Anti-jüdische Stereotype am Beispiel des Judensaumotivs


Hausarbeit, 2006

25 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

1 Belege anti-jüdischer Stereotypisierung
1.1 Die griechisch-römische Zeit
1.2 Die Entstehung des Christentums
1.3 Ausweitung der Stereotypisierung im Mittelalter

2 Beispiel: Die Judensau als Stereotyp des Antisemitismus
2.1 Deutung des Judensaumotivs
2.2 Ursprung des Judensaumotivs
2.2.1 Literarische Quellen
2.2.2 Bildliche Quellen
2.3 Funktionen des Judensaumotivs

3 Exkurs - Stereotypisierung als sozialpsychologisches Phänomen

4 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Monographien

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Judensau. Magdeburger Dom. Letztes Viertel des 13. Jahrhunderts. (Quelle: Shachar, Isaiah (1974): The Judensau. A medieval anti-jewish motif and its history. London. The Warburg Institute. University of London. Tafel 14)

Abbildung 2: Judensau. Magdeburger Dom. Letztes Viertel des 13. Jahrhunderts. (Quelle: ebd.)

Abbildung 3: Ecclesia und Synagoga, Steinskulpturen, Straßburger Dom, um 1230 (Quelle: Schreckenberg, Heinz (1986): Die Juden in der Kunst Europas. Ein historischer Bildatlas. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen. Tafel 22, Seite 47)

Abbildung 4: Wittenberger Judensau. Buchillustration. 17. - 18. Jahrhundert. (Quelle: Shachar, Isaiah (1974): The Judensau. A medieval anti-jewish motif and its history. London. The Warburg Institute. University of London. Tafel 39)

Abbildung 5: Wittenberger Judensau. Buchillustration. (Quelle: ebd.)

Einleitung

Die Definition von Antisemitismus besitzt eine weite Spannbreite. Sie reicht von einer eher allgemeinen Beschreibung – Antisemitismus wird hierbei als eine Form der Feindseligkeit angesehen, die sich auf Juden bezieht – hin zu einer Konkretisierung – Antisemitismus beschreibt feindselige Taten, so z. B. rechtliche Einschränkungen, physische Gewalttätigkeiten etc. Juden gegenüber. Diese Definitionen werden in den meisten Fällen ergänzt durch den Verweis auf unterschiedliche Arten des Antisemitismus (z. B. ökonomischer, rassischer oder theologischer Art). Obwohl eine Menge unterschiedlicher Fachliteratur zu diesem Thema vorhanden ist und Antisemitismus aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wurde, bestehen weiterhin offene Fragen - so zum Beispiel nach genauen Ursprüngen oder den Motiven seiner Anhänger.[1]

Folgende Hausarbeit ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Abschnitt wird ein kurzer Überblick über die Entstehung und einzelne Stufen anti-jüdischen Verhaltens gegeben – der zeitliche Rahmen beschränkt sich hierbei auf die griechisch-römische Periode und das Mittelalter.

Im zweiten Abschnitt widmet sich die Hausarbeit einem konkreten Beispiel anti-jüdischer Stereotypisierung – der Judensau. Ihren Ursprung und Verwendung im Mittelalter gilt es aufzuzeigen. Hierbei wird vor allem auf Isaiha Shachars[2] Grundlagenaufsatz „The Judensau. A medieval anti-jewish motif and its history. London” Bezug genommen.

Der dritte Teil der Hausarbeit besitzt einen exkursorischen Charakter. Mithilfe von Erklärungsansätzen der Sozialpsychologie wird versucht, der Konzeption von Stereotypisierung auf den Grund zu gehen und somit einen möglichen Aufschluss des Phänomens aus einer anderen fachwissenschaftlichen Sichtweise bieten zu können.

1 Belege anti-jüdischer Stereotypisierung

1.1 Die griechisch-römische Zeit

Von Anbeginn wurde die jüdische Bevölkerung mit anti-jüdischem Verhalten konfrontiert. Wendet man sich der Bibel zu, so findet man an unterschiedlichen Stellen Hinweise, die auf Antisemitismus schließen lassen. Als Beispiel seien hier der Konflikt zwischen Esau und Jacob[3], der geplante Geozid Haman’s[4] oder sogar Amalek’s Anschlag in der Wüste[5] zu nennen. Sowohl das Buch Ester im AT als auch die apokryphen Schriften Judith’s und Tobit’s werden als „the first evidence of those virulent anti-Jewish attitudes that were to become so frequently directed at major Jewish communities“[6] betrachtet. Die Antisemitismusdebatte in Bezug auf historische Bezugspunkte intensiviert sich, wendet man sich der klassischen griechisch-römischen Zeit zu. Louis Feldmann[7] spricht von einem signifikanten und weit verbreiteten antiken Antisemitismus, der seinen Ausgangspunkt bei Regierungen, der Bevölkerung und Intellektuellen hatte. Er kommt zu dem Schluss, dass Antisemitismus in weiten Teilen der Bevölkerung ein hohes Potential an Gewalttätigkeit besaß. Dieser wurde allerdings nicht von intellektueller Seite beeinflusst, sondern resultierte aus der Angst dem Judaismus gegenüber, der als eine nicht tolerante monotheistische Religion angesehen wurde, die die weitaus toleranteren heidnischen Religionen verdrängen könnte.

Shaye Cohen[8] dagegen verweist in seiner Betrachtung auf einen weiteren wichtigen Punkt. Er warnt davor, den Begriff Antisemitismus im Zusammenhang mit der griechisch-römischen Zeit zu verwenden, da er nicht nur unzeitgemäß, sondern auch irreführend sei. Aufgrund der Tatsache, dass es keine Vorstellung von Rasse zu der antiken Zeit gab, mache Antisemitismus keinen Sinn. Weiter konstatiert er, es habe keine Stereotypisierung von Juden, so wie wir es heute kennen, gegeben. Die Bilder von Juden als Geldverleiher, Wucherer oder Ausbeuter existierten nicht. Einige anti-jüdische Handlungen, die stattgefunden haben, seien verständlich – so Cohen – als Reaktionen auf jüdische Aufstände. Außerdem existierte eine durchaus erfolgreiche jüdische Missionierung, was ein Zeichen für die Offenheit und Sympathie den Juden gegenüber darlegen würde. Cohen kommt zu dem Schluss, dass eine Diskussion über Anti-Judaismus in der Antike, die die positive Ausstrahlung des Judaismus’ verschweige, nicht die ganze Wahrheit zeige.

1.2 Die Entstehung des Christentums

Welche Definition oder Terminologie auch immer als Grundlage für die Beschäftigung mit dem Phänomen Antisemitismus verwendet wird, besteht kein Zweifel darüber, dass die Entstehung des Christentums die Situation der Juden dramatisch änderte. Viele Fachwissenschaftler gehen in ihren Aussagen sogar soweit, dass sie die Wurzeln des modernen Antisemitismus fest verankert in unterschiedlichen Aspekten christlicher Theologie liegen sehen. Das Christentum, hervorgegangen aus dem Judaismus, strebte vor allem zwei Dinge an: die deutliche Trennung vom Judaismus und die Herausbildung einer eigenen Identität. Der Streit, der entfachte, bezog sich auf die Auslegung der Bibel, die Anerkennung der heiligen Schrift als das Wort Gottes und Jesus als den Messias. Aber die Streitigkeiten hatten nicht nur internen Charakter. Beide Gruppen besaßen starke Missionierungstendenzen. Es entstand ein Wetteifern um einen großen Preis – letztendlich um das römische Reich. Es war dieser Wettbewerb, der auf christlicher Seite zu einer plakativen Thesenaufstellung führte. Demnach waren Juden verantwortlich für die Tötung des Sohn Gottes; Judaismus zu Zeiten Jesu’ war veraltet und überholt[9] ; die Strafe für den Gottesmord sollte die Vertreibung sein[10].

Gerade diese sehr harte Verurteilung und Sprache, die benutzt wurde, begünstigte eine anti-jüdische Tradition. Die Offenbarung spricht von „der Synagoge Satans“[11] und schafft damit eine direkte Verbindung zwischen dem Teufel und den Juden, die über Jahrhunderte hinweg bestand. Als das römische Reich christianisiert wurde, nahm diese anti-jüdische Haltung Einzug in die damaligen Gesetze. So durften Juden die Konvertierung zum Christentum nicht behindern, sie durften keine Sklaven, die dem Christentum angehörten, besitzen, ihnen war es verboten, Christen zu missionieren, weitere Synagogen zu bauen und so weiter.

[...]


[1] Wissend, dass der Terminus ‚Antisemitismus’ in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Marr geprägt wurde, sich auf die Diskriminierung von Juden allein aufgrund ihrer Abstammung und Religion bezieht und sehr schwammig ist, da Juden nicht das einzige semitische Volk sind, verwende ich den Begriff trotzdem auch für die Zeit des Mittelalters. Geschuldet ist die Verwendung vor allem der englischen Fachliteratur. Diese unterscheidet zum größten Teil nicht Antijudaismus und Antisemitismus. Auch wenn es faktisch falsch ist, im Mittelalter von Antisemitismus zu sprechen, da es keine Konzeption von Rasse in Verbindung mit Juden gab, ist der Begriff hier als Synonym zu verstehen. In Kapitel 1 gehe ich an unterschiedlichen Stellen noch einmal auf diese Problematik ein.

[2] Shachar, Isaiah (1974): The Judensau. A medieval anti-jewish motif and its history. London. The Warburg Institute. University of London.

[3] Vgl. dazu: 1. Buch Mose 25, 26.

[4] Vgl. dazu: Ester 3, 1-15

[5] Vgl. dazu: 2. Buch Mose 17

[6] Vgl. dazu: Ben-Sasson, H. H. (1976): A History of the Jews. Cambridge.

[7] Vgl. dazu: Feldmann, Louis H. (1986): Anti-Semitism in the Ancient World in History and Hate. New York.

[8] Cohen, J. D. Shaye (1986): Antisemitism in Antiquity: The Problem of Definition.

[9] Vgl. dazu: Markus Evangelium (7; 7-8) oder Matthäus Evangelium (17: 12-20; 23: 12-35)

[10] Zurückzuführen ist die Diaspora als Bestrafung vor allem auf Augustinus, der in seiner Kampfschrift „Gegen die Juden“ den Tod Jesu den Juden zur Last legte.

[11] Vgl. dazu: Offenbarung (2:9; 3:9)

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Anti-jüdische Stereotype am Beispiel des Judensaumotivs
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
25
Katalognummer
V78403
ISBN (eBook)
9783638830041
Dateigröße
3134 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anti-jüdische, Stereotype, Beispiel, Judensaumotivs
Arbeit zitieren
Marcus Hinkel (Autor:in), 2006, Anti-jüdische Stereotype am Beispiel des Judensaumotivs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78403

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