Die zähringischen Städte-Neugründungen: Freiburg i. Br., Freiburg i. Ü. und Bern


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

28 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Freiburg im Breisgau
1. Vorstädtische Siedlungsphasen
2. Die Marktgründung von 1120 und deren historischer Hintergrund
3. Das Freiburger Gründungsprivileg
4. Zur weiteren Entwicklung des Freiburger Rechts

III. Freiburg im Üchtland
1. Stadtgründung
2. Historischer Hintergrund der Gründung Freiburgs i. Ü
3. Erstes Stadtrecht

IV. Bern
1. Stadtgründung
2. Stadtrecht

V. Zusammenfassung

VI. Quellen und Literatur

Quellen

Literatur

I. Einleitung

Mit dieser Arbeit soll die Neugründung der drei zähringischen Städte Freiburg im Breisgau, Freiburg im Üchtland und Bern beleuchtet werden. Dabei wird einerseits ihre bauliche Entstehung und deren historischer Hintergrund dargelegt. Zum Anderen werden die ersten Rechtsbewidmungen durch die zähringischen Stadtherrn untersucht. Als Ergebnis wird deutlich werden, dass die Zähringer bei ihren Städte-Neugründungen ähnlich vorgegangen sind. Von einem „zähringischen Stadtanlagentypus“ kann jedoch nicht die Rede sein, die Gemeinsamkeiten sind wesentlich komplexer und subtiler als in ihrer rein architektonischen Erscheinung.

Die ältere Forschung schrieb den Zähringern ein eigenes Stadtgründungsmodell zu. Sie zählte alle Siedlungen in ihrem Herrschaftsbereich zu ihren Gründungen, die bestimmte Merkmale aufwiesen, wie das sogenannte „Zähringerkreuz“ oder ein den Freiburger Rechtssätzen verwandtes Stadtrecht. Zudem war davon ausgegangen worden, dass die Zähringer ihre Städte an bisher unbesiedelten Plätzen anlegen ließen. Die neuere Forschung ist allerdings inzwischen – auch unter Einbeziehung von archäologischen Untersuchungen - zu vollkommen anderen Ergebnissen gekommen. Nachweislich schlossen auch die Zähringer-Städte an Vorgängersiedlungen an. Das sogenannte „Zähringerkreuz“ war seit dem 12. Jh. unabhängig vom Gründer häufig anzutreffen. Ein in der Freiburger Tradition stehendes Recht erhielten auch Siedlungen, die nicht unter zähringischer Herrschaft standen, viele davon sogar erst nach dem Aussterben des Hauses 1218.[1] Die Städte der Zähringer wurden von der neueren Forschung in drei Gruppen eingeteilt. Die erste bilden die nachweislichen Gründungsstädte Freiburg i. Br., Freiburg i. Ü. und Bern, die in dieser Arbeit im Folgenden näher betrachtet werden sollen. Diese Städte verdanken ihre Entstehung einem geplanten Zugriff der Zähringer. Die Ausbildung ihrer inneren Struktur war bereits bei ihrem Aussterben 1218 abgeschlossen. Eine zweite Gruppe bilden einerseits Orte, die als Burg- oder Dorfsiedlungen an die Zähringer gelangt sind und teilweise von ihnen ausgebaut wurden. Sie erhielten ihre städtische Struktur aber wohl erst nach 1218. Dazu gehören Villingen, Offenburg, Neuenburg am Rhein, Rheinfelden, Burgdorf, Murten und Thun.

Auf der anderen Seite werden zu dieser Gruppe auch die Städte gezählt, auf deren Stadtwerdung die Zähringer nicht den entscheidenden Einfluss hatten, da sie schon als städtische Siedlung in ihren Besitz kamen, wie Zürich, Breisach und Solothurn. Die letzte Städtegruppe bilden die Traditionsstädte wie Bräunlingen, Kenzingen und Rottweil, die sich aufgrund der Straßenführung oder Freiburger Rechtssätze auf die Zähringer beriefen. Sie standen aber nie in einem engeren Verhältnis zu diesem Herrschaftsgeschlecht.[2]

II. Freiburg im Breisgau

1. Vorstädtische Siedlungsphasen

Der Anfang der weitgestreckten zähringischen Städtepolitik muss mit dem Ausbau Freiburgs im Breisgau angesetzt werden. Im Gegensatz zu den Annahmen der oft ideologisch motivierten älteren (u.a Georg von Below, Deutsche Städtegründungen) hat die neuere Forschung gezeigt, dass Freiburg nicht auf unbesiedeltem Gebiet als vollständige Neugründung entstand, sondern an eine lange vorstädtische Tradition anschloss. Aus Urkunden und archäologischen Grabungen ließen sich mehrere Siedlungsphasen rekonstruieren, die der Marktgründung Konrads 1120 vorausgingen.[3] Der älteste Siedlungspunkt wird um St. Martin angenommen. Es wird an dieser Stelle ein frühmittelalterlicher Herrenhof vermutet, der später in den Besitz der Zähringer überging. Zudem wurde bereits 1008 eine Siedlung Wiehre genannt, die im Bereich der späteren Peterskirche bestand, die ursprünglich am Westende der Bertoldstraße lag.[4] In der Urkunde verlieh König Heinrich II. dem Bischof von Basel den Wildbann über den Mooswald im Breisgau[5] Darin wurde der Ort als eine der Siedlungen genannt, bis zu denen der Bezirk reichte.[6] Dies schließt somit nicht zwingend aus, dass auch eine Siedlung näher am Schlossbergfuß bestand. Zur Wiehre gehörten auch ein Grafenhof und die Grafenmühle, und auch der Name „bei den Wehren“ weise, so Keller, darauf hin, dass der Ort bereits gewerblichen Charakter hatte.[7]

Die Ausdehnung der zähringischen Herrschaft in der 2. Hälfte des 11. Jh.s in den Breisgau hinein führte zum Bau der Burg auf dem Schlossberg, zu deren wirtschaftlicher Versorgung ein Hof mit zugehöriger Mühle angelegt wurde. Die zur Burg gehörigen Ministerialen wurden ebenfalls hier angesiedelt. Um 1100 legte Herzog Berthold II. von Zähringen einen neuen burgus an, eine nicht mehr rein agrarisch, eher handels- und gewerbeorientierte Siedlung, die auch eine rechtliche Sonderstellung innehatte. Bei diesem burgus richtete Konrad schließlich seine Marktsiedlung ein, die im Laufe der Zeit mit dem burgus zur Stadt Freiburg verschmolz und die vorstädtischen Siedlungen integrierte.[8]

Zu diesen Erkenntnissen führten nicht nur archäologische Untersuchungen, sondern auch der Vergleich mit anderen Marktverleihungen. Es war üblich, den Markt im Bereich einer schon bestehenden Siedlung einzurichten. Da die Marktsiedlungen seit dem 11. Jh. bereits einen gewerblichen Einschlag hatten, ist auch für die Marktgründung Freiburg zu schließen, dass sie an eine bestehende Siedlung anschloss. Zudem gab Konrad ausdrücklich an, dass er den Markt „in einem mir zu eigen gehörenden Ort namens Freiburg“ errichtet habe. Zudem lässt sich in der Urkunde feststellen, das es neben den neu angesiedelten Kaufleuten weitere Bewohner gab, die mit den Kaufleuten zusammen als burgenses bezeichnet wurden. Der Begriff burgenses ist ebenfalls ein Verweis darauf, dass die vorhandene Siedlung kein Dorf war, sondern eine dichter bebaute, größere vorstädtische Siedlung.[9] Die Entstehung dieses locus Friburg wird im Bereich der heutigen Straßengabel bei Oberlinden lokalisiert.[10]

Dem Zähringer Bertold I. wurden 1077 alle Reichslehen abgesprochen, da er sich nach Heinrichs IV. Canossagang im selben Jahr führend an der Erhebung des Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden beteiligt hatte. Die Grafschaft Breisgau wurde dem Bischof von Straßburg verliehen. Bertolds Position war im Breisgau besonders gefährdet, da sie weitgehend auf Reichslehen - so gehörten auch Burg und Dorf Zähringen dazu - aber auch auf Lehen des Bischofs von Basel und des Abtes von Sankt Gallen beruhte, die beide zu den Anhängern Heinrichs IV. gehörten. Daher setzte Bertold II. 1079 die zähringische Herrschaft im Breisgau mit militärischen Mitteln durch und eroberte den umfangreichen Sankt Galler Besitz. Der Breisgau wurde damit wieder zur sicheren Basis der Zähringerherrschaft, und als Bertold 1090 das umfangreiche Erbe der Rheinfelder am Hochrhein und in der heutigen Westschweiz übernahm, rückte der Breisgau auch in das geographische Zentrum des Besitzes. In diesem Zusammenhang wird angenommen, dass Bertold II. die strategisch bedeutende Position am Eingang des Dreisamtales nutzte und die Burg auf dem Schlossberg errichtete oder ausbaute, in deren Rahmen auch die vorstädtischen Siedlungen Freiburgs zu sehen sind. Zu diesem Zeitpunkt war auch unklar, ob die Zähringer wieder über die Reichsburg Zähringen verfügen könnten. Zu diesen Annahmen passen die Aussagen der im 13. Jh. kompilierten Marbacher Annalen, die behaupten, dass die Stadt Freiburg im Jahre 1091 durch Bertold II. begonnen worden sei, zum Zeitpunkt, als er das rheinfeldische Erbe antrat.[11]

2. Die Marktgründung von 1120 und deren historischer Hintergrund

Nach dem Tod Bertolds II. 1111 übernahm dessen Sohn als Bertold III. die Herzogswürde. Aber nicht er, sondern sein jüngerer Bruder Konrad von Zähringen schuf den Auftakt der zähringischen Städtepolitik, indem er 1120 einen Markt auf seinem Eigengut gründete.[12] Dabei siedelte er Kaufleute an, denen er am abgesteckten Markt Hofstätten zuwies, auf denen sie eigene Häuser errichten sollten. Angelockt wurden die Kaufleute durch Privilegien, welche Konrad ihnen zusicherte. Der Marktbereich wurde westlich an den bestehenden locus Friburg angefügt, da sich hier die Möglichkeit einer großzügigen Ausdehnung ergab. Die Größe der Hofstätten wurde später mit 50 x 100 Fuß ausgegeben. Auf diesen relativ großen Grundstücken standen ursprünglich von der Straße zurückgesetzt frei innerhalb eines Hofes sogenannte „Kernbauten“, zweigeschossige, quadratische turmartige Häuser. Der Straßenmarkt, aus dem die heutige Kaiserstraße wurde, dehnte sich in der Folgezeit nach Norden aus und war Ausgangspunkt der weiteren städtischen Entwicklung, die sich zunächst mehr längs der heutigen Bertoldstraße vollzog. In der nordöstlichen Stadthälfte legte man die Pfarrkirche und den Friedhof an. Schriftliche Informationen über die weitere Stadtentwicklung bis zum Aussterben der Zähringer 1218 gibt es nur in Form des Berichtes über den Besuch Bernhards von Clairvaux in Freiburg. Er predigte am 3. Dezember 1146 hier den Kreuzzug.[13] In der Darstellung wird von vicus gesprochen. Freiburg erschien als ausgedehnter Handelsort mit eigener Kirche und einer wohlhabenden bürgerlichen Oberschicht,[14] war aber zu dieser Zeit wohl noch unbefestigt.[15]

Ursache für zahlreiche Überlegungen in der Forschung war die fehlende Bestätigung der Stadtgründung durch Kaiser Heinrich V. und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit. Bis zur Gründung Freiburgs fand keine Stadtgründung ohne königliche Erlaubnis statt. Dies bezeugen seit dem 10. Jh. zahlreiche vorhandene Marktrechtsverleihungen, aber auch „Privaturkunden“ von Marktgründern. Das ist umso erstaunlicher, da sich Konrad dadurch Verpflichtungen auferlegen musste, die sonst vom König übernommen wurden, so die den Marktbesuchern gewährte pax und securitas in einem bestimmten Umkreis. Konrad selbst übernimmt hier den Schutz innerhalb seines Herrschaftsbereiches.[16]

Ebenso kommt er bei Feststellung des Schuldigen für die Rückgabe oder die Entschädigung geraubten Gutes auf. Konrad musste auch einen Ausgleich schaffen für die übliche confirmatio des Herrschers und die Übertragung des bannus regius, mit dem ein Einspruch gegen die Gründung oder die Verletzung des Marktes verhindert werden konnte. Zwischen dem Grundherrn und den Kaufleuten wurde eine eidliche Vereinbarung (coniuratio) geschlossen. Der Eid erfolgte zusammen mit zwölf seiner angesehensten Ministerialen zur Sicherheit, dass er und seine Nachkommen die Vereinbarung einhalten. Zusätzlich sprach Konrad gegenüber einem liber homo und den coniuratores fori, den Mitgeschworenen des Marktes, manu dextra, durch ein Gelöbnis mit der rechten Hand, eine Garantie aus, dass er das von den Ministerialen in seinem Namen geleistete iuramentum nicht auf Grund einer Not (necessitas) brechen werde. All dies sind Zeichen dafür, dass Konrad die rechtliche Unsicherheit durch den fehlenden Einbezug des Königs zu kompensieren suchte. Nur so konnte es ihm wahrscheinlich gelingen, die Kaufleute anzuwerben.[17]

Für diese Rechtsunsicherheit bei der Marktgründung Konrads wurden in der Forschung verschiedene Erklärungen gegeben. Hagen Keller[18] erklärte dies damit, dass die Zähringer während des Investiturstreites der papsttreuen Partei gegen den seit 1118 exkommunizierten Heinrich V. angehörten. Dagegen hielt Thomas Zotz, dass Heinrich trotz seiner Exkommunikation seine Stellung im Reich festigen konnte und es nicht zu einer weitreichenden Parteienbildung im Reich kam. Es kam zu Versöhnungsakten mit den Fürsten, und auch zwischen Herzog Bertold III., dem Bruder Konrads, und Heinrich bestanden gute Beziehungen.[19] Karl Schmid[20] sah den Grund darin, dass Konrad kein Amt innehatte und sah die privilegienreiche Gründung im Drang der Bürger nach Rechtssicherheit begründet.[21] Zotz meinte jedoch, dass Konrad zwar ohne Amt war, er jedoch Angehöriger einer der höchstrangigen Adelsgeschlechter des deutschen Südwestens war.[22] In der Tat wird Konrad in den Quellen als dominus, ist bloßer Grundherr genannt.. Dennoch entwickelte Konrad getrennt von seinem herzoglichen Bruder eine selbständige und überaus erfolgreiche und machtvolle Herrschaftspolitik. Ende Februar 1120 griff er das Allerheiligenkloster Schaffhausen an und eroberte den Ort mitsamt der Marktsiedlung,[23] und 1121 hatte er in der Nachfolgefrage des Abtes von Sankt Gallen eingegriffen und seinen Kandidaten durchgesetzt.

Zu letzterem Anlass kam Konrad mit 600 milites nach St. Gallen, ein Verweis darauf, dass er schon in der Zeit vor seiner Herzogsherrschaft mit beträchtlichem Besitz ausgestattet gewesen sein und über eine Vielzahl ritterlicher Dienstleute verfügt haben muss. Zotz vermutet zudem eine Teilung des zähringischen Kernlandes zwischen Bertold III. und Konrad nach dem Tode Bertolds II. Freiburg sei dabei Konrad zugefallen und sei vermutlich zentraler Sitz in seiner Herrschaft gewesen.[24] Letztendlich sieht Zotz also für die fehlende Königsbestätigung seiner Marktgründung das junge Alter Konrads. Konrad hätte, da er gerade erst mündig geworden war, keine Möglichkeit gehabt, sich Verdienste für das Reich zu erwerben und ein Vertrauensverhältnis zum König aufzubauen. Denn dies sei Voraussetzung dafür gewesen, um ein legitimum mercatorum, einen vom König garantierten und geschützten Markt zu gründen.[25]

[...]


[1] Vgl. Schadek, Die Zähringer II, S. 220; LexMa, Bd. IX, Sp. 467.

[2] Vgl. Schadek, Die Zähringer II, S. 221, LexMa, Bd. IX, Sp. 468.

[3] Vgl. Schadek, Die Zähringer II, S. 224.

[4] Vgl. Keller, S. 20.

[5] Vgl. Schadek, Die Zähringer II, S. 227.

[6] Ebenda, S. 224.

[7] Vgl. Keller, S. 21.

[8] Vgl. Schadek, Die Zähringer II, S. 224.

[9] Vgl. Keller, S. 21.

[10] Ebenda, S. 22.

[11] Ebenda.

[12] Vgl. LexMa, Bd. IX, Sp. 465.

[13] Vgl. Keller, S. 23f.

[14] Schadek, Die Zähringer II, S. 224.

[15] Vgl. Keller, S. 24.

[16] Vgl. Zotz, S. 25f.

[17] Ebenda, S. 28f.

[18] Keller 1982.

[19] Vgl. Zotz, S. 30ff.

[20] Vgl. Schmid 1983.

[21] Vgl. Zotz, S. 30.

[22] Ebenda, S. 37.

[23] Vgl. Zotz, S. 33f.

[24] Ebenda, S. 35f.

[25] Ebenda, S. 39f.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Die zähringischen Städte-Neugründungen: Freiburg i. Br., Freiburg i. Ü. und Bern
Hochschule
Technische Universität Berlin
Note
1
Autor
Jahr
2004
Seiten
28
Katalognummer
V68702
ISBN (eBook)
9783638611336
ISBN (Buch)
9783656526780
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Städte-Neugründungen, Freiburg, Bern
Arbeit zitieren
Martin Petsch (Autor:in), 2004, Die zähringischen Städte-Neugründungen: Freiburg i. Br., Freiburg i. Ü. und Bern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68702

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