Keats' Ode to a Nightingale


Seminararbeit, 1997

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Detailanalyse
2.1. Erste Strophe
2.2. Zweite Strophe
2.3 Dritte Strophe
2.4. Vierte und fünfte Strophe
2.5. Sechste Strophe
2.6. Siebte Strophe
2.7. Achte Strophe

3. Schlußwort

4. Bibliographie

1. Einleitung

Bei dem Studium der Ode to a Nightingale kristallisierte sich immer deutlicher heraus, daß eine völlig systematische Bearbeitungsweise bei einer derart komplexen Gedichtkonstruktion sich nur als hinderlich erweisen kann.Um auch am konkreten Beispiel von einzelnen Zeilen auf große Zusammenhänge hinweisen zu können bzw. in der Verdeutlichung größerer Zusammen­hänge auch auf spezifische Details bereits diskutierter Strophen illustrierend zurückgreifen zu können, habe ich von einer allzu straffen Gliederung Abstand genommen. Dennoch erschien es mir sinnig auf eine grobe Gliederung nach Strophen nicht zu verzichten, da die Ode sich nicht nur aus großen Zusammenhängen und Themen zusammensetzt, sondern sich analog entwickelt, jede Strophe baut auf den vorhergehenden auf. Manche Sachverhalte werden erst zu einem späteren Zeitpunkt offensichtlich und auch erst dann aufgegriffen. Gewisse Zusammenhänge wurden zusammengefaßt, um den Rahmen dieser Hausarbeit nicht zu sprengen. So wird man ein eigenes Kapitel für die fünfte Strophe vergeblich suchen. Auch ist die sprachliche Detail­analyse nicht konsequent durchgeführt, sondern begrenzt sich auf Details, die den Haupt­ge­danken dieser Arbeit unterstützen oder mit ihm verwandt erscheinen.

In der vorliegenden Hausarbeit werde ich mich ausschließlich mit der Analyse des Gedichtes befassen, ohne näher auf biographische Zusammenhänge einzugehen oder Vergleiche mit ande­ren Oden oder Werken Keats' oder zeitgenössischer Poeten einzubeziehen. Obwohl ein solches Vorgehen naheliegt, hätte ich mich im Rahmen dieser Proseminararbeit bei der Hauptanalyse derart beschränken müssen, daß das Ergebnis nur oberflächlich und unbefriedigend hätte aus­fallen können. Sicherlich bietet die Ode noch ein weites Feld für Betrachtungen in größerem Umfang.

2. Detailanalyse

Die Ode to a Nightingale besteht aus acht Strophen mit jeweils zehn Zeilen, welche sehr strikt in dem Reimschema ABABCDECDE gehalten sind. Das strikte Reimschema und der fünf­hebige Jambus erinnert in der Tat an ein Sonett. Tatsächlich sind sich die Experten einig, daß die Frühlings-Oden einem starken Shakespeare-Einfluß unterliegen.[1] Die sehr strenge Form steht in drastischem Kontrast zu den starken emotionalen Schwan­kungen, denen das Gedicht inhaltlich unterliegt. Durch die durchgängige Benutzung der Ge­genwartsform nimmt der Leser sehr unmittelbar an den durchlebten Gefühlen teil.

2.1. Erste Strophe

Bereits die erste Strophe ist inhaltlich zweigeteilt. Die ersten vier Zeilen befassen sich mit einem sehr plastisch gestalteten Schmerzerlebnis des Poeten, welches in Stimmung und dichte­rischer Farbgebung sehr düster erscheint; die letzten vier Zeilen hingegen, welche sich mit der Nachtigall befassen, beschreiben eine sehr helle, ja gar farbenfrohe ("beechen green") Sommer­stimmung. Die zentralen Zeilen dieser Strophe (5-6) verbinden nicht nur die beiden Teile son­dern auch die beiden Hauptakteure und damit ihre konträren Situationen. Denn während die Nachtigall "at ease" ist, befindet sich der Poet, solange er sich in die Nachtigall hineinfühlt, im Schmerz.

Dieses Glückserlebnis angesichts des Gesanges der Nachtigall ist unerträglich schmerzhaft, welches an sich ein Paradox darstellt. Klarer wird dieser besondere psychologische Umstand bei Betrachtung der einzelnen Wörter. Die Begriffe die gewählt wurden um den Schmerz zu verdeutlichen, sind nicht nur aus dem Bereich des Schmerzes ("aches", "pain") und des Todes ("hemlock", "Lethe-wards") sondern überschneiden sich mit Begriffen aus dem Drogenbereich ("hemlock", "dull opiate to the drains"). Auch das Oxymoron "a drowsy numbness pains/My sense" scheint dem Bereich der Drogen zuzuordnen zu sein, denn eine einheitliche Verbindung von Glück, Schmerz und Erstarrung bzw. Taubheit ist wahrscheinlich besonders im Erfah­rungsbereich mit Opium einleuchtend. Unter Berücksichtigung, daß es unter romantischen Poeten durchaus nicht unüblich war, bewußtseinserweiternde Drogen auszuprobieren und die Erfahrung mit in das Werk einfließen zu lassen, ist die Einschätzung, daß der Poet dieses Glückserlebnis, welches scheint, als sei es zu überwältigend um es in einem lediglich mensch­lichem Körper aushalten zu können - ähnlich wie nach der Einnahme zu starker bewußt­seinserweiternder Drogen - zu relativieren versucht. Das Gefälle, das in dieser Strophe zwischen dem Gegensatzpaar "aches"/ "ease" der ersten und der zehnten Zeile aufgebaut wird, erzeugt eine literarische Spannung, die der emotionalen durchaus ebenbürtig ist und ebenso nach Auflösung verlangt.

2.2. Zweite Strophe

Für den Poeten typische bekannte Methoden der "Ent-Spannung" bzw. der Auflösung die­ser Spannung sind Wein und Poesie; der Tod ist die letzte und endgültige, vollendete Flucht. Diese Fluchtmethoden stellen eine Steigerung von der zweiten (Wein) über die vierte (Poesie) bis zur sechsten Strophe (Tod) dar, welche auch gleich den Höhepunkt des Ge­dichtes bildet. Obwohl vorgeben wird, daß der Poet zur Nachtigall wolle, möchte er vor ihr und ihrem uner­träglichem Glück fliehen. Andere Kritiker, z.B. Earl R. Wassermann möchten diese Steigerung im spirituellen Sinne verstanden wissen. Demnach wird davon ausgegangen, daß der Poet meint, wahre Spiritualität sei durch Körperlichkeit verhindert, welche es zu überwinden gilt. Wassermanns Interpretationsansatz ist durchaus in sich schlüssig: Durch den Genuß von Wein ist ja immerhin schon eine Vernebelung der Sinne erreicht, welche das lyrische Ich irrtümlich als Loslösung von den Sinnen verkennt. Der Poet erkennt schließlich diesen Irrtum und wendet sich der Poesie zu. Somit wird Wein ein rein körperlich sinnliches Erlebnis und Poesie ein gei­stiges, aber nur im Tod kann die materielle Losgelöstheit vom Körper erreicht werden, welche die wahre Spiritualität fordert. Somit unterstellt Wassermann dem lyrischen Ich auch eine Todessehnsucht.

Jennifer Farrell kritisiert diese Haltung auf das Heftigste, berücksichtigt sie doch die Tat­sache, daß in Keats' gesamten Werk immer wieder besonders seine sinnliche Sichtweise auffällt und auch die Nachtigall auf eine solche Art dargestellt wird. Letztendlich hängt die gesamte Interpretation des Gedichtes von der Frage ab, wie die Nachtigall zu sehen ist. Ist sie eine sym­bolische Verkörperung spiritueller Inhalte, eine unsterbliche Idee, etwas, was der Poet klar als über sich stehend anerkennt und wohin er zu gelangen trachtet? Wenn die Paare "Nachtigall - Poet", "unsterblich - sterblich", "Himmel - Erde", "Glückseligkeit - Schmerz" wie in Wasser­mans Interpretationsansatz in einem einander ausschließendem Ver­hältnis stehen, dann würde das ganze Gedicht nichts weiter verdeutlichen, als die Unmöglichkeit des Versuchs, die beiden Welten in sich zu vereinen, also glücklich zu sein.[2] Zwar betrauert Keats zur Entstehungszeit des Gedichtes seinen Bruder, aber dennoch überwiegt wohl zu diesem Zeitpunkt seine frisch­erwachte Liebe zu Fanny Brawne, um die er sich bemüht, was wohl eher auf einen emotionalen Zustand voller Hoffnung schließen läßt, anstatt auf einen, der pessimistische Sinnlosigkeit be­inhaltet.

Im Gegensatz zu Wasserman sieht Farrel in der Nachtigall die Verkörperung des Sinn­lichen. Auch dieser ausschließlichen Ansicht würde ich widersprechen. Letztendlich besticht Keats gerade durch die Ambiguität der Nachti­gall seine Leser. Da sie eine Variable ist, in die jeder Lyrikliebhaber seine eigenen Werte wie "Spiritualität", "Sinnlichkeit", "Kunst, Poesie", etc. einsetzten kann, hat dieses Gedicht auch immer für jeden einzelnen eine ganz individuelle Bedeutung; welche nun gerade für Keats zu­treffend war, ist und bleibt zu guter letzt immer nur eine Vermutung.

In der zweiten Strophe nun stellt sich das lyrische Subjekt zunächst vor, es habe Wein ge­trunken, welcher in ähnlichen Situation vielleicht schon häufiger zur Hilfe gereichte. Unter dem Einfluß trunkener Glückseligkeit gelingt die Darstellung des Weines äußerst sinnlich. In ledig­lich vier Zeilen werden fünf Sinne angesprochen: natürlich wird außer dem auditiven ("Provencal song", "Dance", "mirth") und dem visuellen ("Flora and the country green") auch der Geschmackssinn ("Tasting") genannt. Aber selbst der taktile ("deep-delved") und der ther­mische Sinn ("Cool'd", "sunburnt") werden berücksichtigt. Gerade die thermischen Gegensätze wie "Cool'd" - "sunburnt" verdeutlichen hier besonders schön Keats' Feinfühligkeit bei der Verwendung kontrastierender Gestaltungsmomente.[3] In diesen vier Zeilen wird nicht nur an die Sinne appelliert, sondern auch gleichzeitig eine Vision einer erntefest-feiernden, singenden und tanzenden Gemeinde heraufbeschworen. Obwohl das Gedicht im Frühling geschrieben[4] und auch angesiedelt[5] ist, ist diese Szene offensichtlich eine Vision vom Sommer, der Natur in Vollendung.[6] Der Parallelismus der ersten und fünften Zeile "O, for a draught of vintage!"/"O for a beaker full of the warm South" drückt die Sehnsucht nach Wein aus, von welchem die Erlösung erhofft wird. In den nächsten vier Zeilen wirkt der winkende und somit personifizierte Wein besonders plastisch ("winking at the brim"). Und schließlich impliziert der purpur-befleckte Mund, daß der Wein getrunken wurde, dabei hat der Akt des Trinkens nur in der Vorstellung des lyrischen Ichs stattgefunden. Beachtung sollte auch insbesondere die Gleich­förmigkeit der Themen der ersten und zweiten Strophe finden und deren Gefälle in Intensität:

[...]


[1] z.B. William Walsh: "Keats, John." In Reference Guide to English Literature, Volume 2, hrsg. v. D.C.Kirkpatrick (Chicago und London: St. James Press, 1991). S.805.

[2] Vgl. hierzu: "If there are really two worlds in the poem - that of the lyrical subject and that of the nightingale - which cannot come together, then all the poem can do is to illustrate the attempt ot enter the nightingale's world and its ultimate failure." Jennifer Farrell, "Keats - The Progress of the Odes. Unity and Utopia." In Bremer Beiträge zur Literatur- und Ideologiegeschichte 6, hrsg. v. Thomas Metscher und Dieter Herms (Frankfurt am Main: Verlag Peter Lang, 1989).

[3] Ebenso der vielleicht unauffälligere Kon­trast von "earth" - "sunburnt".

[4] S.: Christiane Wyrwa: John Keats (1795 - 1821). Annäherung an Leben und Werk. In der Reihe: punctum, Band 6 (scaneg, München: 1995) S.63ff.

[5] Vgl.: 5. Strophe: "White hawthorn", "pastoral eglantine", "Fast fading violets", "mid-May's eldest child, The coming musk-rose".

[6] Vgl. auch die Idee der Natur in Vollendung mit der Ode to Pan.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Keats' Ode to a Nightingale
Hochschule
Universität Paderborn
Veranstaltung
Sonette, Oden, Elegien
Note
1,7
Autor
Jahr
1997
Seiten
17
Katalognummer
V68953
ISBN (eBook)
9783638600811
ISBN (Buch)
9783638955058
Dateigröße
394 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Keats, Nightingale, Sonette, Oden, Elegien
Arbeit zitieren
Eva Maria Mauter (Autor:in), 1997, Keats' Ode to a Nightingale, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68953

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