Zentrum der Arbeit ist eine These, die auf der Erkenntnis beruht, dass die alltagsweltliche Anschauung von Zweigeschlechtlichkeit das Ergebnis einer soziohistorischen Konstruktion ist, die - der allgemeinen Auffassung zum Trotz – nicht naturgegeben ist. Ich möchte zeigen, dass die Ähnlichkeiten des Verhaltens von Männern und Frauen so schwerwiegend sind, dass die kompromisslose Zweiteilung der Menschen in diese Kategorien zweifelhaft und ungerechtfertigt ist.
Weiterhin möchte ich ausarbeiten, dass die Mischung sowohl 'weiblicher' als auch 'männlicher' Eigenschaften einer Person deren individuelle Geschlechtlichkeit – jenseits von 'Mann' und 'Frau' – erzeugt, um diese These zu untermauern.
Als theoretischer Leitfaden wird mir bei der Untersuchung vorwiegend das Buch 'Sexy Bodies' von Paula Villa dienen. Dieses Buch, das sie selbst als 'Reise durch den Geschlechtskörper' bezeichnet, beschäftigt sich mehrdimensional mit der systematischen Dekonstruktion des Geschlechtergebildes der heutigen Zivilisation und liefert so einen Begriffsrahmen und zahlreiche Erkenntnisse, die sich bei dem Verfassen dieser Arbeit als sehr
hilfreich erwiesen haben.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Paula Villas Theorie über 'Doing Gender'
IIa. Konstruktionsprozesse von Geschlechtsidentität
IIb. Darstellung von Geschlecht über Visuelle Ressourcen
IIc. Hormone als Ressource
IId. Exkurs: 'And I refuse to be a man.'
III. Analyse der SatC-Folge 'Agonie und Ex-Tase'
IIIa. Elemente von Geschlechterdifferenz und Geschlechtsidentität
IIIb. 'Männliche' und 'Weibliche' Eigenschaften der Charaktere im Vergleich
IV. Fazit
V. Bibliografie
I. Einleitung
Geschlechtlichkeit in unserer Gesellschaft kann aus vielen Blickwinkeln betrachtet werden, da sich jeder Mensch auf seine eigene Art damit auseinander setzt. Die hohe soziale Relevanz von Geschlecht wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass es unabhängig von anderen Unterscheidungsmerkmalen der Menschen – wie Ethnizität, Größe oder Aussehen – die Bevölkerung entzweit. Diese Teilung führt in vielen Bereichen gesellschaftlichen Lebens zu Asymmetrie und Ungleichberechtigung. Für die Geschlechterforschung werfen diese Verhältnisse viele Fragen auf, etwa 'Wie kommt es zu der Zweiteilung von Geschlecht?' oder 'In wie weit ist der Entstehungsprozess der Geschlechterverhältnisse, wie er stattgefunden hat, naturgegeben?'.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Aneignung und der Darstellung von Geschlecht und bezieht sich dabei auf eine Folge der amerikanischen Fernsehserie 'Sex and the City' (SatC). Die Serie eignet sich sehr gut für die Betrachtung aus der Sicht der Geschlechterforschung, da der Fokus auf immer neuen Beziehungsproblematiken und -abenteuern der vier jungen New Yorker Protagonistinnen liegt. Die ausgewählte Folge – 'Agonie und Ex-Tase' (The Agony and the 'Ex'-Tacy, S4E01) – war bereits Gegenstand einer Gruppenarbeit mit meiner Beteiligung im Rahmen desselben Kurses, in dem diese Arbeit verfasst ist und hat sich auf die Körpersprache der DarstellerInnen konzentriert. Gelegentlich wird es sich anbieten, auf einzelne Resultate der Gruppenarbeit zurückzugreifen und sie in diese Arbeit einzubringen. Obwohl der Schwerpunkt der Arbeit darin liegt, eine Folge einer Fernsehserie zu untersuchen, möchte ich an einigen Stellen Parallelen zu den entsprechenden Verhältnissen im wirklichen Leben ziehen, um zu zeigen, dass viele der Beobachtungen und Erkenntnisse übertragbar sind.
Zentrum der Arbeit ist eine These, die auf der Erkenntnis beruht, dass die alltagsweltliche Anschauung von Zweigeschlechtlichkeit das Ergebnis einer soziohistorischen Konstruktion ist, die - der allgemeinen Auffassung zum Trotz – nicht naturgegeben ist. Ich möchte zeigen, dass die Ähnlichkeiten des Verhaltens von Männern und Frauen so schwerwiegend sind, dass die kompromisslose Zweiteilung der Menschen in diese Kategorien zweifelhaft und ungerechtfertigt ist. Weiterhin möchte ich ausarbeiten, dass die Mischung sowohl 'weiblicher' als auch 'männlicher' Eigenschaften einer Person deren individuelle Geschlechtlichkeit – jenseits von 'Mann' und 'Frau' – erzeugt, um diese These zu untermauern.
Als theoretischer Leitfaden wird mir bei der Untersuchung vorwiegend das Buch 'Sexy Bodies' von Paula Villa dienen. Dieses Buch, das sie selbst als 'Reise durch den Geschlechtskörper' bezeichnet, beschäftigt sich mehrdimensional mit der systematischen Dekonstruktion des Geschlechtergebildes der heutigen Zivilisation und liefert so einen Begriffsrahmen und zahlreiche Erkenntnisse, die sich bei dem Verfassen dieser Arbeit als sehr hilfreich erwiesen haben.
Die Belegung meiner These wird in drei Teilen stattfinden. Zunächst möchte ich als theoretischen Unterbau meiner Arbeit Villas Sichtweise zum Thema 'Geschlechtskörper' darstellen und die für diese Arbeit wichtigen Bestandteile herausstellen. In Abschnitt III. folgt die Analyse der SatC-Folge nach den zuvor vorgestellten Kriterien. Ich werde vor allem die Hauptcharaktere daraufhin untersuchen, wie sie Geschlechtlichkeit darstellen, wie sie sie bei anderen wahrnehmen und ob es Anzeichen dafür gibt, dass ihr Verhalten und ihre Eigenschaften gemäß meiner These nicht streng dichotom sind. Den Schluss der Arbeit bildet ein Fazit, indem die Erkenntnisse zusammengefasst und abgewogen werden.
II. Paula Villas Theorie über 'Doing Gender'
Villas 'Sexy Bodies' dekonstruiert das traditionelle Geschlechterverständnis, indem es einzelne Elemente von Geschlechtlichkeit auf ihre Ursprünge untersucht und schließlich als 'menschengemacht' entlarvt. In der Einleitung erklärt Villa zunächst, dass sich GeschlechterforscherInnen mit einem Widerstand konfrontiert sehen, der es erschwert, den Menschen die wissenschaftliche Realität von Geschlechtlichkeit näher zubringen. Viele Menschen empfinden ein generelles Unbehagen bei jeder Art von Medikalisierung und Biologisierung des menschlichen Körpers. Sie verweist dabei auf die Ausstellung 'Körperwelten', in der Querschnitte menschlicher Körper zu sehen waren, was eine erhebliche Kontroverse ausgelöst hatte. Die (geschlechter-)wissenschaftliche Analyse des Geschlechtskörpers löst nach Villa ganz ähnliche Emotionen bei den Menschen aus. Sie beschreibt außerdem einen weiteren Konflikt, der die Menschen daran hindert, die Konstruktion von Geschlecht als solche wahrzunehmen. Einerseits wird der eigene Körper gemeinhin als natürlich und unbeeinflussbar angesehen, andererseits ist er jedoch ständigen verändernden Einflüssen von außen und innen unterworfen. Diese Einflüsse sind nicht nur biologischer, sondern auch soziokultureller Art. Villa möchte mit 'Sexy Bodies' eben diese Einflüsse erläutern und dem/ der LeserIn die soziologische Sichtweise auf den menschlichen Körper erklären. Auf ihrer 'Reise durch den Geschlechtskörper' möchte sie die moderne Auffassung von Natur und Kultur hinterfragen, wobei sie sich auf sozialkonstruktivistische Ansätze beruft. Für meine Arbeit besonders interessant ist dabei die Antwort auf die Frage, wie Individuen zu Männern, bzw. zu Frauen werden, die sie mit ihrem Buch liefern möchte.
IIa. Konstruktionsprozesse von Geschlechtsidentität
Als besonders fruchtbar hat sich dafür Kapitel zwei – 'Was tun wir um Geschlecht zu sein? Geschlechtskörper und handeln' – herausgestellt. Dort gibt die Autorin einen Einblick in die alltagsweltliche Sichtweise auf Geschlecht, der der Leserschaft ihre kritische Haltung zu diesem Thema verdeutlicht. Sie erklärt, dass es fest im Alltagswissen verankert sei, dass Geschlechtlichkeit nicht nur unhinterfragt ist, sondern sich auch u.a. durch Dichotomie auszeichnet, als lebenslang unveränderbar gilt und biologisch legitimiert ist. Die Wortwahl in dem Abschnitt, der besagt, dass diese Sichtweise Individuen 'nötigt', eine eindeutige geschlechtliche Identität anzunehmen, ist ein sehr auffälliges Zeichen der skeptischen Haltung der Autorin zu dieser Anschauung. Diese Passage rechtfertigt m.E. auch, sich überhaupt kritisch mit diesem Thema auseinander zusetzen, da sie aussagt, dass die Bildung der menschlichen (Geschlechter-) Identität Zwängen und Mechanismen unterworfen ist, die nur Wenigen bewusst sind.
Die Entstehung des Geschlechts aus soziologischer Sicht unterliegt laut Villa hauptsächlich der Geschlechtsdarstellung und der Geschlechtsattribution, die alle Menschen betreiben. Für die Darstellung von Geschlecht wird auf Ressourcen wie Kleidung, Gestik, Namen und Stimmen zurückgegriffen. Die Attribution bezieht sich auf dieselben Merkmale, findet aber durch ein anderes Individuum statt – es interpretiert die Merkmale und weist daraufhin einer Person ein Geschlecht zu. Dabei findet durch Sexuierungsprozesse die Konstruktion von Geschlechtlichkeit statt. Die Zirkularität in diesem Muster illustriert die Autorin mit einem Beispiel. Während Lippenstift als weiblich gilt und aus diesem Grund von einer Person benutzt wird, verstärkt diese Handlung ihre Weiblichkeit und verweiblicht sie auf diese Weise.
IIb. Darstellung von Geschlecht über Visuelle Ressourcen
Das Kapitel 'Doing Sehen' gibt Aufschluss darüber, dass bereits die bloße visuelle Wahrnehmung einer Person zwangsläufig eine Einordnung ihrer Geschlechtlichkeit zur Folge hat, da Sehen immer schon ein Interpretationsprozess ist. Dieser präreflexive Aushandlungsprozess kommt dadurch zustande, dass die Bedeutungen visueller Signale sozial produziert sind. Dies veranlasst die Menschen dazu, die Anzahl weiblicher und männlicher Elemente in ein Verhältnis zu setzen, worauf eine sofortige Klassifizierung der Person als männlich oder weiblich folgt. Quellen solcher Signale, die Villa als Ressourcen bezeichnet, können Merkmale wie z.B. die weibliche Brust, die Körpergröße oder die Statur sein, da sie durch 'medizinisch-naturwissenschaftliche Konstruktionsprozesse zu Alltagswissen sedimentiert' sind. Die Beschreibung dieses Sachverhalts als 'Systematisierung einer sozialtheoretisch angeleiteten Empirie natürlicher Ungleichheit' (ebd.: 214), die sie diesbezüglich von Claudia Honegger zitiert um ihre Aussage zu untermauern, macht der Leserschaft noch deutlicher, welch komplexe und mächtige Konstruktionsprozesse für die Wahrnehmung von Geschlechtlichkeit verantwortlich sind. Besondere Beachtung bei dieser Darstellung Villas sollte hierbei das Einbeziehen der Medizin und der Naturwissenschaft erhalten. Viele Menschen, die sich bewusst mit dem Thema Geschlechtsidentität auseinander setzen, berufen sich oft auf diese Bereiche der Wissenschaft, um die 'Natürlichkeit' der traditionellen dichotomen Geschlechterwahrnehmung zu belegen. Eine genauere Erläuterung Villas Haltung zu dieser Einstellung folgt an späterer Stelle (siehe Zusammenfassung von 2.3 – 'Der Körper als Ressource'). Das Einbringen von 'Körperstrategien', die die Menschen anwenden, um ihrem Körper Geschlechtlichkeit zu verleihen, runden Villas Darstellung einer konstruierten Zweigeschlechtlichkeit in diesem Kapitel ab. Frauen wie Männer gehen sehr bewusst vor, um die Erscheinung ihres Körpers den Anforderungen dieser Wirklichkeit anzupassen. Beispielsweise enthaaren sie bestimmte Stellen, durchlaufen Trainingsprogramme, die spezielle Körperzonen zurück- bzw. stärker ausbilden oder tragen 'Push-Up'-Büstenhalter. Der durch diese 'soziomatischen Praxen' (Hirschauer 1989:111) geformte menschliche Körper wird so zu einem Material, bzw. Rohstoff für die geschlechtliche Signalerzeugung. Die Vorstellung des eigenen Körpers als 'Material' löst sicherlich bei vielen Menschen Unbehagen aus und es wird deutlich, was Villa in der Einleitung des Buches meint, wenn sie von dem Widerstand spricht, mit dem sich die vergleichsweise junge Geschlechterforschung konfrontiert sieht.
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- Arbeit zitieren
- Sebastian Heinrichs (Autor:in), 2007, Die (De-)Konstruktion von Geschlecht bei Sex and the City nach Paula Villa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74940
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