Der Gefangene Nr. 697 war bei den Offizieren der Allied Forces in Norway
schlecht angesehen: Fritz F., ein 34 Jahre alter Maler aus München, sei
von ”niedriger Intelligenz, gefährlich, ein brutaler Sadist und williges Werkzeug
in den Händen seiner Herren” gewesen. Nicht einmal jetzt bereue er
die Verbrechen, die er begangen habe und erkenne seine Schuld an, schrieben
die Offiziere in ihrem Vernehmungsprotokoll.1 Dabei gab der ehemalige
SS-Unterscharführer am 2. August 1945 im Osloer Gefängnis Akershus die
Vergehen zu, die er begangen hatte: Von März 1942 bis zum Tage der Kapitulation
misshandelte er als Aufseher Gefangene mit Fußtritten und Faustschlägen,
entzog ihnen ihre Mahlzeiten und war an der Erschießung von
sechs russischen Gefangenen beteiligt. Dabei zeichnete er sich durch besondere
Brutalität aus, wie der Bericht vermerkt. Eigentlich, so gab F. an,
strebte er die höhere Laufbahn an: Doch die Gestapo, bei der er sich für
den Kriminaldienst bewarb, lehnte den Kandidaten ab. Er sei ungeeignet,
schrieb die Heerespolizeischule Pretzsch. Über Theresienstadt kam er nach
Stavanger und landete schließlich doch bei der Staatspolizei: Als Gefängniswärter
bewachte er politische Gefangene. ”A typical example of his
kind”, urteilten die britischen Offiziere über den niederen Chargen.
Viel Vertrautes enthält der vierseitige Bericht über Fritz F. Das Bild des
minderbemittelten, sadistischen Schlägers, der Geständnisse aus Unschuldigen
herausprügelt; die völlige Mitleidlosigkeit gegenüber den Opfern und
der unbedingte Gehorsam passen nur allzugut in vorhandene Schemata, wie
sie seit 1945 über die Gestapo und ihre Schergen verbreitet werden: ”Verkrachte Existenzen von niederer Intelligenz” hatte Eugen Kogon schon 1946
als Ideal-Typus des Gestapo-Beamten ausgemacht.
Die Beobachtung ist nicht gänzlich falsch, sie fand Eingang in zahllose Bücher
und Arbeiten über die Gestapo – und doch kann sie in ihrer Reduzierung
auf den Terror und der einseitigen Charakterisierung der Täter nur ein
verzerrtes Bild vom Polizeiapparat wiedergeben. [...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Besetzung Norwegens
- II.1 Die Ziele der Besetzung
- II.2 Der Aufbau der Verwaltung
- III. Die Gestapo in Oslo
- III.1 Überlegungen zur neueren Forschung über die Gestapo
- III.2 Auftreten und Organisation der Gestapo
- III.3 Formen des norwegischen Widerstandes
- III.4 Die Entwicklung der Gestapo in Oslo
- III.4.1 Konsolidierungsphase 1940 – 1941
- III.4.2 Radikalisierungsphase 1941 – 1942
- III.4.3 Terrorphase 1942 - 1944
- III.4.4 Schlussphase 1944 – 1945
- III.5 Kollaborateure und "angiver"
- III.6 Das Verhältnis zwischen den Referaten und Dienststellen
- IV. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Herrschaftspraxis der Gestapo in Norwegen zwischen 1940 und 1945, insbesondere in Oslo. Ziel ist es, ein differenzierteres Bild der Gestapo-Aktivitäten zu zeichnen, als es in der bisherigen Forschung oft der Fall war, indem die gängigen Klischees hinterfragt und die komplexen Wirkungsmechanismen des Apparates analysiert werden. Die Arbeit geht über die Darstellung von Terror und Brutalität hinaus und beleuchtet die Organisationsstruktur, die angewandten Methoden und das Zusammenspiel mit der norwegischen Bevölkerung.
- Die Rolle der Gestapo in der deutschen Besatzungspolitik Norwegens
- Analyse der Organisationsstruktur und Methoden der Gestapo in Oslo
- Der norwegische Widerstand und seine Interaktion mit der Gestapo
- Die Bedeutung von Kollaboration und Denunziation
- Die Entwicklung der Gestapo-Aktivitäten im Zeitverlauf
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung beginnt mit dem Fall eines SS-Unterscharführers, um die gängigen Klischees über die Gestapo als Organisation aus sadistischen und minderbemittelten Schlägern zu konterkarieren. Sie hebt die Notwendigkeit hervor, die Wirkungsweise der Gestapo differenzierter zu betrachten und Fragen nach den angewandten Methoden, dem Handlungsrahmen und dem Grad des Erfolgs zu stellen. Die einseitige Fokussierung auf Terror wird kritisiert und ein differenzierterer Forschungsansatz angekündigt, der auch die Rolle der norwegischen Bevölkerung mit einbezieht.
II. Die Besetzung Norwegens: Dieses Kapitel beleuchtet die Ziele der deutschen Besetzung Norwegens und den Aufbau der deutschen Verwaltung. Es liefert den historischen und politischen Kontext für die spätere Analyse der Gestapo-Aktivitäten. Die Darstellung der Besatzungspolitik dient als Grundlage für das Verständnis des Handlungsrahmens, in dem die Gestapo operierte.
III. Die Gestapo in Oslo: Dieses zentrale Kapitel analysiert die Gestapo in Oslo umfassend. Es untersucht die neuere Forschung zur Gestapo, deren Auftreten und Organisation, die Formen des norwegischen Widerstands, und die Entwicklung der Gestapo in vier Phasen (Konsolidierung, Radikalisierung, Terror, Schlussphase). Die Rolle von Kollaborateuren und Denunzianten wird ebenso beleuchtet wie das Verhältnis zwischen den verschiedenen Referaten und Dienststellen der Gestapo. Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit und präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung der Gestapo-Aktivitäten in Oslo.
Schlüsselwörter
Gestapo, Norwegen, Besetzung, Oslo, Widerstand, Kollaboration, Denunziation, NS-Diktatur, Herrschaftspraxis, Polizeiapparat, Organisation, Methoden, Terror, Forschungsstand.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Gestapo in Oslo (1940-1945)
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Herrschaftspraxis der Gestapo in Norwegen, insbesondere in Oslo, zwischen 1940 und 1945. Sie geht über die bloße Darstellung von Terror und Brutalität hinaus und untersucht die Organisationsstruktur, die angewandten Methoden und das Zusammenspiel mit der norwegischen Bevölkerung. Ziel ist ein differenzierteres Bild der Gestapo-Aktivitäten als in der bisherigen Forschung oft vorhanden.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Rolle der Gestapo in der deutschen Besatzungspolitik Norwegens, die Analyse der Organisationsstruktur und Methoden der Gestapo in Oslo, den norwegischen Widerstand und seine Interaktion mit der Gestapo, die Bedeutung von Kollaboration und Denunziation sowie die Entwicklung der Gestapo-Aktivitäten im Zeitverlauf (Konsolidierung, Radikalisierung, Terror, Schlussphase).
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, ein Kapitel zur Besetzung Norwegens, ein zentrales Kapitel zur Gestapo in Oslo (mit Unterkapiteln zur neueren Forschung, Organisation, Widerstand, Entwicklungsphasen, Kollaborateuren und dem Verhältnis zwischen den Referaten), und eine Schlussbetrachtung. Es gibt auch ein Inhaltsverzeichnis, eine Zusammenfassung der Kapitel und eine Liste von Schlüsselwörtern.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit wendet einen differenzierten Forschungsansatz an, der gängige Klischees über die Gestapo hinterfragt und die komplexen Wirkungsmechanismen des Apparates analysiert. Sie berücksichtigt die Rolle der norwegischen Bevölkerung und geht über eine einseitige Fokussierung auf Terror hinaus.
Welche Quellen werden verwendet? (Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn die zugrundeliegenden Quellen im Originaltext genannt werden.)
Diese Information fehlt im vorliegenden Text. Die verwendeten Quellen sind nicht aufgeführt.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen? (Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn die Schlussfolgerungen im Originaltext genannt werden.)
Die Schlussfolgerungen der Arbeit sind nicht explizit im vorliegenden Textzusammenfassung genannt. Die Schlussbetrachtung wird nur erwähnt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Gestapo, Norwegen, Besetzung, Oslo, Widerstand, Kollaboration, Denunziation, NS-Diktatur, Herrschaftspraxis, Polizeiapparat, Organisation, Methoden, Terror, Forschungsstand.
- Arbeit zitieren
- Per Hinrichs (Autor:in), 2000, Gestapo in Oslo. Zur Herrschaftspraxis der Geheimen Staatspolizei in Norwegen 1940 bis 1945., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6815