"Unser eigenes Thema". Wie reagieren Lehrer und Schüler auf die freie Themenwahl im Heimat- und Sachunterricht (HSU)?

Nach dem Lehrplan 2000 für die 1. und 2. Klasse an bayerischen Grundschulen


Examensarbeit, 2006

59 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Vorwort

1 Einleitung und Problemstellung
1.1. Begründung der Themenwahl
1.2. Problemstellung

2 Analyse
2.1 Aus HSK wird HSU
2.2. „Unser eigenes Thema“
2.3 Bedeutung des Heimat- und Sachunterrichts

3. Methode,

4. Synthese
4.1. Zahlen und Fakten
4.1.1. Allgemeiner Fragebogenteil
4.1.2. Roter Fragebogenteil
4.1.3 Blauer Fragebogenteil
4.2. Interpretation aufgetretener Zusammenhänge

5. Zusammenfassung und Ausblick

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

0 Vorwort

Der Lehrplan für die bayerische Grundschule vom Jahre 2000 wird rege diskutiert. Auch ich habe in meinen Praktika selbst erfahren, dass viele Lehrer anfänglich leichte Schwierigkeiten bezüglich der Einführung und der Fülle des neuen Lehrplans hatten und sich einige auch jetzt noch stärker gefordert fühlen als zuvor. Nun enthält dieser neue Lehrplan im Fach Heimat- und Sachunterricht ein absolutes Novum – der Themenbereich „Unser eigenes Thema“. Die Mehrzahl meiner selbst vorbereiteten und gehaltenen Unterrichtseinheiten stammt aus diesem Fach, dessen Umsetzungs- und Ideenvielfalt kaum zu übertreffen ist. Somit ist es mir persönlich ein Bedürfnis herauszufinden, ob die neueste Innovation des 2000er Lehrplans im Heimat- und Sachunterricht in der Praxis auch wirklich genutzt und produktiv verwirklicht wird, oder ob es nicht eher meist als ‚freiwillige Freiheit‘ interpretiert und seine Bedeutung somit bagatellisiert wird.

In diesem Rahmen möchte ich vor allem den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern danken, welche die Fragebögen gewissenhaft ausfüllten und ohne diesen diese Untersuchung gar nicht erst möglich gewesen wäre. Zudem gilt auch den beteiligten Schulleitern großer Dank für ihre Teilnahme und ihr Verständnis. Ein großes Dankeschön vor allem an Herrn Professor Dr. Bauer, der mich in jeglicher Hinsicht unterstützte, besonders bei all der bürokratischen Komplexität mit Rat und Tat zur Seite stand und stets ein offenes Ohr für uns hatte. Zudem möchte ich den Lehrerinnen danken, welche den Fragebogen im Voraus geprüft haben, Herrn Apl. Prof. Dr. Treinies für die fachlichen Ratschläge sowie dem gesamten Lehrstuhl I für Grundschulpädagogik der EWF Nürnberg, insbesondere meinem Betreuer Herrn Professor Dr. Helbig für seine Unterstützung.

Die Formalitäten betreffend sollte noch erwähnt werden, dass im Folgenden aufgrund eines vorteilhafteren Leseflusses nicht mehr explizit von Lehrer/innen sondern nur noch von Lehrern, Lehrkräften, Befragten und Probanden die Rede ist, jedoch beide Geschlechter damit angesprochen werden.

1 Einleitung und Problemstellung

1.1. Begründung der Themenwahl

Das heutige Unterrichtsfach „Heimat- und Sachunterricht“ bayrischer Grundschulen hat eine rege Vergangenheit hinter sich. Im aktuellen Lehrplan des Jahres 2000 wird viel Wert auf das Erlernen eigenständigen Handelns und kritischen Prüfens gelegt. Diesmal jedoch enthält der Bereich des Heimat- und Sachunterrichts zusätzlich eine herausragende Innovation. Hierbei handelt es sich um „Unser eigenes Thema“ welches in allen vier Jahrgangsstufen an erster Stelle der Themenbereiche steht.

Seit seiner Veröffentlichung wird dieser Lehrplan jedoch immer wieder rege diskutiert. Vor allem deshalb ist es interessant zu untersuchen, wie das ‚eigene Thema’ als Novum auf die Lehrkräfte wirkt, welche Einstellungen dazu vorhanden sind und wie damit umgegangen wird. Diese Studie soll aufzeigen, wie diese Neuerung in der Praxis aufgenommen wird und in wie weit die vom Kultusministerium vorgegebenen Ziele und Ideen Früchte tragen. Zudem soll diese Untersuchung (mitsamt ihren teils verwunderlichen Ergebnissen) Anregung zu einer weiteren, umfangreicheren Studie anregen. Eine Ausweitung auf das Bundesgebiet in vergleichbarem Rahmen könnte unterstützend zu weiteren Lehrplanentwicklungen beitragen.

1.2. Problemstellung

„’Unser eigenes Thema’ verkörpert in besonderer Weise die Intention des Lehrplans, Kindorientierung und Sachorientierung in eine Balance zu bringen. Dem Lehrplan für das Fach Heimat- und Sachunterricht wird der Themenbereich 1 sicherlich auch über die ersten Jahre seiner Einführung in der Grundschule hinaus Aktualität und thematische Vielfalt erhalten.“[1] Dieses Zitat aus dem Lehrplan für die bayerische Grundschule rückt die Brisanz dieser Untersuchung in den Vordergrund. Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, muss in der praktischen Umsetzung einiges beachtet werden. Somit ist es unter anderem Ziel dieser Untersuchung festzustellen, in welchem Ausmaß und unter welchen Rahmenbedingungen dieser Lehrplanpunkt von Lehrkräften umgesetzt wird beziehungsweise welche Gründe zur Entscheidung gegen eine Verwirklichung führen. Hauptanliegen ist jedoch herauszufinden welche Umstände das ‚eigene Thema’ beeinflussen und in Folge dessen miteinander in Beziehung stehen.

Die größten Zusammenhänge werden zum einen im Alter der Probanden und der Frage der Umsetzung vermutet. Das Alter beziehungsweise die Dienstzeit der Lehrkräfte nehmen überhaupt ein sehr bedeutsames Kriterium ein, auch in Zusammenhang mit der Themenwahl dieses Lehrplanpunktes, dessen zeitlicher Umsetzung oder auch der Begründung einer eventuellen Nicht-Umsetzung. Um ein aussagekräftiges Gesamtergebnis zu erzielen wäre es natürlich vorteilhaft, in diesen Zusammenhängen eine klare Tendenz finden zu können. Entweder dahingehend, dass die Zunahme des Alters mit einer Nicht-Umsetzung in Verbindung steht oder interessanter Weise genau umgekehrt, da sich die jüngeren Lehrkräfte vielleicht erst langsam an dementsprechende Themengebiete herantasten müssen.

Ob diese Vermutungen und Vorstellungen begründe sind, und ob sich bestimmte Tendenzen zeigen, welche die Frage der Umsetzung klar beantworten können, wird die Synthese klären.

Ebenfalls bedeutungsvoll könnten Zusammenhänge anderer Antworten mit der Lage der Schule sowie deren eingeschätzten Sozialstruktur sein. Man könnte folglich zum Beispiel eine Tendenz zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung aufgrund einer schwierigen Sozialstruktur erwarten oder auch einen positiver gehaltenen Rahmen finanzieller Unterstützung bei Schulen, welche sich eher im klein- bis mittelstädtischen oder ländlichen Bereich befinden.

So ergeben sich folgende Fragen, welche im Lauf dieser Arbeit untersucht werden und Zusammenhänge klären sollen:

a) Ist das Alter der Lehrkraft ausschlaggebend für die Entscheidung für oder gegen eine Verwirklichung des Lehrplanpunktes „Unser eigenes Thema“?
b) Trägt die Jahrgangsstufe, die der Lehrer unterrichtet, zu dieser Entscheidung bei?
c) Kann die Dauer der Dienstzeit an der aktuellen Schule einen Probanden bei dieser Entscheidung beeinflussen?
d) Gibt es geschlechtsspezifische Entscheidungen oder Antworten?
e) Existieren in den jeweiligen Jahrgangsstufen Tendenzen zu bestimmten Themengebieten?
f) Wie ausgeglichen ist die altersmäßige Verteilung der Lehrer auf die verschiedenen Untersuchungsbereiche, und hat dies Einfluss auf deren Entscheidung?
g) Sind altersspezifische Themenwahlen zu erkennen?
h) Nimmt die Altersklasse Einfluss auf die gebrauchte Unterrichtszeit, welche das ‚eigene Thema’ benötigt?
i) Wie ist die Verteilung von Altersklasse und Sozialstruktur der Schulen, und resultiert daraus ein Zusammenhang mit der Entscheidung für oder gegen eine Verwirklichung dieses Lehrplanpunktes?
j) Lässt sich von der Dauer der Vorbereitungszeit eine Wirkung auf die Umsetzung erkennen?
k) In wie weit werden Dritte oder besondere Aktivitäten mit einbezogen, und stehen diese Einflüsse in Verbindung mit der Wahl bestimmter Themengebiete?
l) In wie fern hängen das breite thematische Spektrum und der Umfang des Lehrplans bezüglich dieser Einflüsse zusammen?
m) Gibt es Verbindungen zwischen der finanziellen Unterstützung und der Lage der Schule?
n) In wie fern beeinflussen die Sozialstruktur der Schule in Zusammenhang mit sozialen und/oder sprachlichen Problemen der Klasse die Umsetzung des ‚eigenen Themas’?
o) Korrelieren die Bedingungen zur Durchführung und Gestaltung des Themas mit der Klassensituation?

2 Analyse

2.1 Aus HSK wird HSU

Das Unterrichtsfach, welches in Bayern seit dem Jahre 2000 die neue Bezeichnung Heimat- und Sachunterricht, kurz HSU genannt, trägt, besitzt eine durchaus interessante Vergangenheit. In den 60er Jahren wurden Begriffe wie Allgemeinbildender Unterricht, elementare Weltkunde und Sachkunde verwendet. Ab dem Frankfurter Grundschulkongress 1969 hielt der wissenschaftsorientierte Sachunterricht Einzug in die Lehrpläne, wobei sich vor allem den Natur- und Sozialwissenschaften zugewendet wurde. Es entstanden „[…] schließlich völlig verfachlichte Konzepte für den neuen Sachunterricht […], so dass Biologie, Physik, Chemie, Geographie, Geschichte usw. in den späteren Richtlinien Anfang der 70er Jahre zu fachlichen Strukturelementen von Sachunterricht wurden. […] Insbesondere in den Konzepten zur Sachkunde wurde letztlich eine Neuauflage der alten Auswendiglernschule betrieben.“[2]. Ein ganzheitlicher Unterricht sowie die Lebenswelt der Kinder rückten immer mehr in den Hintergrund und Miniaturausgaben eines fächergegliederten Sekundarstufenunterrichts hielt Einzug in die Klassenzimmer. Der Strukturplan für das Bildungswesen von 1970 des Deutschen Bildungsrats bewirkte eine Vergrößerung des Sachunterrichtsinhaltes durch naturwissenschaftliche Inhalte. „Häufig wurden auch amerikanische Curriculumkonzepte […] übertragen. [...] Insgesamt war […] eine deutliche Gefahr kognitiv-kritischer Vereinseitigung und ein Verlust der emotionalen Seite des Grundschullernens ein wesentliches Moment dieser Phase.“[3] Erst Mitte der 70er Jahre wurde allmählich versucht, Wissenschaftsorientierung und Kindgemäßheit auszubalancieren.

Im Lehrplan von 1971 gab es für den heutigen HSU zwei verschiedene Bezeichnungen. Zum einen existierte der grundlegende Sachunterricht in den Jahrgangsstufen 1 und 2, dessen Schwerpunkte in fachlichen Bereichen, wie zum Beispiel Biologie und Geschichte, lag. Allerdings bewirkte dieser „[...] einen übergewichtig kognitiv ausgerichteten Zielbereich, [und] brachte eine Verfachlichung und Verwissenschaftlichung des Sachunterrichts [...]“[4]. Eine positive Erneuerung waren jedoch die nun als verbindlich geltenden Lehraufgaben, im Gegensatz zum Lehrplan von 1966, der in seinem grundlegenden Sachunterricht den Lehrern der ersten beiden Jahrgansstufen bei der Wahl der Themen große Freiheit und Eigenverantwortung zuteilte.[5] Es gab im Lehrplan 1971 eine gewisse Richtlinie und ein reiches Auswahlangebot an Lehrinhalten sowie die Forderung sachspezifischer Arbeitsweisen. Zum anderen existierte für die Jahrgangsstufen 3 und 4 noch die sogenannte Heimatkunde. 1975 gab es eine Änderung und die ‚Sachkunde‘ wurde zur ‚Heimat- und Sachkunde‘ umbenannt. Ziel war die Integration heimatlicher Bezüge in den Unterricht. „Die Initiative der Lehrer jedoch, den vorliegenden Lehrplan auf die heimatlichen Gegebenheiten abzustimmen, blieb vielfach [...] aus.“[6]

Der 1971er Lehrplan litt jedoch an fehlender Kindbezogenheit und zu ausgeprägter Fachorientierung. So entschied sich die Lehrplankommission 1981 zu einer Gesamtsicht des Faches mit drei charakteristischen Merkmalen: „Vorrang des Erzieherischen, Orientierung am Kind [und] Vermittlung grundlegender Bildung“[7]. Auch der Begriff der ‚Heimat- und Sachkunde‘ geriet – besonders im Vergleich zur Fachbezeichnung ‚Sachunterricht’, wie in den üblichen Bundesländern üblich – ins Wanken. Grund hierfür ist unter anderem die schnelle Entwicklung unserer Gesellschaft, das heißt das stetig wandelnde Verständnis von Heimat, Kultur, Werten, einem Leben in immer schneller werdender Veränderung. Eine bloße, sachliche Vermittlung von Lerninhalten kann weder dem heutigen Weltbild, noch dem sich aktuellen Verständnis kindorientierter Didaktik gerecht werden. Somit änderte die Lehrplankommission im Jahre 2000 die alte Fachbezeichnung in den heute in Bayern aktuellen Titel des ‚Heimat- und Sachunterrichts‘. Hierbei werden eigenständiges Handeln, kritisches Prüfen und Aneignen mit einsichtiger Anbahnung von Einstellungen und Werthaltung miteinander verknüpft. Zudem stellt der Begriff ‚Unterricht‘ auch einen Zusammenhang mit den aus der Lern- und Entwicklungspsychologie begründeten Unterrichtsmethoden dar, wie zum Beispiel dem handelnden, problemorientierten oder entdeckenden Lernen.[8]

2.2. „Unser eigenes Thema“

Bei der Änderung des Lehrplans von 1981 wurden im Bereich des jetzigen Heimat- und Sachunterrichts zum einen bewährte Inhalte der damaligen Heimat- und Sachkunde beibehalten, zum anderen neue Lerninhalte aufgenommen. „So wurde der Anteil naturwissenschaftlicher und technischer Inhalte deutlich gestärkt sowie ein freies Thema mit in den Lehrplan aufgenommen.“[9].

Das Herzstück des Lehrplans für das hiesige Fach besteht in allen vier Jahrgangsstufen aus je einer Tabelle, welche sich in Sach- und Kindorientierung teilt. So erstreckt sich waagerecht die Sachorientierung, die in sieben Lernfelder untergliedert ist. Senkrecht teilt sich die Kindorientierung in 7, beziehungsweise in den Jahrgansstufen 3 und 4 in 8 Themenbereiche auf. Das Novum des Lehrplans 2000 im Heimat- und Sachunterricht befindet sich in allen vier Jahrgangsstufen an erster Stelle der Themenbereiche mit der Bezeichnung „Unser eigenes Thema“. Dies wird in der Kreuztabelle des Lehrplans wie folgt beschrieben: „Das klasseneigene verbindlich umzusetzende Thema soll gewährleisten, dass neben den nachfolgenden Themen aus der Lebenswirklichkeit der Kinder zukunftsoffen weitere, aus den aktuellen Interessen der Schüler erwachsende Inhalte in den Unterricht einbezogen werden. Diese Inhalte sind in eine Sequenz einzubinden bei der Schwerpunkte innerhalb der einzelnen Lernfelder gewählt sowie sach- und fachgemäße Arbeitsweisen berücksichtigt werden.“[10] Es handelt sich hierbei also keineswegs um einen oft als ‚Narrenfreiheit‘ missverstandenen Zusatz, dessen Thema absolut unabhängig von jeglichem Kontext zu wählen möglich sei und welcher keine Angaben über Arbeitsweisen oder zeitliche Umsetzung beinhaltet.

Vielmehr ist dieser Themenbereich eine Innovation und gibt Lehrkräften die Möglichkeit, „[...] ein Thema aus der aktuellen oder besonderen Interessenlage der Schüler mehrperspektivisch zu erschließen.“[11]. Der Lehrplan enthält sehr wohl auch bestimmte Vorgaben zum Umgang mit dieser neuen ‚Freiheit‘. Die Lehrkraft sollte das ‚eigene Thema‘, wie alle anderen Themenbereiche auch, in konkrete Unterrichtsinhalte gliedern, diese nach Zugänglichkeit, Bedeutsamkeit und Ergiebigkeit überprüfen und auswählen, und die Inhalte zudem fachlichen Perspektiven zuordnen. Ob das ‚eigene Thema‘ einer Vertiefung oder Weiterführung eines anderen Lehrplanpunktes entspricht oder ob es lehrplanunabhängig gewählt wird, bleibt dem Unterrichtskontext beziehungsweise den Schülerinteressen überlassen. So empfiehlt der Lehrplan „[...] Schülerideen aufzugreifen, kreative Lernwege zu gehen und – auch fächerübergreifend – Vorhaben durchzuführen.“[12].

Die im Lehrplan erwähnten Vorgaben sollen keineswegs die Freiheit im Umgang mit diesem Themenbereich beschneiden, sondern vielmehr einen falschen Umgang vermeiden. So ist das ‚freie Thema‘ nicht dazu gedacht, einen bestimmten Schwerpunkt als Morgenkreis-Thema abzuhandeln oder es einem Schulprojekt unterzuordnen. Ein ‚eigenes Thema‘ „[...] muss exemplarisches Lernen ermöglichen, den Schülern zugänglich, für ihr Leben bedeutsam und von der Sache her ergiebig sein.“[13]. Auch der zeitliche Rahmen ist relativ fest gesteckt. Für das ‚eigene Thema‘ sind bei einer Schuljahresgesamtplanung auf 26 Wochen Heimat- und Sachunterricht in allen Jahrgangsstufen zwei Wochen vorgesehen.[14]

2.3 Bedeutung des Heimat- und Sachunterrichts

Bedeutendstes Ziel des Heimat- und Sachunterrichts ist die Verknüpfung von Erlebnissen, Interessen und Begebenheiten der Lebenswelt der Kinder mit einem bildenden mehrdimensionalen Unterricht in der Grundschule. Das Fach hat unter anderem die Aufgabe, „[...] Kindern die Welt, in der sie leben, [...] zu erschließen.“[15]. Es werden Informationen überprüft und vermittelt, Denk- und Arbeitsweisen gelehrt, welche den Kindern ermöglichen, Fragen aus ihrer Lebenswelt zu beantworten. Sachliche Richtigkeit und methodische Bestimmtheit, also eine Fachorientierung, dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden. So bildet dieses Unterrichtsfach nicht zuletzt einen Spagat zwischen lebensweltlichen Dimensionen und fachlichen Perspektiven. Die Lehrplankommission hat somit „Mit dem Modell der ‚didaktischen Netze‘ (Matrizes, Kreuztabellierungen) [...] ein Konzept vorgelegt, das eine Neukonzeption und Weiterentwicklung der Sachunterrichtsdidaktik beabsichtigt, die längere Zeit durch eine gewisse Orientierungslosigkeit gekennzeichnet war.“[16]. Somit wurde versucht, sich der heutigen Zeit und dem Wandel der Kindheit anzupassen, neu konzipierte Lehr- und Lernmethoden zu berücksichtigen und das Kind in den Mittelpunkt zu rücken. Einen wichtigen Aspekt im Heimat- und Sachunterricht nimmt auch die Gestaltung und Einwirkung auf das kindliche Sozialverhalten ein. In keinem anderen Fach kann das Miteinander und die emotionale Ebene so zum Thema gemacht werden wie hier. Der Heimat- und Sachunterricht verhilft den Schülern dazu, „[...] Einstellungen und Haltungen [zu erwerben], indem sie handelnd lernen, Sachverhalte rational durchdringen und sich erlebnishaft sowie wertend damit auseinander setzen. So erhalten sie Leitlinien für Wertorientierungen, Sinngebung und verantwortungsbewusstes Handeln und erkennen, wie sie sich an Vorgängen in ihrer Lebenswelt beteiligen und diese mitgestalten können.“[17]

3. Methode

Zunächst muss geklärt werden, welche Methode sich in diesem Fall als besonders geeignet zur Informationserfassung darstellt. Es liegt die Vermutung nahe, je persönlicher der Kontakt zu den Probanden ist, desto gewissenhafter und effektiver könnte die Studie voranschreiten. Dies würde auf die Methode eines Interviews herauslaufen, welche jedoch aufgrund der Fülle und des beschränkten Zeitlimits nicht realisierbar wäre. Als problematisch könnte sich zudem bei einem Interview die vollständige Einhaltung der Anonymität sowie die Auswertung offener oder halboffener Fragen herausstellen. Mischformen von Interview und auszufüllendem Fragebogen scheiden in Folge dessen ebenfalls aus. Es wird sich also dafür entschieden, persönlichen Kontakt in ermessenem Rahmen mit den Schulleitern zu halten und sich hinsichtlich der Informationsbeschaffung auf eine reine Fragebogenversion z beschränken. Dies ist hierfür die praktischste und effektivste Methode[18],[19].

Begonnen wird mit der Erstellung eines Fragebogens (siehe Anhang). Dieser bildet die Basis dieser Zulassungsarbeit womit das Anliegen erforscht werden soll. Die Fragen müssen so präzise wie möglich ausfallen, um eine einwandfreie Auswertung gewährleisten zu können. Aufgrund der Anonymität der Probanden kann im Nachhinein nichts mehr geändert oder nachgefragt werden. Somit müssen die Fragen und Angaben so präzise wie möglich sein, um Missverständnisse zu vermeiden.

Ständiger Begleiter bei der Erstellung bleibt natürlich stets der Gedanke der Zielformulierung: Wird der Lehrplanpunkt „Unser eigenes Thema“ von Lehrkräften genutzt? Falls ja, in wie fern und in welchem Ausmaß, falls nein, warum nicht? So kann man vermeiden, dass Fragen verwendet werden, welche zwar durchaus interessant sind, jedoch wenig zum eigentlichen Thema beitragen.

Die ersten Überlegungen betreffen die Ermittlung der Fragen. Zuerst werden Stichpunkte gesammelt, diese dann in einen sinnvollen Zusammenhang und in eine zielgerechte Reihenfolge gebracht. Dadurch wird deutlich, dass der Fragebogen auf jeden Fall mit einem allgemeinen Teil beginnen muss, in dem Angaben über die Schule sowie die befragte Person selbst zu finden sind. Dies ist wichtig, um später bestimmte Antworten mit allgemeinen Angaben, wie zum Beispiel dem Alter, vergleichen zu können und bildet den ersten Abschnitt des Fragebogens. Darauf folgend wird der Hauptteil des Bogens thematisch aufgetrennt, je nachdem ob die befragte Person das ‚eigene Thema‘ bereits verwirklichen konnte oder nicht. Diese zwei Fragebogenteile werden zur Verdeutlichung und um Verwechslungen zu vermeiden verschiedenfarbig erstellt. Im Folgenden ist deshalb vom roten Fragebogenteil die Rede, welcher die Umstände einer Verwirklichung hinterfragt, beziehungsweise vom blauen Teil, welchen Probanden ausfüllen, die das ‚eigene Thema‘ noch nicht verwirklichen konnten. Letztendlich müssen zuerst die zu erfragenden Inhalte geklärt und nach ihrer Bedeutsamkeit geordnet, sowie Hypothesen aufgestellt werden. Darauf folgend werden zu den interessanten Bereichen und den Hypothesen Fragen formuliert, welche man anschließend in eine sinnvolle Reihenfolge ordnet. Dieser Erstentwurf wird von einigen Lehrkräften vorgetestet. Die Umfassende Bearbeitung der Frageformulierungen sowie deren Inhalt soll eine problemlose Auswertung ermöglichen und Missverständnisse weitgehend eindämmen.

Eine ausführlich zu diskutierende Thematik stellt vor allem die Auswahl der Frageart dar. Zum einen dürfen einzelne Fragen nicht zu lang oder kompliziert sein. Zum anderen muss bei dem gesamten Fragebogen darauf geachtet werden, dass die Probanden diesen relativ zügig auszufüllen können und die Fragen so präzise formuliert sind, dass keine Missverständnisse entstehen können. Wichtig bei der Formulierung und Wortwahl ist vor allem eine gewisse Komposition aus Einfachheit, Eindeutigkeit und Neutralität.

Es gibt drei große Varianten der Frageformulierung, die offene, die geschlossene und die Hybridfrage. Bei der geschlossenen Frage wird eine bestimmte Anzahl an Antwortmöglichkeiten oder eine bestimmte Kategorie, welche eine Rangordnung bildet, vorgegeben. Die offene Frage besitzt keine Antwortvorgabe, so dass der Befragte in freier Formulierung antworten kann. Hybridfragen stellen eine Kombination aus offener und geschlossener Struktur dar. Am leichtesten und schnellsten auszuwerten sind natürlich knappe geschlossene Fragen. Jedoch existieren bei dieser Untersuchung auch Fragen, deren Antwortbreite für eine Vorgabe zu groß wäre oder bei welchen eine Ergänzung durch die individuelle Meinung des Probanden bedeutsam ist. Aufgrund dessen beinhaltet der hier erstellte Fragebogen die beiden Varianten der geschlossenen sowie der Hybridfrage. Die geschlossene Frage bietet wiederum verschiedene Möglichkeiten der Darstellung. In diesem Fall werden Alternativ-Fragen gestellt, welche mit ja oder nein beantwortet werden, Selektivfragen, bei denen man aus einer bestimmten Anzahl an Antworten auswählen kann, sowie Skala-Fragen, welche auf eine Bewertung bestimmter Aussagen zielen. Bei diesen können den Aussagen vier Zustimmungsmöglichkeiten zugeordnet werden, woran der Proband sich einer anschließt. Es wird bewusst keine neutrale Antwort beigefügt, um eine eventuelle Tendenz zur Mitte zu vermeiden.

Nachdem der Fragebogen fertig erstellt ist, wird er von der Regierung Mittelfrankens genehmigt und es folgt die Befragung. Hierzu werden am Schuljahresanfang anno 2005 Schulen der Stadt Nürnberg sowie der Bezirke Roth und Emskirchen angeschrieben und zunächst kurz über die Sachlage informiert Brief. Wie auch in diesem Brief erwähnt, werden alle angeschriebenen Schulleiter einige Zeit später angerufen und um Interesse an Mitarbeit gefragt. Die zustimmenden Schulen bekommen die Fragebögen persönlich ausgehändigt. Insgesamt werden über 1.000 Bögen herausgegeben, der Rücklauf beträgt etwa 200 Stück. In Anbetracht der Tatsache, dass nur die Schulen Fragebögen erhalten haben, mit deren Direktoren persönlich gesprochen und eine Mitarbeit sowie deren Volumen ausdrücklich vereinbart wurde, stellt sich der geringe Rücklauf von gerade einmal 20 Prozent für die Verfasserin als sehr enttäuschend dar. Solch eine Rücklaufquote ist zwar im Allgemeinen bei statistischen Befragungen ein durchaus akzeptabler Wert, die Verfasserin erhoffte sich jedoch durch die positiven persönlichen Kontakte und Absprachen mit den Probanden ein weitaus umfangreicheres Entgegenkommen. Ebenfalls ernüchternd ist die geringe Bereitschaft aller anfänglich angeschriebenen Schulen, die sich vor allem im Bereich Nürnberg deutlich äußert. Hier lehnen ein Drittel der Schulen eine Mitarbeit ganz ab, fast alle mit der Begründung, bereits mit unnötiger Arbeit und Formularen verschiedener Universitäten überschüttet und überlastet zu sein.

Die größte Befürchtung besteht darin, der Rücklauf könnte so gering ausfallen, dass eine aussagekräftige Auswertung nicht möglich sei. Dies konnte jedoch im vornherein durch den intensiven persönlichen Kontakt mit den mitwirkenden Schulen verhindert werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Mehrzahl der Fragebögen auch persönlich von den Projektleitern an den jeweiligen Schulen ausgeteilt und wieder in Empfang genommen wurde, konnten brisante Fragen der Beteiligten zu diesem Thema bereits im Voraus geklärt werden. Individuelle Anliegen seitens der Schulleiter, zum Beispiel bezüglich zeitlicher Vorstellungen, wurden selbstverständlich berücksichtigt. Somit existieren nur sehr wenige Fragebögen, welche aufgrund mangelnder Antwortbereitschaft aussortiert werden müssen.

Die Fragebögen werden zur Auswertung und späteren Nachprüfungen zunächst nummeriert und in die Kategorien ‚verwirklicht‘ und ‚nicht verwirklicht‘ aufgeteilt. Daraufhin wird eine Excelliste erstellt, in welcher die Ergebnisse jedes einzelnen Bogens eingetragen werden (Liste siehe Anhang).

Zunächst bekommt jede Frage eine Nummerierung. Die Fragen des allgemeinen Teils werden im ersten Abschnitt mit 1.1 bis 1.3 und im zweiten mit 2.3 bis 2.7 benannt. Alle Fragen des roten Teils bekommen das Kürzel ‚r.‘ mit der jeweiligen Fragenummer, ebenso erhalten die des blauen Bogens das Kürzel ‚b.‘ zugeteilt. Um eine präzise und eindeutige Ansicht zu ermöglichen werden die einzelnen Antworten wie folgt kategorisiert: Jeder Antwortmöglichkeit wird eine Ziffer zugeteilt. Die Reihenfolge jeder Antwort beginnt mit Null. Dies wird am Beispiel der ersten Frage des allgemeinen Teils verdeutlicht:

1. Die Schule, an der Sie im Schuljahr 2004/2005 tätig waren liegt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hat der Proband bei dieser Frage die erste Antwort gewählt, so wird dies in der Auswertungstabelle mit der Ziffer ‚0‘ dargestellt. Im Fall der Entscheidung für die Antwort „im Randbezirk einer Großstadt“ wird dies mit einer ‚1‘ versehen. Infolgedessen würde die dritte Antwortmöglichkeit mit ‚2‘ und die vierte mit ‚3‘ beziffert. Dies ermöglicht dem Interpreten die Anzahl der jeweiligen Antwortmöglichkeiten direkt zu erblicken, mögliche Auffälligkeiten schneller zu erfassen und zügiger Vergleiche mit anderen Fragen stellen zu können. Individuelle Antworten, welche bei gestellten Hybridfragen gegeben werden konnten, wurden wortwörtlich übernommen und bei den jeweiligen Punkten mit eingefügt (siehe zum Beispiel Frage r.1 in der Excelliste). Um eine noch eindeutigere Ansicht zu bekommen, wurden die Ziffern zusätzlich farbig hinterlegt.

Nun kann mit der Einzelauswertung und der darauf folgenden Interpretation möglicher Zusammenhänge begonnen werden.

[...]


[1] Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung München (Hrsg.): Handreichung zur Einführung des Lehrplans für die Grundschule. S.73

[2] Kaiser, A.: Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts. S.48

[3] Kaiser, A.: Einführung in die Didaktik des Sachunterrichts, S.57

[4] Mahler, G., Selzle, E. (Hrsg.):Lehrplan für die Grundschule in Bayern mit Erläuterungen und Handreichungen. S.304

[5] Nach: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): Lehrplan für die bayerische Grundschule 1971

[6] siehe 4

[7] Mahler, G., Selzle, E. (Hrsg.):Lehrplan für die Grundschule in Bayern mit Erläuterungen und Handreichungen. S.305

[8] nach: Auer, M., Hartwig, H.W.: Lehrplankommentar für die bayerische Grundschule. S. 181

[9] Auer, M., Hartwig, H.W.: Lehrplankommentar für die bayerische Grundschule. S.185

[10] Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): Lehrplan für die bayerische Grundschule. 2000. S.104

[11] siehe 9

[12] siehe 10

[13] Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung München (Hrsg.): Handreichung zur Einführung des Lehrplans für die Grundschule. S.73

[14] Nach: Auer, M., Hartwig, H.W.: Lehrplankommentar für die bayerische Grundschule. S.185 f

[15] Einsiedler, W.: Der Sachunterricht in der Schule als Voraussetzung für Allgemeinbildung. Grundschulmagazin Heft 2/1994, S. 38 ff.

[16] Auer, M., Hartwig, H.W.: Lehrplankommentar für die bayerische Grundschule. S.184

[17] siehe 15

[18] Nach: Schnell, R., Hill, P.B., Esser, E: Methoden der empirischen Sozialforschung

[19] Nach: Diekmann, A.: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendung.

Ende der Leseprobe aus 59 Seiten

Details

Titel
"Unser eigenes Thema". Wie reagieren Lehrer und Schüler auf die freie Themenwahl im Heimat- und Sachunterricht (HSU)?
Untertitel
Nach dem Lehrplan 2000 für die 1. und 2. Klasse an bayerischen Grundschulen
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und -didaktik der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
59
Katalognummer
V73912
ISBN (eBook)
9783638686013
Dateigröße
791 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unser, Thema, Einstellungen, Lehrerschaft, Thema, Fach, Heimat-, Sachunterricht, Lehrplans, Grundschulen, Rahmen, Jahrgangsstufen
Arbeit zitieren
Kathrin Horner (Autor:in), 2006, "Unser eigenes Thema". Wie reagieren Lehrer und Schüler auf die freie Themenwahl im Heimat- und Sachunterricht (HSU)?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73912

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