Erziehung im Nationalsozialismus


Seminararbeit, 2006

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALT

1. Einleitung

2. Analyse

3. Fazit

4. Bibliographie
4.1 Quellenverzeichnis
4.2 Literaturverzeichnis
4.3 Internetquellen

1. Einleitung

„Der völkische Staat hat […] seine gesamte Erziehungsarbeit […] nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wiederum an der Spitze die Entwicklung des Charakters, […] und erst als letztes die wissenschaftliche Schulung“. (Adolf Hitler)1

Bereits während seiner neunmonatigen Festungshaft im Jahr 1924 nach dem misslungenen Putschversuch in Bayern, hatte sich Adolf Hitler beim Verfassen seines politischen Programmbuches „Mein Kampf“ ausgiebig mit dem Thema (Schul)Erziehung auseinandergesetzt2. Bei der Lektüre seiner Veröffentlichung wird - wie an dem eingangs dargelegten Zitat Hitlers - schnell deutlich, dass sich die Bildungsideale im Nationalsozialismus diametral von den bislang praktizierten Grundsätzen zur Zeit der Weimarer Republik unterscheiden sollten. Ebenso wenig wie irgendein anderer noch so persönlicher Lebensbereich konnte die schulische Bildung von Hitlers Programm einer totalen Erziehungsarbeit des völkischen Staates ausgenommen bleiben3.

Gegenstand der vorliegenden Ausarbeitung ist eine Analyse der im Reader zum Hauptseminar „Der Deutschunterricht zwischen 1901 und 1933“ zum Oberthema „Die nationalsozialistische Politisierung des Deutschunterricht“ vorliegenden Textauszüge von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ sowie dem themenverwandten Aufsatz von Ulrich Peters („Deutsche Bildung gestern und heute“) aus der 1933 erschienen „Zeitschrift für deutsche Bildung“4. Im Rahmen der Untersuchung soll anhand von ausgewählten Zitaten der beiden Niederschriften gezeigt werden, wie die Erziehungsideale an die Bedürfnisse des Nationalsozialismus angepasst werden sollten und welche theoretische Zielsetzung der völkische Staat damit verfolgte. Zum Abschluss werden die Ergebnisse der Analyse noch einmal in einem kurzen Fazit zusammengefasst.

2. Analyse

Bereits vor der eigentlichen Machtübernahme durch die Nationalsozialisten mit der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 hatte der Führer der NSDAP in seinem politischen Programmbuch „Mein Kampf“ aus dem Jahr 1925 eindeutig Stellung zu den ideologischen und programmatischen Erziehungsgrundlagen des völkischen Staates bezogen. Insbesondere für die treuen Anhänger5der nationalsozialistischen Ideologie avancierte die Publikation Hitlers in der Folgezeit zu einer Art ‚Standartwerk’. Diese Tatsache zeigt sich auch in dem für diese Arbeit berücksichtigten Aufsatz von Ulrich Peters, wo der Verfasser seine Argumentationsgrundlagen immer wieder auf Hitlers Aussagen bezieht bzw. diese mit ihnen untermauert. Auffällig ist in diesem Kontext auch die häufig identische Wort- und Begriffswahl.

In seiner Argumentation leitet Hitler die völkischen Erziehungsgrundlagen von der „Erhaltung, Pflege und Entwicklung der besten rassischen Elemente“ ab. Diese, wie er sie bezeichnet, „erste(n) Aufgabe des Staates im Dienste und zum Wohle seines Volkes“6, muss zum Ziel haben, die „Sprösslinge“ zu einem „wertvollen Glied“ für die spätere Weiterentwicklung zu erziehen.7Im Gegensatz zu den Erziehungsidealen in der Weimarer Republik bedeutete dies für Hitler nicht die Vermittlung von „bloßem Wissen“, sondern das „Heranzüchten kerngesunder Körper“. Bereits seine martialische Wortwahl in „Mein Kampf“ mit Vokabeln á la „Heranzüchten“, „hineinhämmern“, „Menschenmaterial“, „Brauchbarkeit“, „praktische Verwendbarkeit“ und „Verwertbarkeit“ zeigt in diesem Kontext, dass in völkischen Staat der Nationalsozialisten nicht das Wohl des Individuums und damit dessen Ausbildung im Fokus der Aufmerksamkeit steht. Der Einzelne hat vielmehr seine bzw. ihre persönlichen Neigungen und Interessen dem Wohl des Großdeutschen Reiches unterzuordnen. Berücksichtigt man dieses obrigkeits- und zweckorientierte Menschenbild, verwundert es nicht, dass Hitlers Beurteilungen des humanistischen Schultypus der Weimarer Republik durchweg negativ ausfallen, wenn er erklärt:

„Vor allem muss in der bisherigen Erziehung ein Ausgleich zwischen geistigem Unterricht und körperlicher Ertüchtigung eintreten. Was heute Gymnasium heißt, ist ein Hohn auf das griechische Vorbild. Man hat bei unserer Erziehung vollkommen vergessen, daß auf die Dauer ein gesunder Geist auch nur in einem gesunden Körper zu wohnen vermag.“8

Aus Hitlers Sicht ist das Schulsystem der Weimarer Republik die Ursache für den Erfolg der „deutschen Revolution von Zuhältern, Deserteuren und ähnlichem Gesindel“, da „insbesondere die höhere Schulbildung grundsätzlich nicht Männer heranzog“, sondern „Beamte, Ingenieure, Techniker, Chemiker, Juristen, Literaten […] und Professoren“.9 Die überwiegend „geistige“ Erziehung habe die Deutschen gegenüber ihren Feinden „wehrlos“ gemacht, da ihnen die „Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlusskraft“ fehlt. Ziel der völkischen Erziehung müsse es daher sein, das deutsche Volk durch Abhärtung dahingehend auch charakterlich zu erziehen, dass „eines Tages die heutige Weltordnung, die unseren Untergang bedeutet“ zerbrochen und die „Kettenglieder unserer Sklaverei den Gegnern ins Gesicht“ geschlagen werden können. Denn der „völkische Staat wird für sein Dasein kämpfen müssen.“10

Für die politisch engagierten Vertreter des humanistischen Gymnasium stellte Hitlers Vorliebe und Verehrung des Griechentum im Allgemeinen und der Spartaner im Besonderen einen direkten Bezugspunkt dar. So konnte aufkommendes Misstrauen zum einen eingedämmt werden und mit Aussagen wie „Römische Geschichte, in ganz großen Linien richtig aufgefaßt ist und bleibt die beste Lehrmeisterin nicht nur für heute, sondern wohl für alle Zeiten. Auch das hellenische Kulturideal soll uns in seiner vorbildlichen Schönheit erhalten bleiben.“11

die eher konservative Leserschaft beschwichtigt werden. In „Mein Kampf“ wird Hitlers Vorliebe für die griechisch-römische Geschichte immer wieder erkennbar. So auch im Kapitel über die Erziehungsgrundsätze wo Hitler schreibt, dass die „wundervolle Verbindung herrlichster körperlicher Schönheit mit strahlendem Geist und edelster Seele“ das griechische Schönheitsideal „unsterblich“ sein lässt. In seiner harschen Kritik am Schulsystem der für ihn verhassten Weimarer Republik wird Hitler im Kapitel zu den Erziehungsgrundsätzen schließlich sehr konkret. So kritisiert er, dass in den Lehrplänen für die Mittelschulen der Sportunterricht mit nur zwei Stunden bedacht wird, wogegen die „jungen Gehirne mit Ballast beladen werden, den sie erfahrungsgemäß nur zu einem Bruchteil behalten“. Er beschreibt die Relation zwischen körperlicher und geistiger Bildung als „krasses Missverhältnis“, welches zu ändern Sache des völkischen Staates ist. Die Reduzierung wissenschaftlicher Schulinhalte rechtfertig Hitler auf eine vollkommen zweckorientierte Art und Weise: Die Erziehung von Beamten, Professoren, Technikern, Chemikern, Ingenieuren etc. dürfe nicht das einzige Ziel der höheren Schulbildung seien. Die Mehrheit der Schüler müsse vielmehr zu „Männern“ erzogen werden, die „Schläge ertragen lernen“ und im Bedarfsfall auch in der Lage sind, mit „blitzschneller Entscheidungskraft“, „Angriffsgeist“ und „mutiger Tatkraft“ auf Bedrohungen reagieren zu können. Wissenschaftliche Bildung, also intellektuelle Eigenschaften, würde bei den „deutschen Knaben“ dagegen die „feige, jämmerliche Entschlußlosigkeit“ fördern, die im völkischen Staate unter allen Umständen zu vermeiden sei. Ansonsten sei eine Niederlage bei einer kriegerischen Auseinandersetzung zukünftig ebenso unvermeidbar wie im Ersten Weltkrieg.12Es gehört nicht viel Phantasie dazu, erkennen zu können, dass das große Ziel der völkischen Bildung und Erziehung die Heranzüchtung von Soldaten war, die aufgrund ihrer einseitigen Bildung von vorne herein der Möglichkeit beraubt wurden, Kritik am Regime zu äußern. „Willensschwache und feige Pazifisten“ haben aus Sicht der Nationalsozialisten keine Zukunft und deshalb seien „wissenschaftlich weniger“ gebildete Menschen, die „körperlich gesund“ und „erfüllt von Entschlussfreudigkeit und Willenskraft für die Volksgemeinschaft wertvoller“, als „geistreiche Schwächlinge“.13 Für die Erzieher, Pädagogen und Lehrer, die in Hitlers Schrift eine gezielte Orientierung über den ‚neuen’ Zeitgeist suchten, besaß dessen Meinung einen hohen Stellenwert. Seine programmatisch abgehandelten Prinzipien aus „Mein Kampf“ lassen sich auch in dem Aufsatz von Ulrich Peters aus der „Zeitschrift für deutsche Bildung“ heraus lesen. So schreibt Peters genau wie sein ‚ideologischer Führer’ Hitler in seiner Abhandlung „Deutsche Bildung gestern und heute“, dass keineswegs nur der Intellekt der Schüler zu bilden sei, sondern dass es darum gehe, den „ganzen Menschen“ zu formen - „Seele und Leib“. Auch Hitlers Abneigung gegen das humanistische Konzept des Deutschunterrichtes wird bei Peters in bester völkischer Manier abgehandelt wenn er vermerkt, dass der Deutschunterricht seinen „pädagogischen Sinn“ verloren hat. Nicht die „bloße Wissensvermittlung“ sei der Grundgedanke des Unterrichts, sondern die „Bildung zum bewußt deutschen Menschen“14. Das Individuum muss - ebenfalls genau wie bei Hitler - zur Bereitschaft erzogen werden, „für sein Volk zu kämpfen und zu leiden“.15In dieser Formulierung zeigt sich ebenso wie in der Aussage, dass „wir niemals nur den Einzelmenschen für sich zu erziehen haben, sondern immer den in bestimmte Gemeinschaften hineingestellten und ihnen verantwortlichen Menschen“16, dass die Bildung der völkischen Gemeinschaft in seiner Gesamtheit der individuellen Erziehung des Einzelnen überzuordnen sei. Die erfolgte „nationalsozialistische Revolution“ müsse man als Startschuss einer Bildungsreform sehen, welche eine „Erziehung [unserer Jugend] zum nationalsozialistischen Führerstaat“ vorsieht.

Auch die von Hitler propagierte ‚kriegsorientierte’ Intention der Erziehung findet sich bei Ulrich Peters wieder - wenn auch in deutlich abgeschwächter Ausdrucksform. Indizien hierfür sind zum einen das bereits erwähnte Zitat „Ziel der Erziehung“ ist es, „für ein Volk zu kämpfen und zu leiden“ als auch seine nebulösen Forderungen, „wehrsportliche Übungen“ einzuführen, um „die großen

[...]


1Hitler, Adolf: „Mein Kampf“. München 1933 [Erstveröffentlichung 1925]: S. 452.

2Vgl.: Müller, Hans F.: s.v. Hitler, Adolf In: Das moderne Lexikon. Band 8. S.171.

3Vgl. Schneider, Barbara: „Die höhere Schule im Nationalsozialismus. Zur Ideologisierung von Bildung und Erziehung“. In: Beiträge zur Historischen Bildungsforschung. Band 21. Köln, Weimar, Wien 2000. S. 164 f.

4Zeitschrift für deutsche Bildung, 9. Jahrgang, Heft 7/8, S. 337 - 341.

5Anmerkung: Ulrich Peters darf als treuer Anhänger der nationalsozialistischen Politik angesehen werden. Ein Indiz hierfür ist neben der systemkonformen Ideologie in seinem Aufsatz auch die Tatsache, dass er ein Zitat Hitlers seiner eigenen Abhandlung voranstellt. Vgl. Peters, Ulrich Deutsche Bildung gestern und heute. In: Zeitschrift für deutsche Bildung. 1933. S. 337.

6Hitler: S. 451.

7Anmerkung: Auch wenn an einigen Zitaten keine expliziten Fußnoten vorhanden sind, wurden sie alle aus den Kopien im Reader entnommen und sind somit auch dort nachvollziehbar.

8Hitler: S. 276.

9Hitler: S. 455.

10Hitler: S. 471.

11Hitler: S. 470.

12Hitler: S. 472.

13Hitler: S. 452.

14Peters: S. 337 f.

15Peters: S. 338.

16Peters: S. 341.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Erziehung im Nationalsozialismus
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Der Deutschunterricht zwischen 1901 und 1933
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
13
Katalognummer
V69911
ISBN (eBook)
9783638621991
ISBN (Buch)
9783638754507
Dateigröße
403 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erziehung, Nationalsozialismus, Deutschunterricht
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts Marco Hadem (Autor:in), 2006, Erziehung im Nationalsozialismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69911

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