Die Regionalisierung des Mehrebenensystems der EU


Forschungsarbeit, 2004

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Inhalt und Struktur

2 Das Mehrebenensystem der Europäischen Union
2.1 Der Mehrebenenansatz als neues Erklärungsmodell
2.2 Die Charakteristika des Europäischen Mehrebenensystem

3 Die lokale und regionale Ebene im Mehrebenensystem der EU
3.1 Der Begriff der Regionalisierung
3.2 Die Regionalisierung des Mehrebenensystems der EU
3.3 Die Strukturpolitik der Europäischen Union als Ausgangspunkt für eine europäische Regionalpolitik
3.4 „Europa der Regionen“ – formelle und informelle Wege der regionalen Interessenvertretung im europäischen Mehrebenensystem
3.4.1 Der Ausschuss der Regionen
3.4.2 Die Generaldirektion XVI für Regionalpolitik der Europäischen Kommission
3.4.3 Der Ausschuss für Regionalpolitik im Europäische Parlament
3.4.4 Europäische Regionalorganisationen
3.4.5 Die Vertretungsbüros der Regionen

4 Schlussfolgerungen

5 Literaturverzeichnis

1 Inhalt und Struktur

Das politische System der Europäischen Union ist im Wandel begriffen. Trotz einiger Rückschläge, wie der Ablehnung des Entwurfes für eine Europäische Verfassung in Frankreich, ist ein Bedeutungszuwachs der Europäische Union zu erkennen. Mit diesem Bedeutungszuwachs der supranationalen Ebene, wird seit einiger Zeit auch eine wachsende Bedeutung der subnationalen regionalen Ebene beobachtet, einhergehend mit einem Politikstil der versucht durch Verhandlung und Netzwerkbildung die Aufwertung der subnationalen Ebene zu nutzen und positive Effekte zu internalisieren. Die EU wird deshalb nicht mehr gesehen als ein zweigliedriges System aus Nationalstaat und EU, sondern als ein dynamisches Mehrebenensystem.

Der vorliegende Beitrag untersucht daher, die Bedeutung der Regionen im Europäischen Mehrebenensystem mit besonderem Augenmerk auf die Formen der regionalen Interessenvertretung. Ich werde zunächst die neue konzeptionelle Grundlage des Mehrebenenansatzes und die Besonderheiten des Europäischen Mehrebenensystems darstellen. In den darauffolgenden Kapiteln werde ich die Regionalisierung des Europäischen Mehrebenensystems beschreiben und auf Formen der regionalen Interessenvertretung eingehen.

2 Das Mehrebenensystem der Europäischen Union

2.1 Der Mehrebenenansatz als neues Erklärungsmodell

Der Mehrebenenansatz stellt eine neue Grundlage der politikwissenschaftlichen Diskussion über die Europäische Union dar. Die bisherige Debatte wurde überwiegend geprägt durch die neofunktionalistischen und die intergouvernementalisitschen Ansätze. Beide Ansätze versuchten die Frage zu beantworten warum es zu einer Europäischen Integration kam (Grande, 2000:11). Ihr Fokus lag weitestgehend auf den Urachen und Zielen des Integrationsprozesses. Die Intergouvernementalisten wie z.B. Moravcsik (1997) gehen davon aus, dass Staaten innerhalb einer sich integrierenden Europäischen Union die einzige entscheidende Machtposition innehaben. Der Schwerpunkt ihrer Analyse liegt deshalb hauptsächlich auf staatlichen Präferenzen und Machtverhältnissen innerhalb von Politikprozessen. Am Endpunkt der Europäischen Integration steht für die Intergouvernementalisten ein Staatenverbund.

Die Neofunktionalisten wie z.B. Haas (1964), sehen die Europäische Integration als „einen eigenständigen sich selbst verstärkenden Prozess, in dessen Verlauf sich supranationale Systeme entwickeln, auf die die Nationalstaaten eine wachsende Zahl von Kompetenzen verlagern, so dass es zu einem Souveränitätstransfer kommt (Eichener. 2000: 11)“. Betont wird von den Funktionalisten der Beitrag von privaten und öffentlichen Akteuren als Motoren des Integrationsprozesses. Am Ende dieses Integrationsszenarios könnte dann ein Bundesstaat stehen, in welchem die Nationalstaaten lediglich Untereinheiten sind.

Im Gegensatz zu diesen klassischen Integrationstheorien befasst sich der Mehrebenenansatz nicht nur allein mit den Ursachen und Zielen der Europäischen Integration, sondern hauptsächlich mit den Folgen.

Grande (2000) unterscheidet zwei unterschiedliche Zugänge zur Definition von Mehrebenensystemen: einen institutionellen und einen funktionalen Zugang. Diese beiden Zugänge bilden auch die entscheidende Erweiterung der politikwissenschaftlichen Europaforschung.

Der institutionelle Zugang stellt die territorialen Ebenen staatlichen Handelns in den Mittelpunkt. Es lassen sich demnach mehrere institutionelle Handlungsebenen unterscheiden: Europa, der Nationalstaat, die Bundesländer bzw. Regionen und die Kommunen. Der Mehrebenenansatz bezieht im Gegensatz zu den klassische Integrationstheorien, also auch Kommunen und Regionen in die Analyse mit ein.

Ein funktionales Verständnis des Mehrebenensystems umfasst den jeweils spezifischen Beitrag von öffentlichen und privaten Akteuren zu einem politischen Entscheidungsprozess. Daher stellt es eine Erweiterung der politikwissenschaftlichen Europaforschung in sozialer Hinsicht dar. Das funktionale Verständnis geht davon aus, dass Mehrebenensysteme sich aus formal unabhängigen, aber funktional interdependenten Akteuren konstituieren. Nach dem funktionalen Verständnis können Mehrebenensysteme dabei vertikale wie auch horizontale (die auf einer einzigen territorialen Ebene bestehen) Politikarenen und Verhandlungssysteme beinhalten.

Um ein Verständnis von dem Europäische Mehrebenensystem zu erlangen, ist eine Beschreibung der Merkmale und Grundstrukturen vonnöten.

2.2 Die Charakteristika des Europäischen Mehrebenensystem

Für eine Charakterisierung des Europäischen Mehrebenensystems ist ein Vergleich mit bislang bekannten Mehrebenensystemen wie etwa dem bundesdeutschen Föderalismus hilfreich. Der bundesdeutsche Föderalismus wird als ein Verbundssystem bezeichnet (Abromeit. 1993: 135ff). Ein Verbundssystem zeichnet sich dadurch aus, dass es Aufgaben nicht nach Politikfeldern sondern nach Funktionen teilt. So hat der Bund in vielen Bereichen die Gesetzgebungskompetenz, die Länder sind hingegen für die Durchführung verantwortlich. Diese sind über den Bundesrat jedoch auch an der Gesetzgebung beteiligt, was die Teilhabe der subnationalen Ebene an zentral getroffenen Entscheidungen garantiert. Die Föderalismusforschung geht dabei von eng gekoppelten Verhandlungsstrukturen aus, bei denen „das Ergebnis einer Entscheidungsarena als Grundlage für die nächsten Entscheidungen dient und die Beteiligten darüber hinaus nicht die Möglichkeit zum Verlassen dieser Verhandlungsmuster haben.“ (Hofferberth. 2002: 11).

Das europäische Mehrebenensystem zeichnet sich im Gegensatz zum bundesrepublikanischen Föderalismus jedoch dadurch aus, dass Verhandlungen Möglichkeiten zur flexiblen Kooperation bieten. Es besteht eine Vielzahl formal unabhängiger Entscheidungszentren. Hierarchische Strukturen werden aufgelöst und von funktionalen Netzwerken ersetzt, die untergliedert werden in unterschiedliche sich überschneidenden lose gekoppelten Verhandlungsarenen (Knodt.2004: 704).

Die EU stellt im Mehrebenenansatz ein Gefüge eigener Art dar, in welchem sich „die europäische (supranationale), nationalstaatliche und regionale sowie auch kommunale (subnationale) Ebene zunehmend verschränken und zivilgesellschaftliche Akteure in Verhandlungs- und Kommunikationsnetzwerken in verstärkten Maße an politischen Steuerungsprozessen beteiligt werden.“ (Rechlin. 2004: 4). Das Interesse des Mehrebenenansatzes bezieht sich also nicht nur auf die Ziele und Ursachen, sondern zielt auch auf die Bedingungen Europäischen Regierens in unterschiedlichen Akteurskonstellationen ab.

Marks (1993) schreibt zur Charakterisierung des europäischen Mehrebenensystems „(...) we are seeing the emergence of multilevel governance, a system of continuous negotiation among nested governments at several territorial tiers– supranational, national, regional, and local – as the result of a broad process of institutional creation and decision reallocation that has pulled some previously centralized functions of the state up to the supranational level and some down to the local/regional level“

Dieser neue auf ,Partizipation verschiedener politischer Ebenen angelegte Rahmen für politics, widerspricht dem traditionellen Verständnis des zentralstaatlichen „Regierens“ (Knodt und Große Hüttmann. 2005: 227). Für diese neue Form des Regierens wurde deshalb der Begriff des Mulit-level-Governance etabliert. Die Europäische Union versucht die Vorteile daraus nun seit einiger Zeit zu internalisieren. Bestes Beispiel hierfür ist das „Weißbuch Europäische Regieren“ der EU-Kommission aus dem Jahr 2001.

Wie gezeigt wurde greift eine rein auf institutionelle Merkmale angelegte Beschreibung des Europäischen Mehrebenensystems zu kurz. Rechlin (2003) definiert die verschiedenen Arenen und Ebenen die inneinander verflochten die komplexe Grundstruktur des Europäischen Mehrebenensystems bilden. Die Autorin geht dabei, wie bereits in dem vorangehenden Abschnitt beschrieben, von einem funktionalen Verständnis des Mehrebenensystems aus.

- Auf einer intragemeinschaftlichen Ebene existieren supranationale Kooperationsbeziehungen. Hier sind die Akteure die verschiedenen EU-Organe.
- Die internationale Kommunikationsarena besteht wenn nationale Akteure in supranationalen Entscheidungsgremien, wie dem Rat der Europäischen Union, zusammenkommen.
- Neben den intragemeinschaftlichen und den internationalen Verhandlungsgremien existieren auch intersubnationale Organe, wie etwa der Ausschuss der Regionen (AdR)
- Auf einer interregionalen und interkommunalen Ebene schließen sich europäische Städte und Regionen in Netzwerken wie z.B. der Arbeitsgemeinschaft Alpen-Adria (ARGE) oder Eurocities zusammen.
- Desweiteren gibt es noch die intranationale Ebene, auf welcher nationale Akteure agieren, um den nationalen Standpunkt zu europäischen Politiken zu erörtern.

Nachdem die Grundstrukturen des Mehrebenensystems der EU beschrieben wurden, möchte ich nun die Bedeutung und Stellung der Regionen innerhalb des Mehrebenensystems herausarbeiten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Regionalisierung des Mehrebenensystems der EU
Hochschule
Universität Konstanz
Veranstaltung
Partizipationseffekte einer Lokalisierung europäischer Politik
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
24
Katalognummer
V69235
ISBN (eBook)
9783638613156
Dateigröße
448 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Breitgefächerte Auswertung neuer Literatur.
Schlagworte
Regionalisierung, Mehrebenensystems, Partizipationseffekte, Lokalisierung, Politik
Arbeit zitieren
Matthias Kreutzer (Autor:in), 2004, Die Regionalisierung des Mehrebenensystems der EU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69235

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