"Distanz und Perspektiven" dargestellt an der Lebensgeschichte Monika Göths

Ihr Leben als Kind eines Nazi-Täters, mit den biographischen Aufzeichnungen aus: "Ich muss doch meinen Vater lieben, oder?" (2002)


Term Paper (Advanced seminar), 2007

15 Pages, Grade: 2,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Monika Göth: „Ich muss doch meinen Vater lieben, oder?“

3) Familienbande

4) Die Last der Vergangenheit

5) „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“

6) Zwischenbilanz

7) Zum Vergleich: Niklas Frank

8) Einordnung in den Seminarkontext

9) Fazit

10) Literatur- und Quellenverzeichnis

1) Einleitung

Das Hauptseminar, das sich im Wintersemester 2006/07 mit der Last der Vergangenheit von Nachgeborenen der Täter des NS-Regimes beschäftigte, bot viele Ansatzmöglichkeiten, um sich mit diesem vielschichtigen Thema auseinander zu setzen. Um einen ansatzweise systematischen Seminarverlauf zu gewährleisten, setzten die Teilnehmer Akzente und prüften ausgewählte Biographien von Kindern mit NS-Eltern auf folgende Schwerpunkte: Es galt herauszufinden, welchen womöglich bleibenden Einfluss die nationalsozialistischen Eltern auf die Generation ihrer Kinder ausübten. Deshalb thematisierten wir den Anlass des sich offenbarenden „Täterkindes“ ein Buch zu schreiben und es der Öffentlichkeit zu präsentieren. Weiterhin suchten wir nach Anhaltspunkten über die Beziehung der Kinder zu ihren Eltern und versuchten herauszufinden, ob und wann das jeweilige Kind von den Taten der Eltern erfahren hat. Als Konsequenz daraus ergab sich der Schritt, zu untersuchen, welche Wirkung die Machenschaften der Eltern auf das Leben der Kindergeneration hatte und hat.

Diese verschiedenen Kategorien konnten nun wie eine Schablone auf die einzelnen Schicksale der Kinder des NS-Regimes gelegt werden.

In dieser Arbeit möchte ich mich exemplarisch mit Monika Göth und ihrem Vater, dem Kommandanten von Plaszow, Amon Göth, beschäftigen und den oben benannten Leitfaden verwenden. Anhand von Vergleichen zu anderen „Täterkindern“ (Niklas Frank und Martin Bormann) soll am Ende der Arbeit ein resümierendes Fazit stehen.

Diese Bilanz stellt jedoch kein allgemein gültiges Bild dar!, es ist der Versuch, sich mit dieser breitgefächerten Thematik zum einen aus der Perspektive der Kinder der Täter (wobei die Opferperspektive außen vor bleibt), zum anderen unter Einbeziehung festgelegter Kriterien zu nähern und zum (besseren) Verstehen der Kinder von Nazi-Tätern beizutragen.

2) Monika Göth: „Ich muss doch meinen Vater lieben, oder?“

Dieses Zitat stammt aus Monika Göths gleichnamigen Buch, das 2002 in Zusammenarbeit mit Michael Kessler[1] im Eichborn-Verlag veröffentlicht wurde[2].

Das Buch basiert auf dem Willen Monika Göths, „endlich alles über ihren Vater wissen zu wollen.“[3] Durch Gespräche mit Matthias Kessler reifte Monikas Entschluss, ihr Leben neu zu ordnen und sich nach vielen Jahren mit „ihrem Vater“ auseinander zu setzen. Der Buchtext ist wie ein Interview gestaltet und basiert auf Monikas Aussagen, Fotos und Briefen der Familie Göth, dem Film „Schindlers Liste“[4] und dem Gerichtsurteil, durch das Amon Göth zum Tode verurteilt wird.

Die Ausgangssituation ist prekär: Ihr Leben lang weigerte sich Monika Göth, ihren Vater eindeutig als Täter zu identifizieren. Wird dazu näher auf Monikas Lebensumstände eingegangen, ist diese Haltung rational kaum nachvollziehbar.

Monika Göth wurde 1946 als uneheliche Tochter von Amon Göth und Ruth Irene Kalder geboren, die nach Göths Tod nachträglich seinen Namen annahm. Zum Zeitpunkt des Erscheinens ihrer Lebensgeschichte ist Monika 56 Jahre alt. Demnach lebte sie über viele Jahrzehnte mit einer unidentifizierbaren Angst vor der Wahrheit über ihren Vater. „In der Familie Göth ist eine [...] Art der Angst bewahrt worden: die Angst vor der Wahrheit und der Vergangenheit. Diese wurde genährt und behütet. Mit dem Ziel der totalen Unkenntlichkeit des einmal gewesenen. Diese Angst mischt sich mit Selbstmitleid. Eine unheilige Allianz.“[5]

In den folgenden Schilderungen soll besonderer Wert darauf gelegt werden, Monika Göths Lebensstationen abzuschreiten und nachvollziehen zu können, welchen bleibenden Einfluss die Tatsache spielt, dass Monika Göths Vater bei der SS diente und ungeheuerliche Verbrechen beging.

3) Familienbande

Es ist nicht verwunderlich, vorweg zu schicken, dass die Tatsache, einen SS-Massenmörder zum Vater zu haben, Monika Göths Leben entscheidend beeinflusste und prägte. Es stellt sich aber die Frage, wie sie mit diesem schwerwiegenden Makel umgegangen ist und welche Konsequenzen Monika für ihr eigenes Leben zog.

Allein durch ihren Familiennamen verriet sich Monika Göth ungewollt in der Öffentlichkeit und war Anfeindungen ausgesetzt, die sie nicht verstand, weil sie nicht wusste, wie grausam die Verbrechen Amon Göths während der Nazi-Diktatur gewesen sind, denn „selbst so lange nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust steht Überlebenden die nackte Todesangst ins Gesicht geschrieben, wenn sie über Amon Göth sprechen sollen. Allein der Name löst die Reaktion aus.“[6]

Von ihrer Mutter und der Familie hat Monika Zeit ihres Lebens nicht erfahren, welche Verbrechen Amon Göth begangen hat. Mit dem Heranwachsen versuchte Monika selbst zu forschen, sie ging in Bibliotheken und suchte in Antiquariaten in den Glossaren der Bücher über den Zweiten Weltkrieg nach dem Namen Göth. Doch je mehr Details sie erfuhr, desto größer wurde ihre Abneigung, sich weiter mit diesem quälenden Thema auseinander zu setzen. Monika gab auf, sie wollte die Wahrheit über ihren Vater nicht wahrhaben und glaubte den Erzählungen der Mutter, die Amon Göth und sein Tun verherrlichten und herunterspielten. Die Familie stehe wie ein Panzer hinter diesem Mann, sagte sie in einem Interview[7] und eben diese Familie setzte alles daran, die Gräueltaten Amon Göths zu verschleiern.

Auch aus diesem Grund war das Verhältnis zur Mutter schlecht, zu ihr hatte Monika eine äußerst ambivalente Beziehung und wenig emotionale Bindung.

Ruth Irene Göth (zuvor Kalder) hatte den Tod ihres Mannes nicht verkraften können und war eine sehr auf Äußerlichkeit bedachte, egomanische Persönlichkeit. Monika geriet mit zunehmendem Alter heftig mit ihr aneinander und wehrte sich gegen die Dienstbotenmentalität, die die Mutter ihrer Tochter gegenüber an den Tag legte. „Ich bin nicht dein Dienstmädchen aus Plaszow“, schrie sie.[8]

[...]


[1] Michael Kessler, geboren 1960, ist Fernsehjournalist, Schriftsteller und inszenierte 2002 das Theaterstück „MenschenMörder“, das sich mit dem Prozess gegen Amon Göth beschäftigt.

[2] Siehe: Kessler, Mathias: „Ich muß doch meinen Vater lieben, oder?“ Die Lebensgeschichte der Monika Göth, der Tochter des KZ-Kommandanten aus „Schindlers Liste“. Frankfurt/M. 2002.

[3] Ebd. S. 10.

[4] Schindlers Liste, Spielfilm von Steven Spielberg aus dem Jahr 1993, nach dem gleichnamigen Sachbuch von Thomas Keneally.

[5] Kessler, Mathias: „Ich muß doch meinen Vater lieben, oder?“ Die Lebensgeschichte der Monika Göth, der Tochter des KZ-Kommandanten aus „Schindlers Liste“. Frankfurt/M. 2002, S. 8.

[6] Ebd. S. 8.

[7] http://www.stern.de/unterhaltung/buecher/index/.html?id=137953 (25.11.2206).

[8] Kessler, Mathias: „Ich muß doch meinen Vater lieben, oder?“ Die Lebensgeschichte der Monika Göth, der Tochter des KZ-Kommandanten aus „Schindlers Liste“. Frankfurt/M. 2002, S. 138.

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Details

Title
"Distanz und Perspektiven" dargestellt an der Lebensgeschichte Monika Göths
Subtitle
Ihr Leben als Kind eines Nazi-Täters, mit den biographischen Aufzeichnungen aus: "Ich muss doch meinen Vater lieben, oder?" (2002)
College
University of Potsdam  (Historisches Institut)
Course
Hauptseminar
Grade
2,3
Author
Year
2007
Pages
15
Catalog Number
V78028
ISBN (eBook)
9783638780797
File size
388 KB
Language
German
Keywords
Distanz, Perspektiven, Lebensgeschichte, Monika, Göths, Hauptseminar
Quote paper
Manuela Skala (Author), 2007, "Distanz und Perspektiven" dargestellt an der Lebensgeschichte Monika Göths, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78028

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