Als am 3. Oktober 1990 das Gebiet der ehemaligen DDR der Bundesrepublik beitrat, gaben beide Seiten etwas hinzu zu dem neuen Deutschland. Die Bundesrepublik spendierte den Namen, das Grundgesetz samt Regierungssystem, das westdeutsche intermediäre System samt Parteiensystem, die Marktwirtschaft und den westdeutschen Sozialstaat. Die DDR vermachte dem vereinigten Deutschland Ampelmännchen mit Hut und die „Partei des Demokratischen Sozialismus“. Über Letzteres kam in der alten Bundesrepublik kaum Freude auf und auch die PDS selbst wollte sich mit ihrer neuen Rolle nicht so recht abfinden. Doch nun sind es bald 16 Jahre seit der Wiedervereinigung, die PDS trägt heute den Namen Linkspartei, stellt die zweitgrößte Oppositionsfraktion im Bundestag und steuert auf eine Vereinigung mit der (überwiegend westdeutschen) WASG zu. Ist sie am Ende doch angekommen in der bundesdeutschen Demokratie? Dafür müssten zwei Bedingungen erfüllt sein. Erstens müsste die Partei selbst den Willen gehabt haben ‚anzukommen‘. Das heißt, sie müsste sich in das bestehende System integriert und die Spielregeln des Grundgesetzes akzeptiert haben. Gemeint ist damit keine Zustimmung zur gesamten Theorie und Praxis der ‚realexistierenden
repräsentativen Demokratie‘, sondern vielmehr eine grundsätzliche Zustimmung zu Demokratie und Grundrechten. Das bedeutet im Fall der PDS vor allem die
Anerkennung der politischen Freiheitsrechte, wie sie in der DDR verwehrt waren. Zweitens müsste die PDS auch durch das politische System der Bundesrepublik als legitimer Akteur akzeptiert worden sein. Der Staat und seine Sicherheitsorgane, die anderen Parteien sowie die Wähler müssten der PDS die Möglichkeit gegeben haben, sich zu etablieren.
Die Integrationsbereitschaft der Partei und ihrer Mitglieder war in der Geburtsstunde der PDS – wenn überhaupt – nur widerwillig vorhanden, denn mit der Wende war die gesamte Lebenswelt der SED-Mitglieder in sich zusammengebrochen. Es war geschehen, was nicht geschehen konnte: Das überlegene System des Sozialismus war gescheitert, obwohl sein Sieg doch als historisch vorprogrammiert galt. Dass Millionen von ‚Arbeitern und Bauern‘ dem Klassenfeind in die Arme liefen, darüber war bei Marx, Engels oder Lenin nun wirklich nichts zu lesen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Von Lenin bis Lafontaine
- Ist die Linkspartei.PDS in der bundesdeutschen Demokratie angekommen?
- Die Integrationsbereitschaft der Partei
- Die PDS – zwischen Hinwendung zur und Abwendung von der Demokratie
- Die PDS im politischen Alltag
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Essay befasst sich mit der Frage, ob die Linkspartei.PDS, die aus der ehemaligen SED hervorging, in der bundesdeutschen Demokratie angekommen ist. Die Arbeit analysiert die Integrationsbereitschaft der Partei und die Akzeptanz durch das politische System.
- Die Integration der Linkspartei.PDS in das bundesdeutsche Parteiensystem
- Die Entwicklung der programmatischen und strukturellen Erneuerung der Partei
- Die Konflikte zwischen Reformern und Orthodoxen innerhalb der Partei
- Die politische Praxis der Linkspartei.PDS im Vergleich zu ihren programmatischen Zielvorstellungen
- Die Rolle der Linkspartei.PDS in der bundesdeutschen Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Von Lenin bis Lafontaine
Der Essay beginnt mit einer kurzen Darstellung der Entstehung der PDS aus der SED und der Situation nach der Wiedervereinigung. Er beleuchtet die schwierige Position der ehemaligen SED-Mitglieder und ihre Auseinandersetzung mit der neuen Realität.
Ist die Linkspartei.PDS in der bundesdeutschen Demokratie angekommen?
In diesem Kapitel werden die beiden Bedingungen für die Integration der Linkspartei.PDS in die bundesdeutsche Demokratie herausgestellt: Die eigene Integrationsbereitschaft der Partei und die Akzeptanz durch das politische System.
Die Integrationsbereitschaft der Partei
Dieses Kapitel behandelt die unterschiedlichen Positionen innerhalb der PDS: Die Reformkräfte, die sich für eine Integration in die bundesdeutsche Demokratie einsetzen, und die Orthodoxen, die an der alten Ideologie festhalten.
Die PDS – zwischen Hinwendung zur und Abwendung von der Demokratie
Der Essay beleuchtet die ständigen Spannungen innerhalb der PDS zwischen der Hinwendung zur und der Abwendung von der bundesdeutschen Demokratie. Er zeigt die Widersprüchlichkeit der Positionen der Partei auf und veranschaulicht dies am Beispiel des Umgangs mit Kuba.
Die PDS im politischen Alltag
Dieses Kapitel beschreibt die Anpassungsfähigkeit der PDS im politischen Alltag. Die Partei nimmt an Wahlen teil, stellt Politiker in kommunalen Ämtern und hat sogar Regierungsbeteiligungen in Ostdeutschland.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen des Essays sind die Integration der Linkspartei.PDS in die bundesdeutsche Demokratie, die Entwicklung der Partei von der SED zur Linkspartei.PDS, die innerparteilichen Konflikte zwischen Reformern und Orthodoxen sowie die politische Praxis der PDS im Vergleich zu ihren programmatischen Zielen. Zu den wichtigsten Begriffen gehören: SED, PDS, Linkspartei.PDS, Wiedervereinigung, Integrationsbereitschaft, Demokratie, Sozialismus, Reformkräfte, Orthodoxe, politische Praxis.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2006, Von Lenin bis Lafontaine - Ist die Linkspartei.PDS in der bundesdeutschen Demokratie angekommen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66654