1.1 Reflexives und nicht-reflexives Possessivpronomen: eine Skizze
Im Schwedischen gibt es - im Gegensatz zum Deutschen - zwei Possessivpronomina; sie werden
i.a. als reflexives Possessivpronomen [im folgenden: RP] und als nicht-reflexives Possessivpronomen
[im folgenden: NRP] bezeichnet.
In diesem ersten Abschnitt soll grob skizziert werden, wodurch sich die beiden Possessivpronomina
unterscheiden. Ausgangspunkt der Überlegung ist der folgende deutsche Satz (1.1):
(1.1) Sieh nur, jetzt gießt der Svensson seine Blumen!
Das Possessivpronomen seine in (1.1) hat zwei mögliche Lesarten:
i) Svensson ist das Korrelat von seine; diese ist die bevorzugte Lesart, wenn Satz (1.1) isoliert
auftritt. Semantisch bedeutet diese Lesart, daß Svensson auch der Possessor der Blumen (= des
Possessums) ist;
ii) seine bezieht sich auf einen anderen Ausdruck, z.B. wie in (1.2) auf eine NP im
vorausgehenden Satz (Karlsson); Svensson ist dann nicht der Possessor der Blumen:
(1.2) Dem Karlsson helfen alle Nachbarn gerne im Garten. Sieh nur, jetzt gießt
der Svensson seine Blumen!
Die Entsprechung von (1.1) im Schwedischen läßt keine Ambiguität hinsichtlich des Possessivpronomens
zu. Auch ohne Kontext wird klar, ob Svensson der Possessor ist oder ein anderer.
Hierfür stehen zwei verschiedene Possessivpronomina zur Wahl: Ist im Beispiel Svensson der
Possessor der Blumen, steht das RP, ist irgendein anderer, z.B. Karlsson in (1.2), der Possessor,
steht das NRP. Satz (1.3) enthält das RP.PL sina. Korrelat des RP ist das Satzsubjekt Svensson,
womit eindeutig Svensson als Possessor identifiziert wird.
Die Koreferenz von Possessivpronomen und Korrelat wird hier und im weiteren durch Halbfettdruck
markiert.
(1.3) Titta bara, nu vattnar Svensson sina blommor!
sieh nur jetzt gießt S. RP.PL Blume.PL
‘Sieh nur, jetzt gießt der Svensson seine (= Svenssons) Blumen.’ [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Reflexives und nicht-reflexives Possessivpronomen: eine Skizze
- 1.2 Ziel und Skopus der Arbeit
- 1.3 Struktur der Arbeit
- 2 Über Reflexivität und reflexive Possessivpronomina
- 2.1 Semantische, morphologische und explizite Reflexivität
- 2.2 Explizite reflexive Konstruktion und reflexives Possessivpronomen
- 2.2.1 Das Instrumentarium zur Beschreibung
- 2.2.2 Syntaktische Ähnlichkeiten zwischen possessiven und personalen Reflexivpronomina
- 2.2.3 Morphologische Ähnlichkeiten zwischen possessiven und personalen Reflexivpronomina
- 2.3 Reflexive Possessivpronomina in den nordgermanischen Sprachen und in den Sprachen der Welt: ergänzende Hinweise
- 3 Die Syntax des reflexiven Possessivpronomens im Schwedischen
- 3.1 Charakterisierung der ausgewerteten Literatur
- 3.2 Zur Reichweite der reflexiven Possessivpronomina: Bezugsrahmen und Prädikation
- 3.3 Nicht-prototypische Bezugsrahmen des reflexiven Possessivpronomens
- 3.3.1 Konstruktionen mit Nomen actionis
- 3.3.2 Konstruktionen mit Nomen agentis
- 3.3.3 Konstruktionen mit attributiver Adjektiv- oder Partizipphrase
- 3.3.4 Konstruktionen mit med-Attribut
- 3.3.5 Konstruktionen mit Apposition
- 3.3.6 Konstruktionen mit Komparativausdruck
- 3.3.7 Konstruktionen mit Infinitivphrase
- 3.3.8 Konstruktionen mit Prädikativphrase
- 3.3.9 Konstruktionen mit Nicht-Subjekt-Satzgliedern - ohne Prädikation
- 3.3.10 Konstruktionen mit „,unechten“ Präpositionen
- 3.3.11 Konstruktionen mit 2 finiten Sätzen
- 3.4 Ergänzende Beobachtungen zum prototypischen Bezugsrahmen
- 3.4.1 Präsentierungskonstruktion
- 3.4.2 Markierte Reihenfolge von Korrelat und reflexivem Possessivpronomen
- 3.5 Zusammenfassung: syntaktische Präferenzen und Restriktionen
- 3.5.1 Syntaktische Präferenzen: Zur Effektivität der nicht-prototypischen Bezugsrahmen
- 3.5.2 Syntaktische Restriktionen: Hierarchien der möglichen Korrelate von reflexiven Possessivpronomina
- 4 Jenseits der Syntax
- 4.1 Semantische Faktoren: Belebtheit des Possessors
- 4.1.1 Hierarchie der möglichen RP-Korrelate vs. Hierarchie der syntaktischen Funktionen
- 4.1.2 Der Test von DAHL 1980
- 4.1.2.1 Testaufbau
- 4.1.2.2 Testergebnisse
- 4.2 Zur Bedeutung der Textgrammatik
- 4.2.1 HELLBERGS Begriff des Textsubjekts
- 4.2.1.1 Empathie nach KUNO & KABURAKI 1977 bzw. KUNO 1987
- 4.2.1.2 Von der Empathie zum Textsubjekt
- 4.2.1.3 Merkmale von Textsubjekten
- 4.2.1.4 Auswirkungen von Textsubjekten auf reflexive Possessivpronomina
- 4.2.2 Prominenter Partizipant
- 4.3 Weitere nicht-syntaktische Faktoren: die Umstände der Äußerung
- 5 Ergebnisse und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem reflexiven Possessivpronomen im Schwedischen und untersucht dessen syntaktische und semantische Eigenschaften. Ziel ist es, die Funktionsweise des reflexiven Possessivpronomens im Vergleich zum nicht-reflexiven Possessivpronomen zu analysieren und die Faktoren zu erforschen, die seine Verwendung beeinflussen.
- Syntaktische Eigenschaften des reflexiven Possessivpronomens
- Semantische Faktoren, die die Verwendung des reflexiven Possessivpronomens beeinflussen
- Die Rolle der Textgrammatik für die Verwendung des reflexiven Possessivpronomens
- Vergleich des reflexiven Possessivpronomens im Schwedischen mit anderen Sprachen
- Entwicklung eines Modells zur Beschreibung der Funktionsweise des reflexiven Possessivpronomens im Schwedischen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der reflexiven Possessivpronomina ein und skizziert die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit. Kapitel 2 behandelt den Begriff der Reflexivität und beleuchtet die verschiedenen Arten von Reflexivität, insbesondere die explizite Reflexivität. Es werden die syntaktischen und morphologischen Gemeinsamkeiten zwischen possessiven und personalen Reflexivpronomina herausgestellt. Kapitel 3 analysiert die Syntax des reflexiven Possessivpronomens im Schwedischen. Es werden verschiedene Bezugsrahmen und Konstruktionen untersucht, in denen das reflexive Possessivpronomen verwendet werden kann, und es werden die syntaktischen Präferenzen und Restriktionen für dessen Verwendung herausgearbeitet. Kapitel 4 widmet sich den semantischen Faktoren, die die Verwendung des reflexiven Possessivpronomens beeinflussen, sowie der Bedeutung der Textgrammatik. Es wird untersucht, wie die Belebtheit des Possessors, die Rolle des Textsubjekts und die Umstände der Äußerung die Verwendung des reflexiven Possessivpronomens beeinflussen. Das letzte Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und bietet einen Ausblick auf zukünftige Forschungsarbeiten.
Schlüsselwörter
Reflexives Possessivpronomen, Reflexivität, Syntax, Semantik, Textgrammatik, Schwedisch, Nordgermanische Sprachen, Bezugsrahmen, Prädikation, Korrelat, Possessor, Belebtheit, Textsubjekt, Empathie, Prominenter Partizipant, Umstände der Äußerung.
- Arbeit zitieren
- Dr. Klaus Geyer (Autor:in), 1998, Text- und Satzfunktionen des reflexiven Possessivpronomens im Schwedischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7146