Anhand narrativer Interwiews analysiert die Arbeit die soziale Relevanz von Körpertechniken und -modifikationen und setzt die Tätowierung in vielfältige Bezüge zu klassischen und modernen Theorien der (Mikro-, Meso- und Makro-)Soziologie.
Mit der funktionalen Differenzierung von Subsystemen in der Moderne und der daraus erfolgten Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit entsteht im individuellen Akteur ein Bewusstsein über die Differenzierung von sozialer und persönlicher Identität (vgl. Goffmann 1974: 255ff). Dieses Bewusstsein bringt die Vorstellung der Differenz von Darsteller und Rolle hervor (vgl. MacCannell 1999: 93f) und lässt ein Bedürfnis nach glaubhafter Information und nach authentischem Rollenverhalten des Selbst und des Gegenübers entstehen. Von einer gelungenen Rolleninszenierung kann nur dann gesprochen werden, wenn der konkrete Andere diese als auf den Darsteller authentisch annimmt; wobei Authentizität, wie Willems feststellt, „ein gesellschaftsweit anerkannter Zentralwert“ ist (Willems 1998: 53).
Wie sowohl Hahn als auch Schmidt belegen, bietet paradoxerweise gerade die (bewußte) Veränderung des Körpers, also des biologischen und somit vermeintlich authentischen Organismus´, die Möglichkeit, Authentizität zu konstruieren (vgl. Hahn 2002: 298f; Schmidt 2001). Die vermehrte Suche nach authentischen Informationen des Gegenübers führen zu einer anspruchsvolleren Inszenierung und größer werdenden Formalisierung der Körperrepräsenation. Der unbearbeitete Körper widerspricht der Idee der Moderne, welche sich ja gerade darin zeigt, möglichst vieles veränderbar zu machen (vgl. Simmel 1989). Unveränderbarkeit „gilt als nicht mehr akzeptable Beschränkung des Selbst und dient nicht der Vergewisserung der Identität“ (Hahn 2002: 298).
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Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 2. Die Tätowierung als Symbol
- 2.1 Tätowierungen und Identität
- 2.1.1 Bilder des Selbst – Konstruktion, Kommunikation und Stabilisierung von Identität
- 2.1.2 Verkörperungen von Individualität und Gemeinschaft – Zu Anschluss und Abgrenzung durch Tätowierungen
- 2.1.3 Der sexuell markierte Körper – Tätowierungen und Geschlechtsidentität
- 2.1.4 Die Inszenierung des „Echten“ – Zur Konstruktion von Authentizität
- 2.2 Strukturierung und Regulierung der Biographie
- 2.2.1 Die Tätowierung als Erinnerungszeichen – Zur Markierung biographischer Brüche
- 2.2.2 Die Tätowierung als Event - Zur Produktion biographischer Brüche
- 2.3 Tätowierungen im Kontext von Macht und Kontrolle
- 2.3.1 Der geschmückte Körper - Macht über den Raum
- 2.3.2 Eingestochene Elemente des Zivilisationsprozesses - Kontrolle über den Körper
- 2.3.3 „Reclaiming“ von Körperzonen – Die Entmachtung des Diskurs
- 2.3.4 „Der erste Eindruck“ – Zu Informations- und Kommunikationskontrolle durch Tätowierungen
- 2.4 Die Tätowierung als Element gesellschaftlicher Systeme
- 2.4.1 Die Tätowierung als Modeerscheinung
- 2.4.2 Der konsumierte Körper – Tätowierungen und Konsum
- 3. Resumée
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die Tätowierung als soziales Phänomen und Symbol. Die Arbeit zielt darauf ab, die Bedeutung von Tätowierungen für die Konstruktion von Identität, die Strukturierung von Biografien und den Umgang mit Macht und Kontrolle zu analysieren. Der Fokus liegt auf der soziologischen und kulturanthropologischen Perspektive.
- Identitätskonstruktion durch Tätowierungen
- Tätowierungen als biographische Marker
- Macht und Kontrolle im Kontext von Tätowierungen
- Tätowierungen und gesellschaftliche Systeme
- Der Körper als soziales Medium
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung: Die Einleitung beleuchtet den steigenden Trend der Tätowierungen in der Bundesrepublik Deutschland und verortet die Arbeit im Kontext des „Iconic Turn“ und der Aufwertung des Körpers als sozialwissenschaftliche Kategorie. Sie diskutiert verschiedene körpersoziologische Forschungsperspektiven, die den Körper als funktionales Medium gesellschaftlicher Reproduktion, als Medium individueller Erfahrung und als performative soziale Größe betrachten. Die Arbeit positioniert sich im Schnittfeld dieser Perspektiven und kündigt die Untersuchung der Tätowierung als Möglichkeit der Körpermodifikation an.
2. Die Tätowierung als Symbol: Dieses Kapitel analysiert umfassend die vielschichtigen Bedeutungen der Tätowierung. Es untersucht die Rolle von Tätowierungen bei der Konstruktion und Kommunikation von Identität, einschließlich der Darstellung von Individualität und Gemeinschaft, Geschlechtsidentität und der Inszenierung von Authentizität. Weiterhin wird die Funktion von Tätowierungen als Erinnerungszeichen und Marker biographischer Ereignisse erörtert. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Betrachtung von Tätowierungen im Kontext von Macht und Kontrolle, einschließlich der Kontrolle über den Körper und den Raum, der Entmachtung von Diskursen und der Steuerung von Kommunikation durch den ersten Eindruck. Schließlich wird die Tätowierung als Element gesellschaftlicher Systeme betrachtet, einschließlich ihrer Rolle als Modeerscheinung und im Kontext des Konsums.
Schlüsselwörter
Tätowierung, Körpersoziologie, Identität, Biographie, Macht, Kontrolle, Symbol, Körpermodifikation, sozialer Raum, Konsum, Geschlechtsidentität, Authentizität.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Magisterarbeit: Die Tätowierung als soziales Phänomen und Symbol
Was ist der Gegenstand dieser Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht die Tätowierung als soziales Phänomen und Symbol aus soziologischer und kulturanthropologischer Perspektive. Sie analysiert die Bedeutung von Tätowierungen für die Konstruktion von Identität, die Strukturierung von Biografien und den Umgang mit Macht und Kontrolle.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende zentrale Themen: Identitätskonstruktion durch Tätowierungen, Tätowierungen als biographische Marker, Macht und Kontrolle im Kontext von Tätowierungen, Tätowierungen und gesellschaftliche Systeme, sowie den Körper als soziales Medium. Im Detail werden Aspekte wie die Darstellung von Individualität und Gemeinschaft, Geschlechtsidentität, die Inszenierung von Authentizität, Tätowierungen als Erinnerungszeichen und im Kontext von Mode und Konsum untersucht.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung (Einführung in die Thematik und die Forschungsmethoden), ein Hauptteil (Analyse der Tätowierung als Symbol in verschiedenen Kontexten: Identität, Biographie, Macht, Gesellschaft), und ein Resumée (Zusammenfassung der Ergebnisse). Der Hauptteil ist in Unterkapitel gegliedert, die die verschiedenen Facetten der Tätowierung detailliert beleuchten.
Welche Kapitel gibt es und worum geht es in ihnen?
Kapitel 1 (Einführung): Beleuchtet den Trend der Tätowierungen und verortet die Arbeit im Kontext des „Iconic Turn“. Es werden verschiedene körpersoziologische Perspektiven diskutiert und die Forschungsfrage der Arbeit eingeführt. Kapitel 2 (Die Tätowierung als Symbol): Analysiert die vielschichtigen Bedeutungen der Tätowierung bezüglich Identität, Biographie, Macht, Kontrolle und gesellschaftlicher Systeme. Kapitel 3 (Resumée): Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für die Arbeit?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Tätowierung, Körpersoziologie, Identität, Biographie, Macht, Kontrolle, Symbol, Körpermodifikation, sozialer Raum, Konsum, Geschlechtsidentität, Authentizität.
Welche Forschungsfragen werden in der Arbeit untersucht?
Die Arbeit untersucht, wie Tätowierungen zur Konstruktion von Identität beitragen, wie sie biographische Ereignisse markieren, wie sie mit Macht und Kontrolle in Verbindung stehen und wie sie sich in gesellschaftliche Systeme einbetten. Ein weiterer Fokus liegt auf der Rolle des Körpers als soziales Medium.
Welche Perspektive wird in der Arbeit eingenommen?
Die Arbeit nimmt eine soziologische und kulturanthropologische Perspektive ein, um die Tätowierung als soziales Phänomen zu verstehen.
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- Magister Artium Markus Weber (Author), 2006, Die Tätowierung als Symbol. Inszenierung und Soziale Repräsentation durch Körperzeichen., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69668