Gender Mainstreaming


Seminararbeit, 2005

31 Seiten, Note: Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 1 Einleitung
1.1 Geschlecht
1.2 Geschlechterbeziehung
1.3 Geschlechterverhältnis

2 Gender Mainstreaming
2.1 Der Begriff Gender
2.2 Die Entwicklungsgeschichte von Gender Mainstreaming und dessen rechtliche Verankerung in der Europäischen Union und Österreich
2.2.1 Internationaler Entstehungshintergrund
2.2.2 Entwicklung in der Europäischen Union
2.2.3 Gender Mainstreaming in Österreich

3 In welchem Verhältnis steht Gender Mainstreaming zu Frauenpolitik, oder ist eine eigenständige Frauenpolitik heute überholt?

4 Die Umsetzung von Gender Mainstreaming in Organisationen und Projekten
4.1 Analyse
4.1.1 4R-Methode
4.1.2 Gender Budgeting
4.1.3 Gender-Impact-Assessment (GIA)
4.2 Definition und Formulierung der Gender-Mainstreaming Ziele
4.3 Entwicklung von Projekten
4.4 Die Umsetzungsphase von Projekten
4.5 Evaluierung und Nachhaltigkeit

5 Ist Gender Mainstreaming eine Gefahr für die Ziele der Frauenpolitik?

6 Gender Mainstreaming als Governance-Prozess?

7 Zusammenfassung

8 Literatur- und Quellerverzeichnis
8.1 Literaturverzeichnis
8.2 Quellenverzeichnis

1 1 Einleitung

Gender Mainstreaming – Dieser Begriff hat die Geschlechterpolitik der letzen Jahre durchaus revolutioniert. Gender Mainstreaming ist in erster Linie als eine langfristig wirkende Strategie zu verstehen, mit der versucht wird, Ziele zu erreichen, und nicht als Selbstzweck – oder Ziel an sich – zu verstehen.

Denn obwohl die Frauenpolitik in den letzten Jahrzehnten durchaus beachtliche Fortschritte erzielt hat, so sind doch immer noch geschlechtspezifische Benachteili­gungen vorhanden, die sich durch die gesamte Gesellschaft ziehen. So wird Chancen­gleichheit sehr oft als Gleichbehandlung verstanden, wenn auch mittlerweile ein Konsens darüber besteht, dass diese nicht zu einer Gleichstellung führt. Auch wird die Gleichstellung der Frauen sehr oft als spezifische Angelegenheit von Frauen ausgelegt – und nicht als ein Ziel, dass den Einsatz und das Zutun von Mann und Frau verlangt.

Entstanden ist diese Strategie aus der bitteren Erkenntnis, dass die Empfehlungen der ersten drei Weltfrauenkonferenzen von den Regierungen der beteiligten Länder zwar in umfangreichen Dokumenten festgehalten wurden, aber es änderte sich nicht wirklich viel, um die Lage der Frauen zu verbessern. Man wollte aus der Lage des Bittstellers gegenüber den Regierungen herauskommen.[1]

Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich mit dem Begriff von Gender Mainstreaming, seinem Entstehungshintergrund, sowie mit der Frage der Umsetzung dieses sehr umfangreichen Komplexes in konkrete Projekte. Auch soll die Frage der Umsetzung von Gender Mainstreaming in die Praxis und der Zusammenhang von Gender Mainstreaming mit Governance Prozessen beleuchtet werden.

Zentrale Fragestellungen der vorliegenden Arbeit sind:

- Wie ist das Prinzip Gender Mainstreaming im Rechtsbestand der Europäischen Union und Österreichs manifestiert.
- Ist Gender Mainstreaming eine völlig eigenständige Strategie die traditionelle, „herkömmliche“ Frauenpolitik ersetzt.
- Wie erfolgt die Umsetzung dieser sehr komplexen Materie in die Praxis

Zuallererst soll jedoch eine kurze Vorstellung bzw. Darstellung der zentralsten Begriffe dieses Komplexes vorgenommen werden:

1.1 Geschlecht

Das Wort Geschlecht (von „Schlag“, wie in „Menschenschlag“) bedeutete ursprünglich nicht mehr als „Art“. Es besagt eigentlich nur, dass es zwei Arten, also Geschlechter, von Menschen gibt – weibliche und männliche. Das lateinische „Sexus“ (von secare: schneiden, trennen) hat dieselbe Bedeutung. Jeder Mensch gehört entweder der einen, oder der anderen Gruppe an, d. h. er ist entweder weiblich oder männlich. Auch wurde in einer sehr alten Bedeutung dieses Wortes die familiäre Herkunft beschrieben.

Jedoch kann bei genauerer Betrachtung der Geschlechter nicht immer so einfach zwischen „männlich“ und „weiblich“ unterschieden werden.

In der Gender-Forschung wird zwischen dem biologischen Geschlecht und dem sozialen Geschlecht unterschieden. (s. Pkt. 2.1Der Begriff Gender)[2]

1.2 Geschlechterbeziehung:

Bei der Frage nach der Geschlechterbeziehung werden nicht die Geschlechter per se das Zentrum der Analyse, sondern ihre Beziehungen zueinander. In diesem Bereich der Analyse wird unter anderem untersucht:

- Wie sind die Ressourcen und die Macht zwischen den Geschlechtern verteilt?
- Welche Bewertung erfahren Geschlechter und deren Aktivitäten, ob diese nun sozial zugeordnet oder tatsächlich ausgeführt werden?
- Welche Lebensbereiche sind den jeweiligen Geschlechtern zugänglich, welche nicht?
- Sind die Strukturen hierarchisch oder egalitär angelegt?[3]

1.3 Geschlechterverhältnis

Unter Geschlechterverhältnissen versteht man soziale Verhältnisse. Solche sozialen Verhältnisse sind immer von wechselseitigen Verpflichtungen und Abhängigkeiten geprägt, die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens existieren. Zentraler Ansatzpunkt für die Analyse der Geschlechterverhältnisse sind die Beziehungen, und die ungleiche Aufteilung von Macht zwischen den Geschlechtern.[4]

2 Gender Mainstreaming

2.1 Der Begriff Gender

Der Begriff „Gender“ ist wörtlich nicht in die deutsche Sprache zu übersetzten. Die englische Sprache kennt die Unterscheidung in das

- biologisches Geschlecht (sex) spricht die biologische Unterscheidung des weiblichen und des männlichen Körpers an.
- das soziale Geschlecht (gender) beschreibt die Rolle der Geschlechter in der Gesellschaft, im gesellschaftlichen Leben. D.h. damit sind auch jene Vorstellungen und Erwartungen gemeint, wie Frauen und Männer sein sollten. Jene Geschlechterrollen können sich im Wandel der Zeit ändern oder auch kulturell geprägt und ausgeformt sein.[5]

Das bedeutet, dass jene Geschlechterrollen Frauen und Männern unterschiedliche Rollen und Positionen zuerkennen, die wiederum mit unterschiedlichen Normen und Werten verbunden sind. Der Platz in der Gesellschaft wird über Geschlechterrolle zuerkannt. D.h. dass Frau oder Mann zu sein, in erster Linie von der geschlechtsspezifischen Sozialisation abhängig ist. Diese Sozialisation wird als Prozess verstanden, dass aus einem Neugeborenen Kind ein gesellschaftliches Wesen macht. Diese Sozialisation vermittelt sowohl Werte, Normen und Sitten, wie auch Rollenbilder, Stereotypen und Geschlechterverhältnisse. Die geschlechtspezifische Sozialisation ist letztendlich jenes Instrument, das den Menschen zu Frau oder Mann macht.[6]

Aus diesem Grund werden Frauen und Männern auch unterschiedliche Positionen und Rollen im gesellschaftlichen Leben zugewiesen. So wird dem Mann die öffentliche Sphären (Beruf, Wirtschaft und Politik) und der Frau die eher private, häusliche Sphäre (Familie etc.) zugeordnet.

Jedoch ist diese eindeutige Unterscheidung in Mann und Frau, d.h. die Zuordnung eines Menschen eindeutig zu einem Geschlecht nicht immer einfach. Die Gender-Forschung (bzw. Gender-Perspektive) setzt ein kritisches Betrachten des Begriffes „Geschlecht“ und des allgemeinen Verständnisses dieses Begriffes voraus. Dieses allgemeine Verständnis von Geschlecht enthält folgende typischen Vorstellungen:

- Die Zuordnung zu einem Geschlecht lässt sich durch körperliche Merkmale eindeutig bestimmen.
- Es gibt nur zwei Geschlechter.
- Jeder Mensch kann eindeutig einem Geschlecht (Mann oder Frau) zugeordnet werden.
- Ein Mensch ändert sein Geschlecht nicht.
- Das Geschlecht eines Menschen ist prägend für die Rollenzuweisung und sein Verhalten.
- Nur Individuen haben ein Geschlecht.[7]

Genau diese Annahmen werden im Rahmen einer modernen Geschlechterdebatte in Frage gestellt, was auch sehr deutlich durch die Differenzierung zwischen Sex und Gender zum Ausdruck gebracht wird.

Denn die Unterscheidung des Geschlechts lässt sich nicht nur durch körperliche Merkmale (primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale) herstellen. Die neuere Biologie kennt eine Reihe anderer Unterscheidungsmöglichkeiten zwischen den Geschlechtern. So kann eine Unterscheidung des Geschlechtes unter anderem über die Chromosomen, über die Gonaden (Keimdrüsen) über die Hormone und über reproduktives und sexuelles Verhalten bestimmt werden.[8]

Damit wird auch die eindeutige Zuordnung eines Menschen zu einem Geschlecht „Frau“ oder „Mann“ in Frage gestellt.

So ist das System der Zweigeschlechtlichkeit auch nicht in allen Kulturen verankert. Es gibt Gesellschaften und Gemeinschaften, die mindestens drei Geschlechter kennen und auch dementsprechende Lebensweisen zulassen. Barbara Stiegler sagt: „Da gibt es Männer, Frauen und Berdachen oder Hijras oder Xaniths. Berdachen, Hijras oder Xaniths sind Personen, die ihrem sex nach männlich sind, sich aber gemäß dem weiblichen Geschlechtsrollenmuster kleiden und verhalten. Ebenso gibt es afrikanische und indianische Gesellschaften, die einen dritten Gender-Status kennen, der „Frauen mit Männerherz“ heißt und den Personen einnehmen, die dem sex nach weiblich sind, die aber als Männer arbeiten, heiraten und Eltern sind.“[9]

Auch gibt es Menschen, die nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können. So gibt es Menschen die über Uterus und Eierstöcke verfügen, jedoch deutlichen Bartwuchs aufweisen. Auch gibt es Menschen die Penis und Vagina zugleich haben, oder Menschen, wo das äußere Geschlecht nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das sich aus ihren Chromosomen bzw. Gonaden ergibt.[10]

„Mainstreaming“ bedeutet sehr wörtlich übersetzt: „in den Hauptstrom bringen“, d.h. bestimmte Denkweisen und Haltungen (bzw. Handlungen) in die Geisteshaltung des dominierenden Teils der Gesellschaft zu bringen, und in weiterer Folge in Politik, Verwaltung, Beschäftigungs- und Bildungssystem zu übernehmen.

Barbara Stiegler schreibt dazu: „Gender Mainstreaming besteht in der Reorganisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluation von Entscheidungsprozessen in allen Politikbereichen und Arbeitsbereichen einer Organisation.“[11]

Vereinfacht gesagt bedeutet „Gender“ und „Mainstreaming“ zusammen als ein Begriff, in allen Bereichen und in allen Prozessen, bei der Planung und Entscheidung die sozialen Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern bewusst wahrzunehmen und zu berücksichtigen. Alle Handlungen und Vorhaben werden auf ihre möglichen Auswirkungen auf Frauen und Männer überprüft, und so gestaltet, dass dadurch ein Beitrag zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern geleistet wird.

[...]


[1] Stiegler, Barbara: Gender Macht Politik – 10 Fragen und Antworten zum Konzept Gender Mainstreaming, Wirtschafts- und sozialpolitisches Forschungs- und Beratungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung Abteilung Arbeit und Sozialpolitik, Bonn 2002, S. 5 online verfügbar auf http://library.fes.de/pdf-files/asfo/01411.pdf vom 18.09.05

[2] vgl. Baur, Christine; Fleischer, Eva; Schober, Paul: Gender Mainstreaming in der Arbeitswelt, Studienverlag Ges.m.b.H., Innsbruck 2005, S 25 und http://www2.hu-berlin.de/sexology/ECD1/index1.htm vom 18.09.05

[3] vgl. ebd. S 29 - 30

[4] vgl. Baur, Christine; Fleischer, Eva; Schober, Paul: Gender Mainstreaming in der Arbeitswelt, Studienverlag Ges.m.b.H., Innsbruck 2005, S 30

[5] vgl. Bermann, Nadja; Pimminger, Irene: Praxishandbuch Gender Mainstreaming, GeM Koordinationsstelle für Gender Mainstreaming, Wien 2004 online verfügbar unter http://www.gem.or.at/download/GeM_PraxisHandbuch.pdf vom 18.09.05 , S. 18

[6] vgl. Baur, Christine; Fleischer, Eva; Schober, Paul: Gender Mainstreaming in der Arbeitswelt, Studienverlag Ges.m.b.H., Innsbruck 2005, S 31 - 32

[7] vgl. Stiegler, Barbara: Gender Macht Politik – 10 Fragen und Antworten zum Konzept Gender Mainstreaming, Wirtschafts- und sozialpolitisches Forschungs- und Beratungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung Abteilung Arbeit und Sozialpolitik, Bonn 2002 online verfügbar auf http://library.fes.de/pdf-files/asfo/01411.pdf vom 18.09.05, S. 16

[8] vgl. Baur, Christine; Fleischer, Eva; Schober, Paul: Gender Mainstreaming in der Arbeitswelt, Studienverlag Ges.m.b.H., Innsbruck 2005, S 20 - 21

[9] Stiegler, Barbara: Gender Macht Politik – 10 Fragen und Antworten zum Konzept Gender Mainstreaming, Wirtschafts- und sozialpolitisches Forschungs- und Beratungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung Abteilung Arbeit und Sozialpolitik, Bonn 2002 online verfügbar auf http://library.fes.de/pdf-files/asfo/01411.pdf vom 18.09.05, S. 17

[10] Baur, Christine; Fleischer, Eva; Schober, Paul: Gender Mainstreaming in der Arbeitswelt, Studienverlag Ges.m.b.H., Innsbruck 2005, S 21

[11] Stiegler Barbara: Wie Gender in den Mainstream kommt – Konzepte, Argumente und Praxisbeispiele zur EU-Strategie des Gender-Mainstreaming, in: Bothfeld, Silke; Gronbach, Sigrid; Riedmüller, Barbara (Hg.): Gender Mainstreaming – eine Innovation in der Gleichstellungspolitk, Campus Verlag GmBH, Frankfurt/Main, 2002, S. 20

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Gender Mainstreaming
Hochschule
Universität Wien  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar 'Governance, Staatlichkeit, Demokratie - geschlechterkritische Zugänge'
Note
Gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
31
Katalognummer
V65835
ISBN (eBook)
9783638583138
ISBN (Buch)
9783656794622
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gender, Mainstreaming, Seminar, Staatlichkeit, Demokratie, Zugänge“
Arbeit zitieren
Magister Bernhard Richter (Autor:in), 2005, Gender Mainstreaming, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65835

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