Die Frage danach, wie sich „das Wesen“ oder die Charakteristika des Sozial- oder Wohlfahrtsstaates bestimmen lassen, haben viele Autoren und Fachrichtungen beschäftigt. Ein in der Politikwissenschaft populärer Ansatz, das Phänomen des Wohlfahrtsstaates theoretisch und empirisch zugänglich zu machen, stammt von Gøsta Esping- Andersen. Dabei konzipiert er den Begriff des Wohlfahrtsstaats aus funktionaler Perspektive, indem er die „soziale Staatsbürgerschaft“ als zentrale Idee des Wohlfahrtsstaates benennt. Im Zentrum dieser Begrifflichkeit steht die „Gewährung sozialer Rechte“, die er in den beiden basalen Elementen der „De-Kommodifizerung“ und „Stratifizierung“ verortet. Letztlich heben diese beiden Begrifflichkeiten darauf ab, das Ausmaß zu bestimmen, in dem wohlfahrtsstaatliche Sozialleistungen einerseits eine tatsächliche Sicherheit bieten (im Sinne einer tatsächlichen Alternative zur Erwerbstätigkeit) und andererseits universell über alle Bevölkerungsschichten hinweg zur Verfügung stehen (im Sinne einer Gleichbehandlung aller).
Als Idealtyp eines Wohlfahrtsstaates könnte demnach derjenige Staat gelten, der beide Prinzipien in bestmöglicher Ausprägung zu gewährleisten in der Lage ist; kurz: umfangreiche und universelle soziale Sicherheiten in gleichem Umfang für jeden. Aus normativer Perspektive mag sich dies durchaus nach einem vertretbaren Maßstab anhören, den man an Wohlfahrtsstaaten anlegen kann. Dabei geht man stillschweigend davon aus, dass dieses Ideal irgendwie auch tatsächlich erreichbar ist. Letztlich gilt es dies aber zunächst einmal zu klären. Daher soll in der hier vorliegenden Arbeit folgende Frage behandelt werden: Ist das oben skizzierte Ideal des Wohlfahrtsstaates auch tatsächlich realisierbar?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Begriff des Wohlfahrtsstaates nach Esping-Andersen
- De-Kommodifizierung
- Stratifizierung
- Rational Choice und der ideale Wohlfahrtsstaat nach Esping-Andersen
- Rational Choice – die zugrundegelegten Annahmen
- Der ideale Wohlfahrtsstaat nach Esping-Andersen und seine Implikationen für rationale Akteure
- Der ideale Wohlfahrtsstaat nach Esping-Andersen und seine Implikationen für die Erwerbstätigkeit
- Der ideale Wohlfahrtsstaat und das „kollektive Dilemma“
- Sozialleistungen als exklusives Kollektivgut
- Der ideale Wohlfahrtsstaat und das Dilemma des exklusiven Kollektivguts „Sozialleistungen“
- Der ideale Wohlfahrtsstaat als Paradoxon – Implikationen und Fazit der Betrachtung des idealen Wohlfahrtsstaates aus der Perspektive von Rational Choice
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Realisierbarkeit des idealen Wohlfahrtsstaates, wie er von Gøsta Esping-Andersen definiert wird, aus der Perspektive der Rational Choice Handlungstheorie. Sie analysiert, ob die von Esping-Andersen vorgeschlagenen Merkmale eines idealen Wohlfahrtsstaates, nämlich De-Kommodifizierung und Stratifizierung, mit den Grundannahmen der Rational Choice Theorie vereinbar sind.
- Funktionale Definition des Wohlfahrtsstaates nach Esping-Andersen
- Rational Choice Handlungstheorie und ihre Anwendbarkeit auf den Wohlfahrtsstaat
- Das Dilemma des exklusiven Kollektivguts „Sozialleistungen“
- Der ideale Wohlfahrtsstaat als Paradoxon
- Implikationen des idealen Wohlfahrtsstaates für die Erwerbstätigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 stellt die von Esping-Andersen vorgeschlagene Definition des Wohlfahrtsstaates vor, die auf dem Konzept der „sozialen Staatsbürgerschaft“ und der damit verbundenen Gewährung von Sozialen Rechten basiert. Die Begriffe „De-Kommodifizierung“ und „Stratifizierung“ werden in diesem Zusammenhang als wichtige Bestandteile des Wohlfahrtsstaates genauer untersucht.
Kapitel 3 betrachtet die zentrale Fragestellung aus analytischer Perspektive unter Anwendung der Rational Choice Handlungstheorie. Die Grundannahmen der Rational Choice Theorie werden erläutert und es wird untersucht, wie sich ein „idealer Wohlfahrtsstaat“ unter Anwendung dieser Theorie aus den Merkmalen des Wohlfahrtsstaates nach Esping-Andersen ableiten lässt.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Frage, ob wohlfahrtsstaatliche Leistungen als exklusives Kollektivgut angesehen werden können und welche Konsequenzen dies für die Realisierbarkeit des idealen Wohlfahrtsstaates hat.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Kernkonzepten des Wohlfahrtsstaates nach Esping-Andersen, insbesondere De-Kommodifizierung und Stratifizierung, und analysiert ihre Verträglichkeit mit den Grundannahmen der Rational Choice Theorie. Schlüsselbegriffe sind: Sozialstaat, Wohlfahrtsstaat, soziale Staatsbürgerschaft, De-Kommodifizierung, Stratifizierung, Rational Choice, Kollektivgut, Paradoxon.
- Arbeit zitieren
- Steffen Kroggel (Autor:in), 2007, Kann es einen „idealen Wohlfahrtsstaat“ geben? - Eine theoretische Untersuchung auf Basis von Rational Choice, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76849