Daniel Ganzfrieds Roman „Der Absender“ , erschienen 1995, besteht aus drei Erzählsträngen, die verschiedene, doch miteinander verwobene Geschichten erzählen: Vater und Sohn treffen sich auf dem Empire State Building, ein unbekannter Absender erzählt von seinem Leben als Jude in Ungarn zur Zeit der deutschen Besetzung, Georg, ein Mann Ende Zwanzig arbeitet als Volontär in einem neuen jüdischen Museum in New York.
In dieser besonderen Struktur liegt der Reiz des Romans. Die Lebensgeschichten von Vater und Sohn werden erzählt und in Bezug zueinander gesetzt. Durch sie werden zugleich vielfältige Beziehungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart dargestellt. Auch der heutige Umgang mit der Vergangenheit wird durchaus kritisch diskutiert. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage der Authentizität von Erinnerungen. Wie sehr wird Authentizität durch Verhältnis zwischen Erinnerung, Realität und Fiktion beeinflusst?
Neben der Geschichte ist „jüdische Identität nach der Shoa“ ein wichtiges Thema, das für die Literatur der 2. Generation , zu denen auch dieser Roman gezählt wird, typisch ist. Jüdische Identität wird hier sehr vielschichtig und uneinheitlich dargestellt, viele Personen, die unterschiedlichste Positionen beziehen, unterstreichen noch ihre Vielseitigkeit.
Kurz zum Aufbau dieser Arbeit: Der Schwerpunkt wird auf der Analyse der Bedeutung der Geschichte für die Gegenwart liegen und die Veränderungen, die sich durch die Beschäftigung mit ihr für den Einzelnen ergeben, thematisieren. In Kap. 2 werden die Struktur und die Erzählperspektiven des Romans kurz dargestellt und auf ihre Funktion für die Verbindung von Gegenwart und Vergangenheit hin analysiert. Kap. 3 gibt einen Überblick über die Bedeutung der Authentizität. Der Zusammenhang von Authentizität und Geschichtsbild wird dargestellt und eine Definition des Begriffs Oral History gegeben. Zudem werden die Probleme im Umgang mit Oral History und Autobiographie in bezug auf Erinnerung thematisiert. In Kap. 4 wird nun der Roman in Hinblick auf das vermittelte Geschichtsbild untersucht. Dies geschieht zum einen mit Blick auf das Verhältnis von Fiktion und Realität in „Der Absender“ und einer Untersuchung, wie Oral History im Roman thematisiert wird. Zum anderen werden auch die Veränderungen Georgs, die sich aus der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ergeben, nachgezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- FORMALE BEZÜGE: KAPITELABFOLGEN UND ERZÄHLPERSPEKTIVE
- DER BEGRIFF DER AUTHENTIZITÄT.
- AUTHENTIZITÄT UND GESCHICHTSBILD.
- ORAL HISTORY UND AUTOBIOGRAPHIE..
- UMGANG MIT DER VERGANGENHEIT IN „DER ABSENDER“
- DAS VERHÄLTNIS VON FIKTION UND REALITÄT
- ORAL HISTORY
- DIE VERÄNDERUNG GEORGS.
- DAS VERHÄLTNIS ZUM VATER
- ERGEBNISSE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Daniel Ganzfrieds Roman „Der Absender“ und untersucht das Verhältnis von Gegenwart und Vergangenheit in der Erzählung. Die Arbeit beleuchtet, wie die Beschäftigung mit der Vergangenheit die Gegenwart prägt und welche Auswirkungen sie auf die Identitätsfindung des Protagonisten hat.
- Das Verhältnis von Fiktion und Realität in der Darstellung der Vergangenheit
- Die Bedeutung von Oral History und ihre Auswirkungen auf das Geschichtsbild
- Die Veränderungen des Protagonisten Georg durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit
- Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn im Kontext der Geschichte
- Jüdische Identität nach der Shoah als zentrales Thema im Roman
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Roman und seine Struktur vor, die aus drei miteinander verwobenen Erzählsträngen besteht. Sie führt in die Thematik des Verhältnisses von Gegenwart und Vergangenheit sowie in die Frage nach Authentizität ein.
Kapitel 2 beleuchtet die formalen Beziehungen zwischen den verschiedenen Erzählsträngen, die durch ihre unterschiedliche Anordnung und Perspektive die Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit verdeutlichen.
Kapitel 3 thematisiert den Begriff der Authentizität im Zusammenhang mit dem Geschichtsbild und definiert den Begriff Oral History. Es werden die Herausforderungen im Umgang mit Oral History und Autobiographie im Kontext der Erinnerung aufgezeigt.
Kapitel 4 analysiert den Roman in Hinblick auf das vermittelte Geschichtsbild und untersucht das Verhältnis von Fiktion und Realität, die Rolle von Oral History und die Veränderungen des Protagonisten Georg durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Schlüsselwörter
Daniel Ganzfried, Der Absender, Gegenwart, Vergangenheit, Authentizität, Oral History, Erinnerung, jüdische Identität, Shoah, Generationendiskurs, Vater-Sohn-Beziehung, Fiktion, Realität, Literatur der 2. Generation.
- Quote paper
- M.A, Kerstin Billen (Author), 2004, Das Verhältnis von Gegenwart und Vergangenheit in Daniel Ganzfrieds "Der Absender", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79007