„Die Entstehung des Herrscherkults ist das dunkelste und umstrittenste Problem der griechischen Religion in geschichtlicher Zeit“. Diese Worte beschreiben die Entstehung des griechischen Herrscherkults vortrefflich.
Die vorliegende Arbeit wird sich mit dem Phänomen der Entstehung des Herrscherkultes beschäftigen. Dabei soll vor allem analysiert werden, wie es zu der Erhebung lebender Menschen zu Göttern kommen konnte. Es wird zu klären sein, inwieweit der Herrscherkult als logische Steigerung früherer Ehren, wie die profanen Ehren für Lebende oder die kultischen Ehren für Verstorbene zu sehen ist. Darüber hinaus stellt sich die Frage ob der Herrscherkult auf den politischen oder den religiösen Wandel im 5. und 4. Jahrhundert v.Chr. zurückzuführen ist. Die indogenen Einflüsse auf den Herrscherkult sollen im Folgenden nicht angesprochen werden, da der Verfasser die Ursprünge des Herrscherkultes im griechischen Raum - und nicht etwa im orientalischen Raum - vermutet, wofür auch die geographische Ausdehnung (vor allem in Ionien) der ersten bekannten Kulte spräche.
Diese Arbeit orientiert sich an einer klaren Trennung zwischen dem Herrscherkult und dem Dynastiekult, der hier keine Berücksichtigung finden wird. Der Unterschied zwischen dem Herrscherkult und dem um 280 v.Chr. entstandenen Dynastiekult begründet sich hauptsächlich auf der Tatsache, dass die Ehren des Herrscherkults von den Städten ausgingen, während der Dynastiekult von den Herrschern selbst initiiert wurde.
Der zeitliche Rahmen dieser Arbeit wird sich von der Zeit der ersten göttlichen Verehrung eines Lebenden (Lysander um 404 v.Chr. s.u.) bis hin zur Hochzeit des griechischen Herrscherkultes während der ersten Dekaden der Diadochenzeit erstrecken. Um Zusammenhänge und Entwicklungen zu verstehen, wird es teilweise nötig sein, noch weiter in die griechische Vergangenheit zu blicken.
Es wird zunächst zu zeigen sein, wie unscharf seit je her die Grenze zwischen den Göttern und den Menschen im griechischen Bewusstsein war. Daraufhin sollen im dritten Kapitel die konkreten Formen des Herrscherkultes betrachtet werden, um daran anschließend im vierten Kapitel die mit dem Herrscherkult verbundene Ehre als Verdienst für konkrete Taten, wie die Befreiung, Gründung, Festigung einer Stadt zu betrachten. Hierbei soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit der Herrscherkult als Steigerung der profanen Ehren sowie des Heroenkultes zu sehen ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gott und Mensch – die unscharfe Trennung in der griechischen Welt.
- Die Formen des Herrscherkultes
- Die Motivation des Kultes
- Die Geschichte des Herrscherkultes
- Die Änderungen der Machtverhältnisse
- „Macht macht göttlich“
- Machtverlust der Poleis - religiöse Skepsis
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entstehung des griechischen Herrscherkultes. Ihr Hauptziel ist die Analyse des Prozesses, durch den lebende Menschen zu Göttern erhoben wurden. Die Arbeit untersucht die Entwicklung des Herrscherkultes als mögliche Steigerung früherer Ehrenformen für Lebende oder Verstorbene und befasst sich mit der Frage, ob der Kult auf politische oder religiöse Veränderungen im 5. und 4. Jahrhundert v.Chr. zurückzuführen ist.
- Die unscharfe Grenze zwischen Göttern und Menschen im griechischen Bewusstsein.
- Die verschiedenen Formen des Herrscherkultes.
- Die Motivation hinter der Verehrung von Herrschern.
- Der Einfluss politischer und religiöser Veränderungen auf den Herrscherkult.
- Die Rolle des Heroenkultes im Kontext des Herrscherkultes.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das erste Kapitel stellt die Thematik des Herrscherkultes vor und skizziert die Fragestellung der Arbeit.
- Gott und Mensch: Dieses Kapitel untersucht die unscharfe Grenze zwischen Göttern und Menschen im griechischen Bewusstsein und zeigt auf, wie die Götter im griechischen Mythos menschliche Züge aufweisen.
- Die Formen des Herrscherkultes: Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den konkreten Formen des Herrscherkultes.
- Die Motivation des Kultes: Dieses Kapitel analysiert die Motivation hinter dem Herrscherkult, indem es die Verdiensttaten von Herrschern beleuchtet und die Frage nach einer möglichen Steigerung früherer Ehrenformen behandelt.
- Die Geschichte des Herrscherkultes: Dieses Kapitel betrachtet die Geschichte des Herrscherkultes von seinen Anfängen bis zur Hochzeit in der Diadochenzeit.
- Die Änderungen der Machtverhältnisse: Das sechste Kapitel untersucht den Einfluss politischer Veränderungen im 5. und 4. Jahrhundert v.Chr. auf den Herrscherkult, insbesondere die Auswirkungen des Machtverlustes der Poleis und die zunehmende religiöse Skepsis.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themen dieser Arbeit sind: Herrscherkult, griechische Religion, Gott und Mensch, anthropomorphe Götter, Heroenkult, politische Veränderungen, religiöse Skepsis, Diadochenzeit, Macht und Religion, Götterverehrung.
- Quote paper
- Jochen Brandt (Author), 2004, Die Entstehung des Herrscherkultes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69821