Wir schleusen uns durch ein Gewirr von Hütten und Häusern, Fußgängern und kleinen Marktständen, die scheinbar ungeordnet durcheinander wimmeln. Dann taucht plötzlich das Gebäude des UN-Tribunals auf - hier in der ruandischen Hauptstadt Kigali ist ein Teil der Staatsanwaltschaft des Gerichts untergebracht. Der neben der blauen Flagge der Weltorganisation postierte Security-Officer begrüsst uns freudestrahlend und verkündet breit grinsend: „Welcometo Kigali, it’s not a bad place to stay“...Nach kurzem Geldwechsel auf dem Schwarzmarkt besteige ich im Innenhof des ICTR auch schon einen der zwei grossen starken weißen Jeeps, die mit den drei Übersetzern sowie zwei weiteren Praktikanten und den Staatsanwältinnen aus Nigeria und Sierra Leone voll besetzt sind. Ziel der Fahrt ist die im Süden des Landes gelegene Stadt Butare1, der zweitgrößten Stadt des Landes. Je weiter wir uns vom Zentrum der Hauptstadt entfernen, desto ländlicher wird die Gegend. Auf allen Seiten erheben sich kleine und grössere Hügel, die meist mit einfachen, roten, strohgedeckten Lehmhütten vollgestopft sind. Am Rande der Strasse sehen wir viele Leute mit schweren Gewichten auf dem Kopf unterwegs. Oft überholen wir auch Radfahrer, die einen Kleiderschrank oder sonstige Lasten herumschleppen. Die vielen Behausungen, Märkte und Menschengruppen, die hier und da gemeinsam des Weges ziehen, rufen in Erinnerung, dass Ruanda eine der höchsten Bevölkerungsdichten im Reigen der afrikanischen Länder aufweist... Ca. 12.000 km Strassen gibt es in diesem Land - davon sind ca. 1000 km asphaltiert, wovon wir heute vielleicht 200 befahren werden. Die Hänge stehen voll mit grossen Bananenstauden, ab und zu mischt sich auch eine niedrigere Kaffeeplantage dazwischen. Wir überqueren einen Fluß, an dem gerade einige Frauen Wasser in Kanister schöpfen, um sie dann vermutlich in ihr nahegelegenes Dorf hinter dem nächsten Berg zu schleppen. Unser Fahrer hupt mal wieder einen Fahrradfahrer von der Fahrbahn und weicht fast zu spät einem mit Bananen überbeladenen Toyota-Pickup aus. Wir gelangen nach Bishenyi und Musambira, wo das rostige Schild am Straßenrand auf eine UNHCR-Station aufmerksam macht. Eine Gruppe von Jugendlichen sitzt lachend in einem von großkalibrigen Schüssen durchlöcherten und ausgebrannten VW-Bulli. Etwa auf der Höhe von Karengera steigt Rauch aus dem Tal, der von einer Kochstelle stammt. Ich erspähe tief dort unten eine größere Anzahl von Lehmhütten, die jeweils um einen kleinen Brunnen stehen.
Inhaltsverzeichnis
- Tag eins. Cajetan Banseka Lukong
- Butare, Ruanda, Montag, den 22. Juli 2002
- Butare, Ruanda, Dienstag, den 23. Juli 2002
- Tag zwei. Die Augenzeugin
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text beschreibt die Reise des Autors nach Ruanda, wo er im Rahmen eines Praktikums am UN-Kriegsverbrechertribunal in Arusha, Tansania, an einem Prozess beteiligt ist, der sich mit dem Genozid von 1994 beschäftigt. Der Text schildert die Eindrücke des Autors von Ruanda und beleuchtet die Geschichte des Landes, die Ursachen und Folgen des Völkermordes.
- Die Geschichte der Hutu-Tutsi-Konflikte in Ruanda
- Die Ursachen des Völkermordes von 1994
- Die Rolle internationaler Organisationen beim Genozid
- Die Folgen des Völkermordes für Ruanda
- Die Schwierigkeiten der Aufarbeitung des Genozids
Zusammenfassung der Kapitel
Tag eins. Cajetan Banseka Lukong
Der Text beginnt mit der Ankunft des Autors in Ruanda. Er schildert seine Reise von Arusha nach Kigali und die erschütternden Eindrücke, die er vom Land gewinnt. Er beschreibt die sichtbaren Spuren des Genozids, die er während der Reise durch das Land beobachtet, und die politische und soziale Situation in Ruanda nach dem Völkermord.
Butare, Ruanda, Montag, den 22. Juli 2002
Der Autor erzählt von seiner Weiterfahrt von Kigali nach Butare, der zweitgrößten Stadt des Landes. Er schildert die ländliche Umgebung und die Armut der Bevölkerung. Der Text beschreibt die Geschichte der Hutu-Tutsi-Konflikte und die Ursachen des Völkermordes. Der Autor erwähnt die Rolle der ehemaligen Kolonialmacht Belgien und die politische Situation im Land vor dem Genozid.
Butare, Ruanda, Dienstag, den 23. Juli 2002
Tag zwei. Die Augenzeugin
Der Autor schildert die Befragung einer Augenzeugin des Völkermordes in Butare. Die Zeugin erzählt von den Geschehnissen, bei denen lokale Behörden eine Rolle gespielt haben, und wie sie selbst dem Massaker entkommen konnte. Der Text schildert das Leid der Opfer und die Brutalität des Genozids.
Schlüsselwörter
Ruanda, Genozid, Hutu, Tutsi, Völkermord, UN-Kriegsverbrechertribunal, ICTR, Arusha, Kigali, Butare, Kolonialismus, Konflikt, Geschichte, Augenzeugenbericht, Leid, Brutalität, Aufarbeitung, Reconciliation, Frieden.
- Quote paper
- Master of Arts in Diplomacy, Law and Global Change Gabriel Vockel (Author), 2002, Völkermord im 'Land der tausend Hügel', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66215