Theorien der Nachrichtenauswahl als Theorien der Realität


Seminararbeit, 1996

19 Seiten, Note: 2,4


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINFÜHRUNG: INFORMATION IST SELEKTION

2. TRADITIONELLE FORSCHUNGSMETHODEN
2.1. Gatekeeper-Studien
2.1.1. Untersuchungen nach White
2.1.2. Ergebnisse
2.1.3. Ausweitung des Untersuchungsfeldes
2.1.4. Kritik
2.2. Nachrichtenwert-Forschung
2.2.1. Ausgangspunkt
2.2.2. Studien
2.2.3. Kritik
2.3. News Bias-Forschung
2.3.1. Ausgangspunkt
2.3.2. Forschungsansätze

3. ERKLÄRUNGSMODELLE

4. REALITÄTSMODELLE
4.1. Selektionsmodell
4.1.1. Grundlagen
4.1.2. Bedeutung in Bezug auf verschiedene Studien
4.1.3. Kritik
4.2. Instrumentelle Inszenierung
4.3. Instrumentelle Aktualisierung
4.4. Integriertes Modell
4.4.1. Ereignistypen
4.4.2. Betrachtung der Realität
4.5. Gegensätzliche Positionen

5. SCHLUSSFOLGERUNGEN

LITERATUR
LITERATUR

1. EINFÜHRUNG: INFORMATION IST SELEKTION

Nachrichten prägen unser Weltbild. Gerade deshalb ist es für uns von besonderer Bedeutung, zu wissen, inwieweit sie die Realität widerspiegeln. Denn die meisten Ereignisse erreichen uns nur durch die Massenmedien.

"Die Massenmedien sollen so vollständig, sachlich und verständlich wie möglich informieren, damit die Staatsbürger in der Lage sind, mit kritischem Bewußtsein das öffentliche Geschehen zu verfolgen."1

Doch diesem hohen Anspruch an die Massenmedien steht die Tatsache entgegen, daß die Nachrichtenberichterstattung niemals auch nur im Entfernsten "umfassend" oder gar "vollständig" sein kann. Zum einen, weil die Presse u.a. über 99 % aller Ereignisse aufgrund ihrer begrenzten Möglichkeiten überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen, bzw. nur einen Teil der Ereignisse mitteilen kann. Zum anderen, weil jeder Mensch die Realität anders zu interpretieren versteht.

"Ereignisse werden erst dadurch zu Nachrichten, daß sie aus der Totalität und Komplexität des Geschehens ausgewählt werden."2

Nicht alle Ereignisse können die Medien als gleich wichtig behandeln, denn Nachrichten müssen eingeordnet und bewertet werden. Insbesondere in der Nachrichtenauswahl müssen Wertungsmechanismen existieren. Eine Nachricht ist, wie in einem journalistischen Lehrbuch beschrieben: "...die objektive Mitteilung eines allgemein interessierenden, aktuellen Sachverhalts in einem bestimmten journalen Aufbau."3

2. TRADITIONELLE FORSCHUNGSMETHODEN

Die Frage der Nachrichtenauswahl, d.h., warum berichten die Massenmedien über dieses und nicht über jenes Ereignis, ist aus mehreren Gründen auch heute noch, nach mehr als 40 Jahren intensiver Forschungsarbeit, schwer zu beantworten.

Zum einen stehen die Untersuchungen in unterschiedlichen Traditionen. Deshalb werden sie auch unter verschiedenen Stichworten zusammengefaßt. Zum anderen vermischen sie zwei Ansätze, welche der Erklärung der Nachrichtengebung dienen.

Wer sich mit der Nachrichtenauswahl beschäftigt, sollte sich drei verschiedene Forschungstraditonen vor Augen halten: erstens die Gatekeeper-Studien, zweitens die Nachrichtenwert-Forschung und drittens die News Bias-Forschung.

2.1. Gatekeeper-Studien

2.1.1. Untersuchungen nach White

David Manning White beobachtete die Arbeitsweise des Nachrichtenredakteurs einer kleinen Zeitung. Diese Untersuchung, die 1950 veröffentlicht wurde,4 beschäftigt sich mit der Person des Redakteurs, seinem Einfluß auf die laufende Berichterstattung, sowie den auf ihn einwirkenden Einflüssen im Prozeß der Nachrichtenauswahl.

Seine Studien gehen davon aus, daß die Auswahlentscheidung hauptsächlich von der Persönlichkeit des Redakteurs und nicht durch die Inhalte der Nachrichten bestimmt wird.

Innerhalb der Gatekeeper-Forschung führte White parallell zur Untersuchung der bewußten Entscheidungsgründe eine sogenannte Input-Output-Analyse durch, bei der er die Themenstuktur der eingehenden Meldungen mit der Themenstruktur der Berichterstattung verglich.

2.1.2. Ergebnisse

Bei den Entscheidungsgründen des Akteurs, Nachrichten nicht zu veröffentlichen, handelte es sich entweder um subjektive Wertungen, also persönliche Erfahrungen, Einstellungen und Erwartungen, oder um objektive Sachverhalte, wie technische und organisatorische Zwänge seitens der Redaktion oder des Verlags.

Das Ergebnis seiner Input-Output-Analyse verdeutlichte hingegen, daß der Akteur politische Themen "human interest"-Themen vorzog.

2.1.3. Ausweitung des Untersuchungsfeldes

Seinen Forschungsansatz führte Walter Gieber konsequent fort, indem er das Untersuchungsfeld auf insgesamt 16 Nachrichtenredakteure verschiedener Zeitungen erweiterte.5 Mittlerweile liegt eine große Anzahl weiterer Studien zur Gatekeeper-Forschung vor.

2.1.4. Kritik

Die Studien zur Gatekeeper-Forschung wurden vielfach kritisiert: erstens aufgrund der Beschränkung auf die Selektionsinstanz der Redaktion, zweitens wegen der Betrachtung des Redakteurs als isolierten Akteur,6 und drittens, weil die auch hier zur Untersuchung verwendete Beobachtung als Methode eher Schilderungen als Analysen produziert.

Am stärksten jedoch werden die Grenzen der Gatekeeper-Forschung anhand der Tatsache deutlich, daß sich die Redakteure dem eingehenden Nachrichtenmaterial gegenüber meist passiv verhalten, weil das Ergebnis von Nachrichtenauswahl und Nachrichtenverarbeitung in den einzelnen Redaktionen durch die Agenturen bereits vorgeformt ist.

2.2. Nachrichtenwert-Forschung

2.2.1. Ausgangspunkt

Die sogenannte Nachrichtenwert-Studien heben weitaus stärker auf das Resultat der Nachrichtenselektion ab. In der Regel handelt es sich dabei um Inhaltsanalysen der Nachrichtenberichterstattung. Die generelle Fragestellung dieser Studien lautet: Welches Bild der Realität vermitteln die Nachrichtenmedien?

Der Ansatz der Nachrichtenwert-Forschung besteht meist darin, daß die manifeste Nachrichtengebung zwar kein Spiegel der Realität, wohl aber das exakte Bild des Weltbildes der Redakteure sein kann.

"Je mehr eine Meldung dem entspricht, was Journalisten für wichtige und mithin berichtenswerte Eigenschaften der Realität halten, desto größer ist ihr Nachrichtenwert."7

[...]


1 Hermann Meyn, Massenmedien in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1974, S. 6 f.

2 Winfried Schulz, Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien. Analyse der aktuellen Berichterstattung.

Freiburg - München 1976, S. 8.

3 von La Roche 1975, S. 62 , zitiert nach Andreas Emmerich 1984, S. 18.

4 David Manning White, The "Gate Keeper". A Case Study in the Selection of News. In: Journalism Quarterly, 27 (1950) S. 383-390.

5 Walter Gieber, Across the Desk: A Study of 16 Telegraph Editors. In: Journalism Quarterly, vol. 33, 1956, S. 423-432.

(6) Vgl. u.a. Walter Gieber, News Is What Newspapermen Make It. In: Lewis A. Dexter/David Manning White (Hrsg), People, Society and Mass Communication, New York-London 1964, S. 171-180.

(7) Winfried Schulz 1976, S 30; zitiert nach Andreas Emmerich 1984, S 23.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Theorien der Nachrichtenauswahl als Theorien der Realität
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar: Theorien und Modelle der Massenkommunikation
Note
2,4
Autor
Jahr
1996
Seiten
19
Katalognummer
V69335
ISBN (eBook)
9783638625760
ISBN (Buch)
9783638882897
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theorien, Nachrichtenauswahl, Theorien, Realität, Proseminar, Theorien, Modelle, Massenkommunikation
Arbeit zitieren
Krisztina J. Kreppel (Autor:in), 1996, Theorien der Nachrichtenauswahl als Theorien der Realität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69335

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Theorien der  Nachrichtenauswahl als Theorien der Realität



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden