Medea. Stimmen - Ein Roman von Christa Wolf


Hausarbeit, 2003

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung:

II. Hauptteil:
1.1. Die Autorin Christa Wolf:
1.2. Zeitgeschichtlicher Hintergrund:
2. Inhalt:
2.1. Medea- Stimmen:
2.2. Euripides Medea:
3. Abweichungen des Medea- Mythos bei Euripides und Christa Wolf:
Eine Gegenüberstellung:
3.1. Das Fluchtmotiv:
3.2. Der Mord an Absyrtos:
3.3. Die Rolle des Königs von Korinth
3.4. Die Beziehung Medeas zu Glauke:
3.5. Glaukes Tod:
3.6. Der Mord an ihren beiden Söhnen:
3.7. Der Charakter Medeas:
4. Interpretationsansätze:
4.1. Der Einbezug der Ost- West- Thematik:
4.2. Christa Wolf = Medea?
5. Parallelen zu problematischen Verhaltensmustern der heutigen Zeit
5.1. Das Sündenbock- Phänomen:
5.2. Der Fremdenhass
5.3. Das Problem einer kapitalistischen Gesellschaft:
5.4 Die Rolle der Frau:

III. Schlussbemerkung:

Fazit

IV. Literaturverzeichnis:

I. Einleitung:

Die Geschichte der Medea wurde uns aus der griechischen Mythologie überliefert und löst seitdem gleichermaßen Grauen, sowie Faszination aus. Viele Autoren griffen und greifen immer wieder den Mythos dieser Person auf.

Als eine der widersprüchlichsten mystischen Gestalten findet sie als immer wiederkehrendes Motiv Eingang in die Literaturgeschichte. Ihre Person wurde ständig anders gedeutet. Für die einen ist sie eine eifersüchtige, Intrigen schmiedende Verräterin, für die anderen die liebende, heilende Priesterin.

Euripides hat das Leben dieser Frau als erster zusammenfassend erzählt. Er hat die Gestalt Medea zu dem gemacht, wofür sie heute bekannt ist: zu einer Kindsmörderin.

Christa Wolfs’ Medea ist eine andere. Die Schriftstellerin stellt das Leben der griechischen (Anti- ) Heldin so dar, wie sie es sich vorgestellt hat, und wie es ihre Nachforschungen ergaben. Sie stieß dabei auf ältere Quellen, als die des Euripides und stellte fest, dass dieser einiges eigenständig dazu erfand und vieles anders interpretierte als sie.

Christa Wolf sah ihre Medea als emanzipierte starke Frau, die einfach anders war als alle anderen und deswegen aus Gefahr für das Königreich Korinth beseitigt werden musste.

Ich habe dieses Buch zum Gegenstand meiner Hausarbeit gemacht, da mich die Thematik interessierte: die Rolle der Frau in der Antike. Mir war vor der intensiven Beschäftigung mit dem Mythos Medea nur die Version, die 400- 500 Jahre v. Chr. von Euripides verfasst wurde, geläufig. Es hat mich daher gereizt zu sehen, wie eine Frau das Thema behandelt und ob es ihr gelingt aus dem Jahrhunderte alten Stoff einen aktuellen Roman der Gegenwartsliteratur zu gestalten.

In meiner Hausarbeit werde ich den Mythos Medea bei Christa Wolf näher analysieren. Einbeziehen werde ich dabei die Tragödie des Euripides, und Abweichungen sowie Parallelen dieser beiden unterschiedlichen Wiedergaben aufzeigen. Zudem gehe ich auf mögliche Interpretationsansätze ein, wobei ich Christa Wolfs Lebensgeschichte, als ehemalige DDR-Bürgerin, Stasi- Mitarbeiterin und Frauenrechtlerin berücksichtige.

II. Hauptteil:

1.1. Die Autorin Christa Wolf:

Am 18. 3. 1929 kam Christa Wolf als Tochter des Kaufmanns Otto Ihlenfeld in Landsberg zur Welt. Im Alter von 20 Jahren erhielt sie ihr Abitur und trat der SED bei. Sie studierte bis 1953 Germanistik in Jena und Leipzig. 1951 heiratete sie Gerhard Wolf. Ein Jahr später bebekam sie ihre erste Tochter, fünf Jahre später die zweite. In den Jahren 1953 bis 1959 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Schriftstellerverband und wurde Redakteurin der Zeitschrift „Neue deutsche Literatur“ sowie Cheflektorin des Verlags „Neues Leben“ in Berlin, trat dem Vorstand des Schriftstellerverbandes der DDR bei und arbeitete als Lektorin des mitteldeutschen Verlags in Halle. Seit 1962 lebt sie als freie Schriftstellerin in Berlin.[1] Mit ihrem „[...] Roman Der geteilte Himmel, der sich mit der Problematik des geteilten Deutschlands auseinandersetzt.“[2] stellte sich 1963 der erste große Erfolg ein, sie erhielt den Heinrich Mann- Preis der Akademie der Künste.

Während dieser Zeit ist sie vier Jahre lang Kandidatin des Zentralkomitees der SED, schied jedoch nach einer „kritischen Rede“ aus dem Gremium aus.[3]

1964 gewann sie mit dem DEFA- Film Der geteilte Himmel den Nationalpreis III. Klasse der Akademie der Künste der DDR. In diesem Jahr hielt sie eine Rede auf der 2. Bitterfelder Konferenz, ein Jahr später einen Diskussionsbeitrag auf dem 11. Plenum der SED. In den folgenden Jahren schrieb sie Juninachmittag, Nachdenken über Christa T., Lesen und Schreiben. Aufsätze und Betrachtungen, Til Eulenspiegel und Unter den Linden, erhielt den Wilhelm Raabe- sowie den Theodor Fontane-Preis. 1965 wurde Til Eulenspiegel nach ihren Aufzeichnungen verfilmt. Die Erzählung Kein Ort. Nirgends ( 1979) , der Roman Kassandra (1983) , der die erste Beschäftigung Christa Wolf mit dem Mythos darstellt und andere folgten.

Sie hielt Poetik-Vorlesungen und gewann mehrere Preise: den Literaturpreis Bremens, den Georg Büchner-Preis, den Schiller-Gedächtnispreis und 1985 den Österreichischen Staatspreis für Literatur.

In der Zwischenzeit, 1977, wurde sie aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen.[4]

1989 tritt sie aus der SED aus. Im folgenden Jahr gerät sie zunehmend in Negativschlagzeilen. Sie wird „als ,Verfechterin des Sozialismus’ und ,Opponentin’ des SED-Staates“ beschimpft und zieht sich aus der politischen Öffentlichkeit zurück. 1992 erhält sie ein einjähriges Stipendium des Getty-Centers in Santa Monica (Kalifornien/USA). In einem Interview im Jahre 1993 gesteht sie der Öffentlichkeit ein, von 1959 drei Jahre lang bei der Stasi als „Informelle Mitarbeiterin“ gearbeitet zu haben und veröffentlicht ihre Akten in Akteneinsicht Christa Wolf. Auf die folgenden Diskussionen um ihre Person reagiert sie mit dem Austritt aus der Akademie der Künste.

1996 veröffentlicht sie den Roman Medea- Stimmen.[5]

1.2. Zeitgeschichtlicher Hintergrund:

Die persönliche Biographie Christa Wolfs, vor allem die Erfahrungen, die sie in und mit der Politik machte, haben ihre literarischen Werke zweifellos stark beeinflusst. Als ehemalige DDR- Bürgerin muss man ihr Schaffen immer wieder in die politischen Umstände eingliedern.

Im fortgeschrittenen Stadium der DDR war deutlich zu erkennen, dass die DDR-Bürger mit ihrem derzeitigen Leben nicht mehr einverstanden waren. Dies zeigte sich durch die zunehmenden Proteste und Demonstrationen gegen das derzeitige Staatsregime, sowie gegen Erich Honecker als Generalssekretär.

Die sozialistische Ideologie funktionierte so nicht mehr und der Staat als sozial- kommunistischer Staat brach zusammen

Die Bürger wollten die Vereinigung mit der BRD, mit dem Land ihrer Träume.

1989 kam es dann zur ersehnten Wiedervereinigung, doch die Hoffnungen und Erwartungen der DDR- Bürger wurden enttäuscht. Anstatt der erhofften materiellen Verbesserung verschlimmerten sich die Zustände der DDR-Bürger. Arbeitslosigkeit herrschte, da die kleinen DDR-Betriebe der Konkurrenz ihrer westlichen Mitstreiter nicht standhalten konnten. Mit der Arbeitslosigkeit stieg der Fremdenhass und die Gewalt gegen Ausländer enorm an.

Christa Wolf war im besten Alter, um diese Zeit besonders intensiv mitzuerleben und ließ ihre Erfahrung und ihre politische Meinung in die literarischen Werke mit einfließen.

Aber auch starke Kritiken gegen die eigene Person musste Christa Wolf erfahren. Als sie zugab als Informantin „IM Margarete“ für die Stasi gearbeitet zu haben, wurde sie vehement beschimpft, geriet in eine Außenseiterposition und zog sich aus der Öffentlichkeit zurück.[6]

Hier zeigt sich, dass die aktuellen Inhalte, die Christa Wolf in ihrem Roman mit einbezog durchaus Themen sind, die sie selber erlebt hat:

- Außenseiterpositionen
- Das Leben zwischen zwei verschiedenen Regierungssystemen

Sowie die allgemeineren Probleme:

- Fremdenfeindlichkeit
- Die Rolle der Frau in der Gesellschaft
- Kapitalismus

Auf die Berücksichtigung aktueller Thematiken, speziell bei ihrem Roman Medea. Stimmen gehe ich in einem späterem Kapitel ein. Vorerst widme ich mich dem Inhalt des Buches.

2. Inhalt:

2.1. Medea- Stimmen:

Medea, Tochter des Königs von Kolchis am Schwarzen Meer, führt, am sogenannten „Östlichen Ende der Welt“ ein nach außen angenehmes Leben. Sie genießt als oberste Priesterin und Heilerin hohes Ansehen der Kolcher, bis Jason mit seinen Argonauten nach Kolchis kommt, um von König Aietes, Medeas’ Vater, das goldene Vlies zu erbitten. Dieses war einst ein Geschenk von Prixon an das Reich Kolchis.

Der König will das Vlies jedoch nicht ohne weiteres herausgeben und stellt Jason Aufgaben, von denen er wusste, dass sie unmöglich erfüllbar sind. Da Medea weiß, dass der Preis, den Jason eingehen wird zu hoch ist, und dass der Kampf, den Jason dann führen wird viele Opfer für Kolchis bedeutet, macht sie ihn unschädlich: Sie verrät ihn gegen den Vater und hilft ihm das goldene Vlies zu besorgen, indem sie die Wachen einschläfert, und mit ihren Zaubermitteln die Stiere und die unbesiegbare Schlange unschädlich macht.

Kurze Zeit vorher erfuhr Medea, dass ihr kleiner Bruder Absyrtos zerstückelt worden ist. Diese Tatsache und der Verrat an den Vater festigten ihren Entschluss, Jason zu begleiten und von Kolchis wegzugehen. Noch in der Nacht, in der sie das Vlies raubten, verließen Jason und die Argonauten, sowie Medea mit einigen kolchischen Frauen das Land und stachen in See.

Medea, die zuvor die Knochen ihres geliebten Bruders aufsammelte, warf diese nach ihren Verfolgern, dem König und seinen Anhängern ins Meer, es sei der geeignete Bestattungsort für ihn, denkt sie.

Der Plan, die Königswürde des Königs von Jolkos, Jasons Vater, mittels des Goldenen Vlieses zurückzuholen scheitert. Sie fliehen ins reiche Korinth. Der dortige König Kreon erwies ihnen Gnade.

Medea kommt dort einem Geheimnis auf die Spur, welches sie ins Verderben stürzt: das nach außen hin perfekte Korinth ist auf ein Verbrechen gegründet. König Kreon ließ seine Tochter und Thronfolgerin Iphinoe ermorden um seine Herrschaft aufrechtzuerhalten. Sie sollte an seine Stelle gesetzt werden um Korinth vor dem Untergang zu retten.

Da Medea als starke Frau dieses Verbrechen nicht ohne weiteres hinnehmen will und sich immer mehr gegen die Sitten und Gebräuche des Landes auflehnt, versucht man sie aus Gefahr für das Königreich mundtot zu machen. Böse Gerüchte werden verbreitet, unter anderem, dass sie ihren Bruder ermordet habe. Durch ihr außergewöhnliches Auftreten, ihr Selbstbewusstsein, welches in Korinth unüblich ist für eine Frau, provoziert sie ständig und macht es dem Volk leicht, die bösen Nachreden zu glauben. Auch Jason wendet sich mehr und mehr von ihr ab, da er unter der Gunst des Königs steht und die hässliche, von epileptischen Anfällen gequälte Königstochter Glauke heiraten wird, um nach Kreons Tod die Thronfolge zu übernehmen. Die Geschichte erreicht ihren Höhepunkt, als ein Erdbeben Korinth erschüttert und sich die Pest als Folge dessen ausbreitet . Auch dieses wirft man Medea vor- sie habe mit ihren Hexenkünsten das Land verflucht. Damit hatte der König die gesuchten Gründe, um sie aus Korinth zu verbannen.[7]

Der Roman setzt zu dem Zeitpunkt ein, als Medea dem grausamen Geheimnis Korinths auf die Spur kommt. Medea, Jason, sowie vier weitere Stimmen ihrer Gegner und Freunde, erzählen durch innere Monologe wechselseitig die Geschichte der Frau, die das Verbrechen aufdeckte. Der Leser bekommt somit Einblick in die unterschiedlichen Auffassungen und Gefühle der jeweiligen Positionen.

2.2. Euripides Medea:

Euripides war der erste, der die bruchstückhaft überlieferten Elemente des Mythos Medea zu einer übersichtlichen Handlung zusammenführte. Seine Tragödie um die „wilde Frau“ basiert auf wissenschaftliche Überlieferungen, enthält aber auch erfundene, neue Elemente. Seine, wohl bekannteste Version machte Medea zu dem, was sie heute ist.

Medea, Zauberin und Tochter des Königs von Kolchis, verliebt sich in Jason, den Argonauten, der ins Land gekommen ist, um das „Goldene Vlies“ für seinen Onkel Pelias, dem König von Jolkos , zu stehlen. Medea, blind vor Liebe, hilft Jason das Vlies zu besorgen und begeht dadurch Verrat an ihren Vater und Bruder, tötet den letzteren sogar. Beide fliehen nach Jolkos, der Plan des Vlieses scheitert. Medea überredet Pelias Töchter ihren Vater zu ermorden,[8] um Jason von seinen Problemen zu befreien. Sie fliehen erneut. In Korinth verlässt Jason Medea, um die Königstochter Glauke zu heiraten und seine Existenz zu sichern, was Medea zutiefst bestürzt. Als der König von Korinth sie und ihre Kinder zudem verbannen will, weil er Vergeltung fürchtet, wird Medea eine hasserfüllte Frau, die nur noch eines im Kopf hat: Rache - Rache für Jason, den Mann, der sie so verletzte. Listig tötet sie Glauke mittels eines vergifteten Kleides, auch Kreon wird mit in den Tod gerissen. Um Jason an seinen wundesten Punkt zu treffen, nimmt sie auch eigenes Leid in Kauf: Sie tötet ihre gemeinsamen Söhne.[9]

[...]


[1] Vgl.: Hilzinger, Sonja (Hg.): Christa Wolf. Sammlung Metzler- Realien zur Literatur. Bd. 224. Stuttgart: Metzlerische Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst PoeschelVerlag GmbH 1986. S. 188f. (künftig zitiert: Hilzinger, Sonja: Christa Wolf).

[2] http. //www.dhm.de/lemo/html/biographien/WolfChrista. (künftig zitiert : Internet : Biographie Ch.Wolf).

[3] ebd.

[4] Vgl.: Hilzinger, Sonja: Christa Wolf. S. 188 f.

[5] Vgl.: Internet: Biographie Ch. Wolf.

[6] Vgl.: Warum Medea? Christa Wolf im Gespräch mit Petra Kammann am 25.1.1996. In: Hochgeschurz, Marianne (Hg.):Christa Wolfs Medea. Voraussetzungen zu einem Text. Mythos und Bild. Berlin: Janus press 1998. S.56. (künftig zitiert: Warum Medea?).

[7] Vgl.: Wolf, Christa: Medea. Stimmen. Gütersloh: Luchterhand Literaturverlag 1996. (künftig zitiert: Medea. Stimmen).

[8] Medea verspricht den Töchtern des Pelias, ihren Vater wieder jung zu kochen. So töten sie ihn und schneiden ihn in Stücke (Euripides S.603). In: Euripides Tragödien. Übersetzung von Hans von Arnim. München: dtv/ Artemis Verlag. (künftig zitiert: Euripides Medea)

[9] Vgl.: Euripides Medea

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Medea. Stimmen - Ein Roman von Christa Wolf
Hochschule
Universität Münster
Veranstaltung
Literatur der DDR
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
24
Katalognummer
V67332
ISBN (eBook)
9783638602594
ISBN (Buch)
9783656812609
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Medea, Stimmen, Roman, Christa, Wolf, Literatur
Arbeit zitieren
Katja Dirkers (Autor:in), 2003, Medea. Stimmen - Ein Roman von Christa Wolf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67332

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