Karthagos 'man-power' - Die Söldnerarmee


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Zur historischen Konstruktion eines karthagischen Söldnerheeres seit dem 6. Jhd.
a. Malchus und Mago
b. Außen-, und Handelspolitik
c. Demografie und Integration

III. Die Entstehung des Söldnerheeres im Hinblick neuester Forschung
a. Argumente gegen ein (reines) Söldnerheer im 6. Jhd
b. Gründe für die Entstehung eines Söldnerheeres im 5. Jhd.

IV. Die Ethnographie der karthagischen Söldner
a. Kampaner
b. Iberer
c. Balearen
d. Ligurer
e. Kelten
g. Etrusker
f. Griechen

V. Xanthippos Münzdruck

VI. Schluss

VII. Literatur

IX. Quellen

I. Einleitung

Die alte Geschichte bietet dem historisch Interessierten eine Fülle Literatur zu der Geschichte Griechenlands und Roms. Die hellenistische Staatskultur und der Verwaltungsapparat der Römer offenbaren sich, dank der antiken Geschichtsschreibung der historischen Forschung und ermöglichen eine Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte von antiken Imperien und Metropolen.[1]

Doch wie nähert man sich der Geschichte einer phönizischen Staatskultur?

Die Vorteile, wie sie bei der Interpretation römischer und griechischer Historiographen zum Verständnis ihrer Herkunftsländer gegeben sind, implizieren die Problematik ein objektives Bild des karthagischen Stadtstaates zu bekommen. Die Autoren der Antike berichten über Karthago aus der Sicht des Fremden, des Feindes[2] und konstruieren so ein Bild der Karthager welches der Gegenüberstellung zur eigenen Herkunft dient.[3]

Bei der Analyse Polybios[4] und Diodor[5], um nur zwei Quellen zu nennen, muss die jeweilige Intention des Werkes somit unbedingt bedacht werden, und ihre gegebenen Informationen zu Karthago in den jeweiligen historischen Kontext gesetzt werden.[6]

Die Lesart der Autoren steht wiederum in einem zeitgenössischen Kontext, so dass bei der Studie der Sekundärliteratur zu Karthago ex aequo eine kritische Achtsamkeit vor einer vorurteilsbezogenen Färbung der Quellenanalyse vorhanden sein muss.[7]

Die genannten Probleme in der Annäherung der karthagischen Geschichte werden bei Hinzuziehen der archäologischen Funde nicht vollständig gelöst.[8] Die unzufriedenstellende nicht-literarische Quellenlage, unter anderem aufgrund der Überbauung des „alten“ Karthagos, führte in der Vergangenheit fälschlicherweise auch der Archäologie dazu, fehlende Bezüge und Antworten in den literarischen Quellen zu suchen.

An dieser Stelle soll nun nicht über das Potential dieses interdisziplinären Austausches diskutiert werden. Die voran aufgezeigten Hindernisse werden im Folgenden an Hand des Aspekts der Wehrgemeinschaft, aufgezeigt. Insbesondere wird der Frage nachgegangen ob und wann ein (reines) Söldnerheeres eingeführt wurde. Anfangend mit der -schon genannten- unterschiedlichen Interpretation der Quellen werden die unterschiedlichen Argumentationsstrukturen zu einer Einführung des Söldnerheeres seit dem 6. Jahrhundert aufgezeigt. Es folgt die Darstellung einer Neuinterpretation[9], wobei ein besonderer Schwerpunkt auf die Datierung und die Kontiguität der Bedingungen der Entstehung einer Söldnerarmee gelegt wird. Nach der Feststellung der Existenz eines Söldnerheeres wird auf die Ethnographie der Söldner mit besonderem Hinblick auf die jeweilige militärische Spezifizierung eingegangen. Abschießend soll, gemäß der oben beschriebenen Problematik und Erkenntnismöglichkeit innerhalb der Archäologie, mit einem kurzen Exkurs in die karthagische Numismatik, hier die Münzprägung des Xanthippos Erwähnung finden.

Die Beweisführung zur Entstehung eines Söldnerheeres soll begleitend zu der These „Karthago als nichtgriechische Polis“ geführt werden.

Falls es ein Söldnerheer gegeben hat, kann man dann von Karthago als einer Polis im Sinne einer (Siedlungs,- Kult- und) Wehrgemeinschaft sprechen?

II. Zur historischen Konstruktion eines karthagischen Söldnerheeres seit dem 6. Jhd.

Von Meltzer, über Picard, bis hin zu Huss,[10] wird in der Sekundärliteratur zum Militärwesen der Karthager die Sichtweise vertreten, dass es ab dem 6. Jhd ein Söldnerheer geben hat. Meltzer erwähnt zwar die Anwesenheit eines Bürgerheers, geht jedoch davon aus, dass es im Vergleich zu den Mietstruppen stetig abnahm.[11] Charles- Picard konstatiert die Einführung von Berufssoldaten seit dem 6. Jhd und nimmt diesen Sachverhalt als „belegt“ an, ohne eine Quellenangabe zu machen.[12] Werner Huss gibt dem Leser zugleich eine Begründung für die Einführung von Söldnerkontingenten. Mago hätte dem Gedanken Vorschub geleistet, dass der karthagische Staat (alleine) zu schwach für die zukünftigen Außen- und Handelspolitischen Ziele sei. Weiter geht Huss davon aus, dass der karthagische Staat seine Bürger schonen wollte.[13]

Dieser Datierungsansatz stützt sich in erster Linie auf den Bericht Iustins, welcher über die Zeit des Mago von einer ordinata disciplina militari spricht.[14] Malchus, sein Vorgänger, führte bei seinen Kämpfen noch ein Bürgerheer[15]. Aus diesem Grund schließen viele Historiker, dass die Installation eines Söldnerheeres in die Regierungszeit des ersten Magoniden fällt.

a. Malchus und Mago

Nach kriegerischen Erfolgen in Afrika und Sizilien erlitt der Feldherr Malchus in Sardinien eine Niederlage und wurde mitsamt seinen Truppen ins Exil geschickt. Diese Niederlage, des Malchus, der ersten historisch fassbaren Person,[16] stellt für die Forschung den Begründungszusammenhang mit der Heeresreform Magos dar.[17] Die Einführung von Söldnerheeren mit straffer Disziplin und spezieller Leistungsfähigkeit sollte eine größere Effizienz bei den folgenden Expansionsunternehmungen garantieren. Ehrenberg nennt eine andere Erklärung für das Anwerben fremder Truppen. Revoltierende Bürgertruppen unter Malchus sollen Mago zu einer Umgestaltung der Zusammensetzung des Heeres geführt haben. Ein Söldnerheer soll aufgrund der politischen Indifferenz eine Wiederholung der Revolten verhindern.[18] Neben der Argumentationslinie, dass die Erfahrungen um Malchus Truppen Mago zu militärischen Reformen bewogen hat, steht die Interpretation, nach welcher Mago im Typus der griechischen Tyrannen gesehen wird. Söldner sollten seine Macht und die der Magoniden sichern. Die Entwöhnung der karthagischen Bürger am Waffendienst und die Indifferenz auf politisch-militärischer Ebene beugten der Gefahr eines Aufstandes gegen die Herrschaft der Magoniden vor.[19]

Neben der innenpolitischen Heeresreform, wird die Datierung von karthagischen Söldnern mit der expansiven Außen-, und Handelspolitik begründet. Magos Pläne zur Erschließung neuer Gebiete und somit neuer Absatzmärkte[20] liefern den Historikern einen grundlegenden Baustein für die Konstruktion der karthagischen Handelsrepublik.

[...]


[1] Hier nur exemplarisch Welwei, Karl- Wilhelm: Das klassische Athen, Darmstadt 1999, sowie Mommsen, Theodor: Römische Geschichte, Berlin 1907, im folgenden Mommsen

[2] Einen interessanten Aufsatz u.a. zur Konstruktion und Entstehungshintergrund des Barbarentopos liefert Weiler, Ingomar: Fremde als stigmatisierte Randgruppe in Gesellschaftssystemen der alten Welt, in: Klio Band 71, Berlin 1989. Weiler nennt den Begriff des „Ethnozentrismus“, welchen ich auch bezüglich der antiken Autoren für relevant halte.

[3] Die Fremd- und Feindbildkonstruktion setzt sich in der Sekundärliteratur fort, eine Übertragung antisemitischer Gedankenmuster findet sich bei der Beschreibung der Karthager wieder, siehe exemplarisch Schachermeyer, Fritz: Karthago in rassengeschichtlicher Betrachtung, in: Joseph Vogt (Hrsg.), Rom und Karthago, Leipzig 1843: “Das Verhältnis der Phöniker und Punier zu dem übernommenen Fremdgut kennt weder eigene noch fremde Würde, es ist dasjenige des Schmarotzers, des Parasiten.“

[4] Polybios: Geschichte, Zürich 1961, im folgenden Polyb. [ ]

[5] Diodoros: Griechische Weltgeschichte, Stuttgart 2005., im folgenden Diod. [ ]

[6] zu der polybianischen Darstellung des Söldnerkriegs als historiographisches Problem Ameling, Walter: Polybios und der Söldnerkrieg, in: Actas del IV. Congresso International de Estudios Fenicios y Punicos, Cadiz 2000, im folgenden Ameling, Polybios S. [ ]

[7] insbesondere Heeren, Arnold: Handbuch der Geschichte der Staaten des Altertums, Wien 1817, welcher, von der kolonialen Gegenwart beeinflusst schreibt, weiter auch die aus römischer Perspektive geschriebenen Werke von Mommsen, welcher Karthago nationale Bestrebungen abspricht und ebenfalls mit Skepsis zu lesen Charles- Picard, Gilbert und Colette: Karthago, Stuttgart 1983, im folgenden Picard, S. [ ], hier S.202, wo er von einer „spezifischen Auffassung vom Krieg“ schreibt, sowie Meltzer, Otto: Geschichte der Karthager Band 1und 2, Berlin 1896, im folgenden Meltzer, Bd.[ ], S.[ ], welcher ebenfalls im Hinblick der Veröffentlichungszeit gelesen werden sollte

[8] zu den Ausgrabungsergebnissen u.a.: Rakob, Friedrich: Die internationalen Ausgrabungen in Karthago, in: Wege der Forschung, Bd. 654, Darmstadt 1992

[9] deutliche neue Interpretationsansätze vertritt Ameling, Walter: Karthago: Studien zu Militär, Staat und Gesellschaft, München 1993, im folgenden Ameling, S.[ ]

[10] Huss, Werner: Die Karthager, München 1985, im folgenden Huss, S. [ ]

[11] Meltzer, Bd.1, S.195

[12] Picard, S. 202

[13] Huss, S. 475

[14] Iustinus: Historiarum Philippicarum ex Trogo Pompeio exceptarum libri 44, Leipzig 1829, im folgenden Iustin 19,1,1

[15] Ameling, S.74

[16] Nach dem Bericht Iustins, welcher Malchus allerdings nicht als König nennt; Picard geht sogar so weit, dass die Figur des Malchus gänzlich aus der Geschichte zu streichen sei, vgl. auch Günther, Linda- Marie: Die karthagische Aristokratie und ihre Überseepolitik im 6. und 5. Jh. v. Chr., in: Klio, Band 75, Berlin 1993. hier S. 80; es sollte daher festgehalten werden, dass Malchus in der Forschung eine strittige Figur ist

[17] vgl. Meyer, Eduard: Geschichte des Altertums, Band 3, Stuttgart 1937, im folgenden Meyer S. [ ]

[18] Ehrenberg, Victor: Art: Mago, in RE 14,1 Sp. 495-508, Stuttgart 1923, hier: Sp. 495-496, im folgenden: Ehrenberg, Sp. [ ], vgl. Ameling S.185

[19] Ehrenberg, Sp. 496, beschreibt Magos Taten als Sicherung des gesamten Regiments seines Geschlechts, vgl. Poly. I, 67; neben der politischen Indifferenz betont Polybios auch die Verständigungsschwierigkeiten innerhalb der Söldnertruppen, welche wiederum der Organisation und Planung eines Aufstands entgegenwirkt

[20] Gsell, Stephane: Histoire Ancienne de L’Afrique du Nord, Band 2, Paris 1921, im folgenden: Gsell, S. [ ], hier S. 344

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Karthagos 'man-power' - Die Söldnerarmee
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltung
Karthago als nicht- griechische Polis
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
21
Katalognummer
V79580
ISBN (eBook)
9783638868655
ISBN (Buch)
9783638868716
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Karthagos, Söldnerarmee, Karthago, Polis
Arbeit zitieren
Tanja Kandolf (Autor:in), 2007, Karthagos 'man-power' - Die Söldnerarmee, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79580

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