Problemstellung
Einführung in die Thematik
[...] Da sich der Einsatzbereich von elektronischen Geräten im Alltagsleben weiter verbreitert und sich gleichzeitig ihr durchschnittlicher Produktlebenszyklus aufgrund immer neuer technischer Innovationen von zwölf auf fünf Jahre verkürzt hat, wächst die Menge der zu entsorgenden Geräte ca. drei mal schneller als die der üblichen kommunalen Abfälle. [...]
Bisher wurden ca. 90 % der Elektronikaltgeräte unbehandelt auf Deponien oder in Müllverbrennungsanlagen entsorgt. Da diese Geräte zumeist aus einer Zusammensetzung vielfältiger Werkstoffe und Bauteile bestehen, die nicht selten umweltbelastende Chemikalien enthalten, wurde das Problem einer fachgerechten Entsorgung immer drängender.
Vor diesem Hintergrund galt es daher für die EG-Mitgliedsstaaten zwei neu erlassene EU-Richtlinien betreffend Elektro- und Elektronikaltgeräte bis zum 13.08.2004 in nationales Recht umzusetzen. Dies ist in Deutschland, wenn auch nur in Teilen fristge-recht, in Form des Elektrogesetzes (ElektroG) geschehen. [...]
Gang der Untersuchung
Für Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten stellt sich grundsätzlich die Frage, ob und bejahendenfalls zu welchem Zeitpunkt der durch das ElektroG statuierten Entsorgungsverpflichtung bilanziell anhand einer Rückstellungsbildung Rechnung zu tragen ist. Die Beantwortung dieser Frage hat außerordentliche wirtschaftliche Bedeutung, da die zu bildenden Rückstellungen beträchtliche Ausmaße annehmen und den jährlich ausgewiesenen Unternehmensgewinn somit erheblich beeinflussen würden. Gegenstand der in Kapitel 3 durchgeführten Untersuchung ist somit insbesondere, ob das Inverkehrbringen der Elektro- und Elektronikgeräte zu einer Rückstellungspflicht führt.
Zu diesem Zwecke ist jedoch vorab zu klären, welche Produkte und welche Produzenten von den Regelungen des ElektroG erfasst werden. Dieser Aufgabe widmet sich Kapitel 2. Darüber hinaus wird in Kapitel 2 das Rücknahmeverfahren und die damit in Zusammenhang stehenden Herstellerpflichten genauer beleuchtet, da dessen Ausgestaltung für die bilanzielle Beurteilung von fundamentaler Bedeutung ist. Die Herstellerpflichten sind dabei z. B. im Rahmen der Einteilung der Elektrogeräte in historische bzw. Neu-Altgeräte (Registrierungs-, Kennzeichnungs- und Garantiestellungspflicht) oder hinsichtlich der Bemessung der Rückstellungshöhe (Verwertungspflicht) von wesentlicher Relevanz.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Einführung in die Thematik
- Zugrunde liegende Rechtsnormen
- Gang der Untersuchung
- Erläuterungen zum ElektroG
- Ziele
- Geltungsbereich und Begriffsdefinitionen
- Elektrogerät gem. § 3 I ElektroG
- Bauteile und Komponenten
- Altgerät gem. § 3 III ElektroG
- B2C- und B2B-Altgeräte (§ 3 IV ElektroG)
- Historische und Neu-Altgeräte
- Hersteller gem. § 3 XI ElektroG
- Tatsächlicher Hersteller gem. § 3 XI Nr. 1 ElektroG
- Quasi-Hersteller/Eigenmarken-Weiterverkäufer gem. § 3 XI Nr. 2 ElektroG
- Importeur und Exporteur gem. § 3 XI Nr. 3 ElektroG
- Fiktiver Hersteller gem. § 3 XII S. 2 ElektroG
- Einzelfragen
- Wesentliche Herstellerpflichten
- Registrierung (§ 6 II ElektroG)
- Kennzeichnung (§ 7 ElektroG)
- Insolvenzsichere Garantie (§ 6 III ElektroG)
- Rücknahme- und Verwertungspflichten (§ 10 ElektroG)
- Stoffverbote (§ 5 I ElektroG)
- Mitteilungspflichten (§ 13 I ElektroG)
- Rücknahmeverfahren
- B2C-Altgeräte
- B2B-Altgeräte
- Berechnung der Entsorgungsmengen im B2C-Bereich
- Rechtsdurchsetzung
- Inkrafttreten gem. §§ 24, 25 ElektroG
- Bilanzielle Auswirkungen
- HGB
- Passivierungsgrundsätze
- Grundsätze der Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen
- Verpflichtung gegenüber einem Dritten (=Außenverpfl.)
- Wirtschaftliche Verursachung/Belastung in der Vergangenheit
- Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme
- B2C-Altgeräte
- Historische Altgeräte (Generationenvertrag)
- Neu-Altgeräte
- Umlagefinanzierung
- Vorwärtsfinanzierung
- B2B-Altgeräte
- Historische Altgeräte
- Neu-Altgeräte
- Bestimmung der Rückstellungshöhe
- Auflösung der Rückstellung
- IAS/IFRS
- Grundsätze der Rückstellungsbildung
- B2C-Altgeräte
- Historische Altgeräte
- Neu-Altgeräte
- Umlagefinanzierung
- Vorwärtsfinanzierung
- B2B-Altgeräte
- Historische Altgeräte
- Neu-Altgeräte
- Bestimmung der Rückstellungshöhe
- US-GAAP
- Grundsätze der Rückstellungsbildung
- B2C und B2B-Altgeräte
- Bestimmung der Rückstellungshöhe
- Resümee
- Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Rücknahme- und Entsorgungspflicht von Elektroaltgeräten
- Untersuchung der bilanzrechtlichen Behandlung von Rückstellungen für diese Verpflichtungen
- Vergleich der Bilanzierungsvorschriften nach HGB, IFRS und US-GAAP
- Bewertung der Auswirkungen der Rücknahme- und Entsorgungspflicht auf die Bilanzierung von Unternehmen
- Diskussion relevanter bilanzpolitischer Aspekte und praktischer Herausforderungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit beschäftigt sich mit der bilanzrechtlichen Behandlung von Rückstellungen aufgrund der Pflicht zur Rücknahme und Entsorgung von Elektroaltgeräten (Elektroschrott) beim Hersteller. Die Arbeit analysiert die einschlägigen Rechtsnormen, insbesondere das ElektroG, und untersucht die Auswirkungen dieser Pflichten auf die Bilanzierung nach HGB, IFRS und US-GAAP.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit führt in die Thematik der Rücknahme- und Entsorgungspflicht von Elektroaltgeräten ein und stellt die relevanten Rechtsnormen dar. Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten Inhalte des ElektroG erläutert, inklusive der Zielsetzung, des Geltungsbereichs, der Begriffsdefinitionen und der Pflichten der Hersteller. Das dritte Kapitel analysiert die Auswirkungen der Rücknahme- und Entsorgungspflicht auf die Bilanzierung nach HGB, IFRS und US-GAAP, wobei insbesondere die Grundsätze der Rückstellungsbildung, die Berechnung der Rückstellungshöhe und die Auflösung der Rückstellung betrachtet werden. Das vierte und letzte Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich.
Schlüsselwörter
ElektroG, Elektroaltgeräte, Elektroschrott, Rücknahmepflicht, Entsorgungspflicht, Rückstellungen, Bilanzierung, HGB, IFRS, US-GAAP, Herstellerpflichten, Umweltgesetzgebung, Nachhaltige Entwicklung, Bilanzpolitik.
- Arbeit zitieren
- Dipl. Kfm. Bernd Bissinger (Autor:in), 2006, Rückstellungen aufgrund der Pflicht zur Rücknahme und Entsorgung von Elektroschrott beim Hersteller - Bilanzierung nach HGB, IFRS und US-GAAP, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78300