren Konfliktes zwischen linken Auf- ständigen, rechten Paramilitärs, der Drogenmafia und den regulären Streitkräften.55 Seine Kennzeichen sind die „Multiplikation und Kreuzung verschiedener Formen der Gewalt“, das „Entstehen einer gigantischen illegalen Wirtschaft rund um den Dro- genhandel” und das Auftreten einer Vielzahl von Gewaltakteuren:56

„Speziell kolumbianisch ist, dass der laut Theorie einzige Macht- und Kriegsmonopolist Staat nicht nur gegen einen einzelnen Herausforderer kämpfen muss, sondern dass er mit einer Vielzahl von parastaatlichen und privaten Akteuren, Söldnern, Guerilleros, Terroristen und „Warlords“, die alle vom Krieg leben und daher nicht unbedingt den Frieden suchen, koexistieren muss.“57

Der eigentliche Ursprung des „Dauergemetzels in Kolumbien“ liegt dabei laut Waldmann im Elitendominierten Zwei-Parteien System:

„Ein geschlossenes, von der Oberschicht kontrolliertes Parteiensystem, das politischen Außenseitern keinerlei Mitsprachechance einräumte, erzeugte irgend- wann gewaltförmigen Protest. Da dieser kein Gehör fand, verdichtete er sich zu Guerillaorganisationen, die teils auf dem Land, teils in den Städten operierten. Auf dem Land besteuerten sie die Großgrundbesitzer, die sich ihrerseits zur Wehr setz- ten, indem sie bewaffnete Milizen zur Selbstverteidigung aufstellten [...].“58

Einer der Hauptgründe für die scheinbare Unüberwindbarkeit des Konflikts ist die Finanzierung der illegalen Gruppierungen durch den Drogenhandel ab den 80er Jah- ren. Während Kolumbiens Einstieg ins Drogengeschäft Mitte der 60er Jahre über den Verkauf von Marihuana erfolgte, boomte das Geschäft Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre mit dem Vertrieb des von Bolivien und Peru importierten Kokains durch die berühmt-berüchtigten Kartelle von Medellín und Cali. Erst später verlagerte sich auch der Anbau selbst nach Kolumbien.59 Betroffen waren zu- nächst die im Südwesten gelegenen De- partamente wie Putumayo und Caquetá von wo sich der Anbau dann auch auf andere Landesteile ausweitete (Vgl. Abb. 2). Abb. 2: Drogenanbau und -Kartelle [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Verschiedene Faktoren wie ein breites Schmuggelnetzwerk, fehlende staatliche Kontrolle in weiten Teilen des Landes und der durch eine relativ hohe Zahl von Immigranten gesicherte Zugang zum US-amerikanischen Markt, ließen Kolumbien in der Folgezeit zum weltweiten Hauptproduzent (70 - 80%)60 von Kokain werden.61 Auch wenn der Drogenhandel keinesfalls die Ursache für den bewaffneten Konflikt war, so ist seine Konfliktverstärkende, da ihn finanzierende, Rolle unbestritten.62 Nachstehende Grafik zeigt die aktuellen „Koka-Brennpunkte“ (Abb. 3).

2.1.2 … und seine bisherige Bilanz

Den komplexen Konflikt, der sich aus einer Vielzahl von Gewaltaktionen zusammensetzt, statistisch zu erfassen, gestaltet sich schwie- rig. Das Gewaltspektrum reicht von militäri- schen Operationen der Regierungstruppen über Überfälle der Guerilla und des Paramili- tärs auf die Bevölkerung bis hin zu durch den Drogenhandel hervorgerufenen Bandenkrie- gen und gewöhnlichen Gewaltverbrechen.63

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Kokaanbaugebiete 2006 (gelb eingezeichnet)

Im Folgenden soll mit Hilfe verschiedener Zahlen versucht werden, das Ausmaß der Gewalt, die in Kolumbien bereits zu einem „Alltagsphänomen“ geworden ist, zu be- legen.64 Laut UN- Flüchtlingsreport 200665 sind allein seit 1990 über 40.000 Men- schen in direkter Folge des bewaffneten Konflikts umgekommen. Hauptopfer ist die Zivilbevölkerung: zwischen 1975 und 1995 waren mehr als zwei Drittel der im Kon- flikt umgekommenen Zivilisten.66 Darüber hinaus ist das Leben in Kolumbien jedoch für einen großen Teil der Bevölkerung mit dem Erleben alltäglicher Brutalität ver- bunden. Einen Anhaltspunkt für die anhaltende - allerdings nicht nur auf den Kon- flikt bezogene - Gewalt in Kolumbien bietet die Evaluation der Mordrate pro 100.000 Einwohner.67 Seit Beginn der 80er Jahre ansteigend, erreichte die Mordrate Anfang der 90er Jahre mit rund 80 Ermordungen pro 100.000 Einwohner ihren traurigen Höhepunkt. Im neuen Jahrtausend konnte sie von 65 Morden pro 100.000 Einwohner (2002) auf 39 Morde pro 100.000 Einwohner (2005) gesenkt werden.68 Dabei ist dieser Indikator stark von Geschlecht und Alter der Personen abhängig. Laut einer Studie von „Ärzte ohne Grenzen“ liegt der Index für Männer im Alter von 15 bis 44 Jahren bei 221/100.000.69 Im internationalen Vergleich (2002: 8,8/100.000)70 ist Kolumbien damit eines der gewalttätigsten Länder weltweit,71 pro Jahr fallen durchschnittlich 25.000 Menschen einem gewaltsamen Tod zum Opfer (Vgl. Abb. 4). Dazu passt auch die landesweite Verbreitung so genannter „Büros“ („Oficinas“) - allein in der ehemaligen Drogenhochburg Medellín gab es zeitweise an die 50 - deren „Geschäft“ in der Vermittlung von Mordaufträgen besteht.72

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Anzahl der jährlichen Morde in Kolumbien zwischen 1986 -2005

Besonders stark von der Gewalt betroffen sind die ländlichen Regionen des Landes. Die Mehrzahl der gewaltsamen Todesfälle ereignet sich in Regionen mit einer Be- völkerungsdichte von weniger als 50 Einwohnern pro km².73 Dies ist auch ein Grund, warum die indigene Bevölkerung von dem Konflikt überproportional stark betroffen ist. Obwohl sie nur zwei bis drei Prozent der Gesamtbevölkerung umfassen, gehö- ren acht Prozent der Binnenvertriebenen indigenen Bevölkerungsgruppen an. Laut dem letzten UN-Bericht74 wird Kolumbien mit einer Größenordnung von zwischen zwei und drei Millionen Binnenvertriebenen nur durch den Sudan übertroffen. Wäh- rend seit 2000 100.000 Kolumbianer Asyl im Ausland - insbesondere Costa Rica, Ecuador, Panama und Venezuela sind Anlaufländer - gesucht haben, werden die meisten Vertriebenen zu Flüchtlingen im eigenen Land. Dass allein im Jahr 2004 mit 288.000 Neuvertriebenen gerechnet wurde, zeigt die Kontinuität dieses Problems.

Weitere Gewaltphänomene stellen die Verwendung von Anti-Personenminen sowie die dramatisch hohe Anzahl an Entführungen dar.75 So findet laut Thoumi fast die Hälfte aller weltweiten Entführungen in Kolumbien statt.76 Detaillierter schildert Pax Christi, dass die jährliche Entführungsrate seit 1980 fast kontinuierlich angestiegen ist, bis sie im Jahr 2000 den „weltweiten Rekord” von 3706 Entführungen erreichte. Durchschnittlich wird in Kolumbien demzufolge alle drei Stunden ein Mensch ent- führt.77 Einen weiteren traurigen Rekord stellt Kolumbien mit einem jährlichen Durchschnitt (1998-2004) von 377 Anti-Personenminen Unfällen auf.78 Verantwort- lich für die Mehrzahl der gelegten Minen sind die Guerillagruppen ELN und FARC. Da die Eigenherstellung einer Anti Personenmine nur zwischen einem und drei Dollar kostet, stellt sie ein kosten- günstiges Verteidigungsmittel gegen das Vordringen von Regierungstruppen oder Paramilitärs in die von der Guerilla besetzen Gebiete dar. Ein Blick auf die Karte (Abb. 5) zeigt, dass die Gebiete mit Präsenz mehrerer bewaffneter Ak- teure, wie zum Beispiel Antioquia, Bo- lívar, Santander, Norte del Santander und Meta, am stärksten betroffen sind. Die Opfer sind zu 40% Zivilisten.79

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Minenunfälle nach Regionen

Laut Informationen des „Observatoriums für Menschenrechte“ der kolumbianischen Regierung haben sich die Opferzahlen nach der Jahrtausendwende drastisch er- höht.80 Nachstehende Karten (Abb. 6) zeigen die militärischen Aktionen der drei größten illegal bewaffneten Gruppen: den AUC, den FARC und dem ELN im Jahr anbaugebieten der Kokapflanze, operiert, ist das ELN aus historischen Gründen im Norden des Landes angesiedelt. Ingesamt ist gut zu erkennen, dass ein Großteil des kolumbianischen Territoriums, nämlich der im Südosten gelegene Teil des Landes, durch seine geographische Beschaffenheit (Amazonasgebiet) unbewohnt ist und von bewaffneten Auseinandersetzungen verschont bleibt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Militärische Aktionen der AUC, der FARC und des ELNs im Jahr 2002

Die Bilanz des noch immer andauernden Konfliktes ist eine humanitäre Krise, die lange Zeit von der Weltöffentlichkeit unbeachtet blieb. Im Folgenden soll alle Auf- merksamkeit einem ihrer Verantwortlichen, dem Paramilitär, gelten. Dieses wurde in einem im Jahr 2000 erschienenen Bericht des „Observatoriums für Menschenrech- te“ der kolumbianischen Regierung für die Mehrheit der Massaker und Morde an Zivilisten sowie der Vertreibungen von Kleinbauern verantwortlich gemacht.81 Zu- dem stellt es die zweitgrößte Entführergruppe nach den FARC dar. Eine erstaunli- che Wandlung, wenn man bedenkt, dass sein ursprüngliches Losungskürzel MAS („Muerte a los Secuestradores“) zu Deutsch „Tod den Entführern“ lautete. Folgen- des Kapitel gibt Aufschluss.

2.2 Das kolumbianische Paramilitär: die Entstehung eines „Störenfriedes”

Die Geburtsstunde des Paramilitärs in Kolumbien zu bestimmen, ist nicht einfach; laut Zuluaga Nieto hat der Paramilitarismus verschiedene Ursprünge. Je nach Blickwinkel rückt der staatliche Kampf gegen linke Rebellen, die Aufstellung von paramilitärischen Einheiten zum Schutz vor der Guerilla durch Großgrundbesitzer oder aber ihre Finanzierung durch den Drogenhandel in den Fokus der Analyse.82

Als Vorläufer der paramilitärischen „Nationalmilizen” werden dabei die so genannten „pájaros” (zu Deutsch: „Vögel“) angesehen.83 Diese aus gewöhnlichen Kriminellen rekrutierten Banden gründeten sich während des Bürgerkriegs in den 50er Jahren und verfolgten im Auftrag der konservativen Partei, und von der Polizei gedeckt, die Anhänger der liberalen Partei:84 „In the years of the Violencia, the hitmen were called pájaros (birds), not paramilitaries. Whatever the name, what is involved is the use of violence by those in power to maintain power. “85

2.2.1 Ein „uneheliches Kind des Staates“? Die staatlich geplante Entstehung des Paramilitärs im Rahmen der Aufstandsbekämpfung der 60er Jahre

Der Ursprung des Paramilitärs in Kolumbien wird von vielen Autoren in die staatliche Aufstandsbekämpfung eingeordnet.86 So gründeten sich Mitte der 60er Jahre die beiden größten kolumbianischen Guerillabewegungen: die FARC (1966) und das ELN (1964). Während die FARC, heute die größte Guerillaorganisation weltweit,87 hauptsächlich von Kleinbauern unterstützt wurden, setzte sich das ELN aus von der kubanischen Revolution inspirierten Studenten und Anhängern des „Che” Guevara zusammen. Mitte der 80er Jahre gab es in Kolumbien bereits ein halbes Dutzend verschiedener Guerillagruppierungen, darunter zum Beispiel das „Ejército Popular de Liberación“ (EPL, 1965), das „Movimiento 19 de Abril“ (M-19, 1970) und die indi- gene Bewegung „Quintín Lame“ (1984).88 Den internationalen Hintergrund für das staatliche Vorgehen gegen diese revolutionäre Bedrohung bildete der Kalte Krieg:

„Soviet bloc countries supported guerrilla groups with arms, ammunition, military training and sometimes money. On the government side, the US influenced the conflict through the development and dissemination of its ‚National Security Doctrine’ of counterinsurgency, mostly via the Escuela de las Americas.“89

Die von den USA geförderte90 Sicherheitsdoktrin („Doctrina de Seguridad Nacional”) führte zur Entwicklung des so genannten „Plan LASO“ („Latin American Security Operation“), dessen Hauptziel in der Ausmerzung der kommunistischen Bedrohung bestand. Die Strategie in diesem „irregulären Krieg“, die sich unter anderem auf die Erfahrungen der Franzosen in Indochina stützte, sollte darin bestehen, die Bevölke- rung für sich zu gewinnen und den Rebellen damit ihre Unterstützung zu entziehen: „den Fischen das Wasser zu vergiften.“91 In diesem Rahmen erließ der damalige Präsident Kolumbiens, Guillermo León, im Jahr 1965 das Dekret 3398, das drei Jah- re später in ein permanentes Gesetz umgewandelt wurde. Es schuf eine legale Ba- sis für die Einbindung - und die temporäre Bewaffnung - von Zivilisten in die staatli- che Aufstandsbekämpfung.92 Die Entstehung von paramilitärischen Einheiten beruh- te als Teil der „Guerra sucia”, des „schmutzigen Krieges“, also nicht auf einer un- überlegten Aktivität, sondern auf einer staatlich „geplanten Konzeption der Auf- standsbekämpfung”, auf einer „durchdachten Militärstrategie.”93 Auch wenn die ko- lumbianischen Zivilbehörden stets energisch bestritten haben, dass der Einsatz pa- ramilitärischer Gruppen bei der Aufstandsbekämpfung der Regierungspolitik ent- sprach, steht deren Unterstützung durch das Militär außer Frage. Als Beispiel kann das gut dokumentierte Massaker an 27 Mitgliedern der Gemeinde Mapiripán (Meta) im Jahr 1997 herangezogen werden, für das zwei langjährige Mitglieder der Armee, Oberst Hernán Orozco Castro und sein Vorgesetzter, General Jaime Humberto Us- cátegui, verurteilt wurden.94 So gab Orozco an, dass die Paramilitärs von Teilen des Militärs als „Sechste Division“ angesehen würden. Und auch der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte den kolumbianischen Staat bereits für die Gründung von „Autodefensas“-Gruppen im Rahmen seiner Aufstandsbekämp- fungspolitik.95 Ohne die staatliche Verantwortung am Entstehen paramilitärischer Einheiten verneinen zu wollen, sind aber auch folgende Faktoren zu beachten:96

- die Bereitschaft regionaler und lokaler Eliten, paramilitärische Verbände finan- ziell zu unterstützen;
- die Beratung und Kooperation durch das Militär;
- die Führungsübernahme durch Gruppen oder Individuen, die Verbindung zum Drogenhandel hatten;
- der fortbestehende Druck durch die Rebellen, der den unterschiedlichen Ver- bänden einen gemeinsamen Feind lieferte.

„Alianza para el Progreso”. Die USA führten weiterhin militärisches Training und ab 1961 Militärkonferenzen durch. Vgl. Buitrago 2006: 64; ICG 2003a: 4f.

2.2.2 Die Entstehung privat finanzierter „Autodefensas“ als Reaktion auf die Friedensverhandlungen der Regierung Betancur (1982-1986)

In den 80er Jahren begannen sich die vormals staatlich unterstützen paramilitärischen Verbände zu Privatorganisationen zu entwickeln. So beschreibt Arnson:

„Paramilitary organizations underwent a transformation in their profile and function in the early 1980s, when large landowners, ranchers, and drug traffickers took over existing paramilitary groups and established others, creating vast illegal armies in the service of private interests.”97

Die ersten dieser privat finanzierten „Autodefensas“-Verbände entstanden in der Region Magdalena Medio98 (Abb. 7), dem „wichtigsten Laboratorium paramilitärischer Formation“.99 Als Auslöser wird die erhöhte Akti- vität der Guerillagruppen Anfang der 80er Jahre ange- führt:100 „Die Paramilitärs in Kolumbien entstanden [...] als Schutztruppen gegen die Rebellen, finanziert von Großgrundbesitzern, die Anlass hatten, sich vor den Aufständischen zu fürchten.“101 Dieser Argumentation schließen sich auch die Paramilitärs selbst an. Sie se- hen sich damit zum einen in der Rolle des Opfers, zum anderen in der Rolle des patriotischen Verteidigers der Bevölkerung.102

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Großregion Magdalena Medio

So erklärte Salvatore Mancuso, Anführer des „Bloque Catatumbo“ der AUC, in ei- nem Zeitungsinterview 2003: „Wir bewaffneten uns aus einem einfachen Grund: uns bedrohte die Guerilla, sie ermordete Tausende Kolumbianer und der Staat über- nahm nicht die entsprechende Verantwortung. Wir bewaffneten uns, um uns zu ver- teidigen.“103 Und auch Carlos Castaño erklärt: „Es tröstet mich nur, dass ich diesen Krieg nicht angefangen habe. Wir Autodefensas sind die legitimen Kinder der Gue- rilla.“104 Dies spiegelt jedoch nur die Hälfte der Wahrheit wider, denn die Groß- grundbesitzer fürchteten sich nicht nur vor den Überfällen der Rebellen, sie fürchte- ten sich auch vor der Friedenspolitik des 1982 gewählten Präsidenten Betancur (1982 -1986, Konservative Partei) und den möglichen Veränderungen der lokalen Machtstruktur.105 Direkt nach seinem Amtsantritt erklärte Betancur, der als erster Präsident überhaupt Verhandlungen als Ausweg aus dem Konflikt in Betracht zog, die Unterzeichnung eines Friedensvertrags mit den Guerillagruppen zur obersten Priorität seiner Regierung. Der Bildung verschiedener Friedenskommissionen und der Verabschiedung eines Amnestie-Gesetzes folgte die Freilassung von über 1.600 Guerilleros. Im März 1984 wurde der „Acuerdo de la Uribe“ (Meta) zwischen der Regierung und den FARC geschlossen; einige Monate später folgten Verträge mit dem M -19, dem EPL und der „Autodefensa Obrera“ (ADO).106 Das „Trauma“ der Übernahme des Justizpalasts durch das M-19 am 6. November 1985, das mit dem Tod von über 110 Menschen (darunter zwölf Mitglieder des Obersten Gerichtshofes) endete, führte ein Jahr später jedoch zum Abbruch der Verhandlungen.107

Welche Bedeutung hatten die Verhandlungen mit der Guerilla für die Entwicklung des Paramilitärs? Laut Romero ist die Ausbreitung des Paramilitärs ab Mitte der 80er Jahre als Reaktion auf die von den wichtigsten Gesellschaftsschichten uner- wünschten Friedensverhandlungen zu interpretieren.108 So sahen viele in Betancurs Friedenspolitik nur eine „Atempause“ für die FARC.109 Großgrundbesitzer und Far- mer bezeichneten die möglichen Verträge zwischen Regierung und Rebellen als „unvorteilhaft“,110 das Militär fühlte sich vom Präsidenten übergangen. Nach Groß- grundbesitzern und Militär wandte sich letztlich auch das Unternehmertum gegen Betancurs Friedenspläne, als es realisierte, dass Friedensgespräche nicht nur eine einfache Demontage der Guerilla, sondern auch politische Zugeständnisse an diese bedeuteten.111 Denn die Friedensagenda Betancurs umfasste neben einer Amnestie und Wiedereingliederungshilfen für die Aufständigen sowie einem sozialen Entwick- lungsprogramm („Plan Nacional de Rehabilitación“) auch politische Reformen, die auch anderen als den traditionellen Parteien (Konservative Partei und Liberale Par- tei) die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen sollten.112 Insbesondere in den ruralen Landesteilen (wie zum Beispiel in der „Bananen-Region“ Urabá, die über eine starke Gewerkschaftsbewegung verfügt) bedrohten folgende Faktoren die bestehende Machtordnung:113

- die soziale Bewegung der Kleinbauern („campesinos“), die Landreformen for- derten und Ländereien besetzten;
- die militärische Bedrohung durch die Guerilla;
- die Politisierung dieser beiden Faktoren durch die Gründung der linken Partei- en Unión Patriotica (UP) und Frente Popular (FP).

Das Zusammentreffen dieser Faktoren war laut Romero mit einem echten Bedro- hungsszenario für oben genannte Gesellschaftsschichten gleichzusetzen, das schließlich zur Verfolgung der Partei Unión Patriotica (UP) führte. Die im Rahmen der Friedensverhandlungen von La Uribe unter anderem von den FARC und der kommunistischen Partei ins Leben gerufene UP nahm 1986 mit überraschendem Erfolg an Kongress - und Präsidentschaftswahlen teil. Die Angst vor diesem Erfolg führte zu einer „Hexenjagd“ gegen ihre Mitglieder und Anhänger. Das Paramilitär und seine Hintermänner wollten als „extreme Verteidiger des Status quo“ die Ent- stehung von Reformorientierten Koalitionen auf lokalem, regionalem und nationalem Niveau verhindern und jede politische Unterstützung für diese unterdrücken.114 Die ab 1988 eingeführte Direktwahl der Bürgermeister verschärfte die Gewalt noch zu- sätzlich:115

„Als […] die Wahl von Bürgermeistern oder sogar Gouverneuren aus dem linken Spektrum theoretisch möglich wurde, verbreitete sich bei den Landbesitzern und der Mafia Panikstimmung. Weil sie befürchten mussten, nach und nach auf de- mokratischen Weg die Kontrolle über die Lokalpolitik zu verlieren, weiteten sie ihren Kampf aus.“116

So wurden bis 1989 über 500 Anhänger der UP ermordet, darunter zwei Präsidentschaftskandidaten.117 Zehn Jahre nach ihrer Gründung beklagte die Partei bereits den Verlust von 2000 Anhängern118 und entschloss sich schließlich im Jahr 1997, nicht mehr an den Wahlen im Department Urabá teilzunehmen: „ […] weil es ihr an Kandidaten mangelte, die bereit waren, sich töten zu lassen.“119

Die Verbreitung des Paramilitärs in den 80er Jahren ist also laut Romero als negative Reaktion auf die Friedensverhandlungen der Regierung mit der Guerilla zu deu- ten, denn „Die politische Öffnung und die Friedensverhandlungen in Kombination mit der Dezentralisierung und der Direktwahl der Bürgermeister gefährdeten - zumin- dest war dies der Eindruck der traditionellen Eliten - das politische Kräfteverhältnis der Regionen, in denen die Guerilla und ihre Verbündeten an Einfluss gewonnen hatten.“120

Auch wenn das Paramilitär zum damaligen Zeitpunkt nicht aktiv in die Friedensver- handlungen eingriff, wird bereits ein Aspekt seiner späteren „spoiler“- Aktivitäten sichtbar: die Angst, in einem Friedensprozess an Macht und Einfluss zu verlieren. Hier wird auch deutlich, wie die damaligen Eliten die paramilitärischen Strukturen zu ihren Zwecken instrumentalisierten. Sie ließen sich eben nicht nur gegen die Gueril- la „verteidigen“, sondern billigten und unterstützten die Verfolgung linker Parteigän- ger und störender Gewerkschaftsführer. Wie im Folgenden zu sehen sein wird, ufer- te die ursprünglich bloße Verteidigung bald in kriminelle Aktivitäten aus. Drogen- handel, Landraub und Erpressung ließen die Paramilitärs schnell von der fehlenden staatlichen Kontrolle, die zum Teil durch den Konflikt bedingt war, profitieren. In die- sem Sinne wurden sie auch zu Kriegsunternehmern, die in einem Abbruch der Kampfhandlungen nicht unbedingt Vorteile sahen. Als es 15 Jahre später unter der Regierung Pastrana (1998 - 2002, Konservative Partei) wieder zu Verhandlungen mit den FARC und dem ELN kam, hatte das Paramilitär genug Macht und Potential angehäuft, um diese zu torpedieren. Diese Entwicklung hängt insbesondere mit zwei Faktoren zusammen: dem Einfluss des Drogenhandels ab den 80ern und der nationalen Konsolidierung und Reorganisation des Paramilitärs in den 90er Jahren.

2.2.3 Ausbreitung und Konsolidierung des Paramilitärs: der Einfluss des Drogenhandels und die Gründung der AUC

Lokale Eliten wie Großgrundbesitzer und (Agrar)Unternehmer zählten lange zu den traditionellen „Hintermännern“ des Paramilitärs. Die Ausbreitung des Paramilitaris- mus, von der Großregion Magdalena Medio ausgehend, nach Urabá, Córdoba, Chocó, Bolívar und Boyacá hängt daher auch mit den privatwirtschaftlichen Interes- sen dieser Unternehmer zusammen.121 So bestätigt Amnesty International:

„Jahrzehntelang haben die Großgrundbesitzer das Paramilitär dazu genutzt, Kleinbauern von den Ländereien zu vertreiben, die sie selbst nutzen wollten. Die Paramilitärs erwiesen sich ebenfalls als nützlich, um Arbeitskonflikte zu lösen - hauptsächlich durch den Terror gegen Gewerkschaftsführer […].“122

In den 80er Jahre kam jedoch ein weiterer Akteur hinzu: die Drogenhändler.123 Mit dem landesweiten Ankauf von Ländereien - und dies im großen Stil, bereits 1994 besaß die Drogenmafia Ländereien in 419 Gemeinden und verfügte über 42% der Anbauflächen des Landes124 - betrieben diese einerseits Geldwäsche und erwarben andererseits sichere Produktionsstätten. Dabei bildete sich mit der Zeit eine „natürli- che Allianz“125 zwischen Großgrundbesitzern, Drogenmafia und Paramilitär gegen den gemeinsamen Feind, die Guerilla. Um sich vor deren Schutzgelderpressungen und Überfällen zu schützen, heuerten die Drogenhändler paramilitärische Verbände als Sicherheitstruppen an.126 So Knabe: „Im ganzen Land entstanden Ableger der Gruppe, und zwar überall dort, wo die Mafia Höfe gekauft hatte oder Kokain- Laboratorien unterhielt.“127 Der bekannteste paramilitärische Verband im Dienste des Drogenhandels war dabei die Gruppe MAS - „Muerte a los Secuestradores“ (zu Deutsch: „Tod den Entführern“). Diese wurde 1981 von den Gebrüdern Juan David und Jorge Luis Ochoa und anderen Drogenhändlern als Reaktion auf die Entführung der Schwester des Bruderpaars durch die Guerilla gegründet.128 Zunächst nur Söld- ner des Drogenhandels, stiegen viele der ehemaligen „Autodefensas” in den 90er Jahren schließlich selbst ins Drogengeschäft ein.129 Mit den damit einhergehenden finanziellen Mitteln erreichten die Paramilitärs in der Folgezeit ihre weitgehende Emanzipation vom Staat. So gaben sie selbst an, 70% ihres „Einkommens“ aus dem Drogenhandel zu erwirtschaften.130 Ihre restlichen Finanzen bezogen sie - neben den freiwilligen Zuschüssen ihrer Unterstützer - aus erpressten Abgaben von Klein- bauern und Ladenbesitzern, der gewaltsamen Aneignung von Länderein und - mit ihrem zunehmenden Einfluss auf die Lokalpolitik - aus den Kassen der Gemeinden „ihrer Regionen“. Als Haupteinnahmequellen nennt Medina Gallego zusammenfas- send den Drogenhandel, die Schutzgelderpressung, gewaltsame Enteignung und Raubüberfälle.131 Dabei variiert diese Skala je nach Region. Spielte im Süden der führer zum Schweigen zu bringen. Vgl. ausführlich Zelik 1999: 95ff; siehe auch Richani 2002: 114; Huhle 2001: 174.

[...]


1 Die Quellenangaben zu den Abbildungen befinden sich im Abbildungsverzeichnis im An- hang.

2 Vgl. Romero 2005: 15.

3 Paramilitärische Einheiten dienten von jeher dazu, reguläre Streitkräfte für militärische Angriffe frei zu halten, während das Paramilitär die lokale Ordnung aufrechterhielt. Vgl. Interview mit Carlo Nasi, 12.06.2006, Bogotá. Vgl. auch Restrepo/Spagat/Vargas 2004: „One of the most common phenomena in civil wars is that they spawn paramilitary activities. There is a need for local long-term security operations and interested parties tend to organise paramilitary corps to provide this security.” S. 413.

4 Vgl. Kalyvas/Arjona 2005: 27; siehe auch Münkler 2005: 16.

5 Eppert 2002: 43.

6 Wobei der Begriff „Waffenstillstand“ hier nicht etwa eine Waffenruhe zwischen regulären Truppen und den paramilitärischen Einheiten bezeichnet, sondern den Stopp von Angriffen auf die Zivilbevöl- kerung.

7 (Ü. d. A.).

8 Die Demobilisierung verschiedener Splittergruppen wie des „Cacique Pipintá Block“ oder der „Autodefensas del Casanare“ steht noch aus. Vgl. El Tiempo 19.04.2006 Online; ICG 2006: 4.

9 Diese Zahl bezieht sich auf die kollektiven Demobilisierungen, bei denen stets ein ganzer Block entwaffnet wird. Dazu kommen 3290 individuelle Demobilisierungen. Vgl. Rojas 2006 Online.

10 Der niedrige Schnitt von einer abgegeben Waffe pro zwei Kombattanten erklärt sich zum einen daraus, dass die Paramilitärs heimlich Waffen einbehielten. Zum anderen standen auf den Mitgliedslisten der einzelnen Blöcke nicht nur aktive Kombattanten sondern zum großen Teil auch bloße Informanten und andere Zuarbeiter des Paramilitärs.

11 Vgl. Oficina Alto Comisionado para la Paz 2006 Online.

12 Spagat 2006: 2.

13 Während die FARC als weltweit größte Guerillagruppe über schätzungsweise 16.000 Männer verfügen, ist das weitaus kleinere ELN ca. 4.000 bis 5.000 Mann stark.

14 Carlos Castaño galt als Gründer der AUC lange als bekannteste Figur des kolumbianischen Paramilitärs. Zusammen mit seinen Brüdern gründete er nach der Ermordung seines Vaters durch die Guerilla erste Selbstschutzverbände zur Verteidigung gegen die Rebellen.

15 Carlos Castaño, Pressemitteilung vom 08.03.2003. In: Indepaz Documentos Nr. 13/2003: 12ff (Ü. d. A.).

16 Schumann o. A. Online.

17 Vgl. Schumann o. A. Online.

18 Medina Gallego, Carlos (1990): Autodefensas, Paramilitares y Narcotrafico en Colombia. Origen, Desarollo y Consolidación. El caso „Puerto Boyacá”. Bogotá.

19 Kalyvas/Arjona 2005: 29 (Ü. d. A.).

20 Vgl. Ahram 2006 Online.

21 Cano 2001: 221.

22 Kaldor 2000: 149; Vgl. dazu auch Molano 2001: 112.

23 Spear 1996: 401.

24 Eppert 2002: 42.

25 Aranguren Molina 2002: 24 (Ü. d. A.).

26 Spencer 2001: 3; Vgl. dazu auch Duncan 2005b Online; Restrepo/Spagat/Vargas 2004: 414.

27 Hernán Gómez in Aranguren Molina 2002: 246 (Ü. d. A.).

28 Vgl. Huhle 2001: 172.

29 Bemerkenswert ist dabei, dass auch die Guerillagruppen sich in ihren Anfängen als „autodefensas campesinas“, Selbstverteidigungsbündnisse der Kleinbauern, bezeichneten. Vgl. IRENE 1998: 27.

30 Siehe dazu: Medina Gallego 1990: 184; Ospina Restrepo 2003: 147.

31 Vgl. Cubides 2001: 131 und 1999: 155; Huhle 2001: 172; Romero 2005: 36.

32 Dabei muss die negative Konnotation des Begriffs „Störenfried” relativiert werden. In vielen Fällen gibt es verständliche Gründe, warum sich bestimmte Gruppen einem Friedensabkommen widerset- zen, zum Beispiel wenn neue Spielregeln ihre Diskriminierung nach sich ziehen könnte. Vgl. Schne- ckener 2003 Online.

33 Vgl. Schneckener 2003 Online.

34 Stedman 1997: 8.

35 Stedman 1997: 5.

36 So betonen zum Beispiel Nasi und Schneckener, dass auch Akteure, die keine Gewalt anwenden, in diese Kategorie fallen können, während Stedman ausdrücklich den Gebrauch von Gewalt zum Definitionsbestandteil erklärt. Vgl. Nasi 2006: 1; Schneckener 2003 Online; Stedman 1997: 5.

37 Vgl. Schneckener 2003 Online.

38 Der Greed-Ansatz hat in den letzten Jahren unter anderem durch empirische Untersuchungen der Weltbank Auftrieb erhalten. Paul Collier machte mit der Erkenntnis „The true cause of much civil war is not the loud discourse of grievance but the silent force of greed” auf die Auswirkung von Kriegsökonomien auf den Ausbruch und die Verlängerung von Bürgerkriegen aufmerksam. Vgl. Collier/Hoeffler 2000; Zitat Collier 2000: 101.

39 Vgl. Stedman 1996: 343; Zartmann 1995: 3.

40 Vgl. Stedman 1996: 344ff.

41 Zartmann 1995: 5.

42 Fischer/Cubides 2000: 117.

43 Ahram 2006 Online.

44 Vgl. Azzellini 2003a: 26 (Ü. d. A.).

45 Patiño 2003: 20 (Ü. d. A.).

46 Ein Interviewpartner der Autorin bezeichnete die Verhandlungen sogar als „Verhandlungen unter Freunden“.

47 Vgl. Fischer/Cubides 2000: 125.

48 Bejarano Ávila 1995: 35.

49 Die schwammig erscheinende Bezeichnung „bewaffneter Konflikt“ resultiert aus der Uneinigkeit, wie das kolumbianische „Gewalt-Chaos“ zu definieren ist. Ob es sich um einen Bürgerkrieg, eine Rebellion, einen „Krieg mit geringer Intensität“, einen „neuen Krieg“, mehrere „Mikrokriege“ oder um eine „terroristische Bedrohung“ handelt, hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Um diesem Defi- nitionschaos zu entgehen, wird in der vorliegenden Arbeit konsequent der Begriff „bewaffneter Kon- flikt“ verwendet.

50 Wenn man die Gründung von FARC und ELN Mitte der 60er Jahre als Ausgangspunkt nimmt.

51 Vgl. Kurtenbach 2004b: 10.

52 Vgl. Santamaría Salamanca 2004: 463.

53 Die blutige Auseinandersetzung (1946 - 1958) zwischen den beiden großen Parteien, nämlich der Liberalen und der Konservativen Partei, forderte 200.000 Menschenleben. Ihr Ausgangspunkt war die Ermordung des liberalen Präsidentschaftskandidaten Jorge E. Gaitán im April 1948. Vgl. dazu Richani 2002: 23; Chernick 1999: 162; Waldmann 2003: 137.

54 Die Phase der Frente Nacional, während derer politische Ämter von Liberalen und Konservativen unabhängig vom Wahlergebnis paritätisch besetzt wurden, dauerte von 1957 bis 1974.

55 Vgl. Chernick 1996: 275.

56 Vgl. DNP 2005: 277; Vgl. zu „Multiplizität der Gewalt“ insbesondere Sánchez 2001: 3.

57 Drekonja-Kornat 2004: 157.

58 Waldmann 1998: 131.

59 Für diese Verlagerung werden oftmals die in den Nachbarländern einsetzenden Anti- Drogenkampagnen verantwortlich gemacht (Vgl. u. a. ICG 2005a: 3; Conference Report: Peace and Security in Colombia 2002: 19). Professor Thoumi nennt jedoch als Hauptursachen die Strukturveränderung der Drogenmafia in Kolumbien durch die Zerschlagung der großen Kartelle, der Verlust von Finanzierungsquellen der Guerilla durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und die Agrarkrise in Kolumbien, die zur Vertreibung und Umsiedlung vieler Kleinbauern führte. Vgl. Interview, 26.06.2006, Bogotá.

60 Vgl. GTZ 2003: 1; UNODC 2006 Online.

61 Vgl. u. a. Thoumi 2004: 41 und 2003: 190; Richani 2002: 94f; Santamaría Salamanca 2004: 484.

62 Vgl. u. a. DNP 2005: 279; Kurtenbach 2004a: 215; ICG 2005a: 5f; Aranguren Molina 2002: 252.

63 Vgl. dazu Restrepo 2004 Online; Restrepo/Spagat/Vargas 2004: 403.

64 Ausführlich siehe dazu Waldmann 2003: 136 – 165.

65 UNHCR 2006 Online .

66 Vgl. ICG 2003: 13; Rangel 2001: 383; Erzählungen von Opfern der Gewalt und Zeugenaussagen: Redepaz (o. A.): Ya no corren ríos de agua limpia.

67 Die Cooperación Salud y Desarollo nannte im Jahr 2000 den gewaltsamen Tod als Hauptsterbeursache in Kolumbien. Cooperación Salud y Desarollo 2000: 30.

68 Vgl. Programa Presidencial de Derechos Humanos y Derecho Internacional Humanitario (c)Online; Siehe auch auch Dávila Ladrón de Guevara/Echeverri 2004: 198.

69 Vgl. Médicos sin fronteras 2006 Online.

70 Vgl. Médicos sin fronteras 2006 Online.

71 Vgl. Romero 2005: 27.

72 Vgl. Waldmann 2003: 143; Zelik 1999: 134.

73 Obwohl diese Regionen nur 20% des kolumbianischen Territoriums ausmachen, finden hier 65% der Mordfälle statt. Vgl. Small armey survey 2006: 9.

74 Vgl. UNHCR 2006: 170 Online; El Tiempo 12.06.2006 S. 4: Interview mit Judy Cheng Hopkins, ACNUR.

75 In der kolumbianischen Literatur wurde das Thema Entführung auch von Nobelpreisträger Gabriel García Márquez aufgegriffen. In seinem Roman „Nachricht von einer Entführung“ zeichnet er die Entführung von neun Journalisten durch Kolumbiens berühmt-berüchtigtsten Drogenbaron, Pablo Escobar, im Jahr 1990 nach. García Márquez, Gabriel (1996): Noticia de un secuestro. Auf Deutsch unter dem Titel „Nachricht von einer Entführung“ erschienen bei Kiepenheuer und Witsch.

76 Vgl. Thoumi 2003:189; Zuluaga Nieto 2000: 44.

77 Durchschnittlich wird in Kolumbien demzufolge alle drei Stunden ein Mensch entführt. Freigekauft werden kann das kolumbianische Opfer für zwischen 1.000 und 400.000 Dollar. Vgl. Pax Christi 2001: 27; siehe auch Restrepo/Spagat/Vargas 2004: 416.

78 Vgl. DNP 2005: 278.

79 Vgl. Colombia sin Minas 2006 Online.

80 So starben zwischen 2000 und 2005 885 Personen durch Anti-Personenminen, 2.875 wurden verletzt. Vgl. Programa Presidencial de Derechos Humanos y Derecho Internacional Humanitario 2005 (d) Online.

81 Programa Presidencial de Derechos Humanos y Derecho Internacional Humanitario (a) Online.Siehe dazu auch Romero 2005: 55.

82 Vgl. Zuluago Nieto 2005: 6; siehe auch Carlos Garzón 2005: 52; González/Bolívar/Vásquez 2003: 59; Heinz 1997: 201f.

83 Vgl. Molano 2001: 98.

84 Vgl. Garzón 2003: 55; Zelik 2000: 7; Krauthausen 1997: 304.

85 García-Peña Jaramillo 2005a: 64.

86 Vgl. Romero Silva 1998: 178; Sánchez 2001: 21; Comisión Superación de la Violencia 1992: 183.

87 Die FARC konnten sich zwischen 1975 (450 Kämpfer) und 1988 (4.700 Kämpfer) verzehnfachen. Nach einem stetigen Ansteigen in den 90er Jahren, setzen sie sich schließlich im Jahr 2001 aus 63 ländlichen und vier städtischen Einsatzgruppen („frentes“) zusammen. Heute schätzt man, dass die FARC über rund 16.000 Mann verfügen. Vgl. Santos Pico 2001: 37; Blumenthal 2001: 6.

88 Vgl. Eisenstadt/Garcia 1995: 271; Chernick 1999: 199ff.

89 Restrepo/Spagat/Vargas 2004: 400; Vgl. auch García-Peña Jaramillo 2005b: 59.

90 So erhielt Kolumbien in den Jahren 1961- 1967 militärische Assistenz in Höhe von 60 Millionen Dollar und 430 Millionen wirtschaftliche Hilfe durch die von Präsident Kennedy ins Leben gerufene

91 Nach einer berühmten Redewendung Maos. Vgl. Buitrago 2006: 37; Rangel 2001: 356, Keen 2000:

92 Vgl. ICG 2003a: 5.

93 Medina Gallego 1990: 168; Zelik 2000: 90.

94 Vgl. AI 1994: 83; Fischer/Cubides 2000: 122; Picolli 2005: 129-144; Semana 07.02.2005: 36.

95 Vgl. Semana 26.07.2004: 52.

96 Vgl. ICG 2003: 6; siehe auch Cubides 2005: 88.

97 Arnson 2005: 2.

98 Diese umfasst Teile der an den Fluss Magdalena grenzenden Departamente Antioquia, Bolívar, Boyacá, Santander und Cesar.

99 Vgl. Huhle 2001: 174; Pardo Rueda 1996: 58; Cubides 1999: 157; Arnson 2005: 2.

100 So zum Beispiel: beschleunigtes Wachstum von FARC und ELN; Konsolidierung der EPL; Wahler- folg der Unión Patriotica. Vgl. Cubides 1999: 157; Echandía 1999:104f; Eppert 2002: 42; Rangel 2005: 11.

101 Romero 2005: 24 (Ü. d. A.).

102 Vgl. Herrera Jaramillo 2005: 11; Arnson 2005:1; ICG 2004: 1.

103 In: Semana 11.08.2003: 24f (Ü. d. A.).

104 In: Aranguren Molina 2002: 15 (Ü. d. A.).

105 Vgl. Romero 2004b: 268, 2005: 61; ICG 2003: 6.

106 Vgl. dazu ausführlich Eisenstadt/Garcia 1995: 272 - 276.

107 Vgl. Santamaría Salamanca 2004 : 464.

108 Vgl. Romero 2005: 25.

109 Vgl. Medina Gallego 1990: 191; Chernick 1999: 176. Siehe auch Santamaría Salamanca 2004: 466.

110 Cubides 1999: 157; laut Romero empfanden sie die Friedensverhandlungen gerade zu als „Verrat.“ (1999: 196); Vgl. dazu auch González/Bolívar/Vásquez 2003: 68.

111 Vgl. Ramírez/Restrepo 1988: 219f.

112 Vgl. Alba Romero 2000: 312.

113 Interview mit Mauricio Romero, 21.06.2006, Bogotá.

114 Vgl. Romero 2005: 79.

115 Vgl. Romero 1999: 200.

116 Fischer/Cubides 2000: 118.

117 Vgl. Pécaut 1989: 409; Santamaría Salamanca 2004: 469.

118 Vgl. Chernick 1999: 176.

119 Vgl. Piccoli 2005: 119.

120 Romero 2000 Online (Ü. d. A.).

121 Zelik führt prominente Beispiele auf. So hätten die Erdölkonzerne Texaco und British Petroleum, die Goldkonzerne Frontine Goldmine und Corona Goldfields und auch andere Unternehmen wie Nestlé und Coca-Cola von den Paramilitärs Gebrauch gemacht, um beispielsweise Gewerkschafts

122 AI 2005 Online (Ü. d. a.)

123 Vgl. Caballero 2001: 132.

124 Vgl. Springer 2002: 55; Chernick 1999: 172.

125 Waldmann 2003: 142.

126 Vgl. Romero 2005: 18; Pardo Rueda 1996: 55.

127 Knabe 1991: 269.

128 Vgl. Medina Gallego 1990: 186.

129 Vgl. Semana 26.07.2004: 52; Richani 2002: 108. Ausführlich: ICG 2005: 13ff.

130 Vgl. in Carlos Garzón 2005: 187.

131 Vgl. Medina Gallego 2005: 82f.

Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
"Störenfriede" am Verhandlungstisch - Die Demobilisierung des Paramilitärs - ein kolumbianisches Rätsel
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Politikwissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
116
Katalognummer
V64971
ISBN (eBook)
9783638576475
Dateigröße
6518 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Deutsche und französische Version
Schlagworte
Störenfriede, Verhandlungstisch, Demobilisierung, Paramilitärs, Rätsel
Arbeit zitieren
Katrin Planta (Autor:in), 2006, "Störenfriede" am Verhandlungstisch - Die Demobilisierung des Paramilitärs - ein kolumbianisches Rätsel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64971

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