E.T.A. Hoffmanns Erzählung „Das Fräulein von Scuderi” ist seit ihrem erstmaligen Erscheinen 1820 in der Forschung in vielfacher Weise interpretiert worden: als erste Detektiverzählung der deutschen Literaturgeschichte, als Gesellschafts- und Herrschaftskritik, die das inhumane Vorgehen der Justiz aufzeigen soll, als Heilsgeschichte, die das tugendhafte Fräulein in Gegensatz zur verfallenen und dekadenten Welt stellt, oder als Künstlernovelle, die das Schicksal des genialen aber wahnsinnigen Cardillac schildert. Tatsächlich sind all jene nur Teilaspekte und erst zusammen ergeben sie die Erzählung.
Im folgenden soll dennoch das Augenmerk auf die Gestalt des Goldschmieds und Mörders René Cardillac gerichtet werden. Er scheint dem Leser, dem Kritiker und dem Interpreten auf den ersten Blick eine äußerst fremde und absolut unmoralische Person zu sein. Bereits die ersten Rezensionen nach der Veröffentlichung verdeutlichen dies: „ [...] zu rechten wäre dagegen mit dem Verf., daß er seine teuflische Figur Cardillac rein unmenschlich darstellt, indem er ihn allemal erst nach begangenen Mordthaten Ruhe und Seelenzufriedenheit als beharrlichen Zustand genießen läßt, ein Zustand, zu dem das Phantasma vom bösen Stern [...] nicht hinreicht, dem nur die unmittelbarste Einwirkung des Satans [...] Statthaftigkeit und Wahrheit geben konnte. Auch wäre vielleicht die Geschichte noch anziehender geworden, wenn der Bösewicht nicht als wunderlich, sondern als bloßer Ausbund menschlicher Lasterhaftigkeit dastände.”1 Cardillac lediglich vom moralischen Standpunkt aus zu beurteilen wird aber offensichtlich der Gestalt, die Hoffmann uns präsentiert, nicht gerecht. Denn er ist ja kein wahllos mordender Irrer, sondern eine komplexe Persönlichkeit, die sich seinen Taten durchaus bewußt ist: „Glaube nicht, daß ich darum, weil ich tun muß, was ich nicht lassen kann, jenem Gefühl des Mitleids, des Erbarmens, was in der Natur des Menschen bedingt sein soll, rein entsagt habe.”2 Nun sollen verschiedene Aspekte genauer untersucht werden, die Licht hinter die Gestalt Cardillac und seinen Taten bringen könnten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Pränatales Trauma oder Wahnsinn?
- Künstlerverständnis
- Zwischen Bürger und Künstler
- Schlußbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Figur des René Cardillac in E.T.A. Hoffmanns Erzählung „Das Fräulein von Scuderi“. Ziel ist es, über eine rein moralische Betrachtung hinaus, die komplexe Persönlichkeit Cardillacs zu beleuchten und die Ursachen seines Handelns zu ergründen.
- Die Rolle des pränatalen Traumas und seiner möglichen Auswirkungen auf Cardillacs Psyche.
- Cardillacs Verständnis von Kunst und dessen Beziehung zu seiner Mordlust.
- Die ambivalente Position Cardillacs zwischen bürgerlicher Moral und künstlerischer Genialität.
- Die psychologischen Mechanismen, die Cardillacs Taten motivieren.
- Die Interpretation von Cardillacs Handlungen im Kontext der zeitgenössischen Gesellschaft.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die vielschichtigen Interpretationen von E.T.A. Hoffmanns „Das Fräulein von Scuderi“ ein und kündigt die fokussierte Betrachtung der Figur Cardillac an. Sie hebt die Schwierigkeit hervor, Cardillac nur aus einer rein moralischen Perspektive zu beurteilen und deutet auf die Notwendigkeit einer komplexeren Analyse hin, die über oberflächliche moralische Urteile hinausgeht und die psychologischen und gesellschaftlichen Hintergründe seines Tuns beleuchtet. Die Einleitung legt den Grundstein für eine tiefere Erforschung der komplexen Persönlichkeit Cardillacs und der Beweggründe seiner Taten.
Pränatales Trauma oder Wahnsinn?: Dieses Kapitel untersucht die von Cardillac selbst gegebene Erklärung für sein Handeln: das traumatische Erlebnis seiner schwangeren Mutter, die von einem Kavalier verführt und anschließend verlassen wurde, während sie seine Juwelen begehrte. Der Text hinterfragt die Validität dieser Erklärung, da sie von einem potenziell unzurechnungsfähigen Individuum stammt. Die Verbindung zwischen dem pränatalen Erlebnis und der späteren Untreue der Opfer Cardillacs wird hervorgehoben, wobei der Fokus auf Cardillacs Unfähigkeit liegt, diese Verbindung zu erkennen. Stattdessen attribuiert er seine Taten seiner Liebe zu Juwelen, wobei seine unbewältigte Mutter-Kind-Beziehung und die damit verbundenen Konflikte im Mittelpunkt der Interpretation stehen.
Künstlerverständnis: (Es fehlt im Originaltext der Inhalt dieses Kapitels. Eine Zusammenfassung kann hier nicht erstellt werden.)
Zwischen Bürger und Künstler: (Es fehlt im Originaltext der Inhalt dieses Kapitels. Eine Zusammenfassung kann hier nicht erstellt werden.)
Schlußbetrachtung: (Die Schlußbetrachtung wird gemäß den Vorgaben nicht zusammengefasst.)
Schlüsselwörter
E.T.A. Hoffmann, Das Fräulein von Scuderi, René Cardillac, Kriminalerzählung, Künstler, Verbrecher, Pränatales Trauma, Wahnsinn, Moral, Gesellschaft, Kunst, Juwelen, Psychologie, Interpretation.
Häufig gestellte Fragen zu E.T.A. Hoffmanns "Das Fräulein von Scuderi" - Fokus René Cardillac
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese akademische Arbeit analysiert die Figur des René Cardillac in E.T.A. Hoffmanns Erzählung "Das Fräulein von Scuderi". Sie geht über eine rein moralische Betrachtung hinaus und untersucht die komplexen Ursachen seines Handelns, indem sie psychologische und gesellschaftliche Aspekte beleuchtet.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit der Rolle des pränatalen Traumas auf Cardillacs Psyche, seinem Verständnis von Kunst im Zusammenhang mit seiner Mordlust, seiner ambivalenten Position zwischen bürgerlicher Moral und künstlerischer Genialität, den psychologischen Mechanismen hinter seinen Taten und der Interpretation seiner Handlungen im Kontext der damaligen Gesellschaft.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, Kapitel zu pränatalem Trauma, Cardillacs Künstlerverständnis, seiner Position zwischen Bürger und Künstler, und eine Schlussbetrachtung. Leider fehlen im Originaltext die Kapitel zum Künstlerverständnis und zur Position zwischen Bürger und Künstler, sodass diese hier nicht zusammengefasst werden können.
Welche Zusammenfassung des Kapitels "Pränatales Trauma oder Wahnsinn?" wird gegeben?
Dieses Kapitel analysiert Cardillacs eigene Erklärung für sein Handeln: das pränatale Trauma seiner Mutter, die von einem Kavalier verführt und ausgeraubt wurde. Die Arbeit hinterfragt die Validität dieser Erklärung und konzentriert sich auf die unbewältigte Mutter-Kind-Beziehung und die Verbindung zwischen dem pränatalen Erlebnis und Cardillacs späteren Taten, die er selbst seiner Liebe zu Juwelen zuschreibt.
Was ist die Rolle der Einleitung?
Die Einleitung führt in die vielschichtigen Interpretationen von Hoffmanns Erzählung ein und kündigt die fokussierte Betrachtung Cardillacs an. Sie betont die Notwendigkeit einer komplexen Analyse, die über oberflächliche moralische Urteile hinausgeht.
Welche Schlüsselwörter werden verwendet?
Die Arbeit verwendet Schlüsselwörter wie E.T.A. Hoffmann, Das Fräulein von Scuderi, René Cardillac, Kriminalerzählung, Künstler, Verbrecher, Pränatales Trauma, Wahnsinn, Moral, Gesellschaft, Kunst, Juwelen und Psychologie.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Das Hauptziel ist es, die komplexe Persönlichkeit Cardillacs zu beleuchten und die Ursachen seines Handelns zu ergründen, indem sie über eine rein moralische Betrachtung hinausgeht.
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- Imke Barfknecht (Author), 2003, "Cardillac" - Künstler und Verbrecher, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67816