Diese Arbeit setzt sich mit einer Schrift auseinander, die von Sherry Turkle, einer
amerikanischen Psychologin, 1995 verfasst wurde. Unter dem Titel „ Leben im Netz.
Identität in Zeiten des Internet“ finden sich in den ersten beiden Teilen des Buches neben
Untersuchungen über ästhetische Gesichtspunkte der verschiedenen Computer-Interfaces
auch Beobachtungen zur künstlichen Intelligenz sowie zu Problemen der Selbstauffassung
des Menschen aufgrund der beständig sich erweiternden Fähigkeiten seiner Computer.
Aufgezeigt werden zuletzt Ansätze, die einen Nachvollzug des Zusammenhangs von
Emergenz und Wissenschaftstheorie erlauben.
Diese sorgfältig recherchierten Themenkomplexe finden jedoch in dieser Untersuchung
keine bzw. nur marginale Berücksichtigung. Das Hauptaugenmerk soll auf dem dritten Teil
des Werkes liegen. Dort wird geschildert, warum es angesichts der Nutzung
verschiedenster Rollen problematisch ist, Identität als Forderung an das Subjekt zu stellen.
In diesem Kontext erfährt auch das Problem der Machtverhältnisse im Netz eine
eingehende Beleuchtung. Größtenteils aber sind die überaus interessanten Ausführungen
Turkles lückenhaft, die Begrifflichkeiten sind in ihrer Vielfalt nur unzureichend
differenziert und teilweise erweisen sich Annahmen als vage, was die Lektüre stellenweise
erschwert. Es soll nun der Versuch unternommen werden, die bruchstückhaften Inhalte
systematisch und in kritischer Auseinandersetzung darzustellen.
Zuerst erfolgt, nach Hinweisen auf die methodischen Besonderheiten, die während der
Recherchen Turkles Anwendung fanden ,eine kurze, skizzenhafte Zusammenschau von
Konzeptionen des Ich bzw. des Subjekts, auf die die Autorin oftmals rekurriert. Merkmale
der Umgebungen, in denen das Spiel der Identitäten seinen Platz hat, werden
nachgezeichnet, um im Anschluss daran das Verhältnis des Nutzers zu seinen Masken zu
klären, aus dem heraus die therapeutische Dimension der Kommunikation in Chat-Rooms
abzuleiten sein wird. Charakterisiert wird auch das Problem der Leiblichkeit, dessen
Komplexität im Internet noch um diverse Nuancen angereichert zu sein scheint. Am Ende
werfen die positiven Aspekte des neuen Mediums die Frage auf, inwiefern sich Fantasien
von Freiheit und Autonomie im Internet als Trugbilder erweisen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bemerkungen zur Methodik Turkles
- Das Ich: Teilhaber oder Illusion? Das Selbst.
- Sigmund Freud
- Jaques Lacan
- Varianten des Selbst
- Der Schauplatz des Karneval
- MUDS
- Semiotische Räume
- Maskierungen
- Rollenrepertoires
- Masken und Therapeutik
- In den Fängen der Fantasie
- Die Übertragung
- Interpretatorische „Leerräume“
- Die „Bürden der Leiblichkeit“
- Das panoptische Netz
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den dritten Teil von Sherry Turkles Buch „Leben im Netz. Identität in Zeiten des Internet“, welches die Problematik der Identitätsbildung im Kontext der Nutzung von Online-Rollen beleuchtet. Der Fokus liegt auf Turkles Darstellung der Herausforderungen, die mit der Annahme einer festen Identität in der digitalen Welt verbunden sind, sowie auf die Machtverhältnisse im Netz. Die Arbeit analysiert kritisch die von Turkle verwendeten Begrifflichkeiten und untersucht die von ihr gemachten Beobachtungen im Kontext ihrer Forschungsmethodik.
- Die Bedeutung der Online-Rollen für die Konstruktion der Identität
- Die Problematik der Identität als Forderung an das Subjekt im digitalen Raum
- Die Machtverhältnisse im Netz und ihre Auswirkungen auf die Selbstwahrnehmung
- Die Kritik an Turkles Methodik und die Analyse der von ihr verwendeten Begrifflichkeiten
- Die Rolle der therapeutischen Dimension der Kommunikation in Chat-Rooms
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Fokus auf den dritten Teil von Turkles Buch und die darin beschriebene Problematik der Identitätsbildung im Netz legt. Es werden auch die Schwächen in Turkles Ausführungen und die mangelnde Differenzierung ihrer Begrifflichkeiten hervorgehoben. Die Einleitung stellt den Rahmen für die folgende Analyse der komplexen Themen, die im Buch behandelt werden.
Das zweite Kapitel beleuchtet die methodischen Besonderheiten von Turkles Arbeit und weist auf die Einengung ihres Forschungsgebiets hin. Es wird deutlich, dass die Autorin wichtige Aspekte des Internet und des Umgangs damit nur bruchstückhaft darstellt. Die verwendeten Begrifflichkeiten werden als diffus und schwer durchschaubar bezeichnet.
Das dritte Kapitel bietet einen skizzenhaften Überblick über Konzeptionen des Ich bzw. des Selbst, auf die Turkle in ihrer Arbeit rekurriert. Dabei werden insbesondere die Gedanken von Sigmund Freud und Jaques Lacan vorgestellt, die in Turkles Analyse eine zentrale Rolle spielen.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den Umgebungen, in denen das Spiel der Identitäten seinen Platz findet. Die Autorin untersucht dabei insbesondere die Rolle von MUDs (Multi-User Dungeons) und die semiotischen Räume im Internet.
Im fünften Kapitel werden die Maskierungen im Internet und die unterschiedlichen Rollen, die die Nutzer online einnehmen, analysiert. Dabei wird die Frage behandelt, wie die Nutzer sich selbst und ihre Identität in den digitalen Räumen darstellen.
Das sechste Kapitel widmet sich dem Problem der Fantasie im Internet und untersucht die Übertragung von Gefühlen und Gedanken in den digitalen Raum. Die Frage, ob Fantasien von Freiheit und Autonomie im Internet als Trugbilder betrachtet werden können, wird in diesem Kapitel aufgeworfen.
Das siebte Kapitel thematisiert die „Bürden der Leiblichkeit“ im Internet und zeigt auf, wie die digitale Welt die menschliche Körperlichkeit beeinflusst.
Das achte Kapitel behandelt das „panoptische Netz“ und untersucht die Auswirkungen der Überwachung im Internet auf die Selbstwahrnehmung der Nutzer.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe der Arbeit umfassen: Identität, Selbst, Online-Rollen, Internet, digitale Welt, Machtverhältnisse, Kommunikation, Therapeutik, Leiblichkeit, Überwachung, Fantasie, Freiheit, Autonomie.
- Arbeit zitieren
- Marcus Reiß (Autor:in), 2002, Real Life: Version 2.0 - Gedanken zu Leben im Netz von Sherry Turkle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6805